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1504 bis Mitte 1506.
Sachs, Kurwappen
I. Zustand (noch 1507).
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J5o(r
Sachs. Ku rwappen
2 Zustand (von 1508 ab).
Mitte 1506 bis Anfang 1509.
1509— 1514.
1509 bis Mitte 1537.
(Die Schlange in dieser besonderen Form erst nach 15 10),
Von Mitte 1537 ab.
Die KĂĽnstierzeichen Lucas Cranachs d, Ă„.
nach der Zeitfolge.
CRANACHSTUDIEN
VON
EDUARD FLECHSIG
ERSTER TEIL
MIT 20 ABBILDUNGEN
LEIPZIG
KARL W. HIERSEMANN
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DEM ANDENKEN
HUBERT JANITSCHEKS
Vorwort.
Als SchĂĽler Anton Springers und Hubert [anitscheks habe ich es
mir nicht träumen lassen, dass ich einmal ein Buch über Lucas Cranach
schreiben würde. Während meiner Studienzeit war er von allen deutschen
KĂĽnstlern derjenige, mit dem ich mich am wenigsten befreunden konnte.
Sein Altarwerk von 15 i8 in der Katharinenkirche in Zwickau fand allein
etwas mehr Gnade vor meinen Augen, als die Bilder, die ich sonst
noch von ihm kannte, namentlich die der Dresdener Galerie, aber daran
war, offen gestanden, weniger das Altarwerk selbst, als meine Vaterstadt
Zwickau schuld.
Trotzdem war Lucas Cranach der erste KĂĽnstler, mit dem ich mich
zu beschäftigen begann, nachdem ich der Universität den Rücken ge-
wandt und mich in Dresden niedergelassen hatte. Möglich war das
nicht ohne eine Wandelung in meinen bisherigen Anschauungen ĂĽber
die wichtigsten Aufgaben und Ziele der Kunstwissenschaft. Im Spät-
sommer 1892, während eines fast vierwöchigen Aufenthaltes in Wien,
ging die Häutung vor sich. Theodor von Frimmel nahm sich meiner
an und fĂĽhrte mich vor den Bildern der kaiserlichen Galerie in die
Kunstkennerschaft ein, die mir bis dahin ein Buch mit sieben Siegeln
gewesen war. Erst jetzt lernte ich von ihm, dass man ĂĽber den kĂĽnst-
lerischen Wert eines Bildes nicht eher urteilen dĂĽrfe, als bis man es
auf seine Echtheit, auf seinen materiellen Zustand geprĂĽft habe. Ich
lernte von ihm, wie oft die geringfĂĽgigste Einzelheit wissenschaftlich von
der grössten Wichtigkeit sein könne. Die Augen, die er mir so geöffnet
hatte, behielt ich von da an ofifen, und die kurze Lehrzeit bei ihm
wurde entscheidend für meine ganze weitere wissenschaftliche Thätigkeit.
An den Bildern der Dresdener Galerie habe ich mich dann selb-
ständig weiter zum Kenner ausgebildet. Dass ich den Anfang gerade
mit Cranach machte, ist eigentlich nur Sache des Zufalls gewesen. Die
Dresdener Galerie besitzt zwei Bilder von Cranach aus dem Jahre 1537,
die beide bezeichnet sind, aber merkwĂĽrdigerweise mit zwei ganz ver-
— VI —
schiedenen Zeichen, das eine, Herzog Heinrich der Fromme (Nr. 1915),
mit einer Schlange mit stehenden FledermausflĂĽgeln, das andere, die
Tochter der Herodias vor ihren Eltern (Nr. 1923), mit einer Schlange
mit liegenden VogelflĂĽgeln. Das fiel mir auf. Da der Galeriekatalog
ĂĽber die Verschiedenheit der Zeichen nichts sagte, glaubte ich, hier
sei ein Problem vorhanden, an das noch niemand gedacht hätte, und
es reizte mich plötzlich, dies Problem zu lösen. Dass sich Scheibler
schon damit beschäftigt hatte, wusste ich damals noch nicht. Auf einer
grossen Reise durch SĂĽddeutschland im Sommer 1893, auf der ich eine
Menge cranachscher Bilder kennen lernte, ordnete ich die mit einer
Jahreszahl versehenen und bezeichneten chronologisch nach den beiden
verschiedenen Zeichen und kam so zu demselben Ergebnis wie Scheibler:
dass im Jahre 1537 die Schlange mit FledermausflĂĽgeln von Cranach
zum letzten Male angewandt worden und noch in demselben Jahre die
mit VogelflĂĽgeln an ihre Stelle getreten sei.
Mit dieser Thatsache konnte ich mich jedoch nicht zufrieden geben.
Ganz von selbst stellte sich nun die Frage ein, die merkwĂĽrdigerweise
noch niemand aufgeworfen hatte: Warum hat denn der KĂĽnstler 1537
sein bekanntes Zeichen geändert? Irgend ein Grund oder eine Ursache
musste doch dafĂĽr vorhanden sein. Da fand ich denn im Leben
Cranachs im Jahre 1537 nur ein bemerkenswertes Ereignis: seine Wahl
zum BĂĽrgermeister von Wittenberg. Damit war nun freilich nichts
anzufangen. Aber als ich weiter suchte und dabei auf die ähesten
Quellen zurĂĽckging, fand ich etwas, das in keiner der neueren Lebens-
beschreibungen stand: dass um dieselbe Zeit innerhalb des Jahres 1537^
wo das alte Zeichen verschwindet und das neue auftritt, des Meisters
ältester Sohn Hans nach Italien gegangen und dort bald darauf gestorben
sei. Hier schien die Lösung des Rätsels zu liegen. Die unmittelbare
Folge dieser Entdeckung war, dass ich mich mit Hans Cranach zu
beschäftigen begann. Ich las sofort das lateinische Trauergedicht
Stigels, nicht in der VerstĂĽmmelung Schuchardts, sondern unverkĂĽrzt
in einer der alten Ausgaben der Stigelschen Gedichte, und ĂĽbersetzte
es dann. Da stand es denn mit aller wĂĽnschenswerten Deutlichkeit,
dass Hans Cranach ein hervorragender KĂĽnstler gewesen sei und eine
reiche Thätigkeit entfaltet habe. Zwischen den Zeilen aber war zu
lesen, dass die vielen Werke, die er in der Werkstatt seines Vaters
geschaffen habe, nicht unter seinem eigenen Namen, sondern unter dem
Lucas Cranachs in die weite Welt gegangen waren. Wollten wir also
— VII —
nach ihnen suchen, so konnten wir sie nur unter der Masse derer
finden, die von altersher als Werke des Meisters Lucas gegolten hatten.
Vollkommen aussichtslos erschien es mir von vornherein, dabei von den
Beschreibungen von Bildern Hans Cranachs auszugehen, die Stigels Ge-
dicht enthielt, da ja dieselben Gegenstände oft dutzendraal in Lucas
Cranachs Werkstatt dargestellt worden waren.
Indem ich nun der gewöhnlichen Annahme folgte, dass Lucas
Cranach in späterer Zeit sein Zeichen auch auf Bilder gesetzt habe, die
nicht er selbst, sondern seine Gesellen gemalt hatten, verlor die geflĂĽgelte
Schlange für mich ihre Bedeutung als persönliches Zeichen Lucas Cra-
nachs. Sie konnte fĂĽr den Forscher nur noch insofern Wert haben, als durch
sie der Ursprung eines Bildes aus der cranachschen Werkstatt äusser-
lich beglaubigt wurde. Von wem aber ein jedes mit der Schlange in
der ersten Form bezeichnete und in der Zeit von etwa 1525 — 1537
entstandene Bild gemalt worden sei, ob von Lucas Cranach selbst oder
seinem ältesten Sohne oder einem andern Gesellen, das konnte nur
mit Hilfe der analytischen Methode nachgewiesen werden.
Es begann nun ein unaufhörliches und äusserst mühsames Ver-
gleichen der vielen bezeichneten cranachschen Bilder dieser Zeit nach
ihren stilistischen Eigentümlichkeiten. Zunächst arbeitete ich nur mit
den datierten , später auch mit den undatierten. Immer griff ich eins
heraus, dessen Eigenart besonders stark ausgeprägt war, studierte es
genau und verglich mit ihm die andern, etwa derselben Zeit angehörigen
der Reihe nach daraufhin, ob sie von derselben Hand wie dieses gemalt
seien oder nicht. So ergaben sich entweder Ăśbereinstimmungen oder
Unterschiede in der Formen spräche, Farbengebung, Technik, Auffassung
und schliesslich auch in dem Schlangenzeichen.
Immer deutlicher erkennbar liefen zwei Richtungen neben
einander her. Die eine Richtung entwickelte den in den Bildern von
1515 und 15 18 ganz bestimmt ausgeprägten Stil Lucas Cranachs in
natĂĽrlicher Weise weiter und Hess sich auch noch ĂĽber das Jahr 1537
hinaus verfolgen, die andere setzte ohne Zusammenhang mit den vor 1520
entstandenen Bildern Lucas Cranachs um 1525 fast unvermittelt ein und
brach beim Jahre 1537 ab. Der Vertreter dieser zweiten Richtung
konnte nur Hans Cranach sein.
Um die vielumstrittene Bildergruppe, mit der der Name des sogen.
Pseudogrüne wald seit längerer Zeit verknüpft war, hatte ich mich
zunächst absichtlich nicht gekümmert. Ich that es erst, als die Ent-
— VIIJ —
Wickelung Lucas Cranachs bis etwa zum Jahre 1520 in ihren HauptzĂĽgen
völlig klar vor mir lag. Den Pseudogrünewald nahm ich aus dem Grunde
fĂĽr sich vor, weil ich damals noch der Ansicht Janitscheks zuneigte, er
gehöre nicht eigentlich in den engeren cranachschen Kreis, sondern
habe nur irgendwelche Beziehungen zu Lucas Cranach gehabt. Diese
aufzuspĂĽren, war das Ziel, das ich mir gesetzt hatte.
Auch hier musste ich von vorn anfangen und prüfen,» ob wirklich
alle diese sogenannten PseudogrĂĽnewald-Bilder von derselben Hand
seien, was sich zum Teil als irrig erwies. Anfangs standen noch Lucas
Cranach, Hans Cranach und der PseudogrĂĽnewald als drei verschiedene
KĂĽnstler nebeneinander. Aber je mehr Bilder ich von allen dreien
kennen lernte, um so grösser wurde der Unterschied zwischen Lucas
Cranach und dem Pseudogtünewald, um so mehr näherten sich dagegen
Hans Cranach und der Pseudogrünewald, um so zahlreicher und auffälliger
wurden die Beziehungen zwischen den Bildern beider, bis diese beiden
Gruppen eines Tages zu einer einzigen verschmolzen. Es war das Werk
eines Augenblicks. Obgleich der ganze Gang der Untersuchung auf
diesen einen Punkt hingedrängt hatte, kam mir doch die Lösung fast
wie eine Ăśberraschung. Ich glaubte anfangs, meine Phantasie habe mir
einen Streich gespielt und begann deshalb, die ganze Frage mit kĂĽhlem
Kopf noch einmal von Fall zu Fall, Bild fĂĽr Bild durchzuprĂĽfen. Mehrere
Jahre lang habe ich mit dieser Selbstkritik zugebracht, aber das Ergebnis
blieb dasselbe: der PseudogrĂĽnewald war Hans Cranach.
Mit den Holzschnitten Lucas Cranachs, mit denen ich die
Untersuchungen in diesem Buche eröffne, habe ich erst angefangen mich
zu beschäftigen, nachdem ich Beamter am Herzogl. Museum in Braun-
schweig geworden war und dort die Verwaltung der Kupferstichsammlung
übernommen hatte. Nur durch eine öftere kritische Durcharbeitung
dieser Holzschnitte wurde ich in stand gesetzt, auch noch den Ursprung
und die wahre Bedeutung des Schlangenzeichens zu ermitteln.
Mit der Veröffentlichung aller dieser Studien hätte es vielleicht noch
gute Weile gehabt, wenn nicht die Cranach-Ausstellung in Dresden in
Sicht gewesen wäre. Anfang 1899 begann ich mit der Niederschrift.
Doch war alles viel kĂĽrzer und knapper geplant, als es jetzt vorliegt.
So wollte ich z. B. die PseudogrĂĽnewald-Frage nur bis zu dem Punkte
behandeln , wo ich den Namen Hans Cranachs nennen konnte , alles
aber, was ich ĂĽber diesen KĂĽnstler zu sagen hatte, wollte ich in einem
späteren Bande dieser Studien im Zusammenhang veröffentlichen. Am
— JX —
20. April i8qQ, an dem Tage, an dem die Cranach-Ausstellung in
Dresden eröffnet wurde, erschien in der Kunstchronik (N. F. X, Nr. 22)
unter dem Titel ,,üie Lösung der Pseudogrünewald-Frage" ein Aufsatz
von mir, in dem ich die Ergebnisse meiner Studien so kurz wie möglich
zusammengefasst hatte. Noch im April fuhr ich auf einige Tage zum
Besuch der Ausstellung nach Dresden. Der Widerspruch, der hier
gegen meine AusfĂĽhrungen erhoben wurde, ĂĽberzeugte mich sofort, dass
nur ein auf breitester Grundlage aufgebauter Beweis die Richtigkeit der
von mir vertretenen neuen Ansichten ĂĽber den PseudogrĂĽnewald und
die spätere cranachsche Kunst darthun könne und dass ich deshalb
in verschiederien Abschnitten meines Buches noch weiter ausholen und
viel mehr in die Breite gehen mĂĽsse.
Darum habe ich die ursprĂĽngliche Darstellung bedeutend erweitert,
auch auf die Gefahr hin, weitschweifig zu werden, und habe keine MĂĽhe
gescheut, um für jede Behauptung möglichst viel Beweismittel heranzu-
ziehen, auch da, wo es kaum nötig gewesen wäre. Ich wollte mir auf
keinen Fall den Vorwurf der Hypothesenmacherei zuziehen, der so gern
von denen erhoben vvird, die sich mit einer neuen Wahrheit erst dann
befreunden können, wenn alle Welt sie angenommen hat. Die Um-
arbeitung erforderte aber mehr Zeit, als ich gedacht hatte. Als
ich fertig damit war, war der Termin, an dem das Buch hatte
erscheinen sollen, längst vorüber. Nach Mitte Juli reiste ich noch
einmal zu längerem Aufenthalte nach Dresden, um die mir von
der Königl. sächs. Kommission für Geschichte übertragene Veröffentlichung
der Tafelbilder Lucas Cranachs vorzubereiten. Damals waren die ersten
1 50 Seiten des Buches gesetzt. Als ich aber fast Tag fĂĽr Tag in der
Ausstellung nicht nur Laien, sondern auch Fachleute die alten IrrtĂĽmer
über Lucas Cranach unablässig wiederholen hörte, erschienen mir die
drei Abschnitte, aus denen mein Buch bestand, noch nicht genĂĽgend.
Nach meiner RĂĽckkehr, zu einer Zeit, wo sich die Ausstellung schon
ihrem Ende zuneigte, entschloss ich mich deshalb, noch den vierten
Abschnitt ĂĽber die Cranach-Ausstellung anzufĂĽgen.
Anfangs hatte ich im Sinne gehabt, das Buch solle während der
Ausstellung erscheinen und in ihr benützt werden. Durch sein allmäh-
liches Wachsen ĂĽber die ursprĂĽnglich gesteckten Grenzen hinaus ist
dies leider nicht möglich gewesen, aber die Vorteile, die dem Inhalt des
Buches dadurch erwachsen sind, wiegen, wie ich zu hoffen wage, den
Nachteil des späteren Erscheinens reichlich auf.
— X —
So wie die Dinge nun einmal lagen , war es von keiner grossen
Bedeutung mehr, wenn sich die Veröffentlichung noch um mehrere
Monate verzögerte. Das Buch war längst fertig, aber die nötigen Ver-
zeichnisse am SchlĂĽsse fehlten noch. Ohne sie wollte ich es auf keinen
Fall in die Welt hinausgehen lassen. Aber Registermachen ist ein zeit-
raubendes Ding. Alle verfĂĽgbare Zeit musste ich nunmehr auf das
grosse Tafel werk derkönigl. sächs. Kommission für Geschichte verwenden.
Es galt, den ganzen Stoff noch einmal grĂĽndlich durchzuarbeiten. Dabei kam
denn hier und da immer noch etwas Neues zum Vorschein. Mein
letztes Wort ĂĽber verschiedene Bilder habe ich ĂĽberhaupt erst im Text
zu jenem Werke (,,Tafelbilder Lucas Cranachs d. A. und seiner Werk-
statt," Leipzig, Verlag von E. A. Seemann, igoo) sprechen können.
Er bildet deshalb auch eine wichtige Ergänzung zu den vorliegenden
Cranachstudien.
Ich widme dies Buch dem Andenken Hubert Janitscheks, des
viel zu früh Dahingeschiedenen, Ich weiss, es hätte ihm Freude gemacht,
die PseudogrĂĽnewald-Frage, die ja im Mittelpunkt meiner Untersuchungen
steht, auf eine so einfache Weise gelöst zu sehen. Der Pseudogrünewald
war fĂĽr ihn, den Geschichtsschreiber der deutschen Malerei, eine Art
Schmerzenskind. Er kam oft im Gespräch auf dieses Thema und
meinte, einer seiner SchĂĽler mĂĽsse doch einmal der Sache auf den
Grund gehen. Die Frage, die ihm so manche schwere Stunde bereitet
hat, auch deshalb, weil er darin mit dem von ihm hochgeschätzten
Ludwig Scheibler „nicht auf gleicher Strasse gehen" konnte, ist nun, wie
ich hoffe, fĂĽr immer aus der Welt geschafft.
Ich beabsichtige, nach und nach sämtliche Schöpfungen nicht nur
Lucas Cranachs, seiner Söhne und Schüler, sondern aller Künstler, die
bis zum Schluss des 1 6. Jahrhunderts in Wittenberg thätig gewesen sind,
kritisch durchzuarbeiten. Nur auf diese Weise wird es möglich sein,
brauchbares Baumaterial zu einer grösseren Biographie Lucas Cranachs
und seiner Söhne zusammenzubringen.
Zunächst werde ich mich noch nach verschiedenen Richtungen mit
Hans Cranach zu beschäftigen haben. Der Stoff, den ich über ihn an-
gesammelt habe, reichte vielleicht schon zu einem zweiten Bande. Ob
ich aber so bald dazu kommen werde, diesen dem ersten nachfolgen
zu lassen, weiss ich noch nicht; es hängt zu sehr von äusseren Um-
ständen ab. Hans Cranach hat eine grosse Zahl von Holzschnitten
fĂĽr Wittenberger Drucker gezeichnet. Eine kritische Arbeit ĂĽber BĂĽcher-
— XI —
Holzschnitt der Reformationszeit kann man aber eigentlich nur unter-
nehmen, wenn man in der glĂĽcklichen Lage ist, an seinem Wohnorte eine
grosse Bibliothek zu benützen, die reich ist an Bücherbeständen aus
dieser Zeit. Das ist hier in Braunschweig nicht der Fall. Die trefflich
verwaltete Stadtbibliothek ist in der Hauptsache neueren Ursprungs.
Sie hat mir wenigstens die wichtigsten Hilfsmittel aus der historischen
Litteratur der Gegenwart zur Verfügung stellen können. Die Fach-
Genossen in den Universitäts- und Landeshauptstädten können sich kaum
vorstellen, wie viel Zeit, Geld und MĂĽhe ich habe aufwenden mĂĽssen, um
mir nur die Unterlagen fĂĽr die Untersuchung der in dem Buche be-
sprochenen Titeleinfassungen zu verschaffen. Als ich die Arbeit begann,
hoffte ich auf die UnterstĂĽtzung der Herzogl. Bibliothek in Wolfen-
bĂĽttel, die aller Wahrscheinlichkeit nach die meisten der alten Drucke
besitzt, die ich gerade brauchte. Als ich mich aber zum ersten Male
an sie mit der Bitte wandte, mir eins dieser BĂĽcher zur Benutzung im
Herzogl. Museum zu senden, erhielt ich von der Direktion den Bescheid:
„Dergleichen Bücher mit immerhin wertvollen Holzschnitten sind in der
Biblioiheksordnung vom Verschicken nach auswärts ausgeschlossen."
Ich hätte also von meinem Vorhaben vorläufig abstehen müssen,
.venn mir nicht eine Anzahl anderer grosser deutscher Bibliotheken mit
grösster Bereitwilligkeit ihre Unterstützung hätten zu teil werden lassen.
Ich muss hier besonders zweier gedenken, der Hamburger Stadt-
bibliothek und der durch ihr Entgegenkommen schon lange rĂĽhmlichst
bekannten Königl. öffentlichen Bibliothek in Dresden. Die Wolfen-
bĂĽtteler Bibliothek aber ist, so lange ich wissenschaftlich arbeite, die
erste gewesen, die mich abschlägig beschieden hat, obgleich es ihr ein
Leichtes gewesen wäre, mir zu helfen, und sie ist die einzige geblieben.
Dies sei zur Ehre der ĂĽbrigen deutschen Bibliotheken gesagt.
Die Vorsteher unserer öffentlichen Kunstsammlungen haben mir
durch liebenswürdiges persönliches Entgegenkommen die kritische Arbeit
oft wesentlich erleichtert. Viele Herren haben mich bei meinen Nach-
forschungen nach ersten Zuständen cranachscher Holzschnitte auch durch
ausfĂĽhrliche briefliche Mitteilungen unterstĂĽtzt. Ich benĂĽtze die Gelegen-
heit, ihnen allen hier nochmals meinen verbindlichsten Dank abzustatten.
Zum Schluss muss ich doch noch mit ein paar Worten einer
Gegnerin gedenken, die mir im vorigen Jahre erstanden ist. Ein
Fräulein H. Michaelson hielt es für nötig, auf meinen Aufsatz in der
Kunstchronik (,,Die Lösung der Pseudogrünewald-Frage") einen Gegen-
— XII —
aufsatz zu schreiben, der unter dem Titel „Hans Cranach" in Nr. 24
der Kunstchronik (10. Mai 1899) erschien. Ihre Angriffe auf meine
„Thesen" waren so niederschmetternd, dass ich nicht den Mut hatte,
darauf zu antworten. Standen mir doch nicht die gleichen starken
Waffen wie ihr zu Gebote, als da sind: ein noch nicht von tieferen
Fachkenntnissen getrĂĽbter Sinn, eine echt weibliche GefĂĽhlslogik, die
alle philologisch-historische Kritik, alle exakte Untersuchung mit Hilfe
der Augen von vornherein unnötig machte, besonders aber eine fast
verblĂĽffende Unbefangenheit, mit der Wahrheit umzuspringen. Ich bitte,
nur einmal die Stelle Schuchardt III, 83 — 85 genau zu lesen und dann
zu sehen, wie Fräulein Michaelson sie für ihre Zwecke ausgenützt hat.
Eine Anzahl von Fachgenossen Hess sich nun wirklich mit der bekannten
Arglosigkeit, die bei uns in solchen Dingen herrscht, Sand in die Augen
streuen und glaubte an die „schwerwiegenden Gründe", die diese „Cranach-
forscherin" (sogar ,,Hans Cranachforscherin" nannten sie sie) gegen
meine Ansichten vorgebracht hatte. Die Thatsache, dass dem Dilettan-
tismus bei uns noch immer Thür und Thor geöffnet ist und dass alle
Einfälle und Meinungen von Hinz und Kunz gewissenhaft gebucht werden,
hat doch eigentlich fĂĽr jeden, der es ernst meint mit unserer Wissen-
schaft, etwas Beschämendes. In welcher Wissenschaft käme so etwas
sonst noch vor?
In letzter Zeit hat sich nun Fräulein Michaelson auch der Jugend-
geschichte Lucas Cranachs angenommen und da natĂĽrlich gleich wieder
etwas entdeckt, wovon der Verstand der Verständigen bisher nichts hatte
wissen wollen. Wie nicht anders zu erwarten war, sind auch auf diese
„Entdeckung" sofort wieder verschiedene Leute hineingefallen. Das hätte
der liebenswĂĽrdige, 1887 verstorbene MĂĽnchener Dichter Franz Traut-
mann wohl auch nicht gedacht, dass eine Stelle aus einer seiner kultur-
geschichtlichen Erzählungen eines Tages in dem streng wissenschaftlichen
Repertorium für Kunstwissenschaft (Band XXII, S.395 — 96 und 474 — 77)
ganz ernsthaft als Quelle ,,von hervorragendster Bedeutung" fĂĽr das Leben
Adam Krafts und Lucas Cranachs angezogen werden würde. Auch ich hätte
es nicht für möglich gehalten , als das Volksbuch „Die Abenteuer des
Herzogs Christoph von Bayern, genannt der Kämpfer" vor etwa sieben
Jahren zum ersten Mal in meine Hände kam. Gleichwohl schrieb ich
mir damals den Brief des MĂĽncheners Andreas Sluder, in dem nebenbei
auch Lucas Cranach und Adam Kraft erwähnt werden, ab, ohne ihn
deshalb fĂĽr etwas anderes, als eine dichterische Erfindung Franz Traut-
— XIII —
manns zu halten. Denn als Ganzes ist er das — kommen doch auch
Personen darin vor, die lediglich Geisteskinder des Dichters sind. Nur
das Verzeichnis der Pilger, das mit hinein verwoben ist, ist nicht er-
funden, sondern geht sicher auf einen zeitgenössischen Bericht zurück.
Dass Lucas Cranach in seiner Jugend sich auch einmal in MĂĽnchen
aufgehalten hat, ist möglich, wie so vieles in der Welt möglich ist.
Irgend einen anderen Grund zu dieser Annahme giebt es aber nicht.
Es ist deshalb nur zu begreiflich, dass die Nachforscnungen nach Lucas
Cranach, die die Beamten des Geheimen Staats- und Hausarchivs in
München für Fräulein Michaelson angestellt haben, ganz vergeblich ge-
wesen sind.
Nach dem, was Fräulei.i H. Michaelson bis jetzt veröffentlicht hat,
dĂĽrfte noch manche interessante Entdeckung auf dem Gebiete der
deutschen Kunstgeschichte von ihr zu erwarten sein. Vielleicht nimmt
sie sich auch einmal Dürers an. Da möchte ich sie denn schon jetzt
auf eine Quelle aufmerksam machen, die auch noch nicht ausgebeutet
worden ist: Franz Sternbalds Wanderungen von Ludwig Tieck. Ich
glaube , der allmählich in immer grössere Exaktheit versinkenden
deutschen Kunstforschung könnte auf diese Weise wieder neues Leben
zugefĂĽhrt werden.
Braunschweig, im Februar igoo.
Dr. Ed. Flechsig.
Inhalt. Seite
Einleitung i — 4
I. Die Holzschnitte und Kupferstiche Lucas Cranachs bis
zu seinem 50. Lebensjahre (1522J 5 — 66
IL Die Tafelbilder Lucas Cranachs bis zu seinem 50. Lebens-
jahre (1522) 67 — 109
IIL Die Pseudogrünewald-Frage und ihre Lösung. . . . iio — 250
1. Die Entwickelung der Frage iio — 125
2. Die Werke des Pseudogrünewald 125 — 222
a) Tafelbilder 126 — 179
bj Holzschnitte 179 — 222
3. Die Lösung 222 — 250
IV. Die Cranach- Ausstellung in Dresden 251 — 288
Anhang: Die Verlobung der heil. Katharina nach der
Legende . 289 — 290
V. Verzeichnisse 291 — 313
1 . Die Holzschnitte und Kupferstiche der Lippmannschen
Ausgabe nach den Nummern von Bartsch, Heller,
Schuchardt und Passavant 291 — 293
2. Die Holzschnitte und Kupferstiche Luc. Cranachs
d. Ä. bis 1522 nach der Zeitfolge 293 — 295
3. Tafelbilder Luc. Cranachs d. A. bis 1522 nach
der Zeitfolge 295—299
4. Bildnisse 299 — 304
5. KĂĽnstlerzeichen 304
6. Ortsverzeichnis . 305—313
Berichtigungen . 314
Verzeichnis der Abbildungen. ^ .^^
1 . Die KĂĽnstlerzeichen Lucas Cranachs d. Ă„. nach der Zeitfolge :
vor dem Titel.
2. Die Kreuzigung Christi (1502), Passavant IV, 40 Nr. i . . 8 — g
3. Die Kreuzigung Christi, Passavant IV, 40 Nr. 2 . . . .8 — 9
4. Marter des h. Kiasmus (15 16). Aschaffenburg, Galerie . . 127
5. Maria mit dem Kind auf der Mondsichel. Aschaffenburg, Galerie 148
6. Die h. Magdalena. Wiesbaden, Galerie 161
7. Die h. Ursula. Zeichnung von Bodmann (1800) nach einem
verschollenen Bilde. Mainz, Stadtbibliothek 164
8. Die h. Sippe. Aschaffenburg, Galerie 166
9. Der h. Hieronymusra. d. kranken Löwen. Mainz, Stadt. Galerie 173
10. Titeleuifassung (Sermo Martini Lutheri de praeparatione ad
moriendum). Leipzig, Melchior Lotter, 1520 205
11. Titeleinfassung (Libellus ad omnes de tempore et sanctis
circuitus). Leipzig, Melch. Lotter, 1522 206
12. Titeleinfassung (Doctor Martinus Luther Augustiners Vnter-
richt auĂź" ettlich Artickell). Wittenberg, Joh. Grunenberg, 15 20 207
13. Titeleinfassung (Confilendi ratio D. Martini Lutheri Augus-
tiniani). Wittenberg, Melch. Lotter d. J., 1520 .... 20g
14. Aus dem Hallischen Heiligtumsbuch (Q, 32. Blatt 34 b) . . 211
1 5. Titeleinfassung (Contra Henricum regem Angliae Martinus
Luther). Wittenberg, Joh. Grunenberg, 1522 213
16. Titeleinfassung (Das Jhesus Christus eyn geborner Jude sey).
Wittenberg, Cranach und Döring, 1523 217
17. Titeleinfassung (De instituendis ministris ecclesiae, ad cla-
rissiraum st-natum Pragensem Bohemiae). Wittenberg, Cra-
nach und Döring, 1523 220
18. Tiieieinfassung (An die Radherrn aller stedte deutsches lands).
Wittenberg, Cranach und Döring, 1524 228
19. Christian II. v. Dänemark, Holzschnitt, Schuchardt II, 309 Nr. 177 229
20. Christian II. V.Dänemark, Holzschnitt, SchuchardtII,3 loNr. 178 2^2
(Den Abbildungen Nr. 4 — 9 liegen photographische Aufnahmen vom
Realgymnasiallehrer Ernst Neeb in Mainz, Frauenlobplatz i, zu Grunde.)
AbkĂĽrzungen.
B, = Bartsch, Le Peintre-Graveur, Band VII.
CrA. = Cranach-Ausstellung, Dresden 1899, Wissenschaftliches Ver-
zeichnis der ausgestellten Werke von Karl Woermann.
H. = Heller, Lucas Cranachs Leben und Werke. 2. Aufl. NĂĽrnberg
1844. (Titelauflage 1854.)
L. = Lippmann, Lucas Cranach. Sammlung von Nachbildungen seiner
vorzĂĽglichsten Holzschnitte und seiner Stiche. Berlin 1895.
P. = Passavant, Le Peintre-Graveur, Band IV.
Seh. oder Schuch. = Schuchardt, Lucas Cranach des Älteren Leben
und Werke. 3 Bände. Leipzig 1851 und 1871.
Die Bezeichnung rechts und links ist selbstverständlich immer
nur vom Beschauer aus zu verstehen, nicht, wie es in der Biblio-
graphie bei der Beschreibung von Holzschnitten leider noch immer
Sitte ist, im heraldischen Sinne.
Wer kennt ihn nicht, den berĂĽhmten Lucas Cranach, den Freund
Luthers und seiner Mitstreiter um die evangelische Sache, den treuen
Diener seiner FĂĽrsten? Wer hat von ihm nicht wenigstens ein Bild
gesehen, ein Marienbild oder ein Bildnis Luthers oder Friedrichs des
Weisen oder eine seiner nackten weiblichen Gestalten, eine Venus oder
Lucretia oder wie sie sonst heissen mögen? Wo wäre denn auch die
öffentliche Sammlung, die nicht stolz wäre auf ihre ein oder zwei Dutzend
Cranachs, wenn es ihr versagt ist, einen DĂĽrer, Holbein oder Baidung
zu besitzen? Und wer auch keinen von diesen drei Grossen so recht
kennt, den vierten Grossen kennt er natĂĽrlich. Alle, alle kennen sie
ihn, den berĂĽhmten Lucas Cranach.
Sie glauben es wenigstens. Aber giebt es wohl auch nur einen,
der ihn wirklich kennt?
Man beurteilt doch einen Künstler gewöhnlich nach dem, was er
in seinen besten Jahren geschaffen hat. Als Lucas Cranach sein
50. Lebensjahr vollendet hatte, konnte er gewiss auf eine reiche kĂĽnst-
lerische Thätigkeit zurückblicken. Wie viele Bilder mochte er wohl bis
dahin gemalt haben, er, dessen Schnelligkeit und Fleiss die Zeitgenossen
schon frühzeitig rühmten? Es mögen doch einige Hundert gewesen sein,
die Zahl ist kaum zu hoch gegriffen. Und wie viele davon sind be-
kannt? Wenn wir die bis 1522 entstandenen Bilder, die in unseren Samm-
lungen unumstritten als Werke Lucas Cranachs gelten, an den Fingern
unserer beiden Hände abzählen, so sind wir schon beim zweiten Male
Durchzählen fertig: etwa 20 Bilder, das ist für uns die Summe alles
dessen, was der Meister in seiner besten Zeit geschaffen hat. Nun
giebt es freilich noch eine grosse Zahl von Holzschnitten, aber die
werden ja meist nur so als Ballast mitgefĂĽhrt. Als ob sich die kĂĽnst-
lerische Phantasie in einem kleinen Holzschnitte nicht ebenso stark
äussern könnte, wie in einem grossen Tafelbilde! Die grosse Menge
kennt diese Holzschnitte Cranachs kaum, und wie viele Kunstforscher
giebt es, von denen nicht dasselbe gesagt werden mĂĽsste? In seinen
Bildern lebt Lucas Cranach fort, nicht in seinen Holzschnitten.
Jenen etwa 20 uns bekannten Bildern, die Cranach bis zu seinem
50. Jahre gemalt hat, stehen nun etwa 300 gegenĂĽber, die jenseits dieses
Jahres fallen, zwar nicht alles Werke seiner Hand, aber doch alle aus
seiner Werkstatt hervorgegangen. Das ist ein Missverhältnis, wie es kaum
grösser gedacht werden kann. Und es ist gekommen, wie es kommen
musste: die 300 Bilder, die den Lebensabend Cranachs ausfĂĽllen, haben
die 20 seiner besten Zeit unterdrĂĽckt. Der alternde Lucas Cranach
lebt, der werdende und der gewordene ist tot.
Es giebt keinen andern KĂĽnstler, dem ein solches Schicksal je
widerfahren wäre.
Und die Forschung? Hat sie nicht versucht, dieses Unrecht, das
dem KĂĽnstler angethan ist, wieder gut zu machen?
Die ältere Generation hat überhaupt gar nicht geahnt, dass hier
etwas gut zu machen sei. Auch Christian Schuchardt, der sich sein
Leben lang mit Lucas Cranach beschäftigt hat, hat nur den alternden
KĂĽnstler so recht gekannt, er hat nicht gewusst und sich wohl auch
nie ernstlich gefragt, in welcher Weise aus dem 30jährigen allmählich
ein 40 und 5ojähriger geworden ist. Von den Bildern, die er kannte,
hat er den Weg nicht zurĂĽckgefunden zu jenen wenigen Zeugnissen einer
frĂĽheren Zeit.
Gewiss ist die jĂĽngere Generation in der Hinsicht etwas weiter
fortgeschritten als Schuchardt. Aber eine Biographie des KĂĽnstlers
Cranach, also eine, die auf die Entwicklung seines persönlichen Stils
das Hauptgewicht legt, giebt es noch immer nicht und kann es nicht
geben. Wer heute das Wagnis unternehmen wollte, befände sich etwa
in der Lage dessen, der ein festes Haus bauen will und zwar eine
Menge Holz zum Dachstuhl, aber keine Steine und keinen Mörtel zum
Bau der Mauern hat. Man hat der früheren Thätigkeit Cranachs allmählich
etwas mehr Aufmerksamkeit zugewandt, sich aber sonst mit dem begnĂĽgt, was
da war. Es ist ĂĽberhaupt ein eigenes Ding mit dieser jĂĽngeren Forschung.
Sie, die sonst so kritisch angelegt ist, hat Cranach gegenĂĽber auf die
Kritik ganz verzichtet. Entweder ist er ihr zu berĂĽhmt; sie findet, dass
er nicht das gewesen, was seine Zeitgenossen und die Nachwelt aus ihm
gemacht haben, sie verbeugt sich vor dem tĂĽchtigen Menschen in ihm
und zuckt die Achseln über den Künstler. Seine Grösse hält sie für
Schein und meint deshalb, es sei nicht nötig, sich ernstlich mit ihm zu
beschäftigen. Oder sie ahnt zwar, dass hinter diesen wenigen Werken,
die aus seiner besten Zeit bekannt sind, eine grössere Künstlerpersön-
lichkeit stecken mĂĽsse, als die Hunderte ihm zugeschriebener Bilder aus
seiner späteren Zeit vermuten lassen. Aber sie schreckt zurück vor den
Schwierigkeiten, mit denen das Suchen nach der Wahrheit verbunden ist.
Diese Schwierigkeiten sind thatsächlich ungewöhnlicher Art und
grösser, als bei jedem anderen grossen Künstler der Vergangenheit.
Wo sind zunächst alle die Bilder, die dieser „schnellste" Maler in
seiner besten Zeit gemalt hat? Vom Erdboden können sie nicht weg-
gefegt sein. Und wo sind die Werke seiner Jugend? Auch sie können
nicht samt und sonders untergegangen sein.
Sehen wir uns ferner die vielen Werke des Alternden an: wie ist
es möglich, dass sie so durchaus anders geartet sind, als die, mit denen
er seine mittlere Periode abschloss? Wo sind die Werke, die die beiden
Söhne des Meisters^ die doch schon frühzeitig hervorragende Künstler
gewesen sein mĂĽssen, zu gleicher Zeit mit dem Vater geschaffen haben?
Wie lassen sie sich von denen des Vaters scheiden?
Auf alle diese Fragen hat bis jetzt niemand eine Antwort zu geben
vermocht.
Hindernisse aller Art stellen sich dem Forscher entgegen. Der
Weg, der zur Wahrheit fĂĽhrt, geht durch einen Wald von IrrtĂĽmern;
jahrhundertealtes Moos bedeckt ihn und lässt bisweilen seine Spur kaum
mehr erkennen. Anfänglich stellt sich dicht verwachsenes Gestrüpp dem
Vordringenden entgegen und macht jeden Schritt zu einer ungeheuren
Anstrengung. Nur wer sein Schwert unablässig gebraucht und sich mulig
durchhaut, dem wird der Weg allmählich lichter, der kommt schliesslich
auch am Ziele an.
Dies Schwert aber heisst Kritik. Sie thut vor allem not. Nur
eine Kritik, die jedes Werk von Grund aus untersucht und sich nicht
gcheut, aus dem Untersuchten auch die letzten Folgerungen zu ziehen,
nur eine Kritik, die keine Überlieferung mehr gelten lässt, mag sie durch
ihr .Alter auch noch so geheiligt sein, nur eine solche unerbittliche Kritik
kann uns die Wahrheit ĂĽber Lucas Cranach bringen.
Und dabei ist es ganz gleich, welcher Gattung das Werk angehört,
ob es ein Holzschnitt oder Kupferstich oder Tafelbild oder eine Hand-
Zeichnung ist. Sie mĂĽssen alle in gleicher Weise herangezogen und in
Wechselbeziehung zu einander gesetzt werden.
Aus einem besonderen Grunde stelle ich in den folgenden kriti-
schen Untersuchungen die Holzschnitte und Kupferstiche den Gemälden
voran und behandele sie mit grösserer Ausführlichkeit. Während von
den Gemälden der Zeit bis 1522 nur die wenigsten bezeichnet und
datiert sind, ist gerade das Gegenteil bei den Holzschnitten und Kupfer-
stichen der Fall, namentlich denen des ersten Jahrzehnts. Sie bilden
daher eine feste Grundlage fĂĽr jede weitere Forschung und geben uns
auf Fragen Antwort, bei denen die Gemälde oft versagen.
Die Holzschnitte und Kupferstiche Lucas Cranachs
bis zu seinem 50. Lebensjahre (1522).
Man kann die Holzschnitte Lucas Cranachs nur nach den frĂĽhen
AbdrĂĽcken recht beurteilen. Aber diese frĂĽhen AbdrĂĽcke sind seltener, als
die von Holzschnitten anderer Künstler; es giebt keine einzige grössere Samm-
lung, die sie vollständig besässe. Gewöhnlich trifft man auf späte Drucke, die
die ursprĂĽngliche Absicht des KĂĽnstlers verzerrt wiedergeben und die vor
der Beschäftigung mit ihm eher abschrecken. Es haben deshalb wohl
alle Freunde des Meisters das Erscheinen des grossen Werkes mit
Freuden begrüsst, das Friedrich Lippmann 1895 i™ Grot eschen
Verlag in Berlin herausgegeben hat, und das die vorzĂĽglichsten
Holzschnitte und Kupferstiche Lucas Cranachs in getreuen, von der
Reichsdruckerei hergestellten Nachbildungen enthält. Der Einfach-
heit halber habe ich dieses Werk den folgenden Untersuchungen zu
Grunde gelegt.
Als der erste beglaubigte und zugleich der älteste Holzschnitt von
Lucas Cranach hat bis jetzt die Verehrung des Herzens Jesu von 1505
(L. i) gegolten.
Ich bin in der Lage, zwei bedeutend frĂĽhere Holzschnitte nachzu-
weisen. Es sind die beiden Kreuzigungen, die Passavant im Peintre-
Graveur IV, 40 unter Nr. i und 2 beschrieben hat. Sie befinden sich im
Berliner Kupferstichkabinet unter den Unbekannten der deutschen Schule.
Ludwig Kämmerer machte mich auf sie aufmerksam. Als ich den ersten
— 6 —
Blick auf sie warf, wusste ich sofort, dass ich die ältesten Holzschnitte
Lucas Cranachs vor mir hatte. Passavant hat sie der Schule Cra-
nachs zugeteilt. Nun ist wohl klar, dass 1502 (der eine Holzschnitt
trägt diese Jahreszahl) von einer Schule Cranachs noch keine Rede
sein kann, war der Meister damals doch erst 30 Jahre alt. Zeigt ein am An-
fang des 16. Jahrhunderts entstandenes Werk unverkennbare cranachsche
ZĂĽge, so kann es nur von ihm selbst herrĂĽhren. Im vorliegenden Falle
ist auch der Beweis dafĂĽr nicht schwer zu erbringen.
Beide Holzschnitte sind der Ausdruck einer rohen, ungezĂĽgelten
Kraft; in der Beziehung waltet zwischen ihnen und den späteren be-
glaubigten Holzschnitten ein grosser Unterschied. Bei diesen alles ab-
geklärt, hier alles noch in Gährung. Die Sprache ist jedoch dieselbe,
derselbe eigentĂĽmliche Klang, dieselbe Ausdrucksvveise, nur das Tempo der
Rede ist später ruhiger geworden.
Betrachten wir zunächst die mit dem Zeichen des Holzschneiders
versehene Kreuzigung von 1502 (P. IV, 40 Nr. i). Am besten lässt sich
der Beweis, dass sie ein Werk Cranachs ist, bei Johannes fĂĽhren. Das-
selbe schmale Gesicht, wie hier, mit den die Stirn bedeckenden, auf die
Schulter herabfallenden Locken, mit derselben Nase, demselben Kinn
finden wir wieder bei dem Johannes auf der Verehrung des Herzens
Jesu von 1505 (L. i) und dem Erzengel Michael von 1506 (L. 3). Es
kann gar kein Zweifel sein, wir haben hier dieselbe Gestalt, wohl das-
selbe Modell vor uns. Anklänge daran zeigt noch der spätere Johannes-
typus, namentlich in der Passion von 1509, nur dass dort das Gesicht
breiter geworden, das Haar gekĂĽrzt ist. Aber die Gewohnheit, das kurze
Haar in sogen. Schneckenlöckchen und das lange korkzieherartig zu
zeichnen, wie beim Johannes von 1502, tindet sich bei den meisten
namentlich jugendlichen Gestalten der Holzschnitte bis zum Ende des
ersten Jahrzehnts. Man vergleiche vor allem noch den h. Sebastian auf
der Verehrung des Herzens Jesu (L. 1), ferner die Dame mit der
Blume (L. 31), den h. Christoph (L. 6), die Himmelfahrt der Magda-
lena von 1506 (L. 7). Besonders deutlich tritt die Ăśbereinstimmung
der Zeichnungsweise bei vielen Köpfen im Wittenberger Heiligtumsbuch
zu Tage, noch 1 509 beim Johanneskopf in der Passion (vergl. namentlich
Christus am Ă–lberg).
Nun betrachte mandievorMaria knieende, in voller Seitenansicht
nach links gewendete Frau auf unserer Kreuzigung und darauf die ver-
ehrende Maria auf dem Holzschnitte von 1505 (L. i). Es ist fast die-
selbe Gestalt in derselben Stellung. Man vergleiche nur die Form des
Kopfes (Mund und Kinn stimmen sogar ganz genau ĂĽberein), das Kopf-
luch, den Mantel, wie er z. B, auf dem Boden aufliegt und kleine
eckige Falten bildet und wie er straff gezogen in langer Schrägfalte
vom RĂĽcken zum Fussboden geht.
Die vor Schmerz zusammengesunkene Maria hat einen Mantel
mit kurzen bis zur Mitte des Oberarms gehenden Ärmeln, die sich hier
mittels eines Zuges vorn verengern, wie man deutlich an der Schraffierung
(den kleinen Falten) erkennen kann. Dieselben Ärmel finden sich ge-
nau so bei Maria auf dem Bilde von 1504, der Ruhe auf der Flucht
(München, Generalmusikdirektor Levi. CrA. i), und ähnlich auf den Holz-
schnitten der Passion von 1509 B. 16 Kreuzigung (hier auch eine auffällige
Ähnlichkeit im Typus), B. 17 Beweinung, B. 18 Grablegung.
Die stehende Frau hat die Hände vor der Brust gekreuzt wie
Maria auf der Grablegung B. 18. Eine eigenartige steife Haube um»'
giebt das Gesicht wie eine Tonne. Eine ganz ähnliche Kopfbedeckung hat
auf der Marter des Erasmus von 1506 (L. 4) der Mann mit dem KnĂĽppel.
Links hinter dem Kreuze Christi steht ein Mann mit krummer
Nase und spitzem Bart. Wir linden diesen Typus wieder auf der Marter
der heiligen Barbara B. 70 in dem mittelsten der 3 Männer rechts hinten.
Dem eben erwähnten zugewandt steht vom Rücken gesehen ein
Kriegsknecht, der in der Linken die Stange mit dem Schwamm hält.
Seine Tracht ist in mehr als einer Beziehung auffällig, namentlich der aus
Spangen und Scheiben bestehende Helm. Solche phantastisch geklei-
dete Kriegergestalten, wie sie in Wirklichkeit kaum vorgekommen sein
dürften, finden wir in den Holzschnitten Cranachs sehr häufig. Ich will nur
aus der Menge einige Beispiele herausgreifen: man vergleiche auf Christus
vor Kaiphas B. 8 den Kopf hinten rechts von der ThĂĽr, auf der Kreuzigung
B. 16 den Kriegsknecht mit dem Schwamm an der Stange, auf der
Marter des Andreas B. 38 den zweiten Krieger vom linken Rande aus und
den im Hintergrund mit der Lanze, auf der Marter Jakobus d. Ă„. B. 3g
den Berittenen mit der Lanze, auf der Marter des Bartholomäus B. 42
den Krieger vorn in der Mitte mit der Hellebarde.
In der Gruppe rechts vom Kreuze Christi bemerken wir einen
bartlosen Mann mit breitkrämpigem Hute, der den Kopf Christus
zugewandt hat. Auch dieser Gesichtstypus kehrt in späteren Holz-
schnitten ganz ähnlich wieder; vergleichen wir z. B. den Mann mit dem
grossen Hut links hinter Christus auf Christus vor Kaiphas B. 8 und den
in der Menge rechts zu Christus emporsehenden auf der Kreuzigung
B. i6.
Endlich das StĂĽckchen Landschaft rechts von Christus: die Burg
auf hohem Felsen, mit der Zinnenmauer und dem Turm am Fuss ist
schon ganz in der Art der bezeichneten Holzschnitte.
Die Kreuzigung von 1502 ist also durch eine Menge Fäden mit
sicheren Holzschnitten Cranachs verbunden. Es sind Ăśbereinstimmungen
vorhanden,, die sich zusammengenommen nicht durch Zufall erklären
lassen. Dazu gehört z. B. auch die Behandlung der Haare. Die Gruppe des
Johannes und der vier Frauen wirkt im ganzen Holzschnitt am reifsten,
sie würden, wenn sie in späteren Holzschnitten, z. B. 1505 und 1506
vorkämen, höchstens durch die etwas grössere Unruhe in den Falten
abstechen, sonst nicht: es sind eben Typen, die Cranach nach 1502 noch
4 — 5 Jahre weiter verwendet, ehe er zu neuen übergeht. Andere Gestalten,
wie Christus und die beiden Schacher und der Gepanzerte zu Pferd machen
entschieden einen viel ungĂĽnstigeren Eindruck, sie zeigen so bedeutende
Zeichenfehler, dass hier der Unterschied zwischen der Kreuzigung von
1502 und den 1505 mit der Verehrung des Herzens Jesu beginnenden
Holzschnitten, die völlig reif erscheinen, sehr stark zu Tage tritt. Wie
schnell der Künstler diese Schwächen überwunden hat, zeigt ein Bild
von 1503, auf das ich später zu sprechen komme.
Es kann also gar kein Zweifel sein, dass die Kreuzigung von
1502 ein Werk Luc. Cranachs ist, Ist dies der Fall, dann muss aber auch
die viel rohere undatierte Kreuzigung (P. IV, 40 Nr. 2) von ihm sein.
Passavant schon hat erkannt, dass diese beiden Holzschnitte Werke ein
und derselben Hand sind. Man braucht sich nicht abzumĂĽhen, dies
noch einmal zu beweisen. Ein Widerspruch gegen Passavant kann
nicht erhoben werden, denn jeder, der beide Blätter neben einander
sieht, muss die vielen Ăśbereinstimmungen sofort erkennen. Freilich
diese zweite Kreuzigung ohne Vermittelung der von 1502 als ein Jugend-
werk Cranachs glaubhaft nachzuweisen, wäre kaum möglich, und jeder
derartige Versuch wĂĽrde vielleicht nur einem allgemeinen KopfschĂĽtteln
begegnen. Nur zwei Gestalten berĂĽhren in dem Holzschnitt wirklich crana-
chisch, Maria (wieder mit dem Mantel mit kurzen Ärmeln) und der
Mann ganz links mit dem Schwamm an der Stange.
Die zweite Kreuzigung ist selbstverständlich früher als die von 1502.
Der Johannestypus weicht noch bedeutend ab von demjenigen, der
1502 beginnt und bis 1506 nachzuweisen ist. Den Frauentypen fehlt
Die Kreuzigung Christi (1502).
Passavant IV, 40, Nr. i.
Die Kreuzigung Christi.
Passavanl IV, 40, Nr. 2.
— 9 —
noch das charakteristische Gepräge, wie es die von 1502 schon haben.
Die 1502] beginnende Art, die Haare zu behandeln, ist hier noch
nicht ausgebildet. Fast alles ist noch unbeholfen. Ich möchte einen
Abstand von etwa zwei Jahren (aber auch nicht mehr) zwischen beiden
Holzschnitten annehmen, sodass der zweite um das Jahr 1500 ent-
standen wäre.
Aber wir können auch sagen, wo der junge Künstler sich befand,
als er diese zweite Kreuzigung zeichnete. Zwei Männer auf diesem Holz-
schnitte gehören sicher nicht dem germanischen Stamme an. Der eine
ganz rechts vor dem Baumstamme mit dem Schnurrbart und dem in
langen Strähnen vor dem Ohr herabfallenden Haar hat einen deutlich
ausgeprägten magyarischen Typus, der andere auf der entgegengesetzten
Seite mit dem wirr ins Gesicht hängenden Haar und dem mit einer
Feder besteckten Hute sieht wie ein Zigeuner aus. Ob vielleicht auch
die andern Gestalten nichtdeutsche RasseneigentĂĽmlichkeiten zeigen,
vermag ich nicht zu sagen, aber bei jenen beiden erscheint es mir
ganz sicher. Nun wissen wir aus dem Briefe, mit dem Christof Scheurl
seine am 16. Nov. 1508 zum Preis der Allerheiligenkirche in Witten-
berg gehaltene Rede dem befreundeten Lucas Cranach widmet, dass
dieser vormals auch in Ă–sterreich Proben seiner Kunst abgelegt hat.
Damit ist selbstverständlich nur das Erzherzogtum Ober- und Nieder-
österreich gemeint, und dort müssten sich noch Zeugnisse seiner Thätig-
keit finden, wenn welche erhalten sind. Ein solches äusseres Zeugnis
aber bildet die undatierte Kreuzigung. Befand er sich z, B. in Wien,
so konnte er jedenfalls schon dort ab und zu Menschen von dem
Schlage sehen, wie er sie auf der Kreuzigung gezeichnet hat, oder er
brauchte bloss die nahe ungarische Grenze zu ĂĽberschreiten.
Jede Nachforschung über die früheste Thätigkeit Cranachs wird
von den beiden Kreuzigungen ausgehen mĂĽssen. Ihre innere Beglaubigung
erweist sich als eben so stark, wie die äussere durch das Monogramm,
mit dem Cranach 1 504 zum ersten Mal ein Tafelbild, 1 505 zum
ersten Mal einen Holzschnitt bezeichnet. Dieser Holzschnitt, die Ver-
ehrung des Herzens Jesu, ist auch der erste sichtbare Beweis fĂĽr
seine Thätigkeit als Hofmaler des Kurfürsten Friedrichs des Weisen von
Sachsen und seines Bruders Johann. Die älteste zusammenhängende Dar-
stellung der Lebensgeschichte Luc. Cranachs, die bekannte 1556 verfasste
lateinische Denkschrift des Mathias Gunderam, nennt 1504 als das Jahr von
Cranachs Ăśbersiedelung nach Wittenberg. In Urkunden tritt sein Name
jedoch zum ersten Male am 14. April (Montag nach Jubilate) 1505 dort
auf, wie aus den verdienstlichen archivalischen Forschungen Cornelius
Gurlitts (Die Kunst unter KurfĂĽrst Friedrich dem Weisen, Dresden 1897,
S. 40 — 41) hervorgeht. An diesem Tage erhielt er in Torgau — zu-
gleich mit Jacopo de' Barbari (vergl. Gurlitt S. 34) — eine Zahlung
von 40 fl., dem Wortlaut nach zu schliessen wohl die erste als fest
angestellter Diener der beiden Fürsten. Es ist aber sehr möglich, dass
er schon vorher in ihrem Auftrag in Wittenberg oder anderwärts gearbeitet
hatte, gewissermassen auf Probe, jedoch noch nicht in einem engeren
Dienstverhältnis. So war es ja auch bei Jacopo de' Barbari (vergl.
Gurlitt S. 34). Die erste Verbindung mit ihm wurde wohl in NĂĽrn-
berg angeknĂĽpft, wo er kurz vorher 50 tl. erhielt, wie Gurlitt im Re-
pert. f. Kunstvvissensch. XVIII (1895) S. i 13 mitgeteilt hat. Es ist also nicht
ausgeschlossen, dass Cranach noch 1 504 nach Wittenberg gekommen ist.
Er muss dort äusserst viel in der ersten Zeit gemalt haben, wenn
wir seinem Freunde Scheuri, dem berĂĽhmten Juristen, glauben wollen.
Doch ist von dieser malerischen Thätigkeit nur das Wenigste erhalten.
Dagegen geben uns seine zahlreichen Holzschnitte ĂĽber seine Ent-
wickelung bis zum Jahre 15 10 den denkbar besten Aufschluss.
Sämtliche Holzschnitte, die seit alter Zeit als Werke Luc. Cranachs
gelten, lassen sich nach dem grösseren oder geringeren Grad ihrer
äusseren Beglaubigung in 3 Gruppen einteilen: i. Bezeichnete und
datierte, wozu auch die sicher datierbaren zu rechnen sind. 2. Nur
bezeichnete, aber nicht datierte. 3. Weder bezeichnete noch datierte,
also solche ohne jede äussere Beglaubigung.
Die Hauptaufgabe fĂĽr die Forschung muss darin bestehen, die
Entstehungszeit der Werke der 2. und 3. Gruppe zu ermitteln und
darauf sämtliche Werke so zu ordnen, dass sie eine Entwickelungsreihe
darstellen. Friedr. Lippmann hat dies in seiner Ausgabe der Holz-
schnitte und Kupferstiche Cranachs (Berlin, Grote 1895) zum ersten Male
versucht. Wie weil dieser Versuch geglĂĽckt ist, wird die folgende Unter-
suchung lehren.
Lucas Cranach hat zur Beglaubigung seiner Werke 5 verschiedene
Zeichen benĂĽtzt:
I. (t, 2. L C, 3. LC und die Schlange mit zwei Fleder-
itiausflĂĽgeln, 4. diese Schlange allein, 5. die Schlange mit VogelflĂĽgeln.
Nie aber hat er, wie auch Lippmann noch irrtĂĽmlich im Text S. 6^
behauptet, mit L. V. C. (oder LVC) bezeichnet.
Es fragt sich nun, ob Cranach mit diesen Zeichen beliebig ge-
wechselt hat, wie es nach der Ansicht Lippmanns der Fall gewesen zu
sein scheint, oder ob er dabei nach gewissen Grundsätzen verfahren
ist. Die Grundlage für eine solche Untersuchung können selbstver-
ständlich nur die Werke der i . Gruppe, also die zugleich bezeichneten
und datierten, bilden. Zu diesen rechne ich auch den h, Georg zu
Pferde L. ig. 20., dessen Entstehung im J. 1507 durch urkundliche
Belege gesichert ist, wie ich später noch nachweisen werde. Um das
Material zu vermehren, ziehe ich noch einige Gemälde mit heran, die
ich zur Unterscheidung in Klammern setze.
Sämtliche Werke ordne ich zunächst nach ihren gemeinschaftlichen
Bezeichnungen, innerhalb der so gezogenen Schranken nach Jahren.
Ich halte dabei die Ordnung Lippmanns ein, so weit dies nur möglich ist.
So ergiebt sich folgende Reihe:
1504 (Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. München, Generalmusik-
direktor Levi, frĂĽher Dr. Konrad Fiedler).
1505 Verehrung des Herzens Jesu L. i.
1506 Versuchung des h. Antonius L. 2.
„ Erzengel Michael L. 3.
„ Stehender h. Georg L. 5.
,, Maria Magdalena mit Engeln L. 7.
ir. LG
1506 Marter des h. Erasmus L. 4.
,, Das (i.) Turnier L. 10
,, Knabe zu Pferde L. 11.
„ Herr und Dame zur Jagd reitend L. 12.
,, Ein Ritter zu Pferde L. 13.
1507 Der h. Georg zu Pferde in Gold- und Silberdruck L. 19. 20.
1508 Das Urteil des Paris L. 21.
150g Das (3.) Turnier L. 28.
„ Das (4.) Turnier L. 29.
IIL LC und Schlange mit zwei FledermausflĂĽgeln.
1506 Der h. Christoph L. 6.
„ Venus und Amor L. 8. 9.
150g Der SĂĽndenfall L. 22.
„ Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten L. 2^,. 24.
12
509 David und Abigail L. 25.
Der h. Hieronymus in der Landschaft L, 26.
Das (2.) Turnier L. 27.
Die Busse des h, Chrysostomus, Kupferst. L. 58.
Friedrich der Weise, Kupferst, L. 5g,
Gefangennahme Christi, bez. ^, aus der Passion B. 7.
(Venus und Amor. Petersburg, Ermitage).
(Bildnis Christof Scheurls. NĂĽrnberg, Freiherr v. Scheurl).
15 14 (Herzogin Katharina von Sachsen, Dresden, Histor. Museum).
IV. Schlange mit zwei FledermausflĂĽgeln.
1509 Drei Blätter aus der Passion, nämlich Geisselung B. 11, Kreuzi-
gung B. 16 und Auferstehung B. 19, nicht datiert, aber 1509
mit der ganzen Folge veröffentlicht.
1510 Friedrich der Weise und Johann der Beständige, Titelblatt zum
Wittenberger Heiligtumsbuche, Kupferst. L. 60.
15 15 (Christus an der Säule. Dresden, Galerie Nr. 1906D Mittelbild),
„ (Die h, Hieronymus und Leopold. Wien, kaiserl. Galerie Nr. 1453).
„ (Männliches Bildnis. Berlin, Galerie 618 A, im Vorrat).
„ (Christus am Kreuz mit den Schachern. Berlin, Frau Mathilde
Wesendonck).
„ (Marter Johannes des Täufers. Kremsier oder Olmütz, vergl.
Th. v. Frimmel in der Kunslchronik N. F. VII, 6).
15 16 Predigt Johannes des Täufers L, 49,
„ (Verlobung der h, Katharina. Wörlitz, Gotisches Haus).
15 18 (Maria mit dem Kinde in der Landschaft. Weimar, Residenz-
schloss),
,, (Maria mit dem Kinde in der Landschaft, Gross -Glogau, Dom),
„ (Der Sterbende. Leipzig, Stadt. Museum Nr. 40).
1519 Die h. Katharina L, 52.
1520 Luther als Mönch, Kupferst. L. 61.
,, Luther als Mönch in einer Nische, Kupferst. L. 63.
„ Kardinal Albrecht v, Brandenburg, Kupferst. L, 64,
1521 Luther als Mönch in Profil, Kupferst, L. 62,
,, (Bildnis eines 22 jährigen Mannes. Schwerin, Galerie Nr. 156)
u. s. w, bis
1537 (Bildnis Herzog Heinrichs des Frommen von Sachsen, Dresden,
Galerie Nr. 1915).
— 13 —
V. Schlange mit VogelflĂĽgeln.
1537 (Die Tochter der Herodias vor ihren Eltern. Dresden, Galerie
Nr. 1923).
1538 (Grablegung Christi. Berlin, Galerie Nr. 581)
u. s. \v.
1546 (Der Brunnen der Jugend. Berlin, Galerie Nr. 593).
Aus dieser Zusammenstellung ist folgendes ersichtlich:
Jedes der 5 Zeichen ist nur innerhalb bestimmter Zeitgrenzen in
Gebrauch. Der Gebrauch des einen Zeichens schliesst den Gebrauch
eines andern in der Form verschiedenen innerhalb dieser bestimmten
Zeitgrenzen aus. Sobald also ein neues Zeichen auftritt, das in der Form
von dem bisher gebrauchten wesentlich abweicht, erlischt das frĂĽhere
von selbst und wird nie wieder verwendet.
Dies gilt für sämtliche Werke Cranachs, Holzschnitte, Kupfer-
stiche, Gemälde und Handzeichnungen, mit alleiniger Ausnahme von
zwei Holzschnitten, dem h. Christoph L. 6 und Venus mit Amor L. 8, 9,
beide mit der Jahreszahl 1506 bezeichnet. Da diese Jahreszahl schon
hier zu Zweifeln Anlass giebt, lasse ich beide Holzschnitte bei den
folgenden Untei suchungen ausser Acht.
Cranach wendet also, wie man sieht, das erste Zeichen (t von
1504 bis 1506 an, geht aber noch im Jahre 1506 zu einem neuen
ĂĽber, indem er die ursprĂĽnglich verschlungenen Buchstaben LC aus
ihrer engen Verbindung löst und neben einander setzt. Diese Bezeich-
nung gebraucht er bis ins Jahr 150g, fĂĽgt aber in demselben Jahre den
beiden Buchstaben noch eine Schlange mit FledermausflĂĽgeln hinzu. Diese
doppelte Bezeichnung tragen dann die meisten Werke, die im Jahre
1509 entstanden sind. 15 14 zeichnet er zum letzten Male auf diese
Weise. Aber er wendet 1509, wahrscheinlich gegen Ende des Jahres,
auch schon die Schlange allein an. Diese Bezeichnung ist vom Jahre
1515 ab ganz allein in Gebrauch, bis ins Jahr 1537, wo die stehenden
FledermausflĂĽgel in liegende VogelflĂĽgel umgewandelt werden. Dieses
letzte der fĂĽnf Zeichen gebraucht Lucas Cranach bis zu seinem Tode
und mit geringen Abweichungen auch sein Sohn Lucas während seiner
ganzen selbständigen Thätigkeit.
So ergeben sich also fĂĽr jedes Zeichen und damit fĂĽr jedes be-
zeichnete, aber nicht datierte Werk folgende Zeitgrenzen:
— 14 —
I. (b : Von 1504 bis etwa Mitte 1506.
Die Hirscbjagd L. 14.
Landsknecht und Dame L. 31.
IL LC: Von etwa Mitte 1506 bis Anfang 150g.
Die Eberjagd L. 17.
Marcus Curtius L. 18.
Die grosse Enthauptung Johannes des Täufers L. 53.
in. LC und Schlange mit zwei FledermausflĂĽgeln:
Von 150g bis 1514.
Die h. Sippe im Zimmer L. 36.
Friedrich der Weise den h. Bartholomäus verehrend, Kupferst.
L. 57-
Die Marter der h. Barbara B. 70. Seh. 87.
IV. Schlange mit zwei FledermausflĂĽgeln: Von 150g bis etwa
Mitte 1537.
Wilder Mann ein Kind raubend L. 15.
Das Christuskind als Welterlöser L. 32.
Die h. Familie mit dem Engeltanz L. s^.
Friedrich der Weise die Madonna verehrend L. 34.
Der Adel L. 35.
Die VerkĂĽndigung L. 41.
Die h. Anna selbdritt L. 42.
Die Enthauptung Johannes des Täufers L. 47.
Die Himmelsleiter des h. Bonaventura L. 51.
V. Schlange mit VogelflĂĽgeln: Von etwa Mitte 1537 bis zum
Tode Lucas Cranachs d. Ă„. 1553 und weiter bis zum Tode Lucas
Cranachs d. J. 1586.
Trägt nun ein bezeichnetes cranachsches Werk eine Jahreszahl,
die ausserhalb des Geltungsbereiches des Zeichens liegt, so ist entweder
die Jahreszahl oder das Zeichen oder beides verdächtig, es liegt hier
entschieden irgend eine Fälschung vor, das Werk muss also aus der Reihe
der zugleich bezeichneten und datierten Werke gestrichen und aus der
I. Gruppe in die 2. oder gar in die 3. versetzt werden. Diesem Schick-
sal haben eine grosse Anzahl von Gemälden anheimzufallen. Nur bei
gewissen Holzschnitten darf von einer Fälschung nicht gesprochen werden.
Trägt z. B. ein Holzschnitt, der in den zwanziger oder dreissiger Jahren
— 15 —
des i6. Jahrhunderts in Leipziger oder Wittenberger Drucken vorkommt,
ein dem cranachschen (5 oft täuschend ähnliches Zeichen, so bezieht sich
dies nicht auf Lucas Cranach, sondern auf Georg Lemberger und
ist nur irrtĂĽmlich auf Lucas Cranach gedeutet worden.
Es giebt nun ein Mittel, um die Entstehungszeit einiger u n d a tierter
Holzschnitte innerhalb der durch die Bezeichnung festgelegten Grenzen
noch genauer zu bestimmen. Es ist dies das Vorkommen und die
äussere Erscheinung der sächsischen Wappen.
Als sächsischer Hofmaler bringt Cranach auf fast allen seinen
Holzschnitten, die im i. Jahrzehnt, und auf vielen, die im 2. Jahrzehnt
entstanden sind, die beiden sächsi s c h en Wappen an, das herzogliche
mit dem Rautenkranz und das kurfĂĽrstliche mit den beiden gekreuzten
Schwertern. Sie fehlen nur auf zwei bezeichneten Holzschnitten der ersten
Zeit, den beiden zusammengehörigen Darstellungen eines Landsknechts
und einer Dame L. 31 und der grossen Enthauptung Johannes des
Täufers L. 53, ausserdem auf einer Anzahl der kleinen Holzschnitte des
Wittenberger Heiligtumsbuches, gewöhnlich da, wo ihre Anbringung auf
Schwierigkeiten stiess. Das Fehlen dieser beiden Wappen hat also nur
bei den beiden zuerst genannten Holzschnitten etwas Auffälliges.
Der Landsknecht ist mit (t bezeichnet, muss also zwischen 1504
und etwa Mitte 1506 entstanden sein. Von allen Holzschnitten Cranachs
sind mir dieser und sein GegenstĂĽck, die Dame mit der Blume, von jeher
als diejenigen erschienen, in denen sich die Natur des KĂĽnstlers am
frischesten und urwüchsigsten äussert. Schon deshalb möchte ich beide
an den Anfang aller bezeichneten Holzschnitte Cranachs setzen, also
noch vor die Verehrung des Herzens Jesu von 1505. Sie mögen schon
in Wittenberg entstanden sein, aber noch vor Cranachs fester Anstellung
im Dienste der beiden Fürsten. Wäre er damals schon Hofmaler ge-
wesen, er hätte es sicher nicht unterlassen, die beiden Wappen hier an-
zubringen, wie er es auf jedem der folgenden grösseren Holzschnitte
gethan hat, mit Ausnahme der grossen Enthauptung Johann es des
Täufers L. 53.
Dieser Holzschnitt ist nach dem Zeichen LC in der Zeit von
etwa Mitte 1506 bis Anfang 150g entstanden. Durch seine derbe Be-
handlung fällt er vollständig aus seiner Umgebung heraus. Daran ist
aber nicht der Zeichner, sondern allein der Holzschneider schuld. Diese
groben, gleich starken und meist in derselben geraden Linie endigenden
Strichlagen, mit denen hier die Schatten angegeben sind, bekunden einen
— i6 —
Mangel an FeinfĂĽhligkeit den Absichten des Erfinders gegenĂĽber, wie
wir ihn bei keinem der Holzschnitte Cranachs in dieser und noch
späterer Zeit wahrnehmen. Diese zeigen im Gegenteil meist eine be-
wundernswerte Feinheit des Schnittes, sodass sie in ganz frĂĽhen Drucken
(die freilich zu den allergrössten Seltenheiten gehören) oft den Eindruck
von Kupferstichen machen. So oft ich diese Enthauptung Johannes des
Täufers ansehe, werde ich an die grossen niederländischen Holzschnitte
dieser Zeit, z. B. die Jacobs von Amsterdam erinnert, die in einer ähn-
lichen derben Weise geschnitten sind. Ich glaube, dieser Holzschnitt ist von
Cranach während seines Aufenthaltes in den Nie de rl an den im Sommer
1 508 gezeichnet, vielleicht auf Bestellung eines Einheimischen, und von einem
Niederländer geschnitten. So Hesse sich am natürlichsten das Fehlen der
sächsischen Wappen und die grosse Abweichung in der ganzen technischen
Behandlung erklären. Denn eine Erklärung für diese beiden auffälligen Er-
scheinungen muss es doch geben. Ăśbrigens findet auch Lippmann
(Text S. 12b) hier Anklänge an die Niederländer, namentlich an Lucas
van Leyden, aber doch nur solche stilistischer Art. Er setzt den Holz-
schnitt um 15 16 an, was ja schon der Bezeichnung wegen unmöglich ist.
Es scheint mir hier der geeignetste Ort zu sein , etwas näher auf
dieniederländischeReise Cranachs einzugehen. Noch immer herrscht
Unklarheit, ob sie im Sommer 1508 oder 1509 stattgefunden habe. Die
meisten folgen Schuchardt, der sie in den Sommer 1509 verlegt. Und
doch lassen sämtliche Quellen gar keinen Zweifel, dass 1508 das rich-
tige Jahr ist.
Aus der lat. Denkschrift des Math. Gunderam (Ăśbersetzung bei
Seh. I, 186) und andern Quellen der Zeit wissen wir, dass Lucas
Cranach 1547 im Lager vor Wittenberg dem Kaiser Karl V. auf dessen
Befragen erzählt hat, er habe ihn in einem Alter von acht Jahren geraalt
und zwar sei dies zu der Zeit gewesen, als Kaiser Maximilian ihm von
den belgischen Ständen (civitates) den Lehenseid schwören Hess, wobei
der Kaiser seinen Enkel an der Hand gehalten habe. Diese Angaben
sind so genau, dass man mit Hilfe der nötigen Quellenschriften danach
den Ort und den Tag ermitteln könnte, an dem diese Huldigung statt-
fand. Für den vorliegenden Zweck genügt es zunächst, wenn nur das
Jahr feststeht.
Karl der V. war am 24. Februar 1500 geboren, am 24. Februar 1508
war er also acht Jahre alt. Wann Kaiser Maximilian in den Niederlanden
— 17 —
war, lässt sich auch genau feststellen. Wir können seine Reise dahin
von Woche zu Woche, oft von Tag zu Tag verfolgen. Im März 1 508
war er noch in SĂĽddeutschland, von da ging die Reise nach dem Mittel-
und Niederrhein zu. Noch Mitte Juli hatte er die niederländische Grenze
nicht ĂĽberschritten. Dies geschah erst zwischen dem 2;^. Juli, wo er
noch in Kaikar war, und dem 26. Juli, wo er sich schon in Herzogen-
busch befand. Im August hielt er sich in Holland auf, am 1 2. September
finden wir ihn in BrĂĽssel. Mit Ausnahme des Oktober, den er fast ganz
in Holland zubringt, weilt er dann nur noch in den sĂĽdlichen Nieder-
landen bis zu seiner RĂĽckreise im FrĂĽhling 150g. Am 30. und
31. März 150g ist er in Grave, dicht an der deutschen Grenze, am
1. April in Xanten, zum ersten Mal wieder auf deutschem Boden. Im
Sommer und Herbst 150g aber ist er fern von den Niederlanden, in
Tirol und Italien. Daraus geht also hervor, dass Cranach den jungen
Karl V. nur im Sommer oder Herbst 1508, nicht aber 150g hat malen
können.
Unser KĂĽnstler scheint sich meist in Antwerpen aufgehalten zu
haben. Am 6. Oktober 1508 erhält er dort eine Zahlung von 100 Gulden
in Gold durch den Agenten seines Herrn (Gurlitt S. 41). Am 15. No-
vember muss er wieder in Wittenberg gewesen sein. Denn am 15. und
16. November fand dort das grosse Turnier statt, das der Dichter
Georgius Sibutus Daripinus in einem lateinischen Gedichte beschrieben,
Lucas Cranach aber in dreien seiner besten Holzschnitte der Nachwelt
ĂĽberliefert hat (Vergl. G. Bauch, Zur Cranachforschung. Rep. f. K.
XVII [i8g4], S. 432 — 34). Er hat sie selbstverständlich bald nachher
gezeichnet, als das Schauspiel noch frisch in seiner Erinnerung lebte.
Darum mĂĽssen auch die Drucke, die die Jahreszahl 150g tragen, ganz
an den Anfang dieses Jahres versetzt werden , das ĂĽbrigens schon am
25. Dezember (1508) begann.
Nach dieser Abschweifung kehre ich zurĂĽck zu der begonnenen
Besprechung der beiden sächsischen Wappen.
I. Das Wappen mit dem Rautenkranz.
Es ist selbstverständlich, dass sich ein Künstler, wenn er ein
Wappen zeichnet, in Bezug auf das, was althergebrachter Brauch und ge-
wissermassen zum Gesetz geworden ist, keine Freiheit erlauben darf. So
scheint die Zahl der Blätter des Rautenkranzes fest bestimmt gewesen
zu sein. Cranach zeichnet ihn immer mit fünf Blättern, oder man sieht
2
wenigstens, dass immer fünf Blätter beabsichtigt waren. Nur zwei Holz-
schnitte machen hiervon eine Ausnahme: Die Verehrung des Herzens
Jesu von 1505 (L. i), der erste Holzschnitt, auf dem die beiden säch-
sischen Wappen vorkommen, und der stehende h. Georg von 1506
(L. 5). Auf beiden hat der Rautenkranz nur drei Blätter, und man sieht,
der KĂĽnstler wollte nur drei zeichnen. Daraus folgt mit unbedingter
Sicherheit, dass der h. Georg unmittelbar nach der Verehrung des
Herzens Jesu entstanden ist und demnach in der Reihenfolge den ĂĽbrigen
mit (t bezeichneten Holzschnitten aus dem Jahre 1 506 vorangehen muss.
Damit ist auch die Entstehungszeit der grossen Hirschjagd L. 14
bestimmt. Nach dem Zeichen war fĂĽr sie bisher die Zeit von 1504 bis
etwa Mitte 1506 ermittelt. Da nun der Rautenkranz im herzoglichen
Wappen hier fünf mit grosser Sorgfalt gezeichnete Blätter hat, muss der
Holzschnitt nach dem h. Georg L. 5 entstanden sein, er fällt demnach
in die erste Hälfte des Jahres 1506.
Der h. Michael L. 3 und die h. Magdalena L. 7 sind offenbar als
GegenstĂĽcke gedacht und unmittelbar nach einander entstanden. Sie
haben dieselbe Grösse, die Wappen sind in derselben Weise in den
beiden oberen Ecken angebracht, die Monogramme sind einander
gegenübergestellt und die technische Behandlung ist bei beiden völlig
gleich. Sie dĂĽrften demnach nicht getrennt werden, wie es bei Lipp-
mann geschehen ist.
Es ergiebt sich also für sämtliche mit (t bezeichneten Holzschnitte
diese Reihenfolge:
1504 — 5 Landsknecht und Dame L. 31.
1505 Verehrung des Herzens Jesu L. i.
1506 Der stehende h. Georg L. 5.
„ Die Hirschjagd L. 14.
„ Die Versuchung des h. Antonius L. 2.
„ Der h. Michael L. 3.
„ Magdalena mit Engeln L. 7.
2. Das Wappen mit den Kurschwertern.
Wenn man die Lippmannsche Ausgabe der Holzschnitte Cranachs
mit einiger Aufmerksamkeit nur in Hinblick auf die Darstellung des
Kurwappens durchblättert, muss man die Wahrnehmung machen, dass
der Schild nicht immer in derselben Weise gefärbt oder, wie die
Heraldiker sagen, tingiert ist. Das eine Mal ist das obere Feld weiss.
— 19 —
das untere schwarz, der Schild ist nach der Sprache der Heraldik „ge-
teilt von Weiss (als Ersatz fĂĽr Silber) und Schwarz". So finden
wir ihn auf der Verehrung des Herzens Jesu L. i, dem Erzengel
Michael L. 3, dem Todesritt des Marcus Curtius L. 18. Das andere
Mal ist das obere Feld schwarz, das untere weiss, der Schild ist „geteilt
von Schwarz und Weiss". So auf der Versuchung des h. Antonius L. 2,
der Marter des h. Erasmus L. 4 und allen ĂĽbrigen darauf folgenden mit
Ausnahme des schon genannten Marcus Curtius L. 1 8,
Es fragt sich nun: wie ist dieser Wechsel in den Farben zu er-
klären? Die alte Heraldik gestattete gerade in diesem Punkte keine
Willkür, wenn sie auch in andern, z. B. bei Schrägteilung des Schildes,
nicht so streng dachte. Es ist also nicht möglich, dass das Kurwappen
in demselben Jahre bald so, bald so tingiert wurde.
Betrachten wir einige der Kurvvappen mit schwarzem oberem und
weissem unterem Felde genauer, z. B. das der Versuchung des h. An-
tonius L. 2, des Turniers von 1506 L. 10, des kleinen Ritters zu
Pferde L. 13, des h. Georg zu Pferde L. ig, so bemerken wir, dass
der Druck entweder des ganzen Wappens oder des oberen schwarzen
Feldes an Schärfe bedeutend zurücksteht gegen alle übrigen Teile des
Holzschnitts. Der Holzstock hat an diesen Stellen die schwarze Druck-
farbe nur schlecht angenommen, sodass die oberen Felder entweder
grau aussehen oder an den Rändern weiss geblieben sind. — Es kommen
ierner Holzschnitte vor, auf denen vom Kurwappen nur noch das untere
weisse Feld mit dem Griff der Kurschwerter vorhanden ist. Dies habe
ich besonders bei späten Abdrücken des stehenden h. Georg, der h. Mag-
dalena, des h. Michael gefunden.
Alles dies lässt darauf schliessen, dass an diesen Stellen des Holz-
stockes ĂĽberall eine Korrektur stattgefunden hat, d. h. dass hier ein
neues StĂĽck Holz eingesetzt worden ist, was ja mit keinen Schwierig-
keiten verbunden war. In einigen Fällen scheint das ganze Kurwappen
von dieser Veränderung berührt worden zu sein, in anderen nur das
obere Feld. Aber sei es nun, dass das neue Stück nicht sorgfältig genug,
z. B. eine Kleinigkeit zu tief, eingesetzt wurde oder dass es aus anderem
Holze bestand und schneller austrocknete, als der ganze Holzstock: im
Druck erschien das eingesetzte StĂĽck weniger scharf und weniger schwarz
und schliesslich sprang es aus, nachdem der Stock schon ganz abge-
nutzt war. In einem Falle, bei der Eberjagd L. 1 7, ist die mit dem Holzstock
vorgenommene Änderung noch aufs deutlichste nachweisbar. Hier ist
von dem ursprĂĽnglichen Kurwappen nocli ein Rest stehen geblieben,
zwischen den beiden Wappen am Baumstamm.
In allen den angeführten Fällen war der Schild des Kurwappens
ursprünglich von Weiss und Schwarz geteilt, später wurde er durch einen
von Schwarz und Weiss geteilten ersetzt. Von dieser Veränderung wurden
12 Holzschnitte berĂĽhrt. FĂĽr ii von ihnen kann ich die Belege bei-
bringen, für den 12. habe ich ihn noch nicht finden können.
Wir haben es also mit 12 ersten Zuständen zu thun, von denen
bisher noch nichts bekannt war. Sie verteilen sich auf nur wenige Samm-
lungen. Dresden hat die meisten, Weimar, wo Cranach sonst so gut ver-
treten ist, gar keinen. Sie sind beinahe so selten wie etwa die frĂĽhesten
Erzeugnisse des deutschen Kupferstichs im 15. Jahrhundert. Ich ordne
sie nach den verschiedenen Bezeichnungen und nach Jahren.
II. Zustand.
1506 Versuchung des h. Antonius L. 2.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Basel.
II. Kurwappen schwarz und weiss.
„ Erzengel Michael L. 3.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Berlin. Dresden, Sammlung
Friedr. Aug. II. Stuttgart.
II. Kurwappen schwarz und weiss.
„ Der stehende h. Georg L. 5.
I. Kurwappen weiss und schwarz: MĂĽnchen.
II. Kurwappen schwarz und weiss.
„ Maria Magdalena mit Engeln L. 7.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Wien, Hofbibliothek.
IL Kurwappen schwarz und weiss.
(1506) Die Hirschjagd L. 14.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Wien, Hofbibliothek.
II. Kurwappen schwarz und weiss.
L C.
1506 Marter des h. Erasmus L. 4.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Wien, Albertina.
II. Kurwappen schwarz und weiss.
1506 Das (i.) Turnier L. 10.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Dresden.
IL Kurwappen schwarz und weiss.
„ Ein Knabe zu Pferde L. 11.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Budapest, Nationalgalerie.
IL Kurwappen schwarz und weiss.
„ Herr und Dame zur Jagd reitend L, 12.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Dresden.
IL Kurwappen schwarz und weiss.
„ Ein Ritter zu Pferde L. 13.
I. Kurwapi^en weiss und schwarz: wo?
IL Kurvvai)pen schwarz und weiss.
(1507) Der h. Georg zu Pferde, Gold- und Silberdruck L. 19. 20.
I. Kurwappen weiss und schwarz: Dresden.
IL Kurwappen schwarz und weiss,
o. J- Die Eberjagd L. 17.
1. Kurwappen weiss und schwarz: Dresden.
II, Kurwappen schwarz und weiss.
Die Verehrung des Herze n s Jesu von 1505 L. i hat in allen,
auch den spätesten Abdrücken das Kurwappen unverändert mit oberem
weissem und unterem schwarzem Felde.
Der einzige datierte Holzschnitt des Jahres 1508, das Parisurteil
L, 21, hat dagegen in allen AbdrĂĽcken das Kurwappen nur mit oberem
schwarzem und unterem weissem Felde. Dasselbe gilt von sämtlichen spä-
teren Holzschnitten Cranachs.
Daraus folgt: In den Jahren 1505 — 7 hat Cranach das Kurwappen
immer mit oberem weissem und unterem schwarzem Felde gezeichnet.
Demnach können die beiden Holzschnitte der h. Christoph L. 6 und
Venus mit A mo r L. 8. 9, die das Kuiwappen in allen AbdrĂĽcken nur mit
der späteren Farbenverteilung haben, aber mit dem Jahre 1506 datiert
sind, auch aus diesem Grunde nicht aus diesem Jahr sein, sondern
mĂĽssen erst nach dem h. Georg zu Pferde (1507) entstanden sein.
Dass diese Farbenverteilung jedoch offiziell vorgeschrieben war,
beweist z. B. das grosse Siegel der Universität Wittenberg auf dem
Titelblatt des 1504 in Wittenberg durch Wolfgang Stöckel gedruckten
Werkes Compendium pulcherrimum iuris canonici .... Petri Ravennatis,
das beweisen ferner die gemalten Kurwappen in den 1507 fĂĽr Friedrich
den Weisen geschriebenen neutestamentlichen Perikopen auf der Jenaer Uni-
versitätsbibliothek (vergl. die Abbildung in den Bau- und Kunstdenk-
mälern Thüringens, bearbeitet von P. Lehfeldt, Grossherzogtum Sachsen-
Weimar-Eisenach, 2. Band, S. 142). Den Heraldikern scheint die That-
sache, dass die Farben im Kurwappen nicht immer in derselben Weise
angeordnet gewesen sind, bisher unbekannt geblieben zu sein.
Die Änderung in der Verteilung der Farben muss zwischen 1507
und 1508, genauer zwischen der Entstehung des h. Georg zu Pferde (1507)
und des Parisurteils (1508) stattgefunden haben. Durch archivalische
Forschungen wird sich dies wohl auf Monat und Tag genau feststellen lassen.
Ausserhalb der kursächsischen Lande scheint die Änderung nur
langsam bekannt geworden zu sein. So findet sich z. B. in Leipziger
Drucken noch sehr lange das Kurwappen mit der ursprĂĽnglichen Farben-
verteilung. Auch DĂĽrer kennt das neue Wappen nicht, wie sein Kupfer-
stichbildnis Friedrichs des Weisen zeigt.
Kommt nun das alte Wappen auch auf Wittenberger Holz-
schnitten vor, die nachweisbar nach 1508 entstanden sind, wie wir es
z. B. auf verschiedenen Titeleinfassungen von Drucken Joh. Grunenbergs
und Jos. Klugs aus dem Anfang der zwanziger Jahre sehen, so beweist
schon dieser äusserliche Umstand, dass der Holzschnitt nicht von Lucas
Cranach, ĂĽberhaupt nicht von einem Wittenberger, oder noch allgemeiner
von einem kursächsischen Künstler gezeichnet sein kann. Wir dürfen
hier immer auf einen fremden Künstler schliessen. Als der nächste
kommt hier der aus Landshut nach Sachsen eingewanderte Georg
Lern berger in Betracht.
Für cranachsche Holzschnitte mit dem älter en Kurwappen ergiebt
sich nun folgendes:
I. Diejenigen, die nicht bezeichnet und datiert, aber sicher noch
im ersten Jahrzehnt enstanden sind, mĂĽssen vor dem Parisurteil (1508)
entstanden sein.
Demnach gehört ein Teil der Holzschnitte des 150g gedruckten
Wittenberger Heiligtumsbuches in diese frĂĽhere Zeit. Es sind
folgende nach der Nummer von Schuchardt (II, 258 — 269):
13. 26. 27. 31. 40. 46. 51. 57. 59. 61. 75. 76. 77. 87. go. 91.
93. 108. 115. ii6.
Dagegen gehören nach dem Kurwappen in der zweiten Form
folgende in die Jahre 1 508 oder 1 509 :
53. 56. 68. 78. 79. 80 81. 83. 84. 88. 106. 107. III. 117.
Alle ĂĽbrigen Holzschnitte des VVittenberger Heiligtumsbuches, die
kein Kurwappen tragen, können sowohl vor wie nach dem Parisurteil
gezeichnet sein.
2. Die Entstehungszeit der beiden undatierten Holzschnitte die
Eberjagd L. 17 und Marcus Curtius L. 18, die wegen des Zeichens
LC zunächst auf Mitte 1506 bis Anfang 1509 festgesetzt war, verringert
sich auf Mitte 1506 bis 1507.
Es folgen also die mit L C bezeichneten Holzschnitte etwa so
auf einander:
1506 Marter des h. Erasmus L. 4.
„ Das (i.) Turnier L. 10.
., Knabe zu Pferde L. 11.
,, Herr und Dame zur Jagd reitend L. 12.
„ Ein Ritter zu Pferde L. 13.
1506 — 7 Die Eberjagd L. 17.
„ Marcus Curtius L. 18.
1507 Der h. Georg zu Pferde L. 19. 20.
1508 Die grosse Enthauptung Johannes des Täufers L. 53.
„ Das Urteil des Paris L. 21.
1509 Das (3.) Turnier L. 28.
„ Das (4.) Turnier L. 29.
Bevor ich zu den Holzschnitten ĂĽbergehe, die eine neue Be-
zeichnung tragen, muss ich die Besprechung eines Holzschnittes nach-
holen, zu der bisher keine Gelegenheit war. Es ist dies die Ver-
ehrung des Herzens Jesu von 1505, L. i.
Dass von diesem Blatt zwei Zustände vorhanden sind, scheint
kaum bekannt zu sein, wenigstens habe ich nirgends eine Erwähnung
davon gefunden. Der erste Zustand hat in dem Bande, das den untern
Teil des Herzens Jesu ausfĂĽllt, die Worte VIRGO MATER MARIA.
Er befindet sich meines Wissens nur in der Sammlung Friedrich
August II. in Dresden und zwar sogar in zwei AbdrĂĽcken (Nr. 86466
und 86467). Im zweiten Zustand ist das Band leer. Er befindet sich
in derselben Sammlung (Nr. 86465) und kommt auch sonst öfter vor,
z. B. in Berlin. Es ist der, mit dem Lippmann die Reihe der Nachbil-
dungen eröffnet.
Leider ist keiner der beiden Dresdener Drucke des ersten Zu-
standes tadellos erhalten. Bei Nr. 86466 fehlt von der Darstellung
— 24 —
links ein etwa 3 mm breiter Streifen, an den drei ĂĽbrigen Seiten ist
das Blatt bis dicht an die Einfassungslinie beschnitten, und auch diese
scheint nicht in ihrer vollen Breife erhalten zu sein. Bei Nr. 86467
fehlt an jeder Seite ein mehr oder weniger breiter Streifen. Ein voll-
ständig unversehrt erhaltener Druck des ersten Zustandes muss also zu
den grössten Seltenheiten gehören. Es fragt sich, ob es überhaupt einen
solchen noch giebt. Jede Mitteilung darüber würde mir höchst will-
kommen sein.
Bei dem verhältnismässig schönen Druck Nr. 86466 sind die drei
vorhandenen Ränder schon vielfach ausgesprungen. Auch innerhalb der
Darstellung, z. B. im Spruchband, zeigen sich kleine Fehlstellen. Ferner
geht durch das obere Drittel des Holzstockes ein senkrechter Spalt
(links von der Mitte, vom obern Rande ab bis zum untern Rande des
Schamtuchs Christi).
Dagegen hat das Berliner Exemplar des zweiten Zustandes, das
der Nachbildung L. i zu Grunde gelegt worden ist, zwar dieselben
Fehlstellen im Spruchband, aber unversehrte Ränder, und der Spalt
ist zwar auch vorhanden, durchschneidet aber nicht einmal die Umriss-
linie des Herzens. Das Dresdener Exemplar des zweiten Zustandes
(Nr. 86465) hat gleichfalls viel besser erhaltene Ränder als der erste
Zustand, der Spalt ist ebenfalls vorhanden, aber haarfein, kaum erkenn-
bar. Aus dieser besseren Erhaltung namentlich der Ränder des zweiten
Zustandes mĂĽsste gefolgert werden, dass nicht der Druck mit den Worten
im Spruchband, sondern der mit dem leeren Spruchband der erste Zustand
sei. Dies ist aber nicht der Fall. Der Schein trĂĽgt hier wieder einmal. Ich
habe das Berliner Exemplar daraufhin nicht untersucht, wohl aber um so ge-
nauer die drei Dresdener. Die Ränder des zweiten Zustandes sind nur s c h e i n-
b ar besser erhalten als die des ersten. In W i r k 1 i c h k e i t ist der ganze
Rand des Stockes viel mehr beschädigt und ausgesprungen, als bei
dem ersten Zustand, nur sind die Lücken äusserst sorgfältig mit Lineal
und Feder nachgezogen. Diese nachgezogenen Randlinien schneiden
nicht so scharf und bestimmt nach dem weissen Grunde zu ab, wie die
gedruckten, und ihre Farbe ist nicht so tiefschwarz wie die Farbe dieser.
Jedes geübte Auge muss dies erkennen können. Der grössere Spalt beim
ersten Zustand aber erklärt sich leicht aus der grösseren Trockenheit
des Holzstockes. Jeder Spalt schliesst sich von selbst, wenn der Stock
der Feuchtigkeit ausgesetzt wird, wie es jedenfalls beim Druck des
zweiten Zustandes der Fall gewesen ist.
— 25 —
Es bleibt also dabei: Der erste Zustand ist der mit den Worten
VIRGO MATER MARIA, Der zweite Zustand wurde dadurch geschaffen,
dass diese Worte aus dem Bande herausgeschnitten wurden, was bei VIRGĂś
und MARIA keine Schwierigkeiten bereitete. Spuren dieses Vorganges
sind noch erkennbar da, wo bei VIRGO das O, bei MARIA das letzte A
stand. Nicht ganz so leicht war es bei dem M von MATER, weil hier
der Zwischenraum zwischen dem ersten und zweiten Balken mit der
Schraffierung des Grundes ausgefĂĽllt war. Diese beiden ziemlich dicken
Balken des M wurden in dünne Striche aufgelöst und auf diese Weise
mit zur Schraffierung verwandt, was sich noch deutlich erkennen lässt.
Die Schlange als KĂĽnstlerzeichen.
Seit dem Jahre 1504 hatte Lucas Cranach die Anfangsbuchstaben
seines Namens zur Bezeichnung seiner Werke verwendet. Noch An-
fang 150g zeichnet er so zwei der grossen Turnierdarstellungen (L. 28
und 29), die die Erinnerung an die glänzenden, am 15. und 16. No-
vember 1508 in Wittenberg gefeierten Ritterspiele festhalten sollten.
Bei dem dritten Blatte (L. 27), das doch wohl unmittelbar nach jenen
beiden ersten entstanden sein wird, da es mit diesen eine Dreiheit bildet,
gebraucht er zwar noch dieselbe Bezeichnung, setzt aber zwischen die
beiden Buchstaben L C eine Schlange mit FledermausflĂĽgeln, einer Krone
auf dem Haupte und einem Ring im Maule. Was mochte ihn dazu
veranlassen, sich dieses seltsamen Tieres als KĂĽnstlerzeichen zu bedienen?
Donnerstag den 6. Januar 1508, am Dreikönigstag, hatte Friedrich
der Weise, der sich damals in NĂĽrnberg befand, seinem Hofmaler Lucas
Cranach ein Wappen verliehen und ihm hierĂĽber eine Urkunde, einen
sogenannten Wappen brief, ausgestellt, der sich noch heute im Besitze der
Familie v. Cranach befindet. Eine getreue Nachbildung dieses Wappen-
briefes in Lichtdruck, die nicht nur das Original vollkommen ersetzt,
sondern, wie es scheint, manche Worte noch deutUcher als dieses er-
kennen lässt, verdanke ich der Güte des Herrn Schlosshauptmann
v. Cranach auf der Wartburg. Ein fehlerhafter Abdruck findet sich bei
Schuchardt 1, 51 — 54, ein diplomatisch getreuer bei F. Warnecke, Lucas
Cranach d. A., Görlitz 1879^ S. 21 — 22.
Das Wappen wird darin folgendermassen beschrieben: „ein gelen
schylt, darinnen ein swartz Slangenn, habend in der mylh zwen Swartz
Fledermeus FlĂĽgel, auf dem heubt ein Rote Cron vnnd in dem mund
ein gĂĽlden ringleyn, darinnen ein Rubinsteinlein, vnnd auf dem Schylde
— 26 —
ein heim mit einer Svvartzen vnnd gelen helmdecken, vnnd auff dem
heim ein gelber pausch von dornnen gewunden, darauf aber ein schlangen
ist zu gleichermas Im Schylde, wie dann das in mytten dits briefs
aygentlicher gemalht vnnd mit färben außgestrichen ist."
Dieses gemalte Wappen in der Mitte des Wappenbriefs, das auch
bei ^^'arnecke annähernd getreu nachgebildet ist, entspricht nun durchaus
nicht der genauen Beschreibung. Anstatt der zwei FledermausflĂĽgel
sehen wir hier zwei VogelflĂĽgel, anstatt der Helmdecke einen Wappen-
mantel, anstatt des gelben Bausches von Dornen auf dem Helm einen
grĂĽnen. Kurz, dieses Wappen weicht in so wesentlichen Punkten von
dem beschriebenen ab, dass man sagen muss: es ist gar nicht das dem
Lucas Cranach 1508 verliehene. Ja man muss, wenn man seine all-
gemeine Erscheinung näher ins Auge fasst, noch weiter gehen und sagen:
ein solches Wappen kann ĂĽberhaupt im Jahre 1508 noch nicht ent-
standen sein. Zunächst beweist das die Form des Schildes, dann der
um diese Zeit schon an und für sich unmögliche Wappenmantel, den
die Heraldik am Anfang des 16. Jahrhunderts einfach noch nicht kennt.
Dieses Wappen ist ein Machwerk mindestens aus dem 17. Jahrhundert,
aber höchst wahrscheinlich noch viel jüngeren Ursprungs. Das ursprüng-
liche Wappen, wahrscheinlich mit Deckfarben gemalt, ist jedenfalls im
Laufe der Zeit schadhaft geworden, die Farben sind abgeblättert, die
Zeichnung unkenntlich geworden, und so ist es schliesslich durch ein
neues ersetzt worden, das in keiner Weise dem alten entspricht.
Wie das alte Wappen ausgesehen haben mag, zeigt eine getuschte
Federzeichnung in der Universitätsbibliothek in Erlangen von der Hand
Lucas Cranachs. Sie ist bei Warnecke neben S. 22 abgebildet.
Es ist die irrige Meinung verbreitet, als sei Lucas Cranach durch
diesen Wappenbrief in den Adelstand erhoben worden und als sei der
VVappenbrief in seiner Form etwas ganz Ungewöhnliches, eine ganz be-
sondere Ehrung für den Empfänger, die Form eigens für diesen Zweck
erst erfunden. Dies ist keineswegs der Fall. Die Form ist die fest-
stehende, wie sich aus andern Wappenbriefen dieser Zeit ergiebt. Fast
alles in dem Briefe, was heute auf den mit den Gebräuchen jener Zeit
nicht bekannten Leser einen so grossen Eindruck macht und ihn mit um
so grösserer Hochachtung vor dem auf diese Weise Ausgezeichneten
erfĂĽllt, ist formelhaft, nichts ist darin, was sich nicht ebenso in andern
wiederfände. In das fertige Schema ist an den betreffenden Stellen eben
nur der Name Lucas Cranachs und die Beschreibung des Wappens
— 27 —
eingefügt, wobei nicht einmal sein bürgerlicher Stand erwähnt wird. Es
heisst da nicht Lucas Cranach Maler, oder Lucas Maler von Cranach
oder Meister Lucas Cranach, wie sonst immer in Urkunden, sondern
einfach unser Diener und lieber Getreuer Lucas von Cranach. Und
wenn nicht als Grund fĂĽr die Verleihung des Wappens neben der Ehr-
barkeit und Redlichkeit des Empfängers auch seine Kunst angeführt
wĂĽrde, wĂĽssten wir gar nicht, dass der Wappenbrief fĂĽr einen KĂĽnstler,
fĂĽr den Hofmaler des KurfĂĽrsten, bestimmt sei.
Mit der Verleihung eines Wappens war aber nun und nimmermehr
ohne weiteres eine Rangerhöhung in der bürgerlichen Stellung, also in
unserem Falle die Adelung verbunden, dazu bedurfte es in der Urkunde
noch besonderer Formeln, die hier fehlen. Wir haben ja noch eine
Menge derartiger Briefe über Wappen- und Adelsverleihungen, können
also in unserem Falle durchaus sicher urteilen. Der Empfänger Lucas
Cranach wird hier einfach als „Wappengenosse" bezeichnet, bei einer
Adelung hätte unbedingt noch das Wort „rittermässig" oder „recht edel"
oder dergleichen dabeistehen mĂĽssen. Was wollte es nun ĂĽberhaupt in
einer Zeit, wo fast jeder angesehene BĂĽrger ein eigenes Wappen fĂĽhrte,
Aussergewöhnliches bedeuten, wenn jemand, der noch keines besass, von
seinem Fürsten eines verliehen bekam. Das war damals eine ähnliche
Auszeichnung, wie heute etwa eine Ordensverleihung oder die Ernennung
zum Hoflieferanten u. dergl.
Also weg mit der Fabel von Cranachs Adelung!
Das Wappen wurde Lucas Cranach verliehen mit der formelhaften
Bestimmung, die in allen derartigen Wappenbriefen ganz ähnlich vor-
kommt: „Also das er vnnd sein Eelich leibserben .... dieselben
Cleynot vnnd wappen haben, in allen vnnd yegklichen Erlichen vnnd
Redlichen Sachen zu Schympff vnnd Ernnst In . . . Insigeln petzschafften
Cleynodten . . . vnnd sonst an allen ennden nach ihren notturffien,
willen vnnd wolgefallen gebrauchen vnnd geniessen sollen vnnd mögen,
als ander wapen genoĂźlewt sich Irer wapen vnnd kleynot geprauchen
vnnd geniessen".
Lucas Cranach Hess sich also zunächst ein Siegel mit dem ihm
verliehenen Wappen schneiden, wie das jeder that, und gebrauchte dies
hinfort zur Beglaubigung von Urkunden jeder Art, entweder zugleich mit
seiner eigenhändigen Namensunterschrift oder allein an deren Stelle.
Eine Quittung aus dem Jahre 15 14, unter der allein das Siegel Lucas
Cranachs steht, besitzt z. B. das Dresdener Kupferstichkabinet.
— 28 —
Es war ganz natĂĽrlich, dass er die Schlange nun auch zur Be-
glaubigung seiner kĂĽnstlerischen Handschrift, als KĂĽnstlerzeichen, be-
nĂĽtzte. Er that dies nicht sofort, sondern erst etwa ein Jahr nach Ver-
leihung des Wappens. Und das erste Werk, bei dem er es that, war die
dritte Turnierdarstellung von 150g (das Turnier mit Simson und dem Löwen
auf dem Teppich) L. 27. Das darf man mit Sicherheit behaupten, wenn
man annimmt, das.s zwischen den beiden ersten mit LC bezeichneten
Turnieren von 150g und diesem dritten kein grösserer Zwischenraum
liegt, dass vielmehr alle drei rasch hinter einander entstanden sind, was
doch jedenfalls das NatĂĽrlichste war.
Man hat bisher behaup':et, Lucas Cranach habe die Schlange schon
1 506 zur Bezeichnung seiner Werke verwendet, und hat als alleinigen
Beweis dafĂĽr die beiden Holzschnitte Venus mit Amor und den h.
Christoph angefĂĽhrt, die mit LC und der Schlange bezeichnet sind und
thatsächlich die Jahreszahl 1506 tragen.
Ich habe schon zwei GrĂĽnde gegen die Echtheit beider Bezeich-
nungen oder vielmehr gegen das Jahr 1506 als Entstehungszeit dieser
Holzschnitte geltend gemacht. Es waren dies i. die Bezeichnung mit
LC und der Schlange, 2 das Kurwappen in der späteren Färbung des
Schildes. Beides ist im Jahre 1506 noch nicht möglich.
DafĂĽr sind nun noch weitere Beweise vorhanden.
1. Mustern wir die Reihe der bis zu Anfang des Jahres 150g ent-
standenen Holzschnitte, so zeigt sich auf allen, dass der Himmel voll-
ständig weiss gelassen, also ohne Wolken ist. Ebenso haben sämt-
liche mit LC und der Schlange bezeichneten Holzschnitte aus dem
Jahre 1 50g mit Ausnahme zweier, des h. Hieronymus in der Landschaft
(L. 26) und der Gefangennahme Christi (B, 7) in der Passion, diesen
wolkenlosen Himmel. Eine derartige stilistische Ăśbereinstimmung kann
nicht auf Zufall beruhen, sondern muss in einer besonderen kĂĽnstlerischen
Auffassungsweise begrĂĽndet sein. Erst 150g und zwar, wie es scheint, erst
gegen Ende des Jahres bricht Cranach mit dieser Gewohnheit und bringt
in der Luft Wolken an. Von da ab findet sich öfter auf den Holz-
schnitten bewölkter Himmel, der weisse wolkenlose freilich überwiegt
immer noch. Der h. Christoph und Venus mit Amor haben einen mit
Wolken bedeckten Himmel, also können sie auch aus diesem Grunde
nicht vor 150g entstanden sein.
2. Ein weiteres, wenn auch nicht so durchaus sicheres Beweismittel
wie die Darstellung des Himmels bildet die Form des Rautenkranzes
— 29 —
im sächsischen Wappen. Auf allen bis Anfang 1509 entstandenen
Holzschnitten mit einer einzigen Ausnahme (Herr und Dame zu Pferd,
L. 12) hat Cranach den Rautenkranz mit nur massiger KrĂĽmmung
nach der Mitte zu, als Kreissegment von grossem Durchmesser gezeichnet;
die Linie nähert sich sehr oft der geraden. Auch dies scheint auf einer
festen Gewohnheit seiner Hand zu beruhen. Mit dem Jahre 1 509 er-
scheint der Rautenkranz gewunden, er biegt unten nach einer anderen
Seite aus, als von der er oben begonnen hat. Besonders schön und
deutlich ausgeprägt zeigen diese Form die Kupferstiche von 1 509 und
15 10 (Busse des h. Chrysostomus L. 58. Friedrich d.W. L. 59. Friedrich
d. W. u. Johann d. Best, L. 60), dann von den Holzschnitten die Ruhe auf
der Flucht von 1509 (L. 2^^), fast alle Blätter der Passion von 1509
und der Apostelmartern; von spätem die h. Sippe (L. 36), die kleinere
Enthauptung Johannes des Täufers (L. 47), die Predigt des Johannes
von 15 lö (L. 49).
Auch der h. Christoph und Venus mit Amor zeigen deutlich aus-
geprägt diesen sich windenden Rautenkranz. Und will man diesen Um-
stand als Beweismittel gelten lassen , so wĂĽrde auch daraus folgen, dass
die Jahreszahl 1506, die sie tragen, falsch ist. Das Eine steht fest:
so wie sie sind, können sie nicht vor Beginn des Jahres 1 509 entstanden
sein. Von den hierfĂĽr angefĂĽhrten GrĂĽnden sind die drei ersten unbe-
dingt durchschlagend: i. die Bezeichnung LG mit der Schlange, 2. das
Kurwappen in der späteren Farbenverteilung, 3. der bewölkte Himmel.
Aber sie sind auch kaum nach 1509, sondern höchst wahrscheinlich
noch in diesem Jahre entstanden. Hierfür spricht zunächst der Umstand,
dass sämtliche datierten Holzschnitte, Kupferstiche und Tafelbilder des
Jahres 1509 in derselben Weise bezeichnet sind, wie Christoph und Venus
mit Amor*), und dass sich diese Bezeichnung (LC mit der Schlange und
der Jahreszahl vereinigt) nach dem Jahre 1509 nur noch einmal und
zwar auf keinem Holzschnitt oder Kupferstich, sondern auf einem Tafel-
bilde von 15 14, vorfindet.
Aber auch bemerkenswerte stilistische Ăśbereinstimmungen mit
den Holzschnitten des Jahres 1 509 sprechen dafĂĽr. Cranach liebt es,
die sächsischen Wappen neben einander an einem Baume anzubringen.
Auf den Holzschnitten vor 1509 hängen sie an meist kurz"en Bändern.
Dagegen sind die Wappen 1509 auf dem SĂĽndenfall (L. 22) und dem
*) Eine Ausnahme macht nur die Gefangennahme Christi in der Passion (B. 7),
bei der die Buchstaben, statt neben, unter einander stehen.
— so-
ll. Hieronymus in der Landschaft (L. 26) in einer besonderen Weise
befestigt, sie sind mit sehr langen Bändern angebunden, die oben zu
einer Schleife zusammengezogen sind und deren freie Enden lang
herabhängen und in der Luft flattern. In ganz derselben Art sind auch
die Wappenbänder auf den beiden strittigen Holzschnitten behandelt.
Was ferner die liebevolle und zarte Behandlung der Landschaft
und die Zeichnung der Wolken anbetrifft, so stehen sie hierin keinem
einzigen Holzschnitte so nahe, wie dem h. Hieronymus von 150g (L. 26).
Ja, wenn diese drei ĂĽberhaupt keine Bezeichnung trĂĽgen, wĂĽrde man sie
auf Grund der Gleichartigkeit ihres Stils zu einer Gruppe vereinigen.
Der h. Hieronymus stimmt sogar in der Zeichnung der Buchstaben LC
vollständig mit der Venus überein.
Das Christkind auf der Schulter des h. Christoph erinnert sofort
an den kleinen schlafenden Knaben auf dem Kupferstich der Busse des
Chrysostomus von 150g L. 58. Das Gesicht ist beinahe dasselbe, die
Unterkörper aber gleichen sich vollkommen. Verwandt mit diesem Kinde
sind auch die Engelknaben auf der Verehrung des h. Bartholomäus durch
Friedrich d. W. (L. 57), die doch ihrer Bezeichnung wegen auch nicht
vor Anfang 1509 entstanden sein kann.
Die stilistische Ăśbereinstimmung zwischen den beiden fraglichen
und sämtlichen 150g entstandenen Holzschnitten ist so gross, dass, wenn
man stillschweigend auf allen erhaltenen AbdrĂĽcken die letzte Ziffer 6
der Jahreszahl in eine 9 umwandelte, es wahrscheinlich niemand später
glauben wĂĽrde, dass die Jahreszahl ursprĂĽnglich 1506 gelautet habe.
Beachtenswert ist ferner auch noch der Umstand, dass Venus mit Amor
und Christoph fast dieselbe Grösse haben, wie die Ruhe auf der Flucht
nach Ägypten von 150g L. 23, während alle früheren Holzschnitte,
namentlich die des Jahres 1506, andere Abmessungen haben.
Auf ein Zusammentreffen möchte ich noch hinweisen, das wohl auch
nicht ganz zufällig ist: wir haben aus dem Jahre 150g ein Gemälde,
das gleichfalls Venus und Amor darstellt (in der Petersburger Ermitage).
Der Gegenstand mochte so gefallen haben, dass ihn Cranach in etwas
veränderter Auffassung wiederholte und im Holzschnitt vervielfältigte.
Man betrachte den Holzschnitt im Spiegelbild und man wird gewahr
werden, wie sehr fast der ganze Körper der Venus mit dem des Ge-
mäldes übereinstimmt, wie bei beiden Werken namentlich die Stellung ihrer
FĂĽsse, der ausgestreckte Arm, die Perlenschnur, die Richtung von
Amors Bogen so wenig wie möglich abweichen. Das sind doch wohl
Ăśbereinstimmungen, die bei einem Zwischenraum von etwa drei Jahren
(1506 — 150g), d. h. wenn der Holzschnitt 1506 entstanden wäre, nicht
leicht zu erklären wären.
Ja der Amor im Holzschnitt weist entschieden eher vorwärts
auf die Kindertypen der Zeit von 1510 — 1520, als zurück auf die
von 1505 — 150g. Ich erinnere hier vor allem an den kleinen nackten
Christus auf dem Holzschnitt Friedrich der Weise verehrt die
Maria (L. 34), es ist fast dasselbe Gesicht, mit demselben viel zu tief
sitzenden Ohre!
So zeigt auch der h. Christoph eine grosse Verwandtschaft
mit den grossen Aposteln, vor allem mit dem h. Bartholomäus
(B. 2g); man könnte beinahe sagen, es sei dasselbe Modell. Diese
Apostelfolge ist etwa 1 5 1 4 — 1 5 1 5 anzusetzen. Man vergleiche dagegen, wie
anders der Typus des Christoph noch im Wittenberger Heiligtumsbuche ist.
Es steht also fest: beide Holzschnitte gehören nicht ins Jahr 1506,
sondern 150g. Wie sie nun freilich zu dem falschen Datum haben
kommen können, wird wohl ein Räthsel bleiben, das vielleicht nie voll-
ständig gelöst werden wird.
Ausser den gewöhnlichen von einer Platte gedruckten Holzschnitten
des h. Christoph und der Venus mit Amor giebt es nun noch solche,
die mit 2 Platten, der gewöhnlichen Strichplatte und einer Tonplatte
gedruckt sind, und merkwĂĽrdigerweise sind auch die ersten richtigen
Farbenholzschnitte, die wir von Cranach besitzen, sämtlich solche,
die die Jahreszahl 150g tragen. Es sind dies
1. Adam und Eva im Paradies. Nach Seh. III, 212 auf der
Hofbibliothek in Aschaffenburg. Ich selbst habe den
Abdruck nicht gesehen.
2. Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. Seh. 11, ig5, in vielen
Sammlungen.
3. Der h. Hieronymus in der Landschaft. Nach Seh. II, 225
frĂĽher in der Sammlung Esterhazy in Wien.
4. David und Abigail. Seh. II, 276.
Vielleicht hätte Cranach auch die übrigen grossen Holzschnitte
dieses Jahres, die drei Turniere, so behandelt, wenn es der Gegenstand
erlaubt hätte, d. h. wenn er nicht hätte befürchten müssen, dass durch
die Deckung mit einem dunkelbraunen oder graugrĂĽnen Tone die Dar-
stellung noch erheblich an Übersichtlichkeit verloren hätte und die
— 32 —
Gestalten der Kämpfenden nur noch schwerer wären auseinander zu hahen
gewesen, als dies schon jetzt der Fall ist.
Es scheint mir hier der geeignete Ort zu sein, auf die Erfindung
des Farbenholzschnittes und Cranachs Anteil daran näher
einzugehen.
Friedrich Lippmann hat*) versucht nachzuweisen, dass die beiden
F a r b en holzschnitte Christoph und Venus mit Amor bereits 1506 ent-
standen seien, d. h. in demselben Jahr, mit dem die einfachen Schwarz-
drucke datiert sind. Er geht von der Beobachtung aus, dass es zwei
Zustände von der Venusdarstellung giebt, einen ersten, auf dem Venus
eine zu steil abfallende linke Schulter hat, und einen zweiten, auf dem
dieser Fehler verbessert ist. Er macht darauf aufmerksam, dass auf
dem Urteil des Paris von i 508 die mittelste der drei Göttinnen (Venus)
fast genau dieselbe Gestalt wie die Venus von 1506 ist, dass Cranach
aber bei ihr „bereits den Fehler der allzusteilen Schulter-Bildung
vermieden" habe, da „die Bildung ihrer linken Schulter fast genau mit
der zweiten Abdrucksgattung des Venusholzschnittes ĂĽbereinstimme."
Da es sehr gute alte Drucke mit erhöhter Schulter (also im zweiten
Zustand) gebe und Venus in den F a r b e n drucken immer die steile
Schulter des ersten Zustandes habe, mĂĽsse Cranach seinen Fehler noch vor
1508, d. h. vor dem Parisurteil, erkannt haben, die Drucke mit der
Farbenplatte mĂĽssten also vor 1508 gemacht sein, und das Jahr 1506
als das der Erfindung der neuen Technik könne nicht weiter ver-
dächtig erscheinen.
Diese BeweisfĂĽhrung ist schon deshalb fehlerhaft, weil sie von der
falschen Voraussetzung ausgeht, dass die einfachen S c h w a rz drucke
des h. Christoph und der Venus im Jahre 1506 entstanden seien, was
ich als irrig mit triftigen GrĂĽnden bewiesen zu haben glaube.
Das Eine ist richtig: die Ăśbereinstimmung zwischen der Venus
im zweiten Zustand und der des Parisurteils ist auffallend; nur die Fuss-
stellung ist etwas anders. Aber die Haltung beider Arme ist durch-
aus verschieden. Und dies ist der Punkt, den Lippmann bei seiner
BeweisfĂĽhrung nicht beachtet hat: Nicht weil die Venus von 1506 (mit
der steilen Schulter) frĂĽher ist als die des Parisurteils, hat sie im ersten
Zustand eine steilere linke Schulter als jene, sondern weil das Motiv
der Armhaltung darauf führte. Sie lässt die Schulter sinken, weil der
I
*) Im Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen, I6. Band (1895)
S. 138-142.
— 33 —
Arm mit dem Tuch herabhängt und weil das Körpergewicht auf dem
linken Bein ruht, während das rechte leicht vorgesetzt ist. Die Venus
des Parisurteils aber zieht beide Schultern, durch die Haltung der in Brust-
höhe erhobenen Arme veranlasst, etwas in die Höhe. Hätte er sie mit
herabhängenden Armen dargestellt, wer weiss, ob nicht die Schultern
ebenso steil ausgefallen wären, wie bei der angeblich i 506 entstandenen
Venus. Es ist gar nicht gesagt, dass ein KĂĽnstler einen Fehler, den
er das eine Mal erkannt hat, auch später jedes Mal vermeidet. Das
künstlerische Schaffen ist doch nur zu oft von mancherlei Zufälligkeiten
abhängig. Gewiss, die Schulter im ersten Zustand ist etwas zu steil,
aber es fragt sich, ob wir das wirklich so sehr empfinden wĂĽrden, wenn
wir von dem zweiten Zustand mit der verbesserten Schulter nichts
wüssten. Dann gäbe es überhaupt nur wenig Werke Cranachs, die unser
so verfeinertes ästhetisches Empfinden vollkommen befriedigten.
Ausser der steilen Schulter der Venus fĂĽhrt aber Lippmann noch
einen anderen Grund dafĂĽr an, dass die beiden Farben holzschnitte
Christoph und Venus mit Amor im Jahre 1506 entstanden sein könnten,
nämlich „die Thatsache, dass der Golddruck bereits 1507 vor-
handen war."
Wie steht es nun damit: Das heisst doch nichts anderes als,
allgemeiner gesprochen: eine neue Technik kann recht gut im
Jahre 1506 erfunden und zum ersten Male angewendet worden sein,
weil die Vorstufe dazu bereits 1507, ein Jahr nach her, vorhanden war
Denn das ist klar: Der Golddruck des h. Georg zu Pferde, den
Lippmann hier meint, ist nur eine Vorstufe des eigentlichen Farbenholz-
schnittes. Er ist nur ein erster Versuch Cranachs, dem zunächst weitere
Versuche anderer KĂĽnstler folgen, ehe die Technik des Farbenholz-
schnitts fertig ausgebildet ist.
Ich muss hier also zunächst näher auf diesen Golddruck eingehen.
Es hat sich ein Brief erhalten, den der bekannte Dr. Konrad
Peutinger in Augsburg am 24. September 1508 an Friedrich den Weisen
geschrieben hat,*) und der folgendermassen beginnt:
,,In verschinem jare hat euer fĂĽrstlich gnad camerer, herr Degen-
hart Peffinger, mir kurisser von gold und silber, durch euer fĂĽrstlich
*) Er ist öfter abgedruckt. Zuerst bei Herberger, Conr. Peutinger in seinem
Verhältnisse zu Kaiser Maximilian i., Augsburg 185 1, S. 26. Dann z. B. Jahrb.
der kunslhistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, XHI. Band,
Wien 1892, II. Teil, S. XI Nr. 8560. Lippmann, Lucas Cranach, S, 9 Anm.
3
— 34 —
gnad maier mit dem truck gefertiget, geantwurt, mich damit bewegt,
solliche kunst alhie auch zuwegenzupringen."
„In verschinem jare" ist 1507. „Kurisser von gold und silber
mit dem truck gefertiget" heisst nichts anderes als: Holzschnitte mit ge-
panzerten Reitern in Gold und Silber. Mit „euer fürstlich gnad
maier" kann nicht nur, sondern m u s s Lucas Cranach gemeint sein,
wie aus andern quellenmässigen Belegen hervorgeht (z. B. Schuch. I,
59, 60, 62, 63. Gurlitt, die Kunst unter Friedrich dem Weisen, S.
41 — ^3). „Der Maler" des Fürsten schlechthin ist eben der Hofmaler,
und ausser Lucas Cranach hatte Friedrich der Weise damals keinen
Hofmaler weiter. Unter diesen gepanzerten Reitern in Gold und Silber,
die Lucas Cranach im Druck hergestellt hat, können nur Gold- und
Silberdrucke des h. Georg zu Pferde verstanden werden, wie deren einer
bei Lippmann unter Nr. 20 nachgebildet ist. Die Bezeichnung passt
nur auf dieses Werk Cranachs, das wegen des Monogramms LC und
der ursprünglichen Färbung des Kurwappens auch zwischen 1506 und
1508 entstanden sein muss.
Degenhart Pfeffinger hat die ersten Drucke von diesen 1507 an
Peutinger nach Augsburg geschickt. Selbstverständlich muss es sich um
etwas ganz Neues gehandelt haben, das noch nicht auf andere Weise
in Peutingers Hände hatte kommen können. Wir dürfen daher an-
nehmen, dass auch diese Gold- und Silberdrucke erst im Jahre 1507
hergestellt worden sind.
Wir haben hier den ersten bekannten Versuch eines deutschen
KĂĽnstlers, eine Zeichnung auf farbigem Papier mit weiss, silbern oder
golden aufgesetzten Lichtern auf mechanischem Wege durch den Druck
nachzuahmen und zu vervielfältigen. Ob man Holzschnitte wie ge-
wöhnlich auf weissem Papier oder auch einmal auf farbigem abdruckte,
das bedeutete nicht den geringsten Unterschied im technischen Ver-
fahren. Das kam jedenfalls auch schon vor 1507 vor. Das einzig Neue
bei den Gold- und Silberdrucken Cranachs war das Aufdrucken von
goldenen oder silbernen Lichtern (anstatt der v^^eissen) auf diesen farbigen
Grund mit einer zweiten Strichplatte. Das Verfahren war jedenfalls et-
was umständlich. Da Metallfarbe nicht so leicht wie andere Farben
haftet, musste, wie es scheint, das Papier an den Stellen, die die gol-
denen oder silbernen Lichter erhalten sollten, vorher noch mit einem
hellen, etwas klebrigen Stoffe bedeckt werden.
Das, soweit mir bekannt ist, einzige erhaltene Exemplar eines
— 35 —
solchen Druckes, wie Pfeflinger deren mehrere an Peutinger geschickt
hat, besitzt das Dresdener Kabinet. Das Papier ist matt grau-blau, die
Farbe ist mit dem Pinsel aufgetragen. Die Lichter sind weiss auf-
gedruckt. Es ist dies wohl der Farbstoff, der als Untergrund fĂĽr die
Metallfarbe zu dienen hatte, damit diese auf dem Papier fest haftete.
Dass wirklich einstmals goldene Lichter darauf sassen, beweisen die
schwachen Spuren von Gold, die noch vorhanden sind.
Der Golddruck der frĂĽheren Sammlung Mitchell (L. 20) ent-
spricht nicht, wie Lippmann behauptet, dem des Dresdener Kabinets
und kann auch keiner der Drucke sein, die Peutinger erhielt, da das
Kurwappen auf dem Dresdener Exemplar im ersten Zustande, auf dem
bei Lippmann nachgebildeten aber im zweiten Zustande vorkommt.
Peutinger fährt nun aber folgendermassen fort in seinem Briefe
an Friedrich den Weisen: „Und wiewol ich des ain costen getragen,
so hab ich doch von gold und silber auf pirment getruckt kĂĽrisser
zuwegen gebracht, wie euer fĂĽrstlich gnad ich hiemit ain prob zuschicke,
euer fürstlich durchleuchtigkait underthäniglich bittende, wollen die aus
gnaden besichtigen und mir zu erkennen geben, ob die also gut ge-
truckt seien oder nit." Einen Tag darauf, den 25. September 1508,
schreibt er an Herzog Georg von Sachsen: ,,lch hab mit mein kunst-
leren alhie gefunden, von gold und silber auf pirment und papir zu
trucken, wie euer fĂĽrstlich gnad vormalen von mir ain buchlin hat,
hiemit euer fĂĽrstlich gnad getruckt kĂĽrisser zu schick" u. s. w. mit der
Bitte, der Herzog wolle sie beurteilen.
Peutinger hat sich also durch die ihm zugeschickten Proben cra-
n achscher Kunst bewogen gefĂĽhlt, ,, solliche Kunst alhie auch zuwegen
zupringen" (dass Pfeffinger ihn dazu direkt aufgefordert habe, geht
nicht mit Sicherheit aus dem Wortlaut des Briefes hervor). Er scheint
schon frĂĽher den Versuch gemacht zu haben, BĂĽcher mit goldenen
und silbernen Buchstaben (Zierbuchstaben) auf Pergament und Papier
zu drucken. So fasse ich die Stelle im Briefe an Herzog Georg auf.
Ein solches BĂĽchlein hat der Herzog von ihm schon frĂĽher ein-
mal erhalten. Jetzt hat er dies, angeregt durch den h. Georg Cranachs,
auch auf den Kunstdruck, den Holzschnitt, ĂĽbertragen. Bei jener frĂĽhern
Erfindung, die er sich zuschreibt, wie bei seinen weiteren Versuchen
haben ihm „seine Künstler" geholfen. Darunter kann wohl nur Hans
Burgkmair und der Holzschneider Jost de Negker verslanden werden.
Am 24. Sept. 1508 schickt er die eben fertig gewordenen Proben
— 36 —
dieses Zusammenarheitens beider KĂĽnstler an Friedrich den Weisen, den
Tag darauf an Herzog Georg, es sind ebenfalls ,,kĂĽrisser, von gold
und Silber auf pirment getruckt", offenbar in der Absicht gemacht,
den ersten Versuch Cranachs zu überbieten. Wir können selbst beur-
teilen, wie weit ihnen das gelungen ist, denn von diesen ,,KĂĽrissern"
sind einige Exemplare erhalten : der Golddruck desKaisers'Maximilian, bez.
H. Burgkmair und 1 508, in der Sammlung des FĂĽrsten Liechtenstein
(nachgebildet bei Chmelarz, Jahrb. der kunsthist. Sammlungen des Allerh.
Kaiserhauses, XV. Band, Wien 1894, Taf. XXIX zu S. 392) und in der
Herzogl. Kupferstichsammlung in Gotha (dies sicher eins der Exemplare,
die Peutinger an Friedrich den Weisen geschickt hat) und der Silber-
druck des h. Georg, bez. H. Burgkmair und MD VIII, in der Sammlung
Valentin Weisbach in Berlin (auf der von der kunstgeschichtl. Gesell-
schaft veranstalteten Ausstellung von Kunstwerken des Mittelalters u. der
Renaissance in Berlin 1898 Nr. 165).
Im Allgemeinen zeigen die Blätter Burgkmairs eine grössere Monu-
mentalität in der Auffassung, einen mehr aristokratischen Zug gegenüber
dem mehr volkstĂĽmlich aufgefassten h. Georg Cranachs. Die Farben-
zusammenstellung jedoch wirkt bei diesem entschieden interessanter.
In der ersten Woche des Oktober sind diese Drucke wahrscheinlich
schon in den Händen Friedrichs des Weisen gewesen, zu einer Zeit also,
wo Cranach noch in Antwerpen war. Bei seiner RĂĽckkehr, die noch
vor dem 15. Nov. erfolgt sein muss, werden sie ihm selbstverständlich
von seinem Herrn sofort gezeigt worden sein. Dass sie nicht ohne
Einfluss auf seine Phantasie geblieben sind, scheinen mir die drei grossen
Turniere zu beweisen, die er noch in diesem oder am Anfang des
nächsten Jahres gezeichnet hat. Ich will hier nur auf dem dritten
Turnier, dem mit Simson auf dem Balkonteppich, L. 27, den einen Ritter
vorn in der linken Ecke namhaft machen.
Es ist also sicher, dass Cranach vor dem Jahre 1509 noch nichts
von dem eigentUchen Farbenholzschnitt, d. h. von der Verwendung einer
Tonplatte, gewusst hat. Er darf somit nicht als der Erfinder dieser
neuen Technik bezeichnet werden. Sein Verdienst bestand nur darin,
dass er in seinem h. Georg den Weg dazu gewiesen hat, indem er zum
Aufsetzen von Lichtern auf einen mit der gewöhnlichen schwarzen Strich-
platte hergestellten Druck noch eine zweite Strichplatte ver-
wendete. Auf den Gedanken, die Strichplatte mit einer Tonplatte
zu vertauschen und die Lichter in dieser auszusparen, ist zuerst der aus
Antwerpen stammende Augsburger Formschneider Jost de Negker ge-
kommen und zwar noch im Jahre 1508, wie der braunrote Abdruck
von Burgkmairs h. Georg (B. 23) beweist, der ausser der Jahreszahl
MDVIII den mit bewegHchen Typen gedruckten Namen Jost de Negkers
trägt (vergl. auch Campbell Dodgson, Repert. f. K. XXI (1898)
s. 378-79)-
Die GruTidform der Sc li lange.
1509 begann Lucas Cranach die ihm am 6. Januar 1508 als
Wappentier verliehene Schlange auch als KĂĽnstlerzeichen zu gebrauchen.
Er hielt sich dabei ganz an die Vorschrift des Wappenbriefes: „eine
schwarze Schlange, die in der Mitte 2 schwarze FledermausflĂĽgel, auf
dem Haupt eine rote Krone und im Munde ein goldenes Ringlein mit
einem Rubinsteinlein darin hat." So sehen wir sie in sorgfältigster Aus-
fĂĽhrung auf dem Bildnis der Herzogin Katharina, der Gemahlin Herzog
Heinrichs des Frommen, vom Jahre 15 14 im Historischen Museum in
Dresden (CrA. 7). Doch nur selten linden wir sie auf Bildern in
dieser peinlich sorgfältigen Ausführung mit denselben Farben, die der
Wappenbrief vorschreibt. Gewöhnlich malte sie Cranach einfarbig, ohne
noch besonders Rot und Gelb (=â– Gold) fĂĽr Krone, Rubin und Ring
zu verwenden, meist schwarz, mattgelb, rötlichgelb, weiss, wie es scheint
mit derselben Farbe, mit der er die letzten Striche am Bilde gethan
und die er noch im Pinsel hatte. Und je nach der Grösse des Bildes
oder vielmehr nach der Grösse der Gestalten eines Bildes zeichnet er die
Schlange gross oder klein, immer im rechten Verhältnis. Selbstverständ-
lich nimmt mit der Grösse der Schlange auch die Deufhchkeit der ein-
zelnen Formen ab.
Dasselbe gilt natĂĽrlich auch von den Kupferstichen und Holz-
schnitten.
Die besten Unterlagen fĂĽr eine Untersuchung der Form der
Schlange bieten die Kupferstiche. Der Grabstichel erlaubt keine
flĂĽchtige Formgebung, jede Linie muss vorher ĂĽberlegt und mit Bedacht
gezogen werden, weil ja jeder falsche Strich stehen bleibt und nicht so
schnell beseitigt werden kann, wie ein falscher Pinselstrich.
Bei der Bezeichnung der Holzschnitte musste Cranach darauf
RĂĽcksicht nehmen, ob das Messer des Holzschneiders auch im Stande
sei, jede einzelne Form so wiederzugeben, wie sie von ihm mit der
Feder vorgezeichnet war. Nicht immer hat der Holzschneider vermocht,
- 38 -
die Vorzeichnung in derselben Schärfe und Feinheit nachzuschneiden.
Oder wenn dies auch geschah, so konnte im Druck noch manches ver-
dorben werden. Je mehr ein Holzstock abgedruckt wurde, desto gröber
wurden die Formen der Schlange, desto mehr verschwanden alle Fein-
heiten, sodass eine Schlange auf einem der letzten AbdrĂĽcke im Ver-
gleich zu einer Schlange auf einem der ersten wie eine Karikatur
aussieht. Es ist deshalb unbedingt notwendig, bei der Untersuchung der
auf den Holzschnitten angebrachten Schlangen nur von frĂĽhesten
Drucken auszugehen.
Man kann sagen, dass die Grundform der Schlange bis zum Jahre
1537 dieselbe bleibt, wie sie im Wappenbrief bestimmt war. Lucas
Cranach vergisst nie, doppelte FledermausflĂĽgel zu zeichnen, soweit dies
die Grösse der Schlange zulässt. Aber wie sich seine ganze Formen-
sprache im Laufe der Zeit ändert, so behält auch die Schlange nicht
ganz dieselben einzelnen Formen bei, wie sie sie bei ihrem ersten Auf-
treten zeigt, sondern macht allmählich kleine Wandlungen durch, die
aber nie die Grundform berĂĽhren. Kleine Verschiedenheiten zeigen
ja auch die Schlangen in der Grundform schon im ersten Jahre, je nach-
dem sie von der Schwanzspitze oder vom Kopfe aus angefangen sind.
Die folgende Untersuchung wird dies lehren.
Den besten Begriff von der u rsprĂĽnglichen Form der Schlange,
wie sie 1509 zum ersten Male auftritt, bietet der Kupferstich die Busse
des h. Chrysostorous L. 58. Da diese Schlange der auf dem Kupfer-
stichbildnis Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen von
15 10, dem Titelblatt zum Wittenberger Heiligtumsbuch (L. öo), abge-
sehen von ganz geringen Abweichungen vollkommen gleicht, so sieht
man daraus, dass dies die Form ist, an die sich die Hand des KĂĽnstlers
am meisten gewöhnt hatte und die ihm am besten zusagte, und dass
sie nicht zufällig, sondern so gewollt ist. [ch lege also diese beiden
Schlangen der Untersuchung zu Grunde, besonders auch noch deshalb,
weil beide Stiche in Nachbildungen weit verbreitet sind.
Die Schlange besteht aus zwei Teilen, die von zwei ganz ver-
schiedenartigen Tiergestalten entlehnt sind: dem Schlangenleibe und den
FledermausflĂĽgeln. Ich behandle beide getrennt.
a) der Schlangenleib. Er zerfällt in drei Teile: Kopf mit
Hals, Rumpf und Schwanz, die durch die starken Windungen deutlich
von einander unterschieden sind. Die Windungen werden vom Schwanz
nach dem Kopf zu immer höher, sodass der Teil, der aus dem Hals mit
— 3') —
dem weit vorgestreckten Kopf besteht, am höchsten erhoben ist. Ver-
bindet man die drei obersten Punkte des Leibes mit einander, so liegen
sie in einer geraden Linie. Legt man nun durch die zwei untersten Punkte
des Leibes eine Gerade, verlängert sie und die obere nach dem Schwänze
zu bis zu ihrem Schnittpunkte, so wird der ganze Schlangenleib in der
Weise von einem spitzen Winkel umschrieben, dass die drei obersten und
die zwei untersten Punkte auf den Schenkeln dieses Winkels Hegen.
Der Kopf sitzt an einem langen Halse, der schräg nach unten
vorgestreckt ist, wohl eher nach der Art schnatternder Gänse, als der
Schlangen. Der Rumpf ist etwas geschuppt, die äusseren Umrisse zeigen
lauter kleine KrĂĽmmungen. Der hocherhobene Schwanz endet in einer
kurzen Spitze, die, bevor sie nach aussen umbiegt, noch einmal nach
dem Körper zu eingezogen ist.
Diese Form des Schlangenleibes zeigen noch folgende Werke des
Jahres 150g:
Das Kupferstichbildnis Friedrichs des Weisen L. 59, die beiden Ge-
mälde Venus und Amor in Petersburg und das Bildnis Christoph Scheurls
in NĂĽrnberger Privatbesitz und die Holzschnitte: das Turnier mit Simson
auf dem Teppich L. 27, der SĂĽndenfall L. 22, die Ruhe auf der Flucht
nach Ägypten L. 23. 24, David und Abigail L. 25, der h. Hieronymus
L. 26, die Gefangennahme Christi B. 7 und die Auferstehung B. 19. Bei
der letzteren liegt der höchste Punkt des Halses tiefer, als die höchsten
Punkte der beiden anderen Windungen, ebenso bei dem SĂĽndenfall L.22, wo
auch der Hals fast fehlt und der Kopf nicht abwärts gerichtet ist. Es
ist selbstverständlich, dass Cranach nicht starr an der einen Form fest-
hält, die ich als Normaltypus bezeichne, weil sie die einzelnen Teile am
deudichsten ausgeprägt zeigt.
Von undatierten Holzschnitten hat dieselbe Schlangenform die h,
Sippe L. 36 (mit sehr tief geneigtem Kopfe) und die Marter der h.
Barbara B. 70. Hier hat die Schlange, die im Schnitt äusserst flüchtig
behandelt ist, ebenfalls den Kopf bis zur Erde gesenkt.
b) die FledermausflĂĽgel. Sie sind den FlĂĽgeln der wirklichen
Fledermäuse ziemlich getreu nachgebildet, nur mit dem Unterschiede,
dass ihre Stellung gerade umgekehrt wie bei diesen ist. Freilich nur
da, wo das Zeichen besonders gross und sorgfältig ausgeführt ist, wird
man an FledermausflĂĽgel erinnert. Bei manchen FlĂĽgeln der kleineren
Schlangen, namentlich auf Kupferstichen und Holzschnitten, denkt man eher
— 40 —
an die Schaufeln älterer Elchhirsche, so z. B. bei der Busse des h.
Chrysostomus L. 58.
Die FlĂĽgel sitzen nicht auf der ganzen mittleren Windung des
Schlangenleibes auf, sondern wachsen aus dem vorderen aufsteigenden
Teile hervor, mit dem sie ein untrennbares Ganzes bilden. So finden
wir sie auch auf den beiden Gemälden und auf einigen Holzschnitten
von 150g: der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten L. 23. 24, der
Gefangennahme Christi B. 7, der Auferstehung B. 19, nicht ganz so deut-
lich auf dem Kupferstichbildnis Friedrichs des Weisen L. 5g und dem
Holzschnitt David und Abigail L. 25.
Die Schlange in dieser Weise zu zeichnen, war freilich etwas
umsiändlich und erforderte auf jeden Fall ziemliche Sorgfalt. Cranach
hat deshalb auch öfter die Flügel aus dem ganzen oberen,
anstatt nur aus dem vorderen Teil der mittleren Windung her-
vorwachsen lassen; ja er hat auch bisweilen die enge Verbindung
zwischen Leib und FlĂĽgeln ganz aufgehoben, erst den Schlangenleib in
einem Zuge gezeichnet und dann die FlĂĽgel daraufgesetzt. Dies findet
sich schon 1509 bei einigen Holzschnitten, z. B. dem SĂĽndenfall L. 22,
dem h. Hieronymus L. 26, dem Turnier mit Simson auf dem Teppich
L. 27.
Die beiden FlĂĽgel sind so gezeichnet und zu einander gestellt,
dass der vordere sorgfältig ausgeführt ist und den hinteren zum grössten
Teile verdeckt, sodass von diesem bisweilen nur die Ränder oben und
an einer Seite sichtbar sind. In der Regel steht der hintere FlĂĽgel
dem Kopf der Schlange näher als der vordere.
Wie verhält sich nun die Form der Schlange auf den beiden
fälschlich 1506 datierten Holzschnitten, dem h. Christoph und der Venus,
zu der Normalform des Jahres 1509?
I. Der h. Christoph L. 6. Zunächst entspricht die Art, in der
LC, Schlange und Jahreszahl zur Bezeichnung vereinigt sind, durchaus
der des Sündenfalls L. 22, wie auch der meisten anderen so vollständig
bezeichneten Holzschnitte und Kupferstiche des Jahres 1509. Die
Schlange kommt in der Form der des Sündenfalls wieder am nächsten,
nur dass ihr Schwanz, anstatt wie sonst hoch erhoben, nach unten ge-
zogen ist, sodass die Spitze noch unter der Fusslinie liegt. Dies erklärt
sich aber sehr leicht aus Mangel an Raum an dieser Stelle. Der Rahmen
fĂĽr die ganze Bezeichnung war schon gegeben. Cranach fing darauf
— 41 —
an, die Schlange zu zeichnen, und zwar von links nach rechts, d. h. vom
Kopf nach dem Schwanz zu (erst im Druck erschien sie ja von der
entgegengesetzten Seite). Dabei berechnete er den zur VerfĂĽgung stehen-
den Raum nicht genau, er fing nicht dicht genug am Rande an, sodass
er am andern Rande fĂĽr den Schwanz nicht mehr genug Platz hatte. Er
musste ihn deshalb in der Weise herabziehen, wie wir es sehen.
2. Venus mit Amor L. 8. g. Die ganze Art der Bezeichnung
ist ungewöhnHch und kommt nur dieses eine Mal so vor. Zunächst die
an einem Band am Baum befestigte langgestreckte schildartige Tafel;
im breiteren oberen Teil, da wo der meiste Platz war, die Schlange in
schräger Richtung; unter ihr, in einer ganz andern Richtung, die Zahl
1506; dies alles eingefasst von den beiden grossen Buchstaben L (oben)
und C (unten), die breit, mit doppelten Linien gezeichnet sind, wie bei
dem h. Hieronymus L. 26. Die Schlange macht einen ungewöhnlichen
Eindruck, der Kopf ist weiss, der vordere Teil des Leibes und der
Schwanz aber schwarz, sodass der Leib wie gesprenkelt aussieht. Ebenso
ist es mit den FlĂĽgeln : der eine ist mit Ausnahme einiger Schraffierungen
weiss, der andere zur Hälfte schwarz, man sieht, da wo die Schwärze
aufhört, kann der Flügel noch nicht zu Ende sein. Man ist anfangs
geneigt, hier eine Unreinigkeit im Druck anzunehmen, indessen zeigen
alle Drucke, die ich gesehen habe, diesen Fehler. Deshalb kann nur
der Holzschneider schuld sein, der hier seine Vorlage entweder nicht
richtig verstanden oder zu flĂĽchtig gearbeitet hat. Mir scheint eher das
erstere der Fall gewesen zu sein. Auch bei der Schlange auf dem
dritten Turnier von 150g, dem mii Simson auf dem Teppich, L. 27,
hat er sich rechts vom Halse „versehen". Und gerade dieser Schlange
kommt die auf der Venus namentlich in Bezug auf die Form und Stellung
der beiden Flügel am nächsten. Der hier schwarz gefärbte ist als der
hintere aufzufassen, der wie gewöhnlich dem Kopfe näher steht als der
vordere. Nur Kopf und Schwanz weichen mehr von der Normalform
ab. Der Kopf ist kĂĽrzer, fast ohne Hals, der vordere Teil des Rumpfes
ist nicht, wie sonst, steil emporgerichtet, auch der Schwanz ist nicht er-
hoben, die Spitze ist eingeringelt, sodass sie unter die Fusslinie zu liegen
kommt, wie beim Christoph L. 6. Für alles dies mag die ungewöhn-
liche Richtung der Schlange bestimmend gewesen sein. Trotz dieser
Abweichungen ist doch die Normalform noch deutlich genug ausgeprägt,
sodass man sagen muss: auch diese Bezeichnung gestattet es, den Holz-
schnitt mit der Venus ins Jahr 150g zu versetzen.
— 42 —
Eine weitere Frage ist nun, ob vielleicht die nicht datierten Holz-
schnitte und Kupferstiche, die mit LC und der Schlange oder mit der
Schlange allein bezeichnet sind, innerhalb der fĂĽr diese beiden Bezeich-
nungen ermittelten Zeitgrenzen nicht noch genauer datiert werden können,
allein auf Grund der besonderen Form der Schlange.
Diese Frage kann nur dann gelöst werden, wenn wir festgestellt
haben, ob und in welcher Weise sich die äussere Erscheinung der Schlange
im zweiten Jahrzehnt geändert hat. Leider fehlt es von 151 1 bis 15 15
an datierten, mit der Schlange bezeichneten Holzschnitten und Kupfer-
stichen, sodass wir nur auf die Tafelbilder dieser Zeit angewiesen wären,
wenn es nicht möglich wäre, die Entstehungszeit einiger Holzschnitte
vor 1515 aus anderen als stilistischen GrĂĽnden nachzuweisen. Es sind
dies I.) die Folge der grossen Apostel mit Christus, 14 Bl., B. 23 — 36
(4 Bl. L. 37 — 40) und 2.) die Verkündigung der Maria L, 41.
Von der grossen Apostel folge ist nur das erste Blatt, der
segnende Christus, bezeichnet. Jede Datierung fehlt. Doch lässt sich
wenigstens der späteste Entstehungstermin ermitteln.
Es muss zunächst als sicher angenommen werden, dass sämtliche
Blätter der Folge zu gleicher Zeit veröffentlicht worden, und als
höchst wahrscheinlich, dass sie zu gleicher Zeit entstanden sind,
wofür auch der ganz gleichmässige Stil spricht.
Mit Ausnahme von Christus, Andreas und Mathäus sind nun sämt-
liche Apostel in kleinen Kopien von der Gegenseite in einem Hortulus
animae enthalten, der 15 16 bei Joh. Schöflfer in Mainz erschienen ist.
Ein Exemplar dieses Druckes hat sich bis jetzt auf keiner der Biblio-
theken, an die ich mich gewandt, nachweisen lassen. Doch da Heller
eines besessen hat, das er auf S. 203 seiner Cranachbiographie
(2. Aufl.) unter Nr. 22 anfĂĽhrt, ist wenigstens erwiesen, dass es wirklich
einen solchen Druck giebt. Wohin Hellers Exemplar gekommen ist, ist
unbekannt; auf der Königl. Bibliothek in Bamberg befindet es sich nicht.
Ich muss mich deshalb auf Hellers Angaben verlassen.
Der Druck des Hortulus animae war „post festum Nativitatis Marie
virginis", also nach dem 8. Sept. 1516 vollendet. Man kann wohl als sicher
annehmen, dass die 82 Holzschnitte, die meistens aus Kopien bestehen, in
Mainz gezeichnet und geschnitten sind. Die Herstellung wird mindestens
ein halbes Jahr in Anspruch genommen haben. Rechnet man auf den Diuck
des BĂĽchleins und auf die Zeit, die Cranachs Holzschnitte brauchten, um
nach Mainz, in die Hände Schöffers und in die des Kopisten zu kommen,
— 43 —
zusammen mindestens 3 Monate, so ergäbe sich ein Zeitraum von min-
destens g Monaten zwischen der Veröflfentlichung der Urbilder in Wittenberg
und der Kopien in Mainz. Nun hat Joh. Schöffer in Mainz schon 15 13
einen Hortulus animae mit 73 und 15 15 einen mit 65 Holzschnitten ver-
öffentHcht (vergl. Heller S. 202 Nr. 18 und S. 203 Nr. 20). Der Druck
des letzteren war am 7. Sept. 151 5 beendet. Die Holzschnitte beider
scheinen verschieden gewesen zu sein, wie aus Hellers Angaben geschlossen
werden kann. Auch die 82 Holzschnitte des Hortulus von 15 16 sind
wohl erst für diese Ausgabe hergestellt worden. Hätte nun Schöffer
Cranachs Urbilder schon gekannt, bevor er die Ausgabe von 15 15 vor-
bereitete, so wĂĽrde er sie jedenfalls schon in dieser verwendet haben.
Da dies nicht der Fall ist, scheinen sie ihm auch nicht vor dem Sommer
15 15 bekannt geworden zu sein.
BerĂĽcksichtigt man nun noch die Zeit, die der Holzschneider in
Wittenberg brauchte, um die 14 grossen Stöcke der Urbilder zu schnei-
den, so ergäbe sich als sicher, dass Cranach die Folge noch vor der
Mitte des Jahres 1 5 1 5 gezeichnet hat. Möglicherweise lassen datierte
Kopien nach einzelnen Blättern noch eine genauere Zeitbestimmung zu.
Simon und Judas Taddäus fand ich kopiert in zwei Flügelbildern eines
Altarvverkes in der kleinen Kirche von Friedersdorf bei Bitterfeld, das
leider nicht datiert ist, aber zwischen 15 15 und 1520 entstanden
sein mag.
Der segnende Christus, das erste Blatt der Folge, ist nur mit der
Schlange bezeichnet. Obwohl nun das erste datierte Werk, auf dem
die Schlange ohne die Buchstaben LC vorkommt, von 15 10 ist, so hat
doch Cranach schon 1509 die Schlange allein verwendet, wie drei
Blätter der noch in diesem Jahre veröffentlichten Passion beweisen. Im
Vergleich mit der doppelten Bezeichnung, die alle datierten Holz-
schnitte des Jahres 150g tragen, muss dies jedoch als Ausnahme be-
trachtet werden. Immerhin ist es möglich, dass der segnende Christus
noch 1509 entstanden wäre, wenn wir nur das Vorhandensein der
Schlange berĂĽcksichtigen. Dem widerspricht aber ihre Form.
Die weitere Ausbildung der Schlange.
Diese Schlange weicht wesentlich ab von der, die 150g und 15 10
in Gebrauch war. Sie ist sehr gross und sorgfältig gezeichnet und auch
vom Holzschneider gut wiedergegeben, kann also als eine sichere Unter-
lage für Untersuchungen gelten. Die hauptsächlichste Abweichung von
— 44 —
der Norraalform von 150g und 15 10 besteht darin, dass der Schlangen-
leib nach hinten zu um eine Windung vermehrt und dass der letzte
Teil mit der kleinen Schwanzspitze nicht mehr steil emporgerichtet ist.
Um sich klar zu machen, dass darin ein wesentlicher Unterschied
von der ersten Form besteht , vergleiche man nur sämtliche datierten
Holzschnitte, Kupferstiche und Gemälde von 150g und 15 10 noch ein-
mal. Auch der vorderste Teil des Rumpfes, der sich an den Hals an-
schliesst, ist hier nicht mehr steil emporgerichtet und von allen Teilen
des Leibes am höchsten erhoben, sondern hat eine schräge Richtung
angenommen. Dagegen unterscheiden sich die FlĂĽgel nicht wesentlich
von der ersten Form.
Daraus geht hervor, dass diese Schlange nicht die Form von i 509
und 15 10, sondern eine spätere zeigt. Die grosse Apostelfolge würde
also nach 15 10 und vor Mitte 15 15 entstanden sein.
Etwas weiter in dieser Frage fĂĽhrt die VerkĂĽndigung L. 41.
Sie trägt keine Jahreszahl, ist aber bis auf einige Jahre sicher zu datieren.
Unter dem Holzschnitt befindet sich nämlich folgender Text: ,,Zu disen
nachfolgenden gebetten wer die spricht frue vnd abentĂź wan man lewth
zum Aue maria. hat Julius der ander gegeben Achtzigtausent jar aplaĂź
Geschehen zu Roma in sant Peters munster jm XVC. vnd xj. Jar."
Hierauf folgt der Wortlaut der Gebete.
Man darf wohl als sicher annehmen, dass erst dieser Ablass dem
KĂĽnstler die Veranlassung gegeben hat, den Holzschnitt zu zeichnen,
und dass dieser bestimmt war, mit der Unterschrift veröffentlicht zu
werden; nicht etwa, dass der Holzschnitt schon frĂĽher ohne Text vor-
handen war und erst später noch einmal mit dem Text abgedruckt wurde.
Als frĂĽheste Zeitgrenze fĂĽr den Holzschnitt ergiebt sich somit ohne
weiteres das Jahr 15 11 und innerhalb dieses Jahres der Tag, an dem
der Ablass in Wittenberg verkĂĽndigt wurde. Vielleicht ist es noch
möglich, auch diesen Tag zu ermitteln. Ein Ablass, der auf die an-
dächtige Verrichtung eines bestimmten Gebetes, wie es hier der Fall ist,
gesetzt ist, ĂĽberdauert die Lebenszeit dessen, der ihn gesetzt hat, wie
mich Herr Prälat Dr. Friedr. Schneider gütigst belehrt hat. Also könnte
der Holzschnitt auch noch nach Julius II. Tode entstanden sein. Doch
wĂĽrde dann wohl jedenfalls im Text der Name des Papstes mit einem
Beiwort, wie „der hochselige" u. dergl. versehen sein. Dies fehlt hier,
und es spricht auch die W^ahrscheinlichkeit dafĂĽr, dass der Holz-
schnitt sofort entstanden und veröffentlicht worden ist, nachdem der
Ablass bekannt geworden war, also noch zu Lebzeiten des Papstes
Julius IL (t 2 1. Febr. 1513), genauer 151 1 — 12. Der Vorsicht halber
nehme ich das Jahr 15 12 an.
Die VerkĂĽndigung ist mit einer Schlange bezeichnet, die deutlich
nicht mehr die Form der Jahre 1509 u. 10, sondern die spätere zeigt.
Ja die Windungen des Schlangenleibes sind nach dem Schwänze zu nicht
nur um eine, wie bei dem segnenden Christus, sondern um zwei vermehrt,
sodass der Abstand von der ursprünglichen Form hier noch grösser er-
scheint. Der Leib ist sehr energisch bewegt. Die beiden FlĂĽgel sind
deudich von einander unterschieden. Der hintere ist diesmal dunkel,
der vordere weiss gelassen, während es sonst gewöhnlich umgekehrt ist.
Auffällig ist, dass der vordere Flügel hier auf der hinteren Hälfte der
Windung sitzt, da wo diese schon beginnt, sich nach abwärts zu be-
wegen. 150g u. 10 wäre dies noch nicht möglich gewesen, wo die
FlĂĽgel unmittelbar aus dem ersten aufsteigenden Teile des Rumpfes
hervorgingen.
Als wichtiger Anhaltspunkt fĂĽr die Entslehungszeit der mit der
Schlange bezeichneten Werke ergiebt sich also, dass 15 12 die Schlange
bereits eine andere Form angenommen hat, als die von 1509 u. 10
war. Demnach können die mit der Schlange in der ersten Form be-
zeichneten Werke nur in den Jahren 1509 — 11 entstanden sein. Es
sind zunächst von den ausserdem noch mit LC bezeichneten die zwei
Holzschnitte die h. Sippe L. 36 und die Marter der h. Barbara B, 70
und der Kupferstich Friedrich der Weise den h. Bartholomäus ver-
ehrend L. 57.
Die h. Sippe L. 36 lässt eine noch genauere Dauerung vorläufig
nicht zu. Nur die grosse Verwandtschaft sämtlicher Gestalten mit vielen
der Passion von 150g legt die Vermutung nahe, dass sie in engem zeit-
lichem Anschluss an diese entstanden ist, also eher 15 10, oder mög-
licherweise noch 1509, als 151 i.
Die Marter der h. Barbara B. 70 dagegen wird man mit noch
grösserer Bestimmtheit ins Jahr 1509 setzen dürfen. Die Schlange ist
im Schnitt ganz verdorben, kann also zur Untersuchung kaum heran-
gezogen werden. Um so deutlicher spricht alles Stilistische: Fast sämt-
liche Typen finden sich so oder ganz ähnlich in der Passion; es ist
nicht nötig, hier noch besondere Beispiele anzuführen. Dasselbe gilt von
allem Landschaftlichen ; man vergleiche z. B. den überhängenden Felsen
und die Bäume und Sträucher, deren Wurzeln blossgelegt sind und
- 46 -
herabhängen, mit dem betreffenden Teil auf Christus am Ölberg B. 6, der
Grablegung B. i8 und auf der Busse des h. Chrysostomus L, 58. Auch
die Wappen sind dieselben wie in der Passion. Und wenn ich nun noch
auf die ganz gleiche technische Behandlung mit dieser hinweise und zum
Schluss erwähne, dass die Marter der h. Barbara ganz dieselbe Grösse
hat, wie die Blätter der Passion, so wird alles dies wohl genügen, um
ihre Entstehung noch im Jahre 150g glaubhaft zu machen.
Der Kupferstich L. 57, Friedrich der Weise den h. Bartholo-
mäus verehrend*), muss ganz am Ende der Periode entstanden
sein, in die er seiner Bezeichnung nach fallen müsste (1509 — 14). Die
Schlange, ein besonders grosses und schönes Beispiel eines cranach-
schen Zeichens, hat in der Form des Leibes, namentlich im vordem Teile,
noch viel Ähnlichkeit mit der von 1509 u. 10; doch weicht die Bildung
des hinteren Teiles schon ziemlich ab, der Schwanz ist um ein kleines
Glied verlängert. Am meisten unterscheidet sie sich von der von 1509
in den FlĂĽgeln, die nicht aus dem vordem, sondern dem ganzen obern
Teile der mittelsten Windung hervorwachsen. Um den Unterschied recht
deutlich zu bemerken, vergleiche man nur damit die grösste auf den
Holzschnitten vorkommende Schlange, die der Auferstehung B. 19. Wir
haben hier also nicht mehr die erste Form vor uns, sondern die zweite
schon um 15 12 vorkommende, allerdings nicht in der charakteristischen
Ausprägung des Hinterteils, wie bei dem grossen segnenden Christus
und der Verkündigung, was bei der Grösse der Schlange etwas auf-
fällig ist.
Aber nicht nur die Schlange, auch die äussere Erscheinung des
KurfĂĽrsten spricht gegen eine Entstehung in den Jahren 1509 u. 10.
Wegen der Bezeichnung mit LC und der Schlange kann der Stich
frĂĽhestens 1509 entstanden sein. Aus diesem Jahre stammt das Bildnis
Friedrichs des Weisen in Kupferstich L. 59, aus dem Jahre 15 10 das
Titelblatt zum Wittenberger Heiligtumsbuche, Friedrich der Weise mit
seinem Bruder Johann, zu dem jedoch Cranach den KurfĂĽrsten wohl
kaum von neuem gezeichnet hat. Er hat vielmehr die Vorzeichnung zu
dem Bildnis von 1509 wieder benĂĽtzt. Dies Doppelbildnis ist ja ĂĽber-
haupt wohl nur als Erweiterung des Einzelbildnisses von 1509 anzusehen,
das ursprĂĽnglich zum Titelblatt des Wittenberger Heiligtumsbuches
*) Nicht „anbetend", wie Lippmann sagt, denn nacli der Lehre der kath,
Kirche gebĂĽhrt nur Gott Anbetung, die Heiligen dagegen haben nur Anspruch auf
Verehrung.
— 47 —
bestimmt gewesen zu sein scheint. Auf unserem nicht datierten Kupfer-
stich L. 57 sieht nun der Fürst schon bedeutend älter aus, als auf denen
von 1509 u. 15 10, das Gesicht ist aufgedunsener, schwammiger, so wie
es alle späteren Bildnisse zeigen. Der Unterschied in der äusseren Er-
scheinung ist doch schon so gross, dass zwischen dem Bildnis von 150g
und diesem hier etwa vier bis fünf Jahre liegen müssen. Wir kämen
also damit bis zu dem Jahre 15 14, zugleich dem spätesten Termin für
die Bezeichnung LC mit der Schlange.
Ich habe bei der Schlange die fĂĽr die zweite Form besonders
charakteristische Ausprägung des Hinterteils vermisst und habe dies als
auffällig bezeichnet in Anbetracht der Grösse der Schlange. Es scheint
mir nun ganz klar, dass dieser Mangel nicht in der Absicht des KĂĽnst-
lers, sondern in einem äusseren Hindernis begründet gewesen ist, und
dass wir ohne dieses Hindernis die Schlange in derselben schön ausge-
prägten Form vor uns sehen würden, wie auf dem Holzschnitt L. 34,
der Friedrich den Weisen in Verehrung Marias und des Kindes
darstellt.
Wir müssen zunächst bedenken, dass die Bezeichnung jedenfalls
erst in die Platte eingegraben wurde, nachdem alles ĂĽbrige vollendet
war, Cranach nĂĽtzte den Raum wieder nicht richtig aus, er fing bei
dem L an, aber nicht weit genug links (man stelle sich nur die Platte
mit der Zeichnung im Gegensinne vor), zeichnete dann die Schlange vom
Kopf aus, und als er die Schwanzspitze so ausfĂĽhren wollte, wie er es
gewöhnt war, hatte er an dieser Stelle keinen Platz mehr dazu, die
Ranke von der Helmdecke des Kurwappens stand schon da. Aus dem-
selben Grunde konnte er auch das C nicht an die Stelle setzen, die
ihm jedenfalls von Anfang an zugedacht war, neben die Schwanzspitze,
so wie er das L neben den Kopf der Schlange gesetzt hatte, sodass
also die Schlange schliesslich von den beiden Buchstaben in die Mitte
genommen worden wäre. Und so erhielt das C, das ja noch unter-
gebracht werden musste, seinen Platz unter der Schwanzspitze, wo es
nicht hinpasst, wie gewiss jeder zugestehen wird. Vergegenwärtigt man
sich bisweilen den Vorgang bei einer solchen Arbeit recht genau, so
wird einem manches sonst Unerklärliche sehr erklärlich erscheinen.
Nimmt man den Willen des KĂĽnstlers fĂĽr die That, so entspricht die
Schlange hier so vollkommen wie möglich der des Holzschnitts L. 34
(Friedrich der Weise vor Maria) und die ganze Bezeichnung der auf dem
grossen Bildnis der Herzogin Katharina von Sachsen von 15 14 im
historischen Museum in Dresden. Und 15 14 ist höchst wahrscheinlich
auch das Entstehungsjahr des Kupferstichs.
Die AbdrĂĽcke dieses Stiches zeigen ĂĽbrigens mannigfache Spuren
von starker Ăśberarbeitung der Platte. Verschiedenes war ursprĂĽnglich
anders geplant, was dann geändert wurde. Es ist jedoch nicht statthaft,
daraus zu schliessen, dass wir es hier mit „einem der ersten stecherischen
Versuche" Cranachs zu thun hätten (Lippmann, Text S. i6b).
Nachdem ich somit die Entstehungszeit der zwei mit LC und der
Schlange bezeichneten, aber nicht datierten Holzschnitte und des einen
Kupferstiches ermittelt habe, versuche ich dies bei den nur mit der
Schlange bezeichneten.
Anna selbdritt L. 42. Die Schlange hat noch nicht die
zweite Form, aber auch nicht mehr ganz die erste, sie steht richtig in
der Mitte zwischen beiden. Am nächsten kommt sie in ihrer allgemeinen
Erscheinung der auf dem SĂĽndenfall L. 22, der Kreuzigung B. 16 (bei
der freilich der Schwanz durch den Pferdefuss verdeckt ist) und der
leider durch das Messer des Holzschneiders verstĂĽmmelten Schlange
auf der Marter der h. Barbara B. 70. Aufs deutlichste sind die beiden
Flügel zu unterscheiden (nur nicht in ganz späten Abdrücken). Der
vordere steht dem Schwänze, der hintere dem Kopfe näher. Der Stil
des schönen Holzschnittes erinnert noch deutlich an den der grossen
Holzschnitte von 150g. Maria mit ihren grossen reifen Körperformen,
dem Kopfe mit dem gescheitelten Haar, das in reicher LockenfĂĽlle um
die Schultern flutet, ist eine leibliche Schwester der Eva auf dem SĂĽnden-
falle L. 22 und eine nahe Verwandte der ihr Kind stillenden Maria
auf der Flucht nach Ägypten L. 2;^, 24, der nackten Frau auf der
Busse des h, Chrysostomus L. 58 und der Venus L. 8. g. Die h. Anna
hat ihre Vorbilder in den Frauen der Passion , und der kleine Jesus ist
dem auf der Schulter des h. Christoph sitzenden äusserst ähnlich.
Es erscheint daher gerechtfertigt, die h. Anna selbdritt bald nach
150g, etwa 15 10 oder 151 1 anzusetzen.
Ihr steht nahe die Himmelsleiter des h. Bonaventura L. 51
und die Hölle L. 51a. Beide gehören zusammen und sollen eine
Darstellung bilden. Auch wenn es kein Exemplar gäbe, auf dem beide
auf einem Blatte abgedruckt wären (wie es auf dem der Pariser National-
bibliothek der Fall ist, vergl, Lippmann Text S. 23a, Schuchardt III, 226),
mĂĽsste man schon aus den Worten der Unterschrift und des Spruch-
bandes, die sich auf dem Drucke der Hölle befinden, schliessen, dass
— 4Q —
die Hölle die untere Fortsetzung der Himmelsleiter bilden soll. Denn
diese Worte erhalten nur dann einen Sinn, wenn man beide Darstellungen
vereinigt vor sich sieht. Zudem ist Stil und technische AusfĂĽhrung bei
beiden völlig gleich (vergl. auch Schuchardt II, 235—238 Nr. 99 u. 100
und III, 226 — 227. Einen Abdruck der seltenen Höllendarstellung mit
Text in Schwabacher Schrift wie auf L. 51 besitzt auch die Sammlung
auf der Veste Koburg).
Die Schlange auf der Himmelsleiter ist nur in ihren äusseren
Umrissen gezeichnet, daher sind auch die zwei FlĂĽgel nicht von ein-
ander unterschieden. Trotz dieses abgekĂĽrzten Verfahrens, das wohl
das Werk des Holzschneiders ist, scheint es mir nicht zweifelhaft, dass
wir hier die Schlange noch in ihrer ersten Form vor uns haben oder
wenigstens noch nicht in ihrer zweiten. Sie hat grosse Ähnlichkeit mit
der des zuletzt besprochenen Holzschnittes, der Anna selbdritt L. 42.
Ihren stilistischen Eigenschaften nach gehören Himmels-
leiter und Hölle in allernächste Nähe der Holzschnitte eines 1 5 1 2 in
Wittenberg durch Symphorian Reinhart gedruckten kleinen BĂĽchleins,
auf die ich später noch zu sprechen komme. Die Übereinstimmung in
den Typen ist so gross, die Zeichenweise und der Schnitt so gleich-
artig, dass man wohl berechtigt ist, auf eine annähernd gleiche Ent-
stehungszeit zu schliessen, das wären für Himmelsleiter und Hölle etwa
die Jahre 15 10 oder 151 1,
Alle bezeichneten Holzschnitte, die ich nun noch bespreche, haben
die Schlange in deutlich ausgesprochener zweiter Form, die meiner
Berechnung nach im Jahre 15 12 sicher schon vorkommt (vergl. die
VerkĂĽndigung S. 45).
Ich führe hier zunächst den Menschenfresser L. 15 an,
der durch sein GegenstĂĽck, den kleinen h. Georg L. 16, einiger-
raassen näher zu datieren ist. Der h. Georg ist freilich nicht be-
zeichnet, aber er ist im Stil und in der Technik dem Menschenfresser
völlig gleich behandelt, hat ausserdem dieselbe Grösse wie dieser. Das
wĂĽrde man sofort erkennen, wenn beide Holzschnitte in der Lippmann-
schen Ausgabe neben einander gestellt wären, was recht gut hätte ge-
schehen können.*)
*) Auf jeden P'all würde man dann nicht das ästhetische Unbehagen haben,
das einen immer ĂĽberkommt, so oft man auf einem Blatte den h. Georg neben der
so völlig anders gearteten und in der Grösse verschiedenen Eberjagd, und das Gegen-
stĂĽck zum h. Georg, den Menschenfresser, ĂĽber den beiden in der Mitte sieht.
4
— 50 —
Eine Kopie des h. Georg kommt in demselben 15 16 in Mainz
von Joh, Schöffer gedruckten Hortulus animae vor, der auch kleine
Kopien der grossen Apostel enthält (vergl. Heller, Cranach, 2. Aufl.
S. 203, Nr. 22. Es ist die letzte der dort angefĂĽhrten Kopien =
Nr. 222, Bei der Beschreibung dieses Blattes S. 164 — 165 fehlt je-
doch der Hinweis auf die Kopie im Hortulus). Nach dem, was ich ĂĽber
die mutmassliche Entstehungszeit der grossen Apostelfolge ermittelt habe,
kann nun auch der h. Georg nicht nach Mitte 15 15 entstanden sein.
Somit käme für den Menschenfresser wie für den kleinen h. Georg
etwa nur die Zeit von 151 2 bis Mitte 1515 in Betracht.
Die Schlange auf dem Menschenfresser, obgleich sehr klein
und nur in ihren äusseren Umrissen dargestellt, hat doch deutlich die
zweite Form. Da der Stil der beiden Holzschnitte L. 15 und 16
mehr an die zuletzt besprochenen früheren, als an die späteren Holz-
schnitte erinnert, sind sie wohl am besten um das Jahr 1512 an-
zusetzen.
Die (kleinere) Enthauptung Johannes des Täufers
L. 47 hat die Schlange in besonders schöner^ sorgfältig gezeichneter
zweiter Form, an der man so recht den grossen Unterschied von der
ursprĂĽnglichen Form des Jahres 150Q erkennen kann. Eine Anzahl der
hier vorkommenden männlichen und weiblichen Typen finden wir auf
der Himmelsleiter L. 51, manches erinnert auch an die VerkĂĽndigung
L. 41 und an den kleinen h. Georg L. 16. Da nun die Enthauptung
andererseits auch der Predigt des Johannes von 1516, L. 49, sehr nahe
steht (namentlich in einigen Männerköpfen), obwohl sie ihr rein künstlerisch,
in Bezug auf Formensprache und technische AusfĂĽhrung, ziemlich ĂĽber-
legen ist, so ist sie im allgemeinen 1512 — 151 5, am richtigsten aber
wohl um 15 14 oder 15 15 anzusetzen.
Friedrich der Weise in Verehrung der Mutter
Maria L. 34 ist mit einer Sc hlange bezeichnet, die wohl von allen
auf Holzschnitten und Kupferstichen vorkommenden die schönste ist.
Jede einzelne Form ist bei ihr auf das sorgfältigste durchgebildet. An
Grösse wird sie nur von der auf dem Kupferstich L. 57, Friedrich der
Weise in Verehrung des h. Bartholomäus, etwas übertroffen. Sie ist
dieser so sehr ähnlich, dass man deshalb fast dieselbe Entstehungszeit
annehmen möchte. Ich habe den Stich aus verschiedenen Gründen ins
Jahr 15 14 versetzt, das als der späteste Termin für ihn gelten
muss. Das ebenfalls aus dem Jahr 1514 stammende Bildnis der
Herzogin Katharina von Sachsen im historischen Museum in Dresden hat
als Zeichen eine ebenso liebevoll ausgefĂĽhrte grosse Schlange, die in der
Form fast gar nicht abweicht von den beiden eben erwähnten Schlangen.
Es ist dies eine sehr bemerkenswerte Ăśbereinstimmung. Denn wenn
man ganz von der Bezeichnung absieht, wĂĽrde man auch auf Grund
seiner stilistischen Merkmale den Holzschnitt um 15 14 — 15 15
ansetzen. Er gehört nämlich in unmittelbare Nähe der grossen Apostel-
folge, als deren späteste Entstehungszeit ich Mitte 151 5 nachgewiesen
habe; mit diesen ist er durch eine Menge Fäden aufs engste verknüpft.
Die technische Behandlung ist so gleichartig, dass man sogar denselben
Holzschneider vermuten darf. Im Stil ist nicht der geringste Unter-
schied; derselbe grosse einfache Zug in der Auffassung und in der Be-
handlung der Formen geht ebenso durch diesen Einzelholzschnitt, wie
durch jene Folge. Im besonderen mache ich aufmerksam auf die Ăśber-
einstimmung zwischen dem Fruchtgehänge, das vom obern Rande aus-
geht, und den naturalistischen Gebilden, von denen die einzelnen Apostel
umrahmt werden.
Hier muss ich nun ausdrĂĽcklich darauf hinweisen, dass der Holz-
schnitt Friedrich der Weise in Verehrung der Maria L. 34 der einzige
von Lucas Cranach ist, auf dem der Fürst bildnisraässig dargestellt ist.
In den meisten Sammlungen gelten zwei Holzschnittbildnisse
Friedrichs des Weisen in halber Gestalt fĂĽr Werke Cranachs, sie
sind aber weder von ihm gezeichnet, noch überhaupt sächsischen Ur-
sprunges. Beide sind einander sehr ähnlich.
Der eine Holzschnitt stellt den KurfĂĽrsten fast in derselben Auf-
fassung dar, wie der Kupferstich Cranachs von 1509 L. 59, nur von
der Gegenseite; ausserdem liegen die Arme auf der BrĂĽstung auf, die
linke Hand ĂĽber der rechten, und die Darstellung schliesst oben nicht
im Rundbogen, sondern im rechten Winkel, sodass also die beiden
Wappen in den oberen Ecken, die jedoch nicht im Gegensinne zu dem
Stiche dargestellt sind, sich vom weissen Grunde abheben. Das Kur-
vvappen hat den Schild von Weiss und Schwarz geteilt, also in der
früheren Färbung, wälirend er auf dem Stich, ganz dem Jahre 1509
entsprechend, in der umgekehrten spätem Farbenverteilung erscheint.
Höhe 136, Breite 134 mm.
Dieses Bildnis kommt z. B. als Titelholzschnitt in folgendem Werke
vor: Registrum speculi intellectualis foelicitatis humane: atqj breuis
compedii de bone valeludinis cura u. s. vv. Das Buch ist 15 10 im
4*
— 52 —
Verlag von Dr. Ulrich Pinder in NĂĽrnberg erschienen und von diesem
Friedrich dem Weisen gewidmet worden.
Der andere Holzschnitt ist eine ganz genaue Kopie des Kupfer-
stichbildnisses Friedrichs von 1509, L. 59, von der Gegenseite. Nur
die Wappen sind von derselben Seite wie im Stich, ausserdem fehlt die
cranachsche Bezeichnung. Dagegen liegt auf der BrĂĽstung rechts ein
Blatt mit 15 10. Der Schnitt ist vorzüglich. Höhe 127, Breite 97 mm.
Dieses Bildnis befindet sich z. B. auf der RĂĽckseite des Titel-
blattes von: Speculum Phlebotomye. Auch dieses Werk ist jedenfalls
aus dem Verlag Ulrich Finders in NĂĽrnberg hervorgegangen.
Diese beidenHolzschnittbildnisseFriedrichs des Weisen sind also
nichts anderes, als mehr oder weniger getreue Kopien des cranachschen
Kupferstiches L. 59 von 1509. Schon der Schnitt beider weist ĂĽbrigens
deutlich darauf hin, dass wir es nicht mit Wittenberger Arbeiten zu
thun haben. Das hätte eigentlich schon längst erkannt werden müssen.
In einem ziemlich grossen zeitlichen Abstand folgen nun auf die
zuletzt behandelten Holzschnitte Lucas Cranachs noch das Christkind
als Welterlöser L. 32 und die von Engeln umtanzte heilige Familie
L.33. Dass sie nach der Predigt des Johannes von 1516 L. 49 entstanden
sind, kann gar nicht zweifelhaft sein. Der kĂĽnstlerische Abstand von
den bis etwa 15 15 entstandenen Holzschnitten ist aber so bedeutend,
dass man sie an das Ende des zweiten Jahrzehnts, wenn nicht gar erst
an den Anfang oder in die erste Hälfte der zwanziger Jahre wird
setzen mĂĽssen.
Was fĂĽr ein Unterschied ist zwischen dem 1508 oder 1509 ent-
standenen Christkind im Wittenberger Heiligtumsbuche, Gang VII, Nr. 6
(abgebildet bei Lippmann im Text S. 11), und dem ganz ähnlich auf-
gefassten L. 32! Welche Kluft liegt zwischen der Ruhe auf der Flucht
von 1509 L. 24 und der mit dem Engeltanz L. ^^\ Wie reizend
naiv ist dort das Treiben der kleinen Engel dargestellt, und wie be-
wusst ist hier das kindUche Spiel, wie wirkt manche Bewegung ge-
macht und eingelernt! Dort noch reine Natur, hier schon eine gewisse
Manier.
Das Christkind als Welterlöser L. 32 ist mit der
Schlange in der gewöhnlichen späteren Form bezeichnet. Alle Linien
in diesem Blatte sind äusserst fein, die meisten sogar haarscharf ge-
schnitten, aber sie wirken hart und spröde, die Geschmeidigkeit und der
Fluss fehlt ihnen , man könnte denken , man habe anstatt eines
— 53 —
Holzschnittes einen Metallschnitt vor sich. Darauf beruht wohl auch zum
grossen Teil die unangenehme Wirkung dieses Blattes. Wir haben es
hier höchst wahrscheinlich mit demselben Holzschneider zu thun, der
auch die Predigt des Johannes von 1516 L. 49 und die h. Familie
mit dem Engeltanz geschnitten hat und dessen Thätigkeit sich auch noch
in anderen Holzschnitten der zwanziger Jahre nachweisen lässt. Auf
seine Rechnung, nicht auf die Cranachs, ist die hässliche Gestalt des
Ohres und der Oberlippe des Christuskindes zu schreiben, die wir schon,
wenn auch nicht so stark ausgeprägt, auf der Predigt des Johannes
L, 49 finden.
Die h. Familie mit dem Engel tanz L. 33 trägt in der rechten
untern Ecke die ziemlich nachlässig gezeichnete Schlange in deutlich
ausgeprägter späterer Form. Die beiden Flügel sind wie gewöhnlich
angeordnet, der hintere steht dem Kopfe näher; dagegen ist der vordere
viel weiter nach dem Schwänze zu gerückt, als dies sonst der Fall ist,
er sitzt eigentlich schon nicht mehr auf der Windung, auf der er sonst
zu sitzen pflegt, sondern zwischen dieser und der nächsten nach hinten
zu. Ganz ähnlich ist dies auf der \'erkündigung L. 4 i der Fall. Die
beiden sächsischen Wappen oben in den Ecken haben eine Form, wie
sie eigentlich erst vom Anfang der zwanziger Jahre an nachweisbar ist.
Der Schild ähnelt einem mehrfach gelappten Blatte, die Ränder sind
nach vorn umgebogen.
Der nach links reitende Turnierriiter (,,Der Adel" ĂĽberschrieben)
L. 35 ist meiner festen Ăśberzeugung nach nicht von Lucas Cranach,
obgleich er mit der Schlange bezeichnet ist. Sehen wir uns diese
Schlange nur einmal etwas genauer an. Der Leib fĂĽr sich allein
wĂĽrde immerhin noch der Kritik gegenĂĽber standhalten, es ist doch
noch eine bestimmte Form, die zweite, deutlich darin ausgeprägt. Da-
gegen giebt schon die Gestalt der FlĂĽgel zu Bedenken Anlass. Es ist
nicht die sonst übliche. Was aber für Cranach ganz unmöglich ist,
das ist ihre Stellung auf dem Teile des Leibes, der sich unmittelbar
an den Kopf und Hals anschliesst. Man kann hunderte von echten
Schlangen Lucas Cranachs vergleichen und man wird keine einzige
finden, deren Flügel auf einer falschen Windung des Leibes ständen,
wie bei dieser hier. D abei kann es sich um gar kein Versehen des
Holzschneiders handeln, woran man zunächst wohl denken könnte, denn
die Schlange ist gross und deutlich genug. Es ist vielmehr nur der
Fall möglich, dass derjenige, der die Schlange zeichnete, sich gar nicht
— 54 —
bevvusst war, dass er so sehr von der echten Form abwich. Bei Lucas
Cranach aber können wir annehmen, dass er auch im Schlafe seine
Schlange immer richtig zeichnete.
Lässt man nun die Schlange ganz beiseite und beurteilt nur die
kĂĽnstlerische Leistung, so wird man unter allen Holzschnitten Cranachs
vergeblich nach einem suchen, dem dieser hier auch nur irgendwie ent-
spräche. Wäre dieser Ritter von Lucas Cranach, so wäre er seine
allerschwächste Leistung. Wie Lucas Cranach derartige Ritter zeichnete,
das beweist der h. Georg zu Pferde von 1507, das beweisen seine drei
grossen Turnierblätter von 1509. Dieser hier bedeutete, wenn er wirk-
lich von ihm wäre, ein bewusstes sich Zurückversetzen in eine Periode
knabenhafter Unreife. FĂĽr einen unbeholfenen ersten Versuch, natĂĽrlich
nicht von Lucas Cranach, möchte man ihn halten, nicht aber für die
Arbeit eines in der Vollkraft seines Lebens stehenden KĂĽnstlers. Da-
bei will ich die Frage, wie denn das cranachsche Zeichen auf den Holz-
schnitt hat kommen können, überhaupt nicht berühren. Unbegreiflich
ist mir nur, aus welchem Grunde dieser steife Ritter in eine Sammlung
von „Meisterholzschnitten aus vier Jahrhunderten" Aufnahme ge-
funden hat (vergl. Hirth und Muther Bl. 69). Vielleicht um Cranach
bei den Kunstfreunden in Verruf zu bringen?*)
Nur einen Holzschnitt kenne ich noch, bei dem die Form der
Schlange in derselben Weise zu Zweifeln Anlass giebt. Es ist das Be-
gräbnis Adams mit dem auferstandenen Christus in den
Wolken (Schach. II, 233, Nr. 94), der Titelholzschnitt zu der von
Luther herausgegebenen deutschen Theologie in der Ausgabe von 1518.
Sie wurde in Wittenberg von Joh. Grunenberg gedruckt, nicht in Leipzig,
wie es bei Schuchardt III, 240 unter Nr. 136a heisst. Die Schlange
ist zwar sehr klein, aber die einzelnen Formen sind fĂĽr ein geĂĽbtes
Auge deutlich erkennbar. Der Leib verschwindet fast ganz unter den
grossen FlĂĽgeln (der hintere ist nur angedeutet), die wie ein grosses Segel
ĂĽber einem kleinen Boote wirken. Die FlĂĽgel sitzen wieder an falscher
Stelle, da, wo der Hals in den Rumpf ĂĽbergeht. Was den Stil dieses
*) Doch es ist ja noch manches andere unbegreiflich in dieser Sammlung,
z. B. wie die Herausgeber nicht erkannt haben, dass Bl. 90, die kleine runde HĂĽllen-
fahrt Christi, hier mit der geteilten Jahreszahl 1551 an den Seiten, ein echtes Werk
Cranachs ist und aus dem Wittenberger Heiligtumsbuch von 1509 stammt (Gang IV, 7),
demselben, das Herr Hirth vorher in seiner Liebhaberbibliothek alter Illustratoren
ver()fiFentlicht hat.
kleinen Holzschnittes anlangt, so ist er wohl etwas cranachisch, aber es
lässt sich kein echter Holzschnitt Lucas Cranachs nachweisen, von dem
man sagen könnte, er sei von derselben Hand wie dieser.
Alle problematischen Werke in der Art dieser beiden letzten be-
handele ich ausführlicher im nächsten Hefte der Cranachstudien.
Die mit der Schlange bezeichnete h. Barbara B. 6(j brauche
ich nur kurz zu erwähnen, weil sie das Gegenstück zu der h. Katharina
von 15 19 L. 52 bildet, also dadurch in die Reihe der vollbeglaubigten
^Verke einrĂĽckt.
Damit wäre die Besprechung aller bezeichneten Holzschnitte
und Kupferstiche Lucas Cranachs, die bis ungefähr 1522 entstanden sind,
beendet, bis auf vier Kupferstiche aus den Jahren 1520 und 1521,
Es sind aus dem jähre 1520 zwei Bildnisse Luthers als Mönch,
barhäuptig und halb von der Seite gesehen, und ein Bildnis des Kardi-
nals Albrecht von Brandenburg, aus dem Jahre 1521 ein Bildnis Luthers
als Mönch mit der Kappe, ganz von der Seite.
Ich bespreche zunächst das grössere Bildnis Luthers als
]Mönch mit der Kappe in reiner Seitenansicht aus dem Jahre
1521, L. 62 (B, 6, Seh. II, igo Nr. 8). Der Grund ist sorgfältig
schwarz schraffiert in wagerechten Linien, die durch kleine senkrechte
Striche mit einander verbunden sind. In der Sammlung der Veste Ko-
burg befindet sich ein Exemplar mit vollständig weissem Grunde, das
auch sonst noch, allerdings in Kleinigkeiten, von dem bekannten ab-
weicht. Das Verhältnis beider werde ich später einmal an anderer
Stelle behandeln.
Es ist auf jeden Fall das grösste, schönste und charaktervollste
gedruckte Bildnis Luthers von der Hand Lucas Cranachs. Als dessen
Werk rĂĽhmt es schon die Unterschrift in einem lateinischen Distichon,
ausserdem ist es durch die Schlange in sehr schön ausgeprägter zweiter
Form beglaubigt. Die FlĂĽgel wachsen aus dem ganzen mittleren Teile
des Rumpfes heraus, wie bei der Schlange auf dem Holzschnitt L. 34,
der Friedrich den Weisen in Verehrung Marias darstellt.
Die Entstehungszeit des Stiches lässt sich genauer berechnen; sie
muss vor die Abreise Luthers zum Reichstage nach Worms fallen, also
vor den 2. April 1521. Vielleicht aber war der Stich in der Haupt-
sache schon am 7. März fertig. An diesem Tage schreibt nämlich
Luther an seinen Freund Spalatin, der sich mit Friedrich dem Weisen
in Worms befand : „Has effigies iussit Lucas a me subscribi et ad te
— 56 —
mitti: tu eas curabis." Man hat sich bisher nicht recht erklären können,
worauf sich diese Worte beziehen. Ich meine, die Frage ist sehr leicht
und einfach zu beantworten, Luther und Lucas Cranach waren bekannt-
lich aufs engste befreundet. Es ist nun doch selbstverständlich, dass
Cranach dem Freunde, mit dem er täglich verkehrte, dessen Bildnis, das im
Kupferstich in alle Welt gehen sollte, vor der Vollendung vorlegte, und
es liegt nichts näher, als dass er ihn auch um eine Unterschrift bat.
Die lateinische Unterschrift, die es trägt, kann aber selbstverständlich
weder von Cranach noch von Luther herrĂĽhren, sondern nur von einem
Freunde beider. Denn in ihr liegt nicht nur eine Verherrlichung Luthers,
sondern zugleich auch eine Anerkennung der Leistung des KĂĽnstlers.
Sie lautet:
LVCAE OPVS EFFIGIES HAEC EST MORITVRA. LVTHERI
AETHERNAM MENTIS EXPRIMIT IPSE SVAE.
Sehen wir uns nun die erwähnte Stelle in dem Briefe Luthers
vom 7. März noch einmal genauer an. Sie lautet deutsch: ,, Lucas
hat von mir verlangt, dass ich die Bildnisse hier*) mit einer Unterschrift
versehe und an dich schicke: nimm Du dich doch ihrer an", d. h. mach
Du die Unterschrift fĂĽr mich.
Klar ist, dass es sich hier nur um gedruckte Bildnisse oder
Bilder von der Hand Cranachs handelt, die leicht verschickt werden
konnten ; gemalte sind völlig ausgeschlossen. Wir haben aber keine
Holzschnitte oder Kupferstiche dieser Zeit von Cranach, die mit irgend
einer Unterschrift versehen wären. Denn das Passional Christi und
Antichristi, das noch im Jahre 152 1 erschien, kommt schon deshalb
nicht in Frage, weil Luther in demselben Briefe im Anschluss an die
uns jetzt beschäftigenden Worte Spalatin die Mitteilung macht, dass dies
Werk in Vorbereitung sei (,,Iam paratur Antithesis figurata Christi
et Papae"), und zweitens, weil die Unterschriften zu den Holzschnitten
von Melanchthon und dem Juristen Schwertfeger herrĂĽhren.
So kann, glaube ich, kein Zweifel sein, dass sich die angefĂĽhrte
Briefstelle auf unser Kupferstich-Bildnis Luthers mit der Kappe bezieht,
das demnach am 7. März 1521 fertig gewesen wäre, bis auf die
Unterschrift, die wohl ein Werk des fĂĽr Luther begeisterten Spalatin ist.
Das Bildnis Luthers als Mönch fast von vorn, vom
Jahre 1520, L. 61 (B. 5, Seh. II, 189, Nr. 6) ist ebenfalls durch eine
*) „Has effigies". Jn der Unterschrift des Stiches heisst es auch: haeceffigies!
i\
— 57 —
lateinische Unterschrift als Werk Lucas Cranachs beglaubigt. Ausser-
dem trügt es noch die Schlange, die freilich keine so schön aus-
geprägte Form hat, wie die auf dem Bildnis von 152 1, schon weil sie
etwas kleiner ist als diese. Die FlĂĽgel sind zwar recht fein ausgefĂĽhrt,
aber nicht als zwei unterschieden, wachsen auch nicht aus dem Leibe
heraus, sondern sind auf diesen als fremder Bestandtheil aufgesetzt.
Das Bildnis ist nach unten zu durch eine wagerechte Linie abge-
schlossen, darauf folgt nach einem schmalen Zwischenraum noch eine
zweite, die in ihrem ganzen Verlauf unten von kurzen, feinen, senkrechten
Strichelchen begleitet wird. Denselben Abschluss finden wir auf dem
Bildnis von 1521, nur noch in schönerer Ausführung.
Von diesen beiden unbedingt echten cranachschen Arbeiten sticht
nun das Bildnis Luthers in einer Nische L. 63 (P. 8, Seh. II,
igo Nr. 7, dazu III, 211) unvorteilhaft ab. Es hat dieselbe Unter-
schrift wie das vorige, ist ebenfalls mit der Schlange bezeichnet und
stammt aus demselben Jahre. Ausser lieh ist es also genĂĽgend als Werk
Lucas Cranachs beglaubigt. Um so weniger aber innerlich. Es zeigt
in keiner Beziehung die Hand unseres Meisters, sondern erweist sich als
die Arbeit eines SchĂĽlers, ist vielleicht dessen erster stecherischer Ver-
such. Es muss als eine Kopie des Bildnisses mit einfachem weissem
Hintergrunde bezeichnet werden, mit verschiedenen selbständigen Änder-
ungen und Zuthaten des Kopisten. Die Technik ist noch ziemlich un-
beholfen und unausgebildet, man sieht, der KĂĽnstler ist noch nicht viel
mit dem Grabstichel umgegangen. Es ist allerdings nötig, bei diesen
Fragen die Originale der beiden Stiche zu Rate zu ziehen, die Nach-
bildungen versagen hier. Die Umrisslinie des Gesichtes ist links viel
zu stark, einigemale sogar so ungeschickt nachgezogen und verbessert,
dass zwei Linien statt einer nebeneinander stehen. Ebenso ist der Rand
der oberen Augenlider, namentlich des linken, und die Trennungslinie
der Lippen viel zu stark geraten. Die Falten der Kutte am linken
Ärmel und vor der Brust sind äusserst hart gezeichnet. Hart und un-
erfreulich wirkt die ganze technische Behandlung des Stiches.
Wie steht es nun mit der Schlange? Auch sie ist nicht von der
Hand Lucas Cranachs ins Kupfer gegraben. Man sieht vieles Auffällige
an ihr schon mit blossem Auge , noch mehr aber unter dem Ver-
grösserungsglase. Die ganze Zeichnung ist unsicher. Der Hals ist mit
doppelten Linien begonnen, von denen die eine plötzlich aufhört.
Die FlĂĽgel haben erst nach mehrfachen Versuchen die Form erhalten.
- 58 -
die sie nun zeigen; ob sie doppelt sind, lässt sich nicht genau er-
kennen.
Die Buchstaben der Unterschrift sind in dicken groben ZĂĽgen einge-
graben. Die Strichlagen innerhalb der Nische verlaufen in falscher Rich-
tung, sodass sie sich nicht nach hinten zu rundet. Der Kopf Luthers
stösst oben fast an die Wölbung der Nische an, in die der Körper förm-
lich eingezwängt ist. Alle Holzschnittkopien dieses Stiches haben denn
auch dieses Missverhältnis verbessert.
Von den beiden Lutherbildnissen des Jahres 1520 steht aber auch
in der Auffassung das grössere mit der Nische dem kleineren weit
nach. Bei diesem, das viel schlichter und anspruchsloser auftritt, ist der
Hauptnachdruck auf die Durchbildung des Gesichts gelegt; bei jenem
ist es die wie zur Beteuerung an die Brust gelegte Hand, die die Auf-
merksamkeit vom Gesicht weg auf sich zieht. Von jeher ist auch von
den Kennern dem schlichten kleineren der Vorrang vor dem mit der
Nische eingeräumt worden. Merkwürdig ist nun aber die Thatsache, dass
sämtliche Holzschnitte, die Luther als Mönch in halber Gestalt nach
rechts gewandt mit einem geöffneten Buche darstellen (ich kenne deren
vier) Kopien nach dem Kupferstichbildnis von 1520 mit der Nische
sind. Dieses scheint also die weiteste Verbreitung, namentlich in Ober-
deutschland, gefunden zu haben, während das kleinere Urbild dort so
gut wie unbekannt geblieben ist. Keines dieser Holzschnittbildnisse,
auch nicht das vortrefflich geschnittene, das so oft (meist nach einem
Flugblatte der Gothaer Bibliothek) nachgebildet worden ist und z. B.
auch als einziger bildlicher Schmuck dem ersten Bande der neuesten
Biographie Luthers von Arnold Berger beigegeben ist, keines dieser Bild-
nisse ist von Lucas Cranach gezeichnet oder ĂĽberhaupt in Wittenberg
entstanden. Da die Drucke, in denen sie sich befinden, zum Teil noch
im Jahre 1520 veröffentlicht worden sind, ist damit erwiesen, dass das
Kupferstichbildnis mit der Nische aus demselben Jahre stammt, wie das
kleinere mit einfachem Hintergrunde, also dass der Stecher nicht etwa
das Urbild erst später kopiert und der Inschrift, die er wörtlich auf
seinem Stiche wiederholte, der Täuschung wegen auch noch das Jahr und
das Zeichen des Urbildes hinzugefĂĽgt hat.
Da nun beide Stiche sicher in demselben Jahre und zwar sehr
wahrscheinlich in keinem grossen zeitlichen Abstand von einander ent-
standen sind, ist es schon dadurch beinahe ausgeschlossen, dass beide
von derselben Hand sein können , d. h, dass Lucas Cranach auch das
— 59 —
Bildnis mit der Nische, das ja vom kĂĽnstlerischen Standpunkt aus eine
Verschlechterung des Urbildes bedeutet, gestochen haben könne. So
etwas macht kein KĂĽnstler und hat keiner je gemacht.
Wir mĂĽssen also unbedingt das Bildnis Luthers mit der Nische
aus der Reihe der eigenhändigen Stiche Lucas Cranachs streichen.
Dasselbe Schicksal ereilt nun auch das Bildnis des Kardinals
Albrecht von Brandenburg von 1520, L. 64 (B. 4, Seh. II, 188
Nr. 5). Es giebt zwei Zustände von diesem Stiche. Der erste (in
Berlin) hat rechts ĂĽber dem Vorhang einen Stichelglitscher. Auf dem
zweiten fehlt dieser. Das Bildnis ist von derselben Hand, wie das Luthers
mit der Nische, die technische Behandlung ist ebenso wie bei diesem,
nur schon viel freier und entwickelter und ohne die auffälligen Härten.
Es ist mit derselben Schlange bezeichnet, wie dieses, sie hat hier ganz
deutlich nur einen FlĂĽgel, der mit senkrechter Schraffierung ausge-
fĂĽllt ist. Und wie der Stecher bei dem Bildnis Luthers ein Vorbild ge-
habt hat, so auch bei dem des Kardinals Albrecht: nämlich den Stich
DĂĽrers von 15 19. Es ist nicht wahr, dass er diesen direkt kopiert
habe. Was bei beiden fast genau ĂĽbereinstimmt, ist die Stellung des
Kardinals, der Hintergrund, das Wappen, die Inschrift oben und die
Unterschrift, in der nur die Altersangabe und die Jahreszahl geändert
ist. Dagegen weicht das Gesicht und die Kleidung nicht unwesentlich
vom DĂĽrerschen Vorbilde ab. Dies Bildnis hier scheint sogar der Natur
näher zu stehen als das Dürers, auf dem der Kardinal entschieden älter
wirkt als ein Neunundzwanzigjähriger, es entspricht auch den gemalten
Bildnissen des Kardinals besser, auf denen er, obgleich sie aus etwas
späterer Zeit stammen (vielleicht keines vor 1525), doch immer noch
jĂĽnger aussieht, als auf dem DĂĽrerschen Stiche. Wir mĂĽssen daher an-
nehmen, dass unser Stecher den Kardinal selbst vor Augen gehabt hat,
nicht bloss das DĂĽrersche Bildnis. Die starke Anlehnung an dieses bleibt
aber trotzdem bestehen, und schon diese Thatsache mĂĽsste uns hindern,
den Stich für eine Arbeit Lucas Cranachs zu erklären, bloss weil er
die cranachsche Schlange trägt. Aber noch stärker fällt gegen diese An-
nahme das ins Gewicht, was ich schon bei der P.esprechung des Bild-
nisses Luthers mit der Nische angefĂĽhrt habe.
Von wem aber diese beiden Bildnisse herrĂĽhren, die als Arbeiten
Lucas Cranachs endgĂĽltig zu streichen sind, wird am SchlĂĽsse dieses
Buches bekannt werden.
— 6o —
Die mit LC und der Schlange, sowie der Schlange allein bezeich-
neten Holzschnitte und Kupferstiche Lucas Cranachs wĂĽrden also etwa
in dieser Reihe auf einander folgen:
1509 Das Turnier mit Simson auf dem Teppich L. 27.
„ Der Sündenfall L. 22.
„ Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten l.. 2;^. 24.
,, David und Abigail L. 25.
„ Der h. Hieronymus in der Landschaft L. 26.
„ Der h. Christoph (mit der falschen Jahreszahl 1506) L. 6.
„ Venus und Amor (mit der falschen Jahreszahl 1506) L. 8. g.
,, Die Busse des h. Chrysostomus, Kupferst. L. 58.
„ Friedrich der Weise, Kupferst, L. 59.
„ Die Passion B. 7 — 20. Seh. 16 — 2g.
„ Die Marter der h. Barbara B. 70. Seh. 87.
150g — 1510 Die h. Sippe L. 36.
1510 Friedrich der Weise und sein Bruder Johann, Kupferst.
L. 60.
15 10 — 151 1 Anna selbdritt L. 42.
,, „ ,, Himmelsleiter L. 51 und Hölle L. 51a.
151 1 — 15 12 Die Verkündigung L. 41.
15 12 Der Menschenfresser L. 15.
1514 Friedrich der Weise den h, Bartholomäus verehrend,
Kupferstich L. 57.
1514 — 1515 Christus und die Apostel B. 2^ — 36. Seh. 46 — 59.
L. 37—40.
„ „ Friedrich der Weise die Maria verehrend L. 34.
;, „ Die Enthauptung Johannes des Täufers L. 47.
15 16 Die Predigt Johannes des Täufers L. 4g.
15 19 Die h. Katharina L. 52.
Die h. Barbara B. 6g. Seh. 84.
1520 Luther als Mönch, Kupferstich L. 61. B. 5. Seh. 6.
152 I Luther als Mönch mit der Kappe, von der Seite, Kupfer-
stich L. 62. B. 6. Seh. 8.
1520 — 1525 Das Christkind als Welterlöser L. 32.
„ ,, Die h. Familie mit dem Engeltanz L. t,^.
Es giebt nun noch eine Anzahl Holzschnitte aus der Zeit bis 1522,
die zwar nicht bezeichnet und datiert, also äusserlich nicht beglaubigt
sind, denen aber so deutlich der Stempel cranachscher Kunstweise
I
— 6i —
aufgedrĂĽckt ist, dass sie schon seit langer Zeit als dessen Werke aner-
kannt sind. Es sind dies:
Der kleine h. Georg zu Pferde L. i6.
Christus und die Samariterin L. 30,
Die Apostelmartern B. 37 — 48 (L. 43 — 46).
Spalatin vor dem Kruzifix. L. 48.
Die Krönung der Maria L. 50.
Luther als Junker Jörg L. 54
Die Holzschnitte des Wittenberger Heiligtumsbuches.
Maria mit dem Kind auf dem Arm, auf niedrigem Sockel stehend
B. 87. Seh. II, 270 Nr. III.
Maria mit dem Kind auf dem Schoss, auf hohem Sockel sitzend.
B. 88. Seh. II, 271 Nr. 113.
Die Dreieinigkeit auf einem Sockel B. 81. Seh. II, 270 Nr. 108.
Die Dreieinigkeit von Wolken und Engeln umgeben.
Die Erschaffung der Eva.
Die VerkĂĽndigung B. 8g.
Der Einzug Christi in Jerusalem.
Die Kreuzigung Christi Seh. II, 290 Nr. 136.
Christi Höllenfahrt.
Das jĂĽngste Gericht B. iii. Seh. II, 270 Nr. log.
Das herzogl. sächsische Wappen.
Endlich möglicherweise noch
Das Planetarium Seh. II, 286 Nr. 134.
Von diesen sind verschiedene aus äusseren Gründen genau zu da-
tieren, bei anderen fehlen solche Anhaltspunkte ganz, sodass wir, um
ihre Entstehungszeit zu ermitteln, nur auf stilistische Merkmale an-
gewiesen sind.
Ich bespreche zunächst die bei Lippmann nachgebildeten.
Den kleinen h. Georg zu Pferde L. 16 habe ich schon auf
S. 49 — 50 zusammen mit dem Menschenfresser L. 15 behandelt.
Christus und die Samariterin L. 30. An der Brunnenmauer
stehen die Buchstaben LVC. Man hat angenommen, das sei die KĂĽnstler-
bezeiehnung und bedeute L (VCAS) V(ON) C(RANACH). Die Folge
dieser Deutung war, dass man die drei Buchstaben durch Punkte trennte,
also L. V. C. schrieb (so z. B. Schuehardt und Lippmann). Diese
Punkte sind aber thatsächlich nicht vorhanden, sondern nur eine Flüch-
tigkeit der Gelehrten. Und wie ein falscher Schluss bald andere nach
— 62 —
sich zieht, so auch hier : durch diese Bezeichnung Lucas von Cranach
war deutlich der Beweis erbracht, dass der KĂĽnstler durch den Wappen-
brief vom 6. Januar 1508 geadelt worden sei. Nun, es steht aber
nicht L. V. C, sondern LVC am Brunnen, und das bedeutet nichts
anderes als Lucas, aber nicht den Meister Lucas, der den Holzschnitt
gezeichnet hat, sondern den Evangelisten Lucas, bei dem die Er-
zählung von Christus und dem samaritanischen Weibe steht.
Der Holzschnitt dĂĽrfte im Jahre 150g entstanden sein, denn die
Kopftypen, die Landschaft, die äussere Erscheinung der Wappen (der
Rautenkranz z. B, windet sich) weisen auf die Passion und das Witten-
berger Heiligtumsbuch. Christus erinnert auch noch an den schlafen-
den Paris, die Samariterin an die Göttinnen auf dem Parisurteil
von 1508.
Die Martern der Apostel B. 37 — 48 (vier davon L. 43 — 46).
Die des Bartholomäus kommt als Kopie von der Gegenseite ,,mit
wesentlichen Veränderungen" im Hortulus animae vor, den Job. Schöffer
in Mainz 1516 gedruckt hat (Heller 2. Aufl. S. 157 Nr. ig8). Dem-
nach muss wohl von dieser Folge dasselbe gelten, wie von der Folge
der grossen Apostel, Ihre Entstehung fiele also spätestens Mitte 151 5.
Doch da sie den Holzschnitten von 1509 stilistisch näher stehen, als
denen um 15 15, so thut man am besten, sie vorläufig um 151 2 an-
zusetzen,
Georg Spalatin neben dem Kruzifix L. 48 hat eine aus
lateinischen Distichen bestehende längere Unterschrift, an deren Ende
die Jahreszahl 1 5 1 5 steht. Die Unterschrift ist wohl von Spalatin
eigens fĂĽr diesen Holzschnitt verfasst; es ist auch nicht der geringste
Grund vorhanden, ihn frĂĽher anzusetzen, um so weniger, als dieser
Christus am Kreuz vollkommen dem auf dem Bilde der Frau Mathilde
Wesendonck in Berlin von 15 15 und dem auf der Kreuzigung in der
städtischen Sammlung in Strassburg gleicht, die aus triftigen Gründen
um dieselbe Zeit entstanden sein muss.
Die Krönung der Maria L, 50 stammt ganz entschieden aus
einer späteren Zeit, als bisher angenommen wurde; sie gehört etwa in
die Jahre 1522 — 1523, wofür ich eine Reihe von Gründen geltend
machen kann. Ich werde das Blatt deshalb im folgenden Hefte dieser
Cranachstudien besprechen. Bemerken will ich aber schon hier, dass die
Urheberschaft Lucas Cranachs nicht nur stark bezweifelt werden muss,
sondern dass ich mich sogar veranlasst fĂĽhle, sie ĂĽberhaupt zu leugnen.
- 63 -
Luther als Junker (1 e o r g L. 54 darf nicht mehr als der
Originalholzschnitt Cranachs gelten, als der er bisher in so hohem Ansehen
gestanden hat, er ist vielmehr nur eine bis ins kleinste getreue Wieder-
holung des Tafelbildes, das die Leipziger Stadtbibliothek besitzt. Dass
dieses noch ein grösseres Stück von der Brust zeigt und auch an den
Seiten etwas breiter ist, ändert an dieser Thatsache nichts. Der Ver-
such ist noch nicht gemacht worden, aber man mache ihn einmal und
lege eine Pause des Holzschnittes umgekehrt auf das Tafelbild , ich
glaube sicher, fast alle Linien des Holzschnittes werden sich mit denen
des Gemäldes decken. Dass das Gemälde das Vorbild für den
Holzschnitt ist und nicht umgekehrt, geht daraus hervor, dass sich das
eine zu dem andern gegenseitig verhält. Wäre das Gemälde nach
dem Holzschnitt entstanden, so wĂĽrde auf beiden der Kopf nach der-
selben Seite gerichtet sein. Über die Entstehungszeit des Gemäldes
handele ich bei Besprechung der Tafelbilder Lucas Cranachs.. Der
Holzschnitt muss frĂĽhestens am Anfang der zweiten Dezemberwoche
1521 gezeichnet sein. Er ist mit zwei verschiedenen Texten ver-
öffentlicht worden. Den ersten Druck mit nur vier lateinischen Vers-
zeilen als Unterschrift (Seh. III, 254 ^L. 54) besitzt das Dresdener
Kabinet. Dieser Druck muss vor dem 6. März 1522, dem Tag, an
dem Luther von der Wartburg in Wittenberg wieder eintraf, ge-
macht sein. Die späteren Drucke (Seh. II, 311 Nr. 17g) sind, da
ihre Ăśber- und Unterschriften auf Luthers RĂĽckkehr Bezug nehmen,
nach dem 6. März 1522 entstanden.
Ăśber die verschiedene Entstehungszeit der Holzschnitte des
Wittenberger Heili gtumsbuehes habe ich schon auf S. 22 — 2t^
gehandelt. Schuchardt (II, 257) ist der Ansicht gewesen, dass die meisten
nicht von Cranach selbst gezeichnet seien. Doch lässt sich leicht be-
weisen, dass sämtliche, auch die ganz flüchtig behandelten, Cranachs
unbestreitbares künstlerisches Eigentum sind. Ja, sie gehören zum
Lebendigsten, Geistreichsten und Phantasievollsten, was Cranach je ge-
zeichnet hat. Bei der Seltenheit des Heiligtumsbuches möchte ich hier
auf den vortrefflichen Neudruck hinweisen, den Georg Hirth veranstaltet
hat (Liebhaberbibliothek alter Illustratoren, 6. Bändchen).
Die Abbildung der Wittenberger Schlosskii che, die wir auf der
RĂĽckseite des Titelblattes finden, war, wie es scheint, nicht ursprĂĽnglich
fĂĽr das Heiligtumsbuch bestimmt, denn sie kommt vorher in einem
Druck von Martin Landsberg in Leipzig vom Jahre 1509 vor, in der
— 64 —
„Oratio doctoris Scheurli attingens litterariirn prestantiam necnon laudem
Ecclesie CoHegiate Vittenburgensis." Der Holzschnitt befindet sich auf
dem letzten Blatt. Der berĂĽhmte, der eigentlichen Rede vorangehende
Widmungsbrief Christophs Scheurls an Lucas Cranach, unsere frĂĽheste
Quelle fĂĽr dessen Leben, ist vom i. Oktober 1509, der Druck der
Schrift muss also erst nach diesem läge begonnen haben. Der Druck
des Wittenberger Heiligtumsbuches ist Ende 1509 vollendet gewesen.
Es ist aber möglich, dass der Holzschnitt mit der Allerheiligenkirche
erst 15 10 zugleich mit dem Titelkupfer, das Friedrich den Weisen und
Johann den Beständigen darstellt, eingefügt worden ist. Wie es scheint,
ist auch das Buch erst 15 10 veröffentlicht worden. Dass der betr.
Holzschnitt thatsächlich schon vorher in dem Leipziger Druck ver-
wendet worden ist, beweist ein Vergleich mit dem Abdruck im Witten-
berger Heiligtumsbuch, der schon viel mehr beschädigte Ränder hat.
Ganz im Stile des Heiligtumsbuches sind zwei kleine Mariendar-
stellungen gehalten, eine auf einem niedrigen Sockel stehende Maria
mit dem Kinde auf dem rechten Arm (B. 87. Seh. II, 270 Nr. iii)
und eine auf hohem Sockel sitzende Maria mit dem Kinde auf
dem Schoss (B. 88. Seh. II, 271 Nr. 113). Beide kommen zusammen
im Hortulus animae von G. Rhaw, Wittenberg 1547, vor, sind aber
thatsächlich aus der Zeit kurz nach Vollendung des Heiligtumsbuches,
denn die zweite von ihnen findet sich schon als Titelholzschnitt in einem
kleinen, im September 1 5 1 1 von Job. Grunenberg in Wittenberg ge-
druckten BĂĽchlein, dem ,,Elegidion Guolfi Cyclopii Cycnaei ... de
Immaculata conceptione divae virginis" (vergl. Heller, 2. Aufl. S. 192
Nr. 223).
Eine Dreieinigkeit auf einem Sockel, der mit dem von drei
Engeln gehaltenen Kurwappen geschmĂĽckt ist (B. 81. Seh. II, 270 Nr.
108) gehört ebenfalls in diese oder die kurz darauf folgende Zeit, ob-
wohl sie zuerst im Hortulus animae von 1547 nachgewiesen ist.
Aus dem Jahre 1512 endlich stammt eine Folge von 8 kleinen
Holzschnitten in einem von Symphorian Reinhart in Wittenberg ge-
druckten Büchlein mit folgendem Titel: „Ein ser andechtig Cristenlich
Buchlei aus hailige schrifften vnd Lerern von Adam von Fulda in
teutsch reymenn gesetzt." Bekannt sind bis jetzt nur zwei Exemplare,
eines in der Königl. Bibliothek in Berlin, das andere in der Hamburger
Stadtbibliothek. Diesem fehlt jedoch ein Holzschnitt.
— 65 -
Es sind folgende Darstellungen in diesem BĂĽchlein:
1. Die Dreieinigkeit, von Wolken umgeben.
2. Die Erschafiung der Eva.
3. Die VerkĂĽndigung B. 8g.
4. Der Einzug Christi in Jerusalem.
5. Die Kreuzigung Christi, Seh. II, 290 Nr. 136.
6. Christi Höllenfahrt.
7. Das jĂĽngste Gericht B. m. Seh. 11, 270 Nr, 109.
8. Das grosse herzogl. sächsische Wappen.
Auf diese Holzschnitte hat zuerst VViechmann-Kadow im Archiv
fĂĽr die zeichnenden KĂĽnste I (1855) 8, 208 (mit der Berichtigung
S. 352) kurz hingewiesen, ausfĂĽhrlich behandelt hat sie in neuester
Zeit G. Bauch im Repertorium fĂĽr Kunstwissenschaft XVII (1894)
421 — 424, ohne zu wissen, dass sie schon von Wiechmann - Kadow
in die Literatur eingeführt waren (vergl. auch P. IV, 7 Nr. 79 — iii).
Von den acht Holzschnitten sind zwei, die VerkĂĽndigung und das
jĂĽngste Gericht, im Hortulus animae von 1547 wieder verwendet worden,
ein dritter, die Kreuzigung, kommt 1516 u. 1518 in Drucken von Joh.
Grunenberg, 1520 in solchen von Melchior Lotter vor. Diese drei sind
durch ihre spätere Verwendung wenigstens etwas bekannt geworden. Die
ĂĽbrigen aber sind ganz unbekannt geblieben, obgleich sie alle nicht nur
zu den besten Werken Cranachs, sondern einige zu den schönsten
Schöpfungen der deutschen Kunst dieser Zeit überhaupt gehören, so vor
allem die Erschaffung Evas.*)
Es ist bei diesen acht Holzschnitten wohl kaum noch nötig,
sie als Werke Cranachs nachzuweisen; auch ohne jedes Zeichen
sagen sie selbst uns deutlich genug, wess Geistes Kinder sie sind.
Wollte aber jemand wirklich noch zweifeln, so vergleiche er sie z. B.
mit der Himmelsleiter L. 51 und der Holle L. 51a, wo er dieselben
männlichen und weiblichen Typen wiederfinden wird. Zum Überfluss
sind nun auch sämtliche Buchstaben der Inschriften auf diesen beiden
Holzschnitten den von Symphorian Reinhart in dem BĂĽchlein Adams
von Fulda verwendeten völlig gleich, sodass wir annehmen müssen, er
sei auch deren Drucker. G. Bauch hat auf S. 423 seines Aufsatzes die
Ansicht ausgesprochen, nicht Joh. Grunenberg, wie bisher geglaubt wurde,
*) Eine getreue Nachbildung entweder nur der acht Holzschnitte oder gleich
des ganzen Büchleins würde gewiss allseitig mit Freuden begriisst werden; es wäre
dies eine wĂĽrdige Aufgabe fĂĽr die Reichsdruckerei in Berlin.
5
— 66 —
sondern Symphcrian Reinhart habe das Wittenberger Heiligtumsbuch ge-
druckt. Ich teile diese Ansicht durchaus und fĂĽge nur noch hinzu, dass
auch die Unterschriften unter der grossen VerkĂĽndigung L. 41 und dem
Bildnis Spalatins L. 48 von Reinhart gedruckt sind. Es sind wenigstens
alle seine Typen.
Ob die von Schuchardt (II, 286 Nr. 134) beschriebene Planeten-
darstellung wirklich von Cranach ist und noch in die hier behandelte
Zeit gehört, darüber muss ich mich leider vorläufig jedes Urteils enthalten,
da ich sie nur ein einziges Mal vor längerer Zeit gesehen habe, ohne
mir irgend ein Wort darĂĽber aufzuschreiben. Ich werde aber das Ver-
säumte jedenfalls im zweiten Hefte dieser Studien nachholen.
Damit glaube ich alle Holzschnitte und Kupferstiche, die Lucas
Cranach bis 1522 geschaffen hat, besprochen zu haben, soweit ein An-
lass dazu vorhanden war.
Ich ordne hier nur noch die nicht bezeichneten und datierten
Holzschnitte Lucas Cranachs nach ihrer Entstehungszeit:
1507 — 1509 Die Holzschnitte des Wittenberger Heiligtumsbuches.
1 509 Christus und die Samariterin L. 30.
1509 — 12 Die Martern der Apostel B. 37 — 48. L. 43 — 46.
1511 Sitzende Maria mit dem Kind auf dem Schoss B. 88. Seh. II, 271
Nr. 113.
„ Stehende Maria mit dem Kind auf dem rechten Arme B. 87.
Seh. II, 270 Nr. III.
151 1 — 12 Die Dreieinigkeit auf einem Sockel B.81. Seh. II, 270 Nr. 108.
151 2 Die Dreieinigkeit in Wolken.
„ Die Erschaffung der Eva.
„ Die Verkündigung B. 89.
„ Der Einzug Christi in Jerusalem.
„ Die Kreuzigung Christi Seh. II, 290 Nr. 136.
„ Christi Höllenfahrt.
„ Das jüngste Gericht B. iii. Seh. II, 270 Nr. 109.
„ Das grosse herzoglich sächsische Wappen.
„ Der kleine h. Georg zu Pferde L. 16.
151 5 Spalatin vor dem Crucifix L. 48.
1521 — 22 Luther als Junker Jörg; mit vier Zeilen Unterschrift: etwa von
der zweiten Dezemberwoche 1521 bis 6. März 1522, L. 54; mit
längerer Unterschrift: nach dem 6. März 1522.
IL
Die Tafelbilder Lucas Cranachs bis zu seinem
50. Lebensjahre (1522).
Dem Versuche, Lucas Cranachs Tafelbilder auf ihre Echtheit zu
prüfen und sie chronologisch zu ordnen, stellen sich weit grössere
Schwierigkeiten entgegen, als dies bei den Holzschnitten und Kupfer-
stichen der Fall war. Viele Werke lassen sich nur dann als echte,
eigenhändige Schöpfungen Cranachs erkennen, wenn man ihnen den
Platz wieder zuweist, den sie einmal in der Entwickelung des KĂĽnstlers
eingenommen haben. In den ersten lo Jahren seiner Wittenberger
Thätigkeit hat aber Cranach von seinen Tafelbildern leider nur verschwin-
dend wenige bezeichnet, noch weniger mit einer Jahreszahl versehen, im
Gegensatz zu dem gegenĂĽber seinen Holzschnitten und Kupferstichen
beobachteten Verfahren.
Es muss also die allererste Sorge des Forschers sein, die Ent-
stehungszeit aller der Bilder, die mit Lucas Cranach irgendwie in Be-
ziehung stehen, so genau wie möglich zu ermitteln. Ist dies geschehen,
dann gilt es, die Echtheit jedes Werkes zu prĂĽfen. Oft wird beides
Hand in Hand gehen mĂĽssen.
Man kann die Tafelbilder Lucas Cranachs rein äusserlich einteilen
in solche, die einzeln bestellt und gemalt worden sind und fĂĽr sich
allein wirken sollten, wie z. B. Bildnisse und Marienbilder, und in solche,
die von vornherein als Teile eines grösseren Ganzen, eines Altarwerkes,
einer Folge, geplant waren und demnach ausgefĂĽhrt worden sind. Die
meisten Einzelbilder befanden sich früher in den Wohnräumen der
Besteller und sind von da in unsere Sammlungen ĂĽbergegangen. Die
meisten Altarwerke befanden sich und befinden sich jetzt noch in den
Kirchen. Aber nicht jedes Galeriebild ist deshalb ein Einzelbild, nicht
jedes Kirchenbild Teil einer Folge. Immer mĂĽssen wir uns fragen:
wozu war das Bild ursprĂĽnglich bestimmt?
5*
Nun ist es eine bekannte Thatsache, dass unsere älteren deutschen
Künstler, vielleicht nur wenige ausgenommen, sich bei Erledigung grösserer
zusammenhängender Bestellungen fast immer der Hilfe von Gesellen be-
dient haben. Es wird höchst selten vorgekommen sein , dass ein viel-
beschäftigter Meister ein grosses, aus zahlreichen Teilen bestehendes
Altarwerk ganz allein ausgeführt hat. Einer der am meisten beschäftigten
ist gewiss unser Lucas Cranach gewesen, namentlich in seiner späteren
Zeit; wir dürfen annehmen, dass er dann bei derartigen Aufträgen vieles
seinen SchĂĽlern und Gesellen ĂĽberlassen hat, was er in frĂĽheren Jahren
selbst besorgt hatte. Wir dürfen also den Satz aufstellen: je näher ein
Altarwerk der Jugend Cranach? steht, desto grösser ist die Wahr-
scheinlichkeit, dass es in der Hauptsache von ihm selbst geschaffen
ist, und je näher es seinem Alter steht, um so geringer ist diese
Wahrscheinlichkeit.
Es ist nun selbstverständlich, dass man einer Untersuchung über
die EntWickelung eines KĂĽnstlers nur solche Werke zu Grunde legen
darf, bei denen man von vornherein die Ăśberzeugung gewonnen hat,
dass sie in Entwurf und Ausführung seiner eigenen Hände Arbeit sind.
Dies gilt von allen Einzelbildern, soweit sie nicht von solcher Grösse
sind, dass eine Beihilfe in Nebendingen vermutet werden dĂĽrfte. Je
kleiner ein Bild ist, um so grösser ist die Gewissheit, dass es der
Meister selbst gemalt hat. Bei ganz kleinen Bildern wäre es sogar
unnatürlich, anzunehmen, dass mehr als eine Hand daran thätig gewesen
sei. Also nochmals kurz gesagt: Der Grad der Eigenhändigkeit nimmt
zu mit der Kleinheit eines Bildes.
Demnach habe ich von der folgenden Untersuchung zunächst alle
grösseren Altarwerke ausgeschlossen; sie sollen nur kurz berührt werden.
Später werde ich ihnen ein eigenes Heft dieser Studien widmen. Vor-
her muss auf Grund der kleineren, dem Meister sicher angehörenden
Bilder festgestellt werden, wie er eigentlich in jeder Periode seiner
Entwickelung gemalt hat. Erst dann wird sich entscheiden lassen, was
bei den grösseren Werken, die weit zahlreicher noch vorhanden sind,
als man glaubt, sein unbestreitbares Eigentum ist und was seinen SchĂĽlern
und Gesellen angehört. Alle früheren Untersuchungen waren in der
Hinsicht nichts anderes als ein Tappen im Finstern, wenn man ĂĽber-
haupt bei Cranach von Untersuchungen reden darf.
In welcher Weise Cranachs Bilder chronologisch anzuordnen seien,
darĂĽber hat bisher auch bei angesehenen Forschern eine ziemliche
— 69 —
Ratlosigkeit geherrscht. Man hat deshalb kurzer Hand ganz darauf verzichtet,
die Entwickelung des KĂĽnstlers zu schildern und hat seine Werke nach
Gegenständen der Darstellung geordnet. Dabei ist es denn vorge-
kommen, dass ein früheres Werk als die Wiederholung eines 10 — 20
Jahre späteren bezeichnet worden ist. Ich will keine Beispiele nennen.
An dieser Verwirrung in der Chronologie der Bilder Cranachs sind
besonders zwei Worte schuld gewesen, deren gedankenloser Gebrauch
nun fast zur Unsitte geworden ist. Ich meine die Worte Jugend und
FrĂĽhzeit, die ja in der Bedeutung kaum von einander abweichen. JĂĽng-
ling nennt man einen, wenn er 20 Jahre alt ist; man kann allenfalls das
Wort noch fĂĽr den gebrauchen, der das 30. Lebensjahr erreicht hat.
Das ist aber auch die letzte zulässige Grenze. Dann beginnen die
„besten Jahre" des Mannes. Der Künstler ist nun doch auch ein Mensch
und wird mit der Zeit älter, wie jeder andere. Lucas Cranach aber
scheint ein ewiger JĂĽngling geblieben zu sein. Da heisst es, das erste
beglaubigte Bild von ihm, die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten von
1504, sei ein Jugendbild. Er war damals ^2 Jahre alt, das Wort mag
also hier noch angehen. Aber was soll man dazu sagen, wenn Bilder,
die schon aus äusseren Gründen nach 15 18 gemalt sein müssen,
Werke seiner ,, FrĂĽhzeit" genannt werden, ja wenn dies Wort sogar
noch fĂĽr ein 1521 entstandenes Werk gebraucht wird, in welchem Jahr
Cranach 49 Jahr alt war? Das ist doch nichts anderes, als wenn man
vom FrĂĽhling spricht und meint den August.
Wohlgemerkt, man redet hier nicht etwa von ,, frĂĽheren" Werken
im Gegensatz zu ,, späteren", sondern immer von „frühen" Werken des
„jugendlichen" Cranach.
Ich weiss nicht', wer zuerst diese beiden vortrefflichen Worte er-
funden und in Umlauf gebracht hat; es ist auch ganz gleichgiltig. Aber
das steht fest, dass durch ihren falschen Gebrauch die Erkenntnis der
Entwickelung Cranachs bis zu seinem 50. Jahre nicht nur erschwert,
sondern bisweilen fast unmöglich gemacht worden ist.
Aber das Wort FrĂĽhzeit brach sich rasch Bahn. Was man der
Zeit nach nicht unterbringen, seinem Stil nach nicht erklären konnte,
wurde als Jugendwerk, als Werk der Frühzeit erklärt. Das Wort war
der deus ex machina, wenn man sich keinen Rat mehr wusste, es war
zugleich der grosse Versöhner zwischen den streitenden Parteien.
Das darf nicht mehr so weiter gehen. Soll es wirklich besser
werden mit unserer Erkenntnis Cranachs, so mĂĽssen wir eine Radikalkur
— 70 —
gebrauchen, wir mĂĽssen dem Worte, das so vielen fast unentbehrlich
geworden ist_, einfach die ThĂĽre weisen. Es darf hinfort nicht mehr
ĂĽber unsere Lippen kommen, wenn wir von Cranachs Wittenberger
Zeit sprechen. Wir wollen immer daran denken, dass er als ein schon
32jähriger nach Wittenberg gekommen ist, und dass das Werk, das bis-
her als sein frĂĽhestes gegolten hat, ihn schon im Vollbesitz kĂĽnstlerischer
Reife zeigt. Seine Jugend lag hinter ihm, der Mann hatte von jetzt
an das Wort.
FĂĽr die Kunstgeschichte beginnt mit der Ăśbersiedelung nach
Wittenberg Cranachs mittlere Periode. Seine Entwickelung hört da-
mit nicht auf. Sie bewegt sich vielmehr in aufsteigender Richtung bis
etwa zum Jahre 1520, bleibt dann längere Zeit auf der Höhe stehen
und senkt sich später allmählich, fast unmerklich, abwärts. So erscheint
sie mir wenigstens von dem Standpunkte aus, den ich jetzt einnehme.
Vieles verschwimmt noch in nebelhafter Ferne. Erst die kommende
Zeit wird die Nebel zerstreuen und uns den Meister Lucas näher vor
die Augen fĂĽhren. Hoffentlich steht er nach einem Menschenalter in
tagheller Beleuchtung vor uns.
Um alle Unklarheit zu vermeiden, nenne ich bei jedem undatierten
Bilde, das ich in der folgenden Untersuchung bespreche, womöglich ein
bestimmtes Jahr, in dem es entstanden sein mag. Massgebend fĂĽr eine
solche Zeitbestimmung ist immer die grössere oder geringere stilistische
Verwandtschaft mit einem charakteristischen datierten oder sicher datierbaren
Werke, wenn nicht etwa äussere Gründe vorhanden sind, die die Be-
stimmung noch besser rechtfertigen. Auf diese Weise wird es möglich
sein, schneller in der gerade hier herrschenden Verwirrung Ordnung zu
schaffen.
Diese Untersuchungen treten an die Ă–ffentlichkeit zu einer Zeit,
wo sich die Mehrzahl der hier besprochenen Bilder auf der Cranach-
Ausstellung befindet, die eine besondere Abteilung der „deutschen
Kunstausstellung" in Dresden bildet. Ich setze deshalb zu jedem Bilde
die Nummer, die es in der Ausstellung und in dem „ wissenschaftlichen
Verzeichnis der ausgestellten Werke" von Karl Wörmann trägt. Selbst-
verständlich verlieren alle früheren Ansichten von mir, die in jenem
Verzeichnis angefĂĽhrt sind, ihre Geltung, soweit sie mit den in dem vor-
Uegenden Buche niedergelegten Ansichten in Widerspruch stehen.
— 71 —
Wie die Verehrung des Herzens Jesu von 1505 bisher fĂĽr den
frĂĽhesten sichern Holzschnitt Cranachs angesehen worden ist, so hat
als sein frühestes sicheres Bild die köstliche Ruhe auf der Flucht von
1504 in MĂĽnchen (frĂĽher im Besitz Dr. Konr. Fiedlers, jetzt in denn
des Generalmusikdirektors Levi) gegolten. Wie aber jenem Holzschnitt
zwei andere vorausgehen, die sicher von Cranach sind, so giebt es auch
zwei vor 1 504 entstandene Bilder, als deren Schöpfer mit unbedingter
Sicherheit Lucas Cranach bezeichnet werden kann. Es sind dies
ein Christus am Kreuz mit den Schachern, Maria und Johannes in
Schieissheim und das Brustbildnis eines rotgekleideten 41jährigen Mannes
im Germ. Museum in NĂĽrnberg, beide mit der Jahreszahl 1503 versehen.
Dass beide von einer Hand sind, darĂĽber herrscht keine Meinungsver-
schiedenheit. Mögen die Forscher das eine dem oder jenem Künstler
zuschreiben, so nimmt das andre an dem Schicksale des ersten teil, beide
stehen und fallen mit einander.
Der Christus am Kreuz von 1503 in Schieissheim (Nr. 184.
CrA. 147) ist ein Jahrzehnt eher bekannt geworden und hat deshalb
die Forschung um so viel eher beschäftigt, als das Bildnis in Nürnberg.
Die nachfolgende Untersuchung wird sich also in der Hauptsache um
das Schleissheimer Bild drehen.
Seit Anfang der achtziger Jahre ist es in der Schleissheimer Galerie
sichtbar. Wie Woermann 1881 im zweiten Band seiner Geschichte der
Malerei (die betr. Lieferung war Ende Juli 1881 schon gedruckt) in der
Anmerkung auf S. 440 mitteilt, wurde es damals von Bayersdorfer und
Scheibler fĂĽr ein Jugendwerk Mathias GrĂĽnewalds gehalten. Woermann
schloss sich dieser Taufe an, ebenso Eisenmann.
Nur Friedrich Niedermayer in seinem Aufsatz ĂĽber Mathias GrĂĽne-
wald im Repert. f. Kunstw. VII (1884) S. 251 erhob Einspruch gegen
diese Benennung. Er war schon damals der Wahrheit so nahe wie
möglich, indem er seinem Satze auf S. 264: „Die Annahme, dass Grüne-
wald dem altern Cranach nahe stehe, fällt durch die neueren Unter-
suchungen von selbst" die Anmerkung (62) hinzufügte: „Das Bild in
Schieissheim, das ich aber nicht als Werk GrĂĽnewalds anerkenne,
stĂĽnde allerdings der Cranachschen Schule nicht ganz ferne." Von
meinem Standpunkte aus betrachtet ist es nun ein eigentĂĽmliches Zusammen-
treffen, dass Niedermayer ein Bi'd , das sicher ein Jugend werk Cra-
nachs ist, der Schule Cranachs zuschreibt, obwohl es damals, 1503,
eine Schule Cranachs noch gar nicht geben konnte, und dass Passavant
zwei Holzschnitt-Kreuzigungen, von denen die eine um i 500 entstanden
sein mag, die andere 1502 datiert ist, und die ich als sichere Werke
Cranachs nachgewiesen habe, ebenfalls als Schulwerke Cranachs be-
zeichnet, obwohl hier noch viel weniger von einer Schule Cranachs die
Rede sein kann.
Niedermayers Widerspruch fand zunächst keine Beachtung. 1885
im Schleissheimer Katalog von Bayersdorfer erschien das Bild als GrĂĽne-
wald. In einem Aufsatz ĂĽber GrĂĽnewald vom Juli 1888 im Rep. f. K.
XII (i88q) S. ^g sprach sich nun Wilhelm Schmidt dahin aus, er stimme
mit Niedermayer darin ĂĽberein, dass GrĂĽnewald nicht der Urheber dieses
Bildes sein könne, fügte aber hinzu: „Jedoch mit der Cranachschen
Schule möchte ich das Bild nicht ... in Beziehung setzen, vielmehr scheint
es zur Regensburger Schule entweder geradezu zu gehören oder doch
mit ihr eng verwandt zu sein." Er nennt dann auch einen bestimmten
Künstler, von dem es vielleicht sein könne wegen der grossen Verwandt-
schaft mit dessen Holzschnitten und Zeichnungen, nämlich Wolf Huber,
und unterbreitet diesen Vorschlag der PrĂĽfung der Fachgenossen. Dieser
Vermutung gab er 1892 nochmals Ausdruck in einem ,,Wolf Huber
und Mathias GrĂĽnewald" ĂĽberschriebenen Aufsatz in der Zeitschrift f.
bild. Kunst N. F. III (1892) S. 116 — 118, jedoch mit der ausdrück-
lichen Bemerkung : ,,Ich muss nun allerdings gestehen, dass ich in dieser
Frage seither nicht weiter gekommen bin, und ich vermag noch immer
nicht den Meister von 1503 in einer jeden Zweifel ausschliessenden Weise
mit Huber zu identifizieren."
Auch Heinrich Alfred Schmid erhebt in seiner Abhandlung ĂĽber
Mathias Grünewald im Festbuch zur Eröffnung des Historischen Museums
in Basel 1894 S. 87 Widerspruch dagegen, dass das Schleissheimer
Bild und die von Bayersdorfer und Reber 1893 (vergl. v. Rebers Ge-
schichte der Malerei (1894) S. 247) mit diesem in Zusammenhang ge-
brachten kleinen Darstellungen aus dem Marienleben in der Sammlung
R. von Kaufmanns in Berlin Jugendbilder Grünewalds seien. Es fände sich,
sagt er, bei Cr a nach und dem sogen. Pseudogrünewald „eine ganz
ähnliche Stilisierung wie bei diesen angeblichen Jugendwerken Grüne-
walds". In der Besprechung dieses Aufsatzes im Rep. f. K. XVII (1894)
S. 474 tritt dagegen Max Friedländer wieder für die ursprüngliche, von
Bayersdorfer und Scheibler herrĂĽhrende Bezeichnung GrĂĽnewald ein.
1895 behandelt dann Franz Riefifel im Rep. XVIII, S. 424 — 28 diese
Frage eingehend (Kleine kunstwissenschaftliche Controversfragen. II) und
- 73 -
nennt Lucas Cranach als den Schöpfer dieser Bildergruppe. Es ist das
Verdienst Rieffels, dass er diesen Namen zuerst mit solcher Bestimmt-
heit ausgesprochen und somit versucht hat, die Forschung aus ihrer bis-
herigen Bahn abzulenken. Freilich hat er seine Ansicht so wenig durch
wirkliche Beweise zu stĂĽtzen vermocht, dass seine Darlegungen wenig
geeignet waren, überzeugend zu wirken. Auch ich habe ihnen zunächst,
wie ich hier offen gestehe, keinen Glauben beigemessen.
Wilhelm Schmidt dagegen hat sich in Bezug auf das Schleiss-
heimer Bild sofort auf Rieffels Seite gestellt und dies kurz ausgesprochen
im Rep. XIX (1896) S. 287 (Wolf Huber). Er hat mich auch, als ich
im August i8g6 in MĂĽnchen war, aufgefordert, zu dieser Frage Stellung
zu nehmen, und ich habe nicht lange gesäumt. Vor dem Bilde habe
ich nun augenblicklich den Eindruck gewonnen , dass in der That nur
Lucas Cranach der Maler sein kann. Beim Anblick dieses Joliannes
und dieser Maria tauchten sofort die Gestalten der frĂĽhesten Holz-
schnitte Cranachs, vor allem der Verehrung des Herzens Jesu von 1 505,
vor mir auf, und so wie mir, meine ich, mĂĽsste es jedem gehen, dem
sich gerade dieser Holzschnitt fest ins Gedächtnis eingeprägt hat.
Kurz darauf habe ich mir Cranachs Ruhe auf der Flucht von 1 504
(damals noch im Besitz von Frau Mary Fiedler) angesehen. Sofort
stand es fest bei mir, dass der Schleissheimer Christus und dies erste
bezeichnete Bild Lucas Cranachs von ein und derselben Hand gemalt
seien. Dazu gesellte sich ohne weiteres als drittes im Bunde das Bild-
nis in NĂĽrnberg.
Ich stelle nun die Beweise dafĂĽr zusammen, dass der Christus
von I 503 in Schieissheim wirklich ein sicheres Bild Lucas Cranachs ist.
Selbstverständlich ziehe ich dabei die beiden Holzschnitt -Kreuzi-
gungen mit heran, die ich am Anfang dieser Untersuchungen als die
frĂĽhesten Werke Cranachs nachgewiesen habe, was durch das Schleiss-
heimer Bild nur noch mehr bestätigt wird.
I. Johannes, hier wie bei der Holzschnitt-Kreuzigung von 1502
der wichtigste Zeuge cranachscher Herkunft. Es ist ganz der-
selbe Kopf, dasselbe Modell, wie auf jener Kreuzigung, der
Verehrung des Herzens Jesu von 1505, L. i, dem h. Michael
von 1506, L. 3. Auch die übrigen Körperformen entsprechen
sich. Dieselbe Form und Stellung der FĂĽsse findet sich noch
etwa 10 Jahre später beim Apostel Paulus L. 37. Auch einige
nennenswerte Ăśbereinstimmungen mit dem Bilde von 1504
— 74 —
sind vorhanden : die Spitzen der beiden Daumen sind nach
aussen umgebogen, genau wie bei Josephs linkem Daumen,
während die langen Finger denen der Maria gleichen. Und
wie Joseph dort die Lippen geöffnet hat, so dass einige Zähne
sichtbar werden, ganz so sehen wir dies auch hier bei Johannes
und Maria.
Maria: Das ziemlich kleine Gesicht mit dem scharf hervor-
tretenden Unterkiefer, dem kleinen Kinn, der am Sattel ein-
gedrĂĽckten Nase, dem die ganze Stirn bedeckenden und nur
vorn etwas abstehenden Kopftuch findet sich schon auf der
Kreuzigung von 1502 bei der im Profil nach links Knienden,
dann bei Maria auf der Verehrung des Herzens Jesu von 1505,
bei den Frauen auf der Kreuzigung B. 16, der Beweinung
Christi B. 17 und der Grablegung B. 1 8 (aus der Passion von 1509),
am deutlichsten auf B. 17 bei der hinter der Gruppe der Be-
weinenden stehenden, von vorn gesehenen Frau, bei der ĂĽber-
haupt im Gesichtsschnitt vollkommenste Gleichheit mit der Maria
unseres Bildes besteht. An ihren Fingern sind die einzelnen
Glieder deutlich von einander unterschieden, ganz wie an den
Fingern von Josephs rechter Hand auf dem Bilde von 1 504.
Maria hat ausserdem einen Mantel mit kurzen, nur
bis über die Mitte des Oberarms reichenden Ärmeln, die vorn
zusammengezogen sind und mit einem einfachen Saum ab-
schliessen. Nicht einen ähnlichen, sondern denselben Mantel
trägt Maria auf dem Bilde von 1504. Wer wollte hier von
einer nur zufälligen Übereinstimmung reden? Man ver-
gleiche dazu noch die Mantelforra der Frauen auf den beiden
frühesten Kreuzigungen und auf den Blättern der Passion
B. 16, 17, 18.
Höchst auffällig ist nun die Art, wie der Mantel auf dem
Boden aufliegt und Falten bildet, bei denen man unwillkĂĽrlich
an die heraldisch stilisierten Wolken erinnert wird, von denen
Gottvater, Christus oder Maria auf den frĂĽhesten deutschen
Kupferstichen umgeben ist. Unterscheidet sich diese Falten-
bildung etwa wesentlich von der, wie wir' sie bei Marias Mantel
auf dem Bilde von 1504 sehen? Finden wir sie beim Gewand
des h. Michael von 1506, L. 3, nicht ebenso?
— 75 —
3- Christus: Die ganze Gestalt zeigt dieselbe naturalistische
Auffassung, wie auf den beiden Holzschnitt-Kreuzigungen (man
vergl. auch auf der von 1502 die Haltung des linken Schachers)
und auf der Verehrung des Herzens Jesu. Im Besondern
zeigen sich folgende bemerkenswerte, auf keinen Fall zufällige
Ăśbereinstimmungen beim Lendentuch: Zusammengeballt flattert
das lange Ende nach links herab wie auf der Kreuzigung von
1502 und ähnlich auf der noch altern undatierten. Und ge-
nau wie auf der letzteren ist es hinten hoch emporgezogen und
steht vom Körper ab. Wo käme so etwas wohl bei einem
andern KĂĽnstler ausser Cranach noch einmal vor? Ferner ist
es in der Mitte in einen grossen Knoten zusammengebunden,
wie auf der Verehrung des Herzens Jesu.
4. Die Schacher: Der l'yP"s beider geht durch alle Kreuzi-
gungen Cranachs durch bis etwa 1520, nur allmählich abge-
schwächt und umgewandelt. So zeigt sich z. B. auf der Kreuzi-
gung von 15 15 bei Frau Wesendonck in Berlin die Verwandt-
schaft des bösen Schachers mit dem auf dem Schleissheimer
Bilde noch ganz deutlich.
5. Der Erdboden ist in der Nähe des Kreuzes Christi mit
Ăśberresten von menschlichen Leichnamen bedeckt. So, nur
viel grausiger, finden wir ihn bei den beiden ältesten Kreuzi-
gungen.
6. Die Landschaft: Die Birke kommt auf dem Bilde von 1504,
der Baum mit den abgestorbenen Ästen auf den meisten Holz-
schnitten der ersten Wittenberger Zeit vor. Das GebĂĽsch
hinter JNIaria und Johannes ist technisch in ganz derselben Weise
wie auf dem Bilde von 1504 und auf spätem Bildern behandelt,
nur etwas derber, da das Bild in Schieissheim ja auch grösser
ist. Die Landschaft des Hintergrundes ist gerade fĂĽr Cranachs
Art besonders kennzeichnend, nur dass er sie nicht wieder auf
einen so tiefen Ton gestimmt hat, wie hier. Aber z. B. der
von kleinen Gestalten belebte, sich schlängelnde Weg findet
sich sowohl auf den Holzschnitten wie auf den Gemälden, auf
denen das Landschaftliche stärker betont ist, fast regelmässig.
7. Der Zettel mit der Jahreszahl findet sich auf dem Bilde von
1504 und auf dem 1506 — 1507 entstandenen Holzschnitt
Marcus Curtius L. 18, und auch die F ĂĽ n f in der Jahreszahl
— 7Ö —
ist ihrer Form nach nicht nur nicht verschieden von der auf
dem Bilde von 1504, sondern gleicht ihr so vollkommen, dass
sie nur von derselben Hand gemalt sein kann. Dazu kommt
nun noch
8. eine Mal weise, die zwar an Feinheit der des Bildes von
1504 nachsteht, aber im Wesen sich von dieser nicht unter-
scheidet. Wer z. B. 1504 den Kopf Josephs gemalt hat, muss
auch 1503 den des Johannes gemalt haben.
Angesichts dieser vielen auffälligen Übereinstimmungen, die in
ihrer Gesamtheit nicht durch Zufall erklärt werden können, darf man
nicht nur annehmen, sondern muss man es mit der grössten Entschieden-
heit behaupten, dass der Schleissheimer Christus von 1503 ein sicheres
Werk Lucas Cranachs ist. Er ordnet sich so logisch in die Ent-
wickelung ein, dass diese erst durch dies Bild vollkommen klar wird
und ohne es lĂĽckenhaft erscheinen wĂĽrde.
Als Hauptgrund, dass der Christus in Schieissheim auf keinen
Fall von Cranach sein könne, ist mündlich gegen mich geltend gemacht
worden: wer 1503 dies Bild voll dramatischen Lebens gemalt hätte,
könnte 1504 nicht die idyllische Ruhe auf der Flucht geschaffen haben,
man mĂĽsse fĂĽhlen, dass uns in beiden Bildern zwei innerlich ganz von
einander verschiedene Künstlernaturen entgegenträten. Nun meine ich,
ein Christus am Kreuz mit den Schachern lässt sich nicht gut idyllisch-
märchenhaft, eine Ruhe auf der Flucht, eine Maria mit dem Kinde von
einer Schaar von Engeln umgeben, nicht gut pathetisch- dramatisch auf-
fassen. Oder es mĂĽsste denn auch DĂĽrer nur die Offenbarung Johannis
und die grosse Holzschnittpassion, nicht aber auch das Marienleben
haben zeichnen können. Maria als junge Mutter mit dem Kind auf
dem Schosse ist eben nicht dieselbe wie die Maria, die den ans Kreuz
geschlagenen Sohn beklagt.'^)
Das Bild ist bei Gelegenheit der Klosteraufhebung 1803 in
bayrischen Staatsbesitz gekommen. Es stammt aus dem Kloster
Spie rat, wie der Schleissheimer Katalog von 1885 sagt. Auch im
geschriebenen Inventar soll der Name so stehen. Aber es hat nie ein
solches Kloster gegeben, das ist das Ergebnis der vielen Nachforschungen,
*) Ich darf wohl hier der Hoffnung Ausdruck geben, dass das fĂĽr die ganze
deutsche Kunstgeschichte so wichtige Bild, an das sich noch manche Frage knĂĽpfen
wird, aus der Verbannung in Schieissheim befreit und in die Pinakothek nach MĂĽnchen
übergeführt wird. Die Lucretia von 1524 würde ihm gewiss gern ihren Platz räumen.
die ich nach ihm angestellt habe. Der Name muss also irgendwie ver-
stümmelt sein. Wer wird uns einmal den richtigen bringen? Möchten
sich doch die bayrischen Geschichtsforscher mit dieser Frage näher be-
fassen! Ist sie doch fĂĽr die Entwickelungsgeschichte Cranachs von der
grössten Wichtigkeit. Denn wissen wir einmal, wo dieses Kloster ge-
legen hat, dann wissen wir auch, wo sich Cranach 1503 befand, als
er den Christus am Kreuz malte, und wir können möglicherweise auch
ermitteln, wer der rotgekleidete 41jährige iMann war, der
auf dem Bild aus demselben Jahr im Germanischen Museum
in NĂĽrnberg (Nr. 252. CrA. 148') dargestellt ist. Denn die Blei-
stiftnotiz von späterer Hand auf der Rückseite, dass der Dargestellte
ein Joh. Stephan Reuss aus Konstanz, der Rektor einer Universität sei,
verdient doch nicht die GlaubwĂĽrdigkeit, die ihr jetzt allgemein bei-
gemessen wird.
Wilhelm Schmidt hat in der Zeitschrift fĂĽr bildende Kunst, N.
F. III (1892) S. 118, noch zwei Bilder nachgewiesen, die ausser dem
Bildnis in NĂĽrnberg seiner Ăśberzeugung nach sicher von der Hand des
KĂĽnstlers, der den Christus in Schieissheim gemalt, herrĂĽhren, also nun-
mehr als sichere Werke Lucas Cranachs zu gelten hätten. Es sind dies:
1 . Der h. Valentin mit einem vor ihm knienden Stifter, der
linke FlĂĽgel eines Altars, in der Galerie der Akademie in Wien,
im Katalog von LĂĽtzow auf S. 186 unter Nr. 549 als Werk der NĂĽrn-
berger Schule aufgefĂĽhrt.
2. Das Bildnis einer Frau in Halbfigur, sitzend, drei
Viertel nach links, in Haube und rotem goldverziertem Gewand, die
Hände auf den Schoss gelegt. Hintergrund Landschaft, in der sich
rechts und links zwei grosse Bäume, von denen der rechte fast entlaubt
ist, bemerklich machen. — Es ist im Besitze des Fürsten von Schwarzburg-
Rudolstadt. Schmidt sah es bei dem Gemälderestaurator Nikolaus
Mathes in MĂĽnchen. Es scheint das Bild zu sein, das sich im Schlosse
zu Rudolstadt befindet, und das P. Lehfeldt in den Bau- und
Kunstdenkmälern Thüringens, Fürstentum Schwarzburg- Rudolstadt, Band 1,
S. 63 folgendermassen erwähnt: „weibliches Brustbildnis von Hans von
Kulmbach (frĂĽher fĂĽr Altdorfer, auch DĂĽrer gehalten)".
Den h. Valentin in Wien habe ich vor zu langer Zeit gesehen,
als dass ich mich seiner noch genau erinnern könnte, das weibliche
Bildnis in Rudolstadt kenne ich noch nicht. Aber wenn Wilhelm
Schmidt von diesen vier Bildern, dem Schleissheimer, dem NĂĽrnberger
und den beiden zuletzt genannten, sagt: „Dieselben scheinen mir
so charakteristisch zusammenzugehören, dass ein Widerspruch wohl nicht
möglich ist", so verzichte ich einmal darauf, erst selbst zu prüfen,
und glaube ihm aufs Wort. Denn Wilhelm Schmidt ist unter allen
Forschern derjenige, der diese ganze Richtung, deren Hauptvertreter
Altdorfer und Wolf Huber sind, also das, was man jetzt den ,, Donau-
stil" nennt, wohl am besten kennt, er hat auch in vielen andern zweifel-
haften Fällen mit ruliigem und sicherem Blicke eher als andere das
Richtige erkannt. Und so wird es auch in unserem Falle sein.
Bemerken muss ich noch, dass Ludwig Scheibler schon 1887
den h. Valentin der Wiener Akademie (nebst der Beweinung Christi,
die dort als ein Werk DĂĽrers gilt, Katalog S. 80 Nr. 35) fĂĽr Lucas
Cranach in Anspruch genommen hat (vergl. Repert. fĂĽr Kunstwissen-
schaft X, 2q6 Anmerkung) und dass das Bildnis in Rudolstadt frĂĽher
als Altdorfer gegangen ist, was ja auch auf den „Donaustil" hinweisen
wĂĽrde, den die frĂĽhen Bilder Cranachs zeigen.
Es ist wirklich schade, dass nicht auch diese beiden Bilder mit
zur Ausstellung in Dresden herangezogen worden sind, da doch den
beiden andern von 1503 diese Gunst zu teil geworden ist.
Möglicherweise bringt uns noch etwas weiter in der Frage nach den
Anfängen Lucas Cranachs ein Werk, das Wilhelm Schmidt mit den
vier von ihm zusammengestellten Bildern in Verbindung gebracht hat.
Er sagt in seinem Aufsatze in der Zeitschrift fĂĽr bildende Kunst, N. F.
III, 118: „Diese Bilder sind sehr verwandt einem im Öster-
reichischen Museum zu Wien befindlichen FlĂĽgelaltar,
auch die Neigung zu wulstiger Gewandbildung (vergl. z. B. den Zipfel-
wulst des Lendentuches Christi) ist ihnen mit diesem gemeinsam. Doch
ist der Altar von einer roheren Hand. Nur die Aussenseiten der (ge-
bogenen) FlĂĽgel sind bemalt, im Innern ist Schnitzwerk, die Hauptdar-
stellung desselben ist die Krönung Mariae. Dieser Altar wurde 1872
vom Tischler Celebor in Wien erworben und stammt doch wohl aus
Ă–sterreich."
Wenn nun die vier Bilder in Schieissheim, NĂĽrnberg, Wien und
Rudolstadt sicher von derselben Hand, also von Lucas Cranach sind,
so ist dies ebenso sicher nicht der Fall bei den vier kleinen, miniatur-
artig behandelten Bildern aus dem Marienleben in der Sammlung
R. von Kaufmanns in Berlin. Man konnte sie 1898 auf der von der
kunstgeschichtlichen Gesellschaft in Berlin veranstalteten Ausstellung von
— 79 —
Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissance genau studieren
(Katalog Nr, i lo). Abgebildet sind sie im Klass. Bilderschatz unter
Grunewalds Namen als Nr. 638 und 645. Bayersdorfer und v. Reber
haben sie nur vermutungsweise dem Meister des Schleissheimer Christus,
also ihrem Math. GrĂĽnewald, zugeschrieben (vergl. Fr. v. Reber, Gesch.
der Malerei S. 247). FĂĽr Franz Rieffei stand dagegen die Zusammen-
gehörigkeit dieser Bilder ohne weiteres fest, und deshalb sind sie von
ihm auf denselben Namen getauft worden, wie der Schleissheimer
Christus, nämlich auf Lucas Cranach (Rep. f. K. XVIII, 1895, 425 ff.).
Er fĂĽgt dieser Gruppe noch eine VerkĂĽndigung in der Jakobs-
kirche in Augsburg hinzu (im Klass, Bilderschatz Nr. logo als GrĂĽne-
wald). Es stimmt , dieses und die vier Bilder aus dem Marienleben
sind thatsächlich von einer Hand, aber nicht von derselben, wie der
Schleissheimer Christus, also auch nicht von Cranach. Schon Max
Friedländer hat dies ausgesprochen (Rep. f, K. XVII, 1894, S, 474),
und ich teile diese Ansicht vollkommen. Auch der Name Hopfer, den
er fĂĽr diese Bilder in Berlin und Augsburg anfĂĽhrt, scheint der Wahr-
heit sehr nahe zu kommen. Meiner Ansicht nach sind sie gar nicht
so frĂĽh, nicht am Anfang, sondern erst im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahr-
hunderts entstanden, und wenn ich nicht irre, haben wir es hier mit
derselben etwas verschrobenen Künstlerpersönlichkeit zu thun, von der
sich eine Handzeichnung von 15 19 (verschiedene Männerköpfe; in
der Sammlung des FĂĽrsten Liechtenstein in Feldsberg befindet (Nach-
bildung in den Handzeichnungen alter Meister aus der Albertina und
anderen Sammlungen, herausgegeben von Schönbrunner und Meder, Wien,
Gerlach und Schenk, II, Band, Bl. 135 als Schule Lucas Cranachs).
Mit dem Bilde von 1504, der Ruhe auf der Flucht nach
Ägypten (München, Generalmusikdirektor Levi, früher Dr, Konrad
Fiedler, CrA. i) betreten wir sicheren Boden, auf dem wir weiter schrei-
ten können.
Kurz nach ihm muss ein Bild der Karlsruher Galerie entstan-
den sein, eine Maria mit dem Kind, der h, Katharina und
Barbara*) und zwei ĂĽber der Gruppe schwebenden nackten Engel-
knäbchen (Kat. Nr. 107. CrA. iii).
*) Sie ist nicht als solche gekennzeichnet, kann aber keine andere Heilige als
Barbara sein, weil sie der h. Katharina gegenĂĽber gestellt ist. Dies gilt ohne Aus-
nahme für die sächsischen Lande, Für die übrigen deutschen Landschaften
mĂĽsste es erst noch untersucht werden.
- 8o —
Zunächst ein Wort über die Darstellung. Ich halte es für unrichtig,
Bilder wie dieses, auf denen der kleine Jesus der h. Katharina einen
Ring an den Finger steckt , immer ,, Verlobung oder Vermählung der
h. Katharina" zu nennen. Auf den meisten dieser Bilder tritt ĂĽberhaupt
Katharina gar nicht in den Vordergrund, sie ist den anderen Heiligen
nicht ĂĽber-, sondern gleichgeordnet. Ein Vorgang aus ihrem Leben, die
Verlobung mit dem Christuskinde, ist auf keinen Fall dargestellt und
— das kann als sicher gelten — sollte auch nicht dargestellt werden.
Was der Besteller vom KĂĽnstler haben wollte, das war ein Marienbild
mit den von ihm besonders verehrten Schutzheiligen, Wie oft ist doch
die h. Katharina in enger Verbindung mit Maria und dem Kinde
namentlich von Cranach, aber auch von andern deutschen Malern dar-
gestellt worden, mit Ring und ohne Ring! Aber ich habe in Urkunden
der Zeit, in denen von derartigen Bildern die Rede ist, noch nie etwas
von einer ,, Verlobung der h. Katharina" gelesen, immer nur von Marien-
bildern. Ausser bei cyklischen Darstellungen, die die Legende der h. Ka-
tharina behandeln, ist mir bisher in der ganzen deutschen Kunst im
ersten Viertel des i6. Jahrhunderts kein Bild bekannt geworden, auf
dem wirklich eine Verlobung der h. Katharina dargestellt wäre. Die
Italiener dagegen haben solche Darstellungen.
Man muss bei vielen der so benannten Bilder Cranachs schon
scharf zusehen, ob das Kind einen Ring, ja ĂĽberhaupt etwas in der
Hand hat und der h. Katharina darreicht, und ob diese es in Empfang
nimmt. Ein solcher Vorgang des Gebens und Empfangens ist in den
meisten Fällen gar nicht so deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man
sofort sagen könnte: hier soll die Verlobung der h. Katharina mit dem
Christuskind geschildert werden. Der Ring dient eben zu nichts anderem,
als die Heilige als Katharina noch deutlicher zu kennzeichnen, obwohl
dies schon genĂĽgend durch Rad oder Schwert oder beides zusammen
geschehen ist.
Welche Stellung das Karlsruher Bild in Cranachs Entwickelung
einnimmt, darĂĽber bin ich mir schon vor vier Jahren klar gewesen, wie
ich aus meinen Karlsruher Aufzeichnungen ersehe. Wie an dieser ganz
frühen Entstehungszeit, so halte ich auch an der Eigenhändigkeit fest,
von der es trotz seiner nicht ganz tadellosen Erhaltung noch deut-
liche Beweise an sich trägt (vergl. dagegen Janitschek S. 493 bis
494 Anm.). Der Engel rechts oben hat ganz denselben Kopf, die-
selben ZĂĽge wie das Christkind auf dem Bilde von 1504, ferner
— 8i —
haben beide Engel und das Kind kurzes, glatt nach vorn gekämmtes
Haar, wie dort das Christkind und verschiedene Engel (namendich die
an der Quelle).
Was das Technische anlangt, so haben wir hier anstatt der etwas
lockeren PinselfĂĽhrung des MĂĽnchener Bildes eine viel festere. Die
Formen sind bestimmter umrissen. Finger und Zehen sind mit spitzem
Pinsel in bräunlich schwarzen Umrissen gezeichnet, sehr fein und sorg-
fältig namentlich die Nägel. Die Lippen sind durch eine feine schwarze
Linie getrennt. Das obere Augenlid ist scharf gegen den Augapfel
durch eine schwarze Linie abgesetzt. Die Fleischfarbe ist, wie ĂĽberhaupt
die ganze Farbengebung des Bildes, nicht blĂĽhend wie in MĂĽnchen,
sondern vvirkt infolge der bräunlich-grauen, etwas schmutzigen Töne ziem-
lich stumpf.
Ganz dieselben EigentĂĽmlichkeiten in der Zeichnung finden sich
nun im Verein mit grösster Übereinstimmung in der Formensprache und
Farbengebung bei zwei Bildern der Kasseler Galerie wieder, der h.
Katharina und Barbara (Nr. lo und ii des Verzeichnisses von 1894,
Nr. 8 und g des grossen Katalogs. Photographie von Hanfstängl). Beide
Bilder sind bis jetzt kaum beachtet worden. Es sind sehr bezeichnende
Proben des frĂĽheren cranachschen Stiles. Das ganz von vorn dargestellte
Gesicht der Katharina erinnert sofort an das der Karlsruher Maria,
das der Barbara sehr an das der Magdalena auf dem Holzschnitt von
1506 L. 7, ebenso ihre Haltung (man denke sich den Holzschnitt von
der Gegenseite dargestellt); beide Gesichter aber sind unbedingt äusserst
verwandt dem der Maria des Bildes von 1504. Noch in der Peters-
burger Venus von 1509 klingt dieser Typus etwas nach.
Das erste Bild nach der Ruhe auf der Flucht von 1504, das sich
etwas genauer datieren lässt, ist das der vierzehn Nothelfer im Be-
sitz der Stadtkirche in Torgau (CrA. 98). Es ist der letzte Ăśberrest
eines jedenfalls sehr kostbaren Altarwerks, das unmittelbar am Eingang
des Chores stand und 1694 beseitigt wurde. Dies Altarwerk war eine
gemeinsame Stiftung Friedrichs des Weisen und seines Bruders Johann
zum Andenken an die am 12. Juli 1503 verstorbene Gemahlin Johanns,
Sophie von Mecklenburg. Der Altar wurde am 19. Juli 1505 zu Ehren
der h. Anna und der vierzehn Nothelfer geweiht (oder gestiftet?)*)
*) In den Annales Torgavienses bei Mencke, Scriptores rerum germanicarum II,
582 heisst es: ,,ara in honorem S. Annae et XII (!) Opitulatorum fuit dedicata in
templo B. Virginis Mariae in choro cum perpetuis missis, an. MDV. die 19. Julii".
6
— 82 —
Dass das Werk, zu dem die allein erhaltene Tafel mit den Not-
helfern die Staffel gebildet haben muss, an diesem Tage schon auf dem
Altare stand, ist zwar sehr wahrscheinlich, aber doch durchaus nicht
sicher. Nur das darf als sicher angenommen werden, dass es während
des Jahres 1505 entstanden ist. Ob es ganz gemalt war, oder ob die
Hauptdarstellungen, wie es damals bei Prunkaltären noch üblich war, in
Holz geschnitzt waren, habe ich nicht ermitteln können, ebenso nicht,
was alles dargestellt war. In seinen Hauptteilen bildete es wohl eine Ver-
herrlichung der h. Anna, der am meisten verehrten Heiligen dieser Zeit.
In Torgau hat das Bild mit den vierzehn Nothelfern von jeher
als ein Werk Lucas Cranachs gegolten (vergl. z. B. Grulichs Denk-
würdigkeiten der altsächsischen kurfürstlichen Residenz Torgau, 2. Aufl.
von BĂĽrger, Torgau 1855, S. 257. 262), und als solches ist es, wenn
man es mit den frĂĽhesten erhaltenen Bildern vergleicht, gar nicht an-
zuzweifeln. Wer freilich von den Bildern des alternden Cranach ausgeht,
der wird bei den Nothelfern kaum an unsern Meister erinnert werden.*)
Wir finden hier dieselbe Formensprache, wie in den frĂĽhesten bezeichneten
grossen Holzschnitten. Die Farbenstimmung ist tief und warm, die Fleisch-
farbe wie bei dem Karlsruher Marienbild (CrA. 1 1 1) bräunlich fahl.
Das erste Werk nach der Ruhe auf der Flucht von 1504, das Cranachs
Zeichen zugleich mit der Jahreszahl trägt, ist die Marter der h. Ka-
tharina in der Dresdener Galerie (1906 A. CrA. 2) mit zwei je
drei weibliche Heilige darstellenden FlĂĽgelbildern, von denen sich das
eine ebenfalls in Dresden (1906 Ăź. CrA. 3), das andere in LĂĽtz-
s che na beim Freiherrn Speck- Sternburg (dort Baidung genannt) befindet.
Das Werk hat trotz seiner durchaus sicheren Bezeichnung LC und 1506
mannigfache Taufen erfahren. Im HĂĽbnerschen Katalog der Dresdener
Galerie wurde es als Jugendarbeit Cranachs aufgefĂĽhrt. In der ersten Auflage
des Wörmannschen Katalogs (1887) wurde es, da die Malweise durch-
aus nicht auf Cranach hinweise, auf Grund zweier bezeichneter Wieder-
holungen von 1586 und 1596 in Tempelhof bei Berlin und im Gotischen
Hause in Wörlitz dem Daniel Fritsch, einem sonst unbekannten aus
Torgau gebĂĽrtigen Maler, zugeschrieben. In der zweiten Auflage (1892)
wurde es vom SchlĂĽsse des 16. Jahrhunderts in das Jahr zurĂĽckver-
setzt, mit dem es bezeichnet ist, und fĂĽr das Original eines unbekannten
Meisters LC, der der sächsischen Schule angehöre, erklärt, die beiden
*) Dagegen wirkt der halbzerstörte Schmerzensmann auf der Rückseite sofort
cranachisch.
andern Exemplare in Tempelhof und Wörlitz aber für Kopien nach diesem.
In der dritten Auflage (iHqO) ist dies so geblieben.
Schon vor einigen Jahren bin ich nun gelegentlich mit Ent-
schiedenheit dafür eingetreten, dass zunächst dieser unbekannte säch-
sische Meister LC kein anderer als Lucas Cranach sei, ferner dass
das Bild sicher der cranachschen Werkstatt und keiner fremden ent-
stamme , nur war ich, angesichts der Mahveise, die mir fĂĽr das
|ahr 1506 befremdlich erschien, immer noch im Zweifel, ob wir hier
auch das Urbild von 1506 und nicht etwa eine getreue Kopie von
der Hand Lucas Cranachs des Jüngern etwa aus der 2. Hälfte der
vierziger Jahre vor uns hätten, worauf gewisse Farbentöne und die
technische Behandlung zu deuten schienen. Jedoch auf der Cranach-
Ausstellung, zusammengehalten mit andern bald zu erwähnenden Bildern,
ordnet es sich ganz gut in die Reihe der echten Bilder Lucas Cranachs
des Älteren ein; die befremdlichen Züge treten mehr und mehr zurück.
Ich bin deshalb jetzt der Ansicht, dass das Dresdener Bild mit den
FlĂĽgeln in Dresden und LĂĽtzschena das Urbild ist und wirklich aus
dem Jahre 1506 stammt. Die Bezeichnung LC mit der Jahreszahl 1506
stimmt ja auch genau mit der der Holzschnitte ĂĽberein, die in der
zweiten Hälfte dieses Jahres entstanden sind. Auch der abgerissene Papier-
zettel, auf dem sie steht, ist ganz cranachisch (man vergl. Christus am
Kreuz von 1503 in Schieissheim, die Ruhe auf der Flucht von 1504
in MĂĽnchen, den 1506/7 entstandenen Holzschnitt Marcus Curtius L. 18).
Kommt man von den vierzehn Nothelfern und den noch frĂĽheren
Bildein Cranachs, so wird man sich freilich anfangs nicht so leicht mit
dem Gedanken befreunden können, eine Arbeit derselben Hand vor sich
zu haben. Auf dem Mittelbild bietet sich auch nur wenig zum Ver-
gleich mit jenen. Es mĂĽsste denn z. B. die Landschaft im Hintergrund
mit den kleinen Gestalten sein, die ganz cranachisch ist. Dagegen
erinnern die weiblichen Heiligen auf den FlĂĽgeln deutlich genug an
echte cranachsche Gestalten. Man vergleiche z. B. die h. Margarethe
mit den beiden Heiligen auf dem Karlsruher Marienbild (CrA. iii)
und mit denen des Wörlitzer Triptychons (CrA. 127), die h. Ursula
mit der Maria auf dem Levischen Bilde von 1504. Vielleicht wĂĽrden
sich noch mehr Beziehungen ergeben, wenn auf der Ausstellung Ge-
legenheit wäre, auch das Flügelbild in Lützschena wenn nicht im
Original, so doch in einer Photographie unmittelbar mit den ĂĽbrigen
Bildern Cranachs zu vergleichen.
6*
- 84 -
Aus dem Jahre 1507 muss das grosse Bildnis Friedrichs des
Weisen stammen, das das Germanische Museum in NĂĽrnberg be-
sitzt. Es wird dort unter Nr. 269 des Katalogs von 1893 (3. Aufl.)
zwar nur der Werkstätte Lucas Cranachs zugeschrieben, ist aber nach
meiner Überzeugung durchaus eigenhändig. Die Tafel trägt eine In-
schrift (der untere Teil des Gewandes dient als Untergrund fĂĽr diese
Inschrift und ist zu dem Zwecke schwarz ĂĽberstrichen), in der Friedrich
als ,, Romischer K. M. vii. des. R. Stathalter general" bezeichnet wird.
Zum Reichs-General-Statthalter wurde der KurfĂĽrst am 8. August 1 507,
während des Römerzugs Kaiser Maximilians I., erwählt. Als „Romischer
Konigklicher Mayestat vnnd desselben Reichs Stathalter General" be-
zeichnet er sich auch im Eingang des Wappenbriefs, den er am 6. Januar
1508 in NĂĽrnberg fĂĽr Lucas Cranach ausgestellt hat. Dass die In-
schrift auf dem Bilde ebenfalls Romischer Königlicher und nicht
Kaiserlicher Mayestat zu lesen ist, erscheint mir durchaus sicher.
Der neue Titel römischer Kaiser, den sich Maximilian seit dem 4. Febr.
1508 beilegte, wäre ohne Zweifel ausgeschrieben worden, wenn er schon
bekannt gewesen wäre, der alte , der schon so lange in Gebrauch war,
wurde abgekürzt. Das „K. M.'* der Inschrift lässt also nur die eine
Deutung zu.
Friedrich trägt hier das Haar in einer Haube. Bis 1507 hatte
er es lang getragen, in diesem Jahr liess er es sich kĂĽrzen und be-
deckte es mit einer Haube (vergl. Rossmann im Rep. f. K. I, 51). So
zeigen ihn von da an alle Bildnisse bis zum Anfang der zwanziger
Jahre. Ăśber diesen Wechsel in der Haartracht unterrichtet uns auch
ein Brief Anton Tuchers des Älteren in Nürnberg an den Kurfürsten.
Dieser hatte Münzstöcke bei dem Goldschmied Hans Krug bestellt.
Tucher spielte den Vermittler in dieser Angelegenheit. Am 13. Mai
1508 fragt er nun bei Friedrich an, ob das Bildnis auf der MĂĽnze
mit ausgehängtem offenem Haar, wie früher, oder eingehaubt, wie es
jetzt des KurfĂĽrsten Gewohnheit sei, gemacht werden solle (Baader, Bei-
träge zur Kunstgeschichte Nürnbergs I, 37).
Friedrich hat das Bildnis wohl noch 1507 der Stadt NĂĽrnberg
zum Geschenk gemacht; es wurde im Gang der Predigerkirche aufge-
hängt und diente dann Hans Krug zum Vorbild für seine Münzstöcke.
Der Rat liess es für ihn „zur Förderung der Sache" von seinem Platz
abnehmen, wie Tucher am 8. Juli 1508 an den KurfĂĽrsten berichtete.
In der Predigerkirche hing es noch 1801, wie aus Murrs „Beschreibung
der vornehmsten MerkwĂĽrdigkeiten in der Reichsstadt NĂĽrnberg,'' zweite
Auflage (NĂĽrnberg 1801), S. 77 hervorgeht. Murr sagt auch ausdrĂĽck-
lich, dass es 1507 von Lucas Crar.ach gemalt worden sei.
Etwa gleichzeitig mit diesem Bildnis oder etwas später, aber keines-
falls vor 1507, ist nun auch das Triptychon entstanden, das sich
im gotischen Hause in Wörlitz befindet (CrA. 127 A — C). Auf
dem Mittelbild ist Maria mit dem Kind, der h. Katharina und Barbara und
zwei darüber schwebenden Engelknäbchen dargestellt, auf den Flügeln
die beiden Stifter mit ihren Schutzheiligen, links Friedrich der Weise
mit Bartholomäus, rechts Johann mit Jacobus d. ä. Friedrich der Weise
entspricht durchaus dem Nürnberger Bildnis. Die Grösse sämtlicher
Gestalten hat zu einem breiteren Vortrag und zu einer Formenbehand-
lung Anlass gegeben , die von der der bisher besprochenen Bilder ziem-
lich abweicht, sodass man zunächst gar nicht den Eindruck eines
cranachischen Werkes empfängt. Namentlich Maria hat einen ganz
anderen Typus. Hat man aber alle Gestalten in sich aufgenommen
und vergleicht sie mit den schon bekannten, so ergeben sich doch eine
Reihe von verwandten ZĂĽgen, sogar von direkten Ăśbereinstimmungen, die
jeden Zweifel an der Urheberschaft Cranachs beseitigen. Maria ist doch
noch blutsverwandt mit der von 1504 und den beiden Kasseler Heiligen,
obwohl ihr Gesicht keinen so frischen und natĂĽrlichen Eindruck macht,
ich möchte sagen, sogar etwas conventionell berührt. Ihr Kleid ist
vor der Brust in viele schmale, senkrechte Falten gelegt, die oben am
Halse von emem Saume begrenzt werden, ganz wie bei der h. Ka-
tharma in Kassel und der bald zu besprechenden Maria des Bres-
lauer Domes (CrA. 71). Katharina und Barbara aber sind dem Ge-
sichtstypus und der ganzen Tracht nach Schwestern der beiden auf
dem Karlsruher Marienbild (CrA. iii) und der weiblichen Heiligen
auf den FlĂĽgeln der Dresdener Marter der Katharina von 1506
(CrA. 3), denen sie auch in der INIalweise am nächsten stehen.
Schon auf Grund dieser Ăśbereinstimmungen mĂĽsste man wenigstens
das Mittelbild Cranach zuschreiben. Dazu kommt noch, dass das Christ-
kind dem in Karlsruhe äusserst ähnlich ist, ja fast dieselbe Haltung
hat. Noch grösser ist die Übereinstimmung zwischen den beiden Engeln
hier und dort, man vergleiche nur ihre Bewegung, besonders die Hal-
tung der Arme und Beine. Nur die Köpfe sind etwas anders gerichtet.
Ich kann aber noch ein Werk nennen, aus dem uns nicht nur
die weiblichen, sondern auch die männlichen Gestalten des Wörlitzer
— 86 —
Triptychons entgegentreten: es ist der grosse Holzschnitt mit der Ent-
hauptung Johannes des Täufers L. 53, den Cranach nach meiner Über-
zeugung 1508 in den Niederlanden gezeichnet hat. Fast alles, was
uns im Bilde eigenartig vorkam, finden wir hier wieder.
Wenn sich nun auch dieser FlĂĽgelaltar seiner Formensprache nach
bei näherem Zusehen als ein durchaus echtes Werk Cranachs zu erkennen
giebt, so wirkt doch eines an ihm, die Farbengebung, ganz fremdartig.
Wenn man diese stark ausgeprägten Lokalfarben und ihre Zusammen-
stellung ins Auge fasst, glaubt man zunächst gar kein deutsches, sondern
ein oberitalienisches Bild vor sich zu sehen. So könnte vielleicht ein
Deutscher gemalt haben, der bei Giov. Bellini in die Schule gegangen
ist. Nun, Cranach ist nicht in Italien gewesen; aber der Venezianer
Jacopo de' Barbari war mehrere Jahre lang sein Genosse im Dienste
der beiden sächsischen Fürsten. Dies Bild giebt Zeugnis von Barbaris
wenn auch wohl nur kurz währendem Einfluss auf den Maler Cranach.
Die nächsten nachweisbaren Bilderstammen aus dem Jahre 1509
und sind mit LC und der Schlange bezeichnet. Es sind Venus und
Amor in der Petersburger Ermitage (CrA. 5) und das Bild-
nis Christof Scheurls im Besitze des Freiherrn v. Scheurl in
NĂĽrnberg (CrA. 4). Ihrer Bezeichung nach sind sie erst nach den
drei Turnierdarstellungen in Holzschnitt (L. 28, 2g, 27) entstanden.
Das Bildnis Scheurls rauss vor dem i. Oktober 150g fertig gewesen
sein, denn Scheurl erwähnt es in dem Widmungsbriefe an Cranach, der
seiner „Oratio attingens litterarum praestantiam" vorangeht und der das
Datum des i. Oktober 150g trägt. Die lateinische Inschrift auf dem
Bilde rührt von Scheurl selbst her, er führt sie wörtlich in dem Briefe
an. Danach ist auch ein Wort zu berichtigen, durch das sie jetzt dem
Sinne nach unklar ist. Sie hiess ursprĂĽnglich: Si Scheurlus tibi notus
est, viator u. s. w., Wanderer, wenn Scheurl dir bekannt ist.
Das sinnlose m a i o r , das jetzt dort steht, ist entstellt aus dem ur-
sprünglichen viator. Ein scharfes Auge erkennt übrigens die späteren
Zuthaten noch ganz deutlich.
Der Ăśberlieferung nach soll auch die sogenannte Verlobung
der h. Katharina (richtiger: Maria mit dem Kind, der h. Katha-
rina und Barbara) im Erfurter Dom (CrA. gg) aus dem Jahre 1509
stammen. Mag nun auf dem alten Rahmen, der jetzt nicht mehr vor-
handen ist, gestanden haben, was will: Das Eine steht fest, dass das
Bild 150g noch nicht gemalt worden sein kann! Auch noch nicht
I5I9' Aber wenn es 1529 datiert wäre, würde kein Kenner Anstoss an
dieser Zahl nehmen, denn es zeigt deutlich den Stil vom Ende der
zwanziger Jahre, es könnte sogar noch am Anfang der dreissiger ent-
standen sein. Aus dem Jahre 1529 stammt das anmutige Marienbild
in der Sammlung Dr. Martin Schubarts in MĂĽnchen (CrA. 47),
dessen Jahreszahl Schuchardt (III, 129) ohne jeden Grund fĂĽr falsch er-
klärt hat; in dieselbe Zeit muss die Maria unter dem Apfel-
baum in Petersburg (CrA. 82) fallen. Schon eine Vergleichung
mit diesen beiden Bildern ergiebt, dass das Erfurter jedenfalls derselben
Zeit angehört. Zur Gewissheit wird dies aber, wenn man noch ein
Bild von 1 5 30, Apollo und Diana in der Berliner Galerie
(Nr. 564. CrA. 50) heranzieht. In der Diana haben wir dasselbe
Modell vor uns, wie in der Heiligen rechts auf dem Erfurter Bilde, so-
gar mit derselben Kopfhaltung, und zum Überfluss hängt ihr auch noch
dasselbe schwarze Bändchen um den Hals. Kann es zwischen zwei
Gestalten wohl eine grössere Übereinstimmung geben? Ich denke,
es wird mir niemand widersprechen, wenn ich sage, das Erfurter Marien-
bild ist 1529 entstanden und die Jahreszahl 1509 ist offenbar nur ein
Lesefehler gewesen. Das Bild aber ist durchaus nicht das Meisterwerk,
als das es bisher angesehen wurde, es erhebt sich vielmehr durchaus
nicht ĂĽber den Durchschnitt dessen, was wir von Cranach in dieser
Zeit gewohnt sind. Die drei zum Vergleich herangezogenen Bilder sind
sogar entschieden höher zu bewerten, als dieses.
Hier will ich nur noch bemerken, dass das Bild von 1529 in der
Sammlung Schubart in MĂĽnchen (CrA. 47) durchaus nicht eines der
spätesten Marienbilder ist, wie angenommen worden ist, sondern dass
ich z. B. aus dem Jahre 1534 zwei kenne (das eine ist in Gotha,
Nr. 360, das andere kam Ende Oktober 1887 auf der Versteigerung
Heberle in Köln an einen Herrn Finsterlin), und dass mir sogar aus
der Zeit nach 1537 noch mindestens ein halbes Dutzend bekannt sind.
Ein ähnliches Schicksal wie dem Erfurter Marienbilde widerfährt
nunmehr auch der berĂĽhmten Madonna mit der Traube in der
MĂĽnchener Pinakothek (Nr. 270). Sie stammt angeblich, nach einer
Inschrift auf der RĂĽckseite, aus dem Jahre 15 12. Alle, auch die
besten Kenner, haben dies gläubig hingenommen und wieder, wie fast
immer bei Cranach, auf die Kritik verzichtet. Und doch spricht nicht
nur, sondern schreit alles in dem Bilde gegen diese Jahreszahl : Maria
und das Kind, die Engel, die Landschaft, die Farbengebung, die Form
— 88 —
der Schlange, das alles weist auf eine viel viel spätere Zeit, auf das
Ende der zwanziger Jahre.
Auf die beiden beglaubigten Bilder des Jahres 150g, Venus und
Amor und das Bildnis Scheurls, folgt nun als ein gleichfalls durchaus
echtes Werk die sogenannte Madonna unter den Tannen im
Besitze des Domes zu Breslau (CrA. 71). Die Bezeichnung LC
mit der Schlange steht auf dem grossen Siegelring, der vorn links auf der
BrĂĽstung liegt. Das Bild ist demnach zwischen 1509 und 15 14 ent-
standen. Da aber die Schlange noch die deutlich ausgeprägte erste
Form mit hoch erhobenem Kopfe und Schwänze und ganz kurzer
Schwanzspitze hat;, darf man als Entstehungszeit die Jahre 1509 und
1510 annehmen. Auch stilistische GrĂĽnde sprechen durchaus dafĂĽr.
Das Gesicht Marias erinnert im Allgemeinen an das der Katharina und
Maria auf dem Wörlitzer Bilde (CrA. 127 A), ganz besonders aber
an das der h. Katharina in Kassel (man vergleiche auch die Nei-
gung des Kopfes, die Haarbehandlung), nur dass dieses noch knospen-
hafter, naiver, jugendlicher wirkt. Auf die Behandlung des Kleides vor
der Brust, die ebenso in Kassel und Wörlitz vorkommt, habe ich schon
hingewiesen. Das Kind ist im Gesicht dem in Wörlitz noch äusserst
ähnlich.
Man wird bei dieser Breslauer Maria unwillkĂĽrlich an ein Bild
DĂĽrers erinnert, das Mittelbild des Wittenberger Altars in der Dresdener
Galerie. Es kann wohl kein Zweifel sein, dass Cranach durch dieses
bestimmte Anregungen erfahren hat. An Gelegenheit dazu, es in der
Wittenberger Schlosskirche zu sehen, so oft er wollte, hat es ihm ja
nie gefehlt.
Im FrĂĽhling 15 13 erfolgte die Vollendung des 151 1 bei Cranach
bestellten grossen Altarwerkes der Stadtkirche in Neustadt a.
d. Orla. Am 24. Juni 1513, dem Johannistag, wurde es auf dem Altare
aufgestellt. Es haben sich hierĂĽber glĂĽcklicherweise ausreichende ur-
kundliche Nachrichten erhalten (vergl. P. Lehfeldt, Bau- und Kunst-
denkmäler Thüringens, Grossherzogtum Sachsen -Weimar - Eisenach,
Bd. III, S. 79). Die Staffel und die vier FlĂĽgel des Werkes sind gemalt,
alles ĂĽbrige besteht aus Holzschnitzerei. Auf der Staffel ist das jĂĽngste
Gericht dargestellt, auf den FlĂĽgeln die Taufe Christi im Jordan, die
Enthauptung Johannes des Täufers mit Friedrich dem Weisen und seinem
Bruder Johann im Hintergrunde, Johannes der Täufer, der Abschied
Christi von seiner Mutter und die beiden Apostel Simon und Judas.
- 8g -
Wenn wir nicht die Urkunden besässen, so müsste es uns schon
der Stil dieser Bilder sagen, dass Lucas Cranach ihr Schöpfer ist.
Lehfeldt, der sich allem Anschein nach fĂĽr einen ausgezeichneten Kenner
Cranachs hält, ist freilich anderer Ansicht. Das jüngste Gericht lässt
er wenigstens noch als ein „leidlich erhaltenes, echtes Werk der Cra-
nachschen Werkstatt unter einiger Mitwirkung des Meisters" gelten.
In den ĂĽbrigen Bildern, also den Hauptdarstellungen, erkennt er aber
einen Maler, „der vorübergehend wohl in der gleichen Werkstatt wie
Cranach und von der gleichen Art etwas beeinflusst, doch ganz ab-
weichenden Kunstcharakter hatte''. Er wittert italienische EinflĂĽsse, die
„auf die von Lionardo und Luino beeinflussten lombardischen Kunst-
kreise hinweisen" und „möchte die Vollendung dieser Bilder eher aut
1520 — 1525, als auf 15 13 ansetzen." Das sind natürlich alles Phan-
tastereien, die ihren Ursprung nur in einer ungenĂĽgenden Kenntnis
cranachscher Kunstweise haben können.
Aus dem Jahre 1514 stammen die lebensgrossen Bildnisse Herzog
Heinrichs des Frommen von Sachsen und seiner Gemahlin
Katharina im historischen Museum in Dresden (CrA. 6 und 7).
Das Bildnis der Herzogin ist von allen bekannten datierten Werken das
letzte, auf dem die volle Bezeichnung LG mit der Schlange vorkommt.
Auf die äusserst sorgfältige Ausführung der Bezeichnung habe ich schon
auf S. 37 hingewiesen.
Wenn ich recht gesehen habe, sind auch die FlĂĽgelbilder des
15 14 entstandenen, namentlich durch seine geschnitzten Gestalten hervor-
ragenden Altarwerks in M i 1 1 e n w a 1 d e (Provinz Brandenburg) von
Cranach.
Wichtig sind die sicher beglaubigten Bilder von 1515 und 15 16,
weil sich nach ihnen die Entstehungszeit einer ganzen Reihe un-
bezeichneter oder undatierter bestimmen lässt. Ich nenne aus dem
Jahre i 5 i 5 :
1 . Christus an der Säule in der Dresdener Galerie (Nr. i go6 D
Mittelbild. CrA. 8).
2. Christus am Kreuz mit den Schachern in Berlin bei Frau
Mathilde Wesendonck (CrA. 9).
3. Die HH. Hieronymus und Leopold in Wien, kaiserl, Galerie
Nr. 1453 (Photographie von Löwy).
4. Ein männliches Bildnis im Vorrat der Berliner
Galerie (Nr. 61 8 A).
— go —
Letzteres ist das schönste Bildnis in kleinerem Massstab, das ich von
Cranach aus der Zeit vor 1520 kenne. Sein Fehlen auf der Cranach-
Ausstellung ist deshalb ganz besonders zu bedauern. Dass es nicht
durchaus tadellos erhalten ist, thut dem Werte des Bildes keinen Ab-
bruch und würde auch kein Grund sein, es nicht wieder öffentlich aus-
zustellen.
Auf zwei Bilder aus dem Jahre 1515, die sich in OlmĂĽtz oder
Kremsier befinden, eine Marter der h. Katharina und eine Jo-
hannes des Täufers, hat Th. v. Frimmel in der Kunstchronik N. F. VII, 6
(10. Oktober 1895) hingewiesen.
Aus dem Jahre 15 16 stammt die sogenannte Verlobung der
h. Katharina in Wörlitz (CrA. 10), eins der Hauptbilder
dieser Zeit.
Im Weimarer Museum befinden sich zwei kleine, angeblich
fĂĽrstliche Bildnisse in Deckfarbenmalerei, jedes oben links mit 15 16,
rechts mit der Schlange bezeichnet. Obgleich sie nicht zu den Tafel-
bildern zu rechnen sind, muss ich sie doch hier erwähnen, um sie ein
fĂĽr allemal abzuthun. Es ist unglaublich, dass ein Mann wie Schuchardt,
der doch fast sein ganzes Leben dem Studium Cranachs gewidmet hat,
diese beiden Bildnisse ĂĽberhaupt in Beziehung zu Lucas Cranach setzen,
ja dass er sie sogar fĂĽr Originalarbeiten von ihm halten konnte, ohne
zu bemerken, dass zunächst die Bezeichnung eine grobe Fälschung ist
und dass die Dargestellten die sogen, spanische Tracht tragen , die im
Jahre 15 16 in Deutschland noch gar nicht bekannt war, sondern erst
etwa in den vierziger Jahren aufkam. Die beiden Bildnisse mögen um
1550 oder später entstanden sein und erinnern nicht einmal an die
Schule Cranachs, sondern machen den Eindruck von fast dilettantischer
Arbeit. Janitschek hat sie wohl kaum selbst gesehen, sondern sich
auf Schuchardt verlassen, sonst wĂĽrde er sie nicht in seiner Geschichte
der deutschen Malerei S. 494 erwähnt haben.
Eine Beweinung Christi im Schlesischen Museum zu Breslau
(Nr. 56. CrA. 154) ist 15 16 datirt und wird der Schule Cranachs zu-
geschrieben. Schwache Spuren der Schlange sollen noch vorhanden sein.
Da das Bild aber eine genaue Kopie nach dem Holzschnitt der Passion
(B. 17) ist und die Farbengebung und Technik weder die Cranachs,
noch seiner Schule ist, so ist das Bild aus der Reihe auch der Schul-
bilder Cranachs zu streichen.
Es ist interessant, die vier bezeichneten Bilder von 1515 mit dem
— QI —
von 15 16, dem Wörlitzer Marienbilde^ zu vergleichen. Die von 15x5
stimmen unter einander völlig überein. Wenn nun das schöne Wörlitzer
Bild nicht derartig echt bezeichnet wäre, dass ein Zweifel an der Ur-
heberschaft Lucas Cranachs überhaupt nicht möglich ist, würde da wohl
ein Unbefangener, der von Cranach nichts anderes kennt, als jene vier
Bilder von 151 5, zu ĂĽberzeugen sein, dass auch dies Bild ein Werk
derselben Hand sei? Ich glaube nicht. BerĂĽhrungspunkte mit jenen von
1515 sind ja ĂĽberhaupt nicht vorhanden, Formensprache, Farbengebung,
technische Behandlung, alles ist anders. Und doch findet der Kenner
alles an dem Bilde echt cranachisch. So wĂĽrde es auch ein Unbefan-
gener nicht für möglich halten, dass die Bildnisse Herzog Heinrichs des
Frommen und seiner Gemahlin von 1514 in Dresden von derselben
Hand sein sollen, wie das männliche Bildnis von 15 15 in Berlin, ob-
gleich sie das Zeichen desselben Meisters tragen. Wie ist nun dieser
gewaltige Unterschied zu erklären? Nur aus dem Unterschied in der
Grösse der Bilder und vor allem der Gestalten. Wir sehen hier einmal
auf das deutlichste, wie, ausser dem Gegenstand, etwas rein Äusserliches,
die Massverhältnisse, auf die Technik und auf alles das, was man den
Stil eines Bildes nennt, bestimmend einwirken.
Es ist deshalb nicht statthaft, ein nicht beglaubigtes Bild mit
kleinen Gestalten Cranach deshalb abzusprechen, weil es mit einem
echt bezeichneten Bilde mit grossen Gestalten wenig oder gar nicht ĂĽber-
einstimmt, und umgekehrt. Auf diesem Wege wĂĽrde man nie zum
Ziele kommen. Zunächst wird man gezwungen sein, immer nur solche
Bilder mit einander zu vergleichen, deren Gestalten ungefähr gleich
gross sind, und dann Mittelglieder aufzusuchen.
Was die Form der Schlange bei diesen Bildern von 151 5 und
1516 betrifft, so haben wir hier überall die zweite spätere mit drei
unteren Windungen des Leibes, die FlĂĽgel sind doppelt, wo es die
Grosse der Schlange erlaubt, besonders schön und deutlich natürlich auf
dem Wörlitzer Bild.
In dieselbe Zeit, 151 5 und 1516, gehören nun auf Grund stilisti-
scher Übereinstimmungen zunächst von Bildern mit kleinen Gestalten:
Die Kreuzigung der städtischen Sammlung in Strassburg
(CrA. iio), eins der feinsten und bezeichnendsten Bilder dieser Zeit,
vollkommen eigenhändig. Christus ist dieselbe Gestalt wie auf der Wesen-
donckschen Kreuzigung und auf dem Holzschnitt von 1 5 1 5 , Spalatin
vor dem Kruzifix, L. 48.
— 92 —
Ferner Christus am Ă–lberg in Dresden (Nr igo8. CrA. 76).
Es ist wieder derselbe Christustypus (man vergl. auch den Christus an
der Säule von 1515 in Dresden igo6 D. CrA. 8), der Erdboden ist
genau so wie auf der Kreuzigung in Strassburg behandelt. Die drei
schlafenden Jünger stimmen in der Behandlung der Köpfe und der Ge-
wandung völlig mit den drei den Schmerzensmann verehrenden männ-
lichen Heiligen des Dresdener Bildes ĂĽberein. Die Schlange hat die
zweite Form in sehr charakteristischer Ausprägung.
Ein Hauptbild dieser Zeit ist der bethlehem itische Kindermord
in Dresden (Nr. 1906 C. CrA. 106). Hier kehren verschiedene Ge-
stalten von der Strassburger Kreuzigung zum Teil wörtlich wieder. Die
Behandlung ist, abgesehen von der Färbung, völlig gleich. Einen
äusseren Beweis, dass das Bild um 1516, aber auf keinen Fall später
entstanden ist, bringt ein 1516 datiertes Bild der A schaffenburger
Galerie, die fĂĽr den Kardinal Albrecht von Brandenburg gemalte Marter
des h. Erasmus, ein Bild, das nicht von Lucas Cranach gemalt sein
kann, aber doch aus seiner Werkstatt stammen muss. Dies beweisen
die vielen Anklänge an den Kindermord in Dresden. Aus diesem sind
sogar einige Gestalten unmittelbar entlehnt, mit ganz geringfügigen Ände-
rungen, besonders der Reiter mit dem Pferd, das den Kopf in die Höhe
reckt, und der von hinten gesehene in der rechten unteren Ecke. Beide
kommen auf dem Aschaffenburger Bilde auch fast an derselben Stelle
vor wie auf dem Dresdener.
In unmittelbarem Anschluss an den Kindermord mĂĽssen nun ge-
nannt werden :
1. Die Anbetung der Könige im Lei pziger Museum (Nr. 24,
Verzeichn. von 1897 S. 95. CrA. 113). Formensprache und Kolorit
stimmen mit dem Kindermord ĂĽberein, das Christkindchen ist dasselbe,
das der knieende Kriegsknecht links vorn auf diesem Bilde hält. Die
Strassburger Kreuzigung bietet ebenfalls vieles zum Vergleich.
2. Die heilige Nacht im Besitz von R. v. Kaufmann in Berlin
(CrA. 90). Das Kindchen iSt das des eben erwähnten Leipziger Bildes.
Formen und Farben stimmen genau mit diesem und dem Kindermord
ĂĽberein, namentlich die fahle Fleischfarbe findet sich genau so auf dem
Kindermord. Die Schlange hat trotz ihrer Kleinheit zwei deutlich von
einander unterschiedene FlĂĽgel, ihre Gestalt entspricht der auf den
beiden bezeichneten Dresdener Bildern, Christus an der Säule und am
— 93 —
Olberg (CrA, 8 und io6). Das Kaufmannsche Bildchen ist ein vortreff-
liches Beispiel von cranachscher Feinmalerei.
Auf Grund aller dieser in die Jahre 1515 und 15 16 fallenden
Bilder mit kleinen Gestalten erkläre ich nun die 10 Gebote von 15 16
in der Lutherhalle in Wittenberg, obgleich sie nicht bezeichnet sind,
fĂĽr ein durchaus echtes und charakteristisches Werk Lucas Cranachs.
Wir sehen hier die verschiedenartigsten männlichen, weiblichen und
Kindergestalten in demselben Rahmen vereinigt. Dadurch werden die
10 Gebote zu einem der wichtigsten Werke, und ihr Fehlen auf der
Ausstellung bedeutet eine empfindliche LĂĽcke. Einige starke Verzeich-
nungen, unmögliche Stellungen und Geschmacklosigkeiten sind kein
Grund, das Werk nicht für eigenhändig zu halten; auch Cranach hat
sich bisweilen gehen lassen.
Durch die jugendlichen Frauengestalten auf den 10 Geboten ist
nun auch die Zeit der kleinen sitzenden h. Magdalena im Besitz
des Herrn Vincent Mayer in Frei bĂĽrg i. B. (CrA. 84) genauer zu
bestimmen. Das mit der Schlange bezeichnete Bildchen ist jedenfalls
bald nach 15 16 entstanden. Es ist durch das tiefe Braun, in das es
getaucht ist, von höchstem koloristischem Reiz.
Etwa gleichzeitig mit den 10 Geboten, also um 15 16 oder nur
wenig später, sind zwei kleine Altarflügel im gotischen Hause in Wörlitz
anzusetzen mit namentlich in der Erfindung anmutenden Darstellungen
aus dem Leben der Maria (Maria als INlädchen und die Ruhe aut
der Flucht nach Ägypten). Schuchardt (II, 151 Nr. 452 und 453), der
sich in dem Stil dieser kleinen Bilder von 151 5 und 15 16 nicht hat
zurecht finden können, hat sie für Werke eines bedeutenden Künstlers
erklärt, der neben Cranach in Sachsen thätig war.
Ausserdem gehört in die Nähe der 10 Gebote die h. Anna selb-
dritt in der Landschaft in der MĂĽnchener Pinakothek (Nr. 279, Phot.
Bruckmann).
Aus dieser Zeit stammen wohl auch zwei Darstellungen- des SĂĽn-
denfalls, die erste in der Sammlung auf der Veste Koburg (CrA.
107), die zweite in MĂĽnchen (Nr. 277, Phot. Bruckmann und Hanf-
stängl). Ich schliesse hier gleich noch eine dritte Darstellung im Braun-
schvveiger Museum (CrA. 72) an. Das Braunschweiger Bild ist von
den dreien allein bezeichnet, es ist das grösste, schönste und auch das
späteste. Denn die Eva erinnert im Gesicht sehr an die Marienbilder
von i;i8, während die beiden andern die den cranachischen Gestalten
— 94 —
um 1 5 1 5 eigentĂĽmlichen GesichtszĂĽge haben. Das Koburger Bild ist
wohl das früheste. An seiner Eigenhändigkeit darf vorläufig nicht
gezweifelt werden, es zeigt z. B. ganz die Malweise des h. Hieronymus
und Leopold von 1515 in Wien. Auch die recht hässliche Körper-
bildung der Eva darf hier nicht irre machen. Dass alle drei Dar-
stellungen von derselben Hand herrĂĽhren, dĂĽrfte jedem einleuchten, wenn
er nur die Stellung und Fussbildung Adams vergleicht. Der Adam in
Braunschweig ist sogar ganz dieselbe Gestalt wie in MĂĽnchen, ohne
nennenswerte Abweichungen, nur noch verfeinert und grösser. Die beiden
Bilder in Koburg und MĂĽnchen sind auf einen dunklen braunen Gesamtton
gestimmt, wie es bei allen Bildern Cranachs mit kleineren Gestalten in
dieser Zeit der Fall ist. Mit der Grösse der Gestalten wächst dann
auch die Helligkeit der Töne, wie sich z. B. aufs deutlichste bei dem
Braunschweiger Bilde im Vergleich zu den beiden frĂĽheren zeigt, die
viel kleiner sind.
Als ein durchaus sicheres Werk Cranachs aus der Zeit um 1 5 1 5
erweist sich nun auch der h. Hieronymus in der Landschaft in der
Berliner Galerie (Nr. 535, Phot. Hanfstängl). Er wird dort einem
Nachfolger Cranachs zugeschrieben, aber in einer Anmerkung in der
neuesten Auflage des Katalogs schon zu dem Meister selbst in Beziehung
gebracht, allerdings zu seiner sogenannten „Frühzeit". Zum Vergleich
brauchen nur drei Bilder herangezogen zu werden: der h. Hieronymus
von 1 5 1 5 in Wien und die beiden Dresdener Bilder Christus an der
Säule von 1515 (Nr. igo6 D, CrA. 8) und der gleichzeitige Christus
am Ölbcrg (Nr. 1908, CrA. 76). Der zarte, fast knabenhafte Körper des
Heiligen mit den dĂĽnnen Armen erinnert an Christus, die FĂĽsse sind
dessen Füssen sogar völlig gleich, es sind echt cranachsche Füsse, wie
sie auch auf den drei Darstellungen des SĂĽndenfalls vorkommen.
Betrachtet man ferner beim Berliner Hieronymus und beim schlafenden
Petrus nur den oberen Teil des Gesichtes bis zur Nasenspitze, so hat
man denselben Kopf vor sich; sie gleichen sich so, dass man beide
vertauschen könnte. Es ist zugleich der des h. Hieronymus in Wien.
Ferner ist die Behandlung des Gewandes, namentlich der Faltenwurf,
ganz so, wie auf allen andern cranachschen Bildern dieser Zeit. Die
Farbengebung stimmt ebenfalls. Die Landschaft ist in derselben zier-
lichen Weise behandelt, wie z. B. am Ă–lberg in Dresden und auf der
Strassburger Kreuzigung. Kurz, zwischen dem Berliner Hieronymus und
den sicheren um 151 5 — 15 16 entstandenen Bildern Cranachs ist weder
— 95 —
in Bezug auf Formen, noch Farben, noch technisches Verfahren irgend-
welcher Unterschied zu bemerken.
Von den Bildern dieser Zeit mit grösseren Gestalten nenne ich
zunächst die ihr Kind stillende Maria im Darmstädter Museum
(Nr. 343, CrA. 138). Sie hat in der Bildung des Gesichts grosse Ähn-
lichkeit mit der h. Magdalena des Herrn Vincent Mayer in Freiburg i. B.
(CrA. 84), mit verschiedenen jungen Frauen auf den 10 Geboten von
1516 in der Lutherhalle in Wittenberg, auch mit der h. Anna in der
MĂĽnchener Pinakothek (Nr. 279), wo wir auch fast dasselbe Kind finden;
besonders in die Augen fallend erscheint mir die Verwandtschaft mit
der h. Barbara auf dem Wörlitzer Bilde von 15 16 (CrA. 10).
In engen Beziehungen zu diesem Wörlitzer Bilde steht nun auch die
h. Katharina und die h. Barbara der Dresdener Galerie (Nr. 1906
E und F. CrA. 12g. 130). So über die Massen lange Unterkörper wie
diese beiden würden auch die beiden stehenden Heiligen in Wörlitz,
Margaretha und Barbara, zeigen, wenn nicht die sitzenden hier zu
Hilfe kämen und die Geschmacklosigkeit des Künstlers ziemlich gut ver-
deckten. — Ich will nur darauf hinweisen, wie ähnlich auf den drei
Bildern die Köpfe sind' und wie in ganz gleicher Weise das lange Haar
behandelt ist. Dass die Dresdener Barbara denselben kurzen, pelz-
besetzten Schulterumhang hat, wie die h. Margaretha in Wörlitz, und
dass die Hand, die den Kelch trägt, ebenso von der Schürze verdeckt
ist, wie die der Wörlitzer Barbara von dem Tuche, auf dem die Wein-
trauben liegen, ist wohl auch nicht bloss Zufall. Trotz dieser grossen
Ăśbereinstimmungen wĂĽrde ich aber die beiden Dresdener Heiligen nicht
in das Jahr 15 16 setzen, sondern etwas frĂĽher. Sie bilden den Ăśber-
gang von dem älteren weiblichen Typus, wie ihn z. B. die Schäfersche
Madonna in Darmstadt (CrA. 128) zeigt, zu dem spätem des Wörlitzer
Bildes.
Von Bildern mit grösseren Gestalten gehört ferner hierher die
Anbetung der Könige in Gotha (Nr. 331. CrA. 78). Sie ist mit der
Schlange mit doppelten Flügeln in besonders schön ausgeprägter späterer
Form bezeichnet, wie sie auf dem Holzschnitt Friedrich der Weise in
Verehrung der Maria L. 34 und dem Kupferstich Friedrich der Weise
in Verehrung des Bartholomäus L. 57 vorkommt; kleiner findet sich
dieselbe Form der Schlange auf Christus am Ă–lberg in Dresden (CrA.
76). Das Bild ist etwa 1515 — 16 entstanden und darf als ein Haupt-
werk dieser Zeit gelten. Die drei Könige erinnern noch sehr an die
- 96 -
frühere Darstellung in der Wenzelskirche in Naumburg, während sich bei
Maria und dem Kind schon der Stil einer etwas späteren Zeit bemerk-
lich macht. Man darf das Bild wohl ganz in die Nähe der kleineren
Anbetung der Könige in Leipzig setzen, da Maria fast dieselbe Kopf-
form hat und auch die Köpfe der Könige grosse Ähnlichkeit mit denen
dort haben. Der mittlere König ähnelt stark dem Münchener und
Braunschweiger Adam ; den Mohren finden wir auf dem Kindermord in
Dresden wieder.
Wegen des Gesichts der Maria, das dem auf der kleineren An-
betung der Könige in Leipzig völlig gleicht, muss hier auch das Bild
Nr. 128 der Budapester Nationalgalerie eingereiht werden, das im
deutschen Katalog von 1897 die drei Elementarschläge (die
Pfeile des Kriegs, der Pest und der Hungersnot) genannt wird (Photo-
graphie von Weinwurm in Budapest). Oben im Himmel ist Gottvater
im Begriff, drei Pfeile auf die Menschheit abzuschiessen, deren Vertreter
dicht aneinandergedrängt unter dem Mantel der rechts unten knieenden
Maria Schutz gefunden haben. Maria blickt flehend zu Gott empor, um
das Unheil abzuwenden. Links kniet Christus auf dem Kreuzesstamm,
ebenfalls den Kopf flehend emporgewandt. Wir finden hier also den-
selben Gedanken ausgedrĂĽckt, wie auf dem Votivbild des BĂĽrgermeisters
Ulrich Schwarz vom älteren Holbein in der Sammlung des Herrn
von Stetten in Augsburg (Abbildung bei Janitschek zu S. 274), das ja
auch seiner Entstehungzeit nach unserem Bilde nicht allzufern steht.
Christus ist eine edle Gestalt voll Weichheit und Milde in den
ZĂĽgen; es giebt nicht viel Christusgestalten dieser Art bei Cranach.
Gottvater hat dieselben ZĂĽge, wie auf dem ersten der 10 Gebote in der
Lutherhalle in Wittenberg, ein weiblicher Kopf unter dem Mantel Marias
erinnert an die Koburger Eva. Die Landschaft ist in derselben Weise
behandelt, wie auf dem h. Hieronymus in Berlin. Die Engelsköpfe sind
auffallend flĂĽchtig gezeichnet.
Hier reihe ich gleich an, obwohl sie wahrscheinlich etwas später
anzusetzen ist, eine noch* unbekannte und als Werk Cranachs noch nicht
erkannte halbrunde Darstellung der von Engelsköpfen umschwebten
Dreifaltigkeit aus Ehrenberg bei Neustadt im Museum des Königl.
Sachs. Altertumsvereins in Dresden (FĂĽhrer von 1895 Nr. 526a).
Das Werk ist nur noch eine Ruine und in der Photographie besser
zu geniessen, als im Original. Gottvater, mit den ZĂĽgen des Budapester,
die dreifache Krone auf dem Haupte, hält vor sich den Sohn, der mit
— 97 —
brechenden Augen und geöffnetem Munde den Eindruck eines eben
Verscheidenden macht. Ăśber dessen linkem Arme schwebt die Taube.
Ganz ähnlich, aber der Zeit nach der eben erwähnten wohl noch
vorangehend, sind zwei Dreifaltigkeits-Darstellungen in Chemnitz und
Leipzig.
Von ganz grossen Darstellungen gehört in die Zeit um 15 15 zu-
nächst die Beweinung Christi der Nationalgalerie in Budapest
(Nr. 138. CrA. 144). Das Bild ist kĂĽnstlerisch so hervorragend, dass
es als eigenhändig und als ein Hauptwerk dieser Zeit angesehen werden
muss. Die Magdalena hier finden wir auch auf der Wesendonckscheii
Kreuzigung von 1 5 1 5 (CrA. g), ähnliche männliche Gestalten auf der
Gothaer Anbetung der Könige (CrA. 78). Die Färbung des Fleisches,
namentlich Christi, ist warm bräunlich, wie überhaupt das ganze Bild
auf einen warmen Ton gestimmt ist.
Der Budapester Beweinung steht dieselbe Darstellung in der
Nikolaikirche zu Jüterbog, zu der links der h. Bartholomäus und
rechts die h. Anna selbdritt als Flügelbilder gehören (CrA. 108], sehr
nahe, doch ist das Werk wahrscheinlich einige Jahre später, um 15 18,
entstanden. Leider ist es nicht gut erhalten. Fremde Hände, etwa
die von Gesellen, vermag ich hier nicht zu erkennen, sämtliche Ge-
stalten sind echt cranachisch , und Farbengebung wie technische Be-
handlung stimmen ebenfalls mit den andern Bildern Cranachs aus dieser
Zeit ĂĽberein. So ist z. B. der kleine Jesus ganz derselbe wie auf der
Gothaer Anbetung der Könige (CrA. 78), und die weiblichen Gestalten
sind denen des Abschieds Christi in Dresden (Nr. 1907. CrA. 75) nahe
verwandt.
xÄhnlich wie auf dem rechten Flügelbilde, der Anna selbdritt,
in JĂĽterbog ist derselbe Gegenstand auf einem grossen Bilde im Vorrat
der Berliner Galerie (Nr. 544 A. CrA. 142) behandelt. Ich mache
hier auf den feinen Farbendreiklang Weiss, HellgrĂĽn, Hellkarminrot auf-
merksam, der sich z. B. auch auf dem Schäferschen Marienbilde in
Darmstadt (CrA. 128) findet und ein vortreffliches Kennzeichen fĂĽr
echte cranachsche Bilder des zweiten Jahrzehnts, von etwa 15 14 bis 15 18,
zu sein scheint.
Etwas jünger und wohl erst nach dem Wörlitzer Bild entstanden
sein mögen vier Tafeln im Besitz der Schlosskirche in Chemnitz.
Sie waren ehemals an den Chorwänden aufgehängt und werden jetzt
im Sitzungszimmer des Vorstandes aufbewahrt. Nach der Restaurierung
7
der Kirche standen sie in Gefahr, unter das alte Eisen geworfen zu
werden, bis ich fĂĽr ihre Erhaltung eintrat.
Es sind folgende:
1. a) Eine Dreieinigkeit, im Korbbogen geschlossen.
b) (RĂĽckseite) Maria im Himmel mit heiligen Frauen und
Männern und einer weiblichen und männlichen Seele. Beide
Bilder sind stark beschädigt.
2. Marter des h. Jakobus (CrA. 149), von derselben äusseren
Form wie Nr. i,
3. Heidenpredigt des Apostels Philippus (?) (CrA. 150).
4. Marter der Söhne der Felicitas (CrA. 151).
Ein Zusammenhang mit den bisher besprochenen Bildern dieser
Zeit ist überall vorhanden, es finden sich Gestalten, die dort ganz ähn-
lich vorkommen, dagegen aber auch welche, die schon auf eine spätere
Zeit (151 5 — 1520) hinweisen.
Hier muss ich nun auch eine Dreieinigkeit mit Maria und
Sebastian im Leipziger Museum (Nr. 248, Verzeichn. von 1897
S. 240, CrA. 153) erwähnen, die ganz ähnlich wie die Chemnitzer
dargestellt, auch sicher von derselben Hand ist, aber kĂĽnstlerisch noch
höher steht als jene. Der Zeit nach ist sie aber früher anzusetzen, vielleicht
noch vor 151 5.
Ebenso geht wahrscheinlich der Chemnitzer Marter der Söhne
der Felicitas (CrA. 151) dieselbe auf zwei Tafeln verteilte Darstellung
voran, die das Provinzialmuseum in Hannover (Nr. 81 a u. b) besitzt.
Der malerische Stil Cranachs um die Jahre 1515 und 15 16 liegt
so klar ausgeprägt vor uns, und ebenso sind auch aus den folgenden
Jahren so viele sichere Unterlagen zu seiner Beurteilung vorhanden,
dass wir solche Bilder, die einen andern Stil zeigen und die weder ins
erste noch ins dritte Jahrzehnt gehören können, in die Jahre 15 10 — 1515
versetzen mĂĽssen.
Es ist nicht leicht, die vorhandenen Bilder innerhalb dieser Zeit
so zu ordnen, dass sich eine folgerechte Entwickelung ergiebt. Sichere
Anhaltspunkte dazu fehlen bis jetzt so gut wie ganz, denn kleinere
vollbezeichnete Bilder aus dieser Zeit sind noch nicht nachgewiesen.
In die Zeit der Vollendung des Altarwerks in Neustadt a. d.
Orla, also 15 13, mag die grosse Maria auf der Holzbank im
Besitze des Freiherrn v. Heyl in Darmstadt (CrA. 116) fallen. Sie
ist nicht leicht in die Entwickelung einzureihen, da fast alle BerĂĽhrungs-
— 99 —
punkte mit andern Marienbildern fehlen. Die ungewöhnlich grossen
Formen erschweren die Entscheidung. Ungewöhnlich ist auch die
ernste Stimmung, die ĂĽber das Bild ausgegossen ist. Als Werk Lucas
Cranachs kann es jedoch nicht im geringsten bezweifelt werden. Mit
dem „Pseudogrünewald", an den man gedacht hat, hat es nichts zu thun.
Wenn ich meinem Gedächtnis trauen darf, so hat diese Maria
grosse Ähnlichkeit mit dem Kopf der Maria auf dem Gothaer
Bilde Nr 33g, auf dem ausserdem noch der Kopf Christi dargestellt ist.
So schwer wie die Heyische Maria ist auch der segnende
Christus der Nikolaikirche in Zeitz (CrA. 112) unterzubringen.
Datierte Bilder, namentlich Christusbilder, in so grossen Formen fehlen
bis jetzt gänzlich. Wer nicht genauer mit Cranach bekannt ist, würde
wahrscheinlich beim Anblick dieses Bildes allein gar nicht an diesen
Meister denken. Sicher ist aber wohl, dass es zwischen 15 10 u. 1515
anzusetzen ist.
Um das Jahr 15 14 mag der kleine FlĂĽgelaltar im Dom von
Merseburg (CrA. 152) entstanden sein, auf dessen leider ziemlich
schlecht erhaltenem Mittelbild Maria mit dem Kind auf dem Schosse
und der h. Katharina dargestellt ist. Nach einem Bericht von Otte*)
befanden sich noch 1840 ĂĽber dem Mittelbilde drei Wappen (wahr-
scheinlich aus Holz), ein grösseres in der Mitte mit quadiertem Schilde,
bestehend aus dem Wappen des Bistums Naumburg und dem des Ge-
schlechts V. Schönberg, und zwei kleinere auf beiden Seiten, das der
V. Schönberg und das der Pflug. Nach diesen Wappen zu schliessen, muss
das Werk eine Stiftung des Bischofs Johann von Naumburg ge-
wesen sein, dessen Vater Heinrich von Schönberg und dessen Mutter
Ilse Pflug wai**). Der Bischof Johann starb am 26. September 151 7.
Damit wäre der späteste Termin für die Entstehung des Altärchens
gegeben. Doch weist der Stil der fĂĽnf Bilder auf die Zeit vor 151 5.
Der h. Hieronymus mit dem Löwen auf dem einen Flügel hat die
grösste Ähnlichkeit mit dem von 1515 in Wien, nur dass dieser einen
langen Bart hat und barhäuptig ist, während der Merseburger bartlos ist
*) „Erläuterungen über eiiw^'e Kunstdenkmäler im Dom zu Merseburg" in den
Neuen Mitteilungen aus dem Gebiet his'.orisch-antiquarischer Forschungen, 5. IJand,
I. Heft {1840), S. 106—108.
**) Bei Otte sind die tarnen falsch angegeben; vergl. Fraustadt, Gescliichtc
des Geschlechts von Schönberg meissnischen Stammes, 1. B 1., Abt. A, 2. Ausg.
S. 231.
7*
und seinen Kardinalshut auf dem Kopf hat. In der Beziehung gleicht
er dem Hieronymus im Wittenberger Heiligtumsbuch, III. Gang Nr. 1 5
(vor 1 508). Doch steht das ganze Bild dem Wiener viel näher, als
diesem Holzschnitt. Der Löwe hat auf beiden Bildern fast dieselbe
Stellung, nur sieht er in Wien wirklich wie ein Löwe aus, während er
in Merseburg einen Kopf hat, der mehr an einen Affen erinnert. So
beinahe kugelrunde Frauenköpfe, wie der Marias, finden sich nach 1 5 i 5
'wohl kaum mehr, sie kommen, wie es scheint, nur kurze Zeit, etwa zwei,
drei Jahre lang, vielleicht zwischen i 5 i 2 und i 5 i 5 vor, Bestimmteres
lässt sich jetzt noch nicht darüber sagen. Maria hat das Haar mit
einem dĂĽnnen Schleier verhĂĽllt, der ĂĽber den Ohren in Schleifen gebunden
ist. Diese für die Zeit immerhin ungewöhnliche Kopftracht findet
sich auch auf dem Holzschnitt L. 34, Friedrich der Weise die Mutter
Maria verehrend, als dessen Entstehungszeit ich die Jahre 15 14 — 151 5
berechnet habe. Marias Kleid ist wie auf frĂĽheren Bildern, z. B. dem
Breslauer Marienbild (CrA. 71), vor der Brust in kleine senkrechte
Falten gelegt. Das ganz von der Seite gesehene Gesicht der h. Katharina
finden wir genau so auf dem Dresdener Kindermord (CrA. 106) bei
der Frau unten am linken Rand wieder. Auch die allerliebsten beiden
Engelknäbchen kommen dort ganz ähnlich vor. Nicht verschweigen
will ich, dass Johannes der Täufer auf dem einen Flügel sein Vorbild
in einem Dürerschen Holzschnitt (B. 112) hat, — Die schon besprochenen
Bilder von 151 5 und i 5 16 zeigen zum Teil eine Weiterbildung der Formen
des Merseburger Altärchens, stehen ihm aber in anderer Beziehung
noch sehr nahe^ sodass kein zu grosser Zeitabstand zwischen ihnen an-
genommen werden darf. Das Jahr 15 14 würde diesem Verhältnis
ungefähr entsprechen.
Zwei kleine A 1 1 a r f 1 ĂĽ g e 1 mit den Heiligen Christoph und
Katharina, Barbara und Georg in der herzoglichen Kunstsammlung auf
der Veste Koburg erinnern in der Technik und auch mit ihren rund-
lichen Köpfen sehr an die Merseburger Bilder, Sie haben übrigens
keinen besonders grossen kĂĽnstlerischen Wert.
Künstlerisch viel höher als das Merseburger Triptychon steht die
Anbetung der Könige in der Wenzelskirche in Naumburg, die
gleichfalls um 1514 entstanden sein mag, eins der schönsten Werke
Cranachs nicht nur aus dieser, sondern aus seiner ganzen Schaffenszeit,
das leider auf der Cranachausstellung nicht vertreten ist. Maria hat
denselben fast kugelrunden Kopf und das Kleid vor der Brust ebenso
gefältelt, wie die Merseburger. Dies Bild gehört der Zeit nach unbedingt
noch vor die Anbetung der Könige in Gotha (Nr 331. CrA. 78).
In die Jahre 15 14 — 15 15 setze ich die M a r i a auf der Mond-
sichel mit Friedrich dem Weisen und dem h. Bartholomäus im Besitz
des Geh. Hofrats Dr. Schäfer in Darmstadt (CrA. 128), wenig-
stens spricht die äussere Erscheinung des Kurfürsten für diese Zeit.
Er befindet sich hier anscheinend in demselben Alter, wie auf dem
Kupferstich mit dem h. Bartholomäus L. 57, den ich 15 14, und auf
dem Holzschnitt mit Maria und dem Kinde L. 34, den ich 15 14 — 15 15
angesetzt habe. Ausserdem klingt im Kopf der Maria schon die Form
an, die wir weiter ausgebildet bei der h. Barbara in Dresden (CrA. 130)
und noch weiter auf dem Wörlitzer Bild von 15 16 finden.
Ein ganz ähnliches Marienbild, auch mit einem Stifter, be-
sitzt der Freiherr v. Holzhausen in Frankfurt a. M. (unter GrĂĽne-
walds Namen), doch weist manches darin schon auf eine etwas spätere
Zeit. Die Inschrift, wonach das Bild 1500 gemalt sein soll, ist eine
Fälschung, was man auf den ersten Blick erkennt.
Schwierig ist die Zeit der grossen Darstellung von Christi
Höllenfahrt und Auferstehung in der Mariaschneekapelle
der Stiftskirche zu Aschaffenburg (CrA. 155) zu bestimmen. Wör-
mann erhebt im Ausstellungskatalog die Frage, ob sie nicht vom
Jüngern Lucas Cranach herrühre. Dies ist jedoch völlig ausgeschlossen.
Wenn sie von diesem v/äre, könnte sie nur in die fünfziger Jahre fallen.
Dagegen spricht nun freilich alles, Auflfassung, Formensprache, vor allem
die Farben, von denen einige auf der Palette des jungem Lucas nie
vorkommen. Janitschek (S. 493) setzt das Bild an den Anfang der
zwanziger Jahre, doch wĂĽsste ich vor der Hand kein anderes aus dieser
Zeit zu nennen, das zu ihm stimmen wĂĽrde. Man wird vielleicht der
Wahrheit am nächsten kommen, wenn man es dicht an das Jahr 15 15
heranrĂĽckt. Christus z. B. hat fast dasselbe Gesicht wie auf dem Budapester
Bild, genannt die drei Elementarschläge. Manche weibliche Köpfe erinnern
an die h. Katharina und Barbara in Dresden (CrA 129. 130) und an
das Wörlitzer Marienbild von 15 16 CrA. 10), manche männliche auch
an einige der Chemnitzer Bilder, die aber wohl etwas später sein mögen.
Andererseits sind noch starke Anklänge vorhanden an die 15 12 ver-
öffentlichten Holzschnitte zu dem Büchlein Adams von Fulda (besonders
an die Erschaffung der Eva, Verkündigung, Christi Höllenfahrt), sowie
an die wohl noch etwas frühere Himmelsleiter und Hölle L. 51 und 51a.
— I02
Man vergleiche ausserdem die Auferstehung B. ig, wo Christus und
die schlafenden Wächter vielfach an dieselben Gestalten des Bildes in
Aschaffenburg erinnern.
Aus derselben Zeit wie dieses werden auch die beiden AltarflĂĽgel
mit 6 H e i 1 ig e n im Museum zu Darm Stadt (Nr. 243 a, CrA. 137)
stammen. Dargestellt sind links Jakobus der Ältere, Mathäus und
Andreas, rechts Johannes der Täufer, Erasmus und Christoph. Man
vergleiche auf dem Aschaffenburger Bilde nur die Köpfe der Erlösten
in der Vorhölle, vor allem aber die Füsse, bei denen die Überein-
stimmung besonders gross ist.
Stilistisch stimmt mit den Darrastädter Heiligen überein ein beider-
seitig bemalter AltarflĂĽgel im Museum des Altertumsvereins in
T o r g a u ; er stammt aus der dortigen Franziskanerkirche. Auf der
einen Seite ist der h. Nikolaus dargestellt, auf der andern der h.
Rochus, fast dieselbe Gestalt, wie Jakobus der Ältere in Darmstadt.
Diese beiden Bilder sind auch deshalb beachtenswert, v.-eil sie noch
keine moderne Restauration erlitten haben, also die alte Temperatechnik
deutlich zur Anschauung bringen.
In die Zeit von 15 10 — 1515 gehören nun wahrscheinlich auch
zwei Bildnisse ohne jede Bezeichnung, die aber doch auf Grund ihrer
allgemeinen Haltung, namentlich der Farbengebung und der Mal weise,
als echte Werke Lucas Cranachs gelten dĂĽrfen. Wir wissen bis jetzt
nicht, wer die Dargestellten sind, sonst könnten wir auch die Ent-
stehungszeit dieser Bildnisse mit mehr Sicherheit bestimmen , als dies
aus stilistischen Gründen möglich ist. Das eine ist ein weib-
liches Brustbildnis in kaiserlichem Besitze (im Berliner
Schloss; CrA. 122), das andere ziemlich schlecht erhaltene das Brust-
bild eines Pilgers in der Sammlung des f Dr. S c h u b a r t in
München (CrA. 123). Was der Pilger als Schmuck am Hute trägt,
sind selbstverständlich keine gekreuzten Schwerter, sondern Pilgerstäbe
(man vergleiche z. B. nur Jakobus den Älteren auf dem Darmstädter
Bilde CrA. 137), und die Folgerung, er habe dem kursächsischen
Hause angehört, ist deshalb durchaus irrig.
Da ich die Bilder aus dem Jahre 1 5 1 5 und 1 5 1 6 schon vorher
besprochen habe, gehe ich nun zu denen der folgenden Zeit ĂĽber.
Aus dem Jahre 1 5 1 7 giebt es keine Bilder, die bezeichnet und
datiert wären, dagegen ist das Jahr i 5 i 8 um so reicher an solchen.
Es sind dies zunächst: i. Eine Maria mit dem Kind in der
Landschaft im Dom von Gross-Glogau (CrA. 121, ein Bild, das
jetzt nur noch mit gewissen Einschränkungen als Werk Cranachs gelten
darf. Die Fleischtöne, namentlich die Schminke im Gesicht Marias,
gehören ganz sicher nicht ihm, sondern einem modernen Restaurator an.
2. Ein ganz ähnliches Marienbild im Besitz des Grossherzogs von
Weimar. 3. Der Sterbende im Leipziger Museum (Nr. 40.
('r.\. 1 1). 4. Ein männliches und ein dazu gehöriges weibliches Bildnis
im Besitz des Hofrats Gröbbels in Donaueschingen. Ich sah sie dort
im August 1897. Die Wappen auf den RĂĽckseiten kommen vereinigt auf
einem cranachschen Bilde im Leipziger Museum (Nr. 45), der Ver-
klärung Christi, vor und gehören, wie es scheint, dem Leipziger Ulrich
Lindacker und seiner Frau an (vergl. Beschreibende Darstellung der
Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, XVIL Heft, Stadt
Leipzig, S. 25: Das erste Wappen links).
Auch die ruhende Quellnymphe in der Sammlung des f Herrn
Dr. ]Martin Schubart in MĂĽnchen (CrA. 13) ist mit der Schlange
und 15 18 bezeichnet, und die Echtheit dieser Bezeichnung ist bisher von
keiner Seite angefochten worden. Thatsächlich ist aber die Schlange
so, wie man sie jetzt auf dem Bilde sieht, nicht ursprĂĽnglich, die FlĂĽgel
kommen echt in dieser Form nie vor, wohl aber sind sie so oft
gefälscht anzutreffen. Möglicherweise steckt ein Rest der ursprünglichen
FlĂĽgel noch darunter. Der Schlangenleib dagegen giebt weniger Anlass
zu Zweifeln; ebenso die Zahl 1518. Doch ist der Ort, wo die Be-
zeichnung angebracht ist. inmierhin etwas auffällig. Freilich, wenn das
Bild nicht datiert wäre, würde ich nicht daran denken, es schon 15 18
ansetzen. Der Kopf der Nymphe berĂĽhrt fremdartig, es ist schon etwas
von der Manier darin, die eigentlich erst später auftritt. Auch in seiner
Gesamterscheinung fällt das Bild ziemlich ab gegen die übrigen des
Jahres 15 18 und die ihrem Stil nach derselben Zeit angehörenden.
Da die warmen Töne fast ganz fehlen, macht es einen merkwürdig
nĂĽchternen Eindruck, wie eigentlich kein Bild dieser Zeit, Es ist
stark restauriert und scheint auch sonst noch allerhand Wandlungen durch-
gemacht zu haben. Bei schärferem Zusehen bemerkt man z. B. ober-
halb, zum Teil auch unterhalb des Körpers die Umrisse einer andern
Gestalt, die wesentlich anders verliefen.
Wie ganz anders als dieses fĂĽgt sich doch ein Bild im Weimarer
^luseum (Nr. 2^, GrĂĽnewald genannt) in die Entwickelung ein, die
Maria am Betpult mit einem Stifter vom Jahre 1518! Obwohl das
— I04 —
Bild keine Bezeichnung trägt, ist es docii ein echter Cranach und als
solcher gar nicht zu bezweifeln. Die Ähnlichkeit mit den jugendlichen
Frauen, namentlich den Marien, auf den Bildern dieser Zeit muss
ohne weiteres in die Augen fallen!
Nicht bezeichnet und nicht datiert, aber sicher von Cranach und
sicher 1518 vollendet ist das Altarwerk der Katharinenkirche in
Zwickau mit zwei beweglichen und zwei festen FlĂĽgeln. Das Mittelbild
zeigt die Fusswaschung, die beweglichen FlĂĽgel (CrA. 100) innen die
Stifter Fi'iedrich den Weisen und Johann den Beständigen mit ihren
Schutzheiligen Bartholomäus und Jakobus dem Älteren, aussen Christus
am Ă–lberg und Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, die fest-
stehenden FlĂĽgel links Kaiser Heinrich, rechts Kaiserin Kunigunde, die
Staffel die Anbetung der Könige. Was sonst noch an dem Werke ge-
malt ist, stammt aus späterer Zeit. Nach der Descriptio Urbis Cycneae
von Laurentius Wilhelmus, Zwickau 1633, S. 213 traf das Werk 15 18
am Sonnabend nach Concept. Mariae =11. Dezember, von Wittenberg,
wo es „von Lucas Crannach verfertiget", in Zwickau ein und wurde auf
dem Kunigundenaltar der Marienkirche aufgestellt, dann beim Umbau der
Kirche in den Chor des BarfĂĽsser- Klosters versetzt und danach 1534
Mittwoch nach Thomae (2^. Dezember) auf dem Hochaltar der Katha-
rinenkirche aufgestellt, wo es noch heute steht. Leider ist das Werk,
wenigstens seiner farbigen Wirkung nach, nur noch in beschränktem
Sinne als ein echter Cranach, der es ursprĂĽnglich war, zu bezeichnen,
da es von dem frĂĽheren Restaurator der Dresdener Galerie, Schmidt,
teilweise grĂĽndlich ĂĽberschmiert und seines ursprĂĽnglichen Charakters
beraubt worden ist. Unter den JĂĽngern Christi bei der Fusswaschung
treten uns verschiedene neue Typen vor Augen, die von den bisher
gebrauchten doch ziemlich abweichen. Ob hier etwa eine Beteiligung
von Schülern anzunehmen ist, lässt sich vorläufig kaum entscheiden.
Nicht bezeichnet und nicht datiert, aber nach einer gleichzeitigen
Inschrift auf der RĂĽckseite von Lucas Cranach 15 18 gemalt ist das
Bildnis des Gerh. Volk im Leipziger Museum (Katalog von 1897
(19. Auflage) S. 97 Nr. 727. CrA. log). Auch ohne die Inschrift
wĂĽrde man es auf Grund des bezeichneten Berliner Bildnisses von i 5 1 5
fĂĽr einen Cranach halten mĂĽssen. Es steht freilich nicht so hoch,
wie dieses, ist auch nicht wohl erhalten.
Aus derselben Zeit wie die beiden Marienbilder in Grossglogau
und im Besitz des Grossherzogs von Weimar muss die mit einer Schlange
— I05 —
in derselben Form bezeichnete, in ganz lichten Tönen gemalte Maria
mit dem Kind in der Landschaft in Karlsruhe (Nr. io8. CrA. jq)
sein. Die Ăśbereinstimmung mit jenen beiden ist im Allgemeinen, wie
im Besondern so stark, dass das Bild wohl kaum, wie nach dem Kata-
log der Cranachausstellung die gangbare Ansicht zu sein scheint, ,,bald
nach 1520''' entstanden ist. Ich kenne wenigstens kein einziges Bild der
Zeit nach 1520, dem es stilistisch so nahe stände, wie jenen beiden
Marienbildern von 1518.
In die Nähe dieser drei Marienbilder gehört nun jedenfalls
auch die bezeichnete sogenannte Verlobung der h. Katharina in
Budapest (Kat. Nr. 133, CrA. 73), zunächst wegen der grossen Ähn-
lichkeit des Kindes mit dem in Grossglogau, dann wegen der weiblichen
Kopftypen, die im Vergleich zu denen des Wörlitzer Bildes von 15 16
schon viel weiter nach denen der zwanziger Jahre zu entwickelt sind.
Man vergleiche z. B. einen Kopf wie den der h. Margarethe ganz links
mit den Köpfen des Berliner Bildes von 1526, Bathseba im Bade. Man
könnte deshalb mit einigem Rechte das Budapester Bild sogar ganz
an das Ende des zweiten Jahrzehnts setzen. Die leuchtende Farben-
wirkung des Bildes ist ĂĽbrigens trĂĽgerisch : die geleckten und geschminkten
Gesichter sind das Werk eines modernen Restaurators.
Hier mĂĽsste nun auch die kleine Anna selbdritt der Berliner
Galerie (Nr. 567 A) eingereiht werden. Wir finden hier dasselbe lieb-
liche Kindchen, wie in Budapest und wie auf den drei Marienbildern
in Weimar, Grossglogau und Karlsruhe, ferner dieselben Engel, dieselbe
Behandlung der Landschaft; auch eine ziemlich in die Augen fallende
Ähnlichkeit zwischen der Maria hier und der h. Barbara in Budapest.
Die ganz geringfügigen Unterschiede in der Technik erklären sich daraus,
dass Cranach bei dem Berliner Bilde etwas mehr mit dem spitzen Pinsel
gearbeitet hat, als bei den ĂĽbrigen, was er bei kleineren Gestalten
immer thut.
Der Stil des Sterbenden in Leipzig {Nr. 40. CrA. 11) von 15 18
giebt uns das Recht, auch die kleine Kreuzigung in Frankfurt
(Nr. 87. CrA. 77) etwa in dies Jahr zu versetzen. Die Schlange, die ganz
deutlich zwei FlĂĽgel hat, ist der in Leipzig sehr verwandt. Unterschiede
in Bezug auf Formensprache, Farbengebung, Technik zwischen diesen
Bildern giebt es nicht. Zu der den Kreuzesstamm umfassenden Mag-
dalena vergleiche man die Magdalena auf der Wesendon ckschen Kreu-
zigung von 1 5 1 5 (CrA. g) und der Beweinung Christi in Budapest
— io6 —
(CrA. 144). Noch erwähnen will ich, dass die Gestalt Christi ganz
dieselbe ist, wie auf dem Zwickauer Altar von 15 18 (CrA. 100 B).
Wie Janitschek die Frankfurter Kreuzigung nur fĂĽr ein Werkstattbild
erklären konnte, kann man eigentlich nicht recht begreifen.
Aus der Zeit um 15 18 stammt wohl auch das Bildnis Fried-
richs des Weisen mit der Landschaft im Hintergrund, im Besitze
des Prinzen Georg von Sachsen (CrA. 74), denn es stimmt mit dem
Bildnis auf dem Zwickauer Altar vollkommen ĂĽberein. Auf jeden Fall
muss es noch vor 1522 entstanden sein. Von diesem Jahre ab trug
nämlich Friedrich der Weise, wie ein Bildnis von 1522 im Herzoglichen
Museum zu Gotha und spätere Bildnisse (z. B. CrA. 20. 119) beweisen,
anstatt der glattrasierten Oberlippe einen Schnurrbart, anstatt der Draht-
haube ein Barelt, die sogenannte Reforraatorenkappe. Ob er wirklich
erst 1522 oder vielleicht schon eher zu dieser Änderung der Tracht
ĂĽbergegangen ist, wird sich wohl auch noch genauer ermitteln lassen.
Befremdlich wirkt, trotz der durchaus echten Bezeichnung (Schlange
mit doppelten FlĂĽgeln) ein Bild der Dresdener Galerie (Nr. 1907.
CrA. 75), der Abschied Christi von seiner Mutter, der
um diese Zeit entstanden sein mag. Das Bild steht der ruhenden
Quellnymphe der Sammlung Schubart in MĂĽnchen (CrA. 13) ziemlich
nahe. Wir haben hier zunächst eine ähnliche Landschaft mit einer hohen
Tanne und jungen blĂĽhenden Kiefern. Der Kopf Magdalenas ei innert
etwas an den der Nymphe; hier zeigt sich ebenfalls schon eine gewisse
Manier, von der die andern Bilder dieser Zeit noch frei sind. Die
anderen weiblichen Köpfe klingen an die der Beweinung Christi in
Jüterbog (CrA. 108 A) an. Besonders auffällig aber ist der kühle Ton,
auf den das Bild gestimmt ist. Namentlich in der Landschaft fehlen
die warmen Töne ganz, dafür finden wir andere mit grau gemischte,
die sonst bei Luc. Cranach nicht vorkommen. Das Bild sticht dadurch
merkwĂĽrdig von seiner Umgebung ab, vorausgesetzt, dass es wirkUch
in diese Zeit gehört. Und nun der Kopf Christi, der so ganz anders ist,
als sonst bei Lucas Cranach, und vollends die linke Hand mit den,
wie es scheint, von der Gicht krumm gezogenen Fingern! Erinnern diese
beiden Hände nicht auffällig an die Hand Luthers auf dem Kupferstich
von 1520 (dem mit der Nische P. 8. Seh. II, 190 Nr. 7. L. 63), der
allerdings bezeichnet, aber sicher nicht von Lucas Cranach ist? FĂĽr mich
ist dies Dresdener Bild vorläufig noch ein Rätsel.
Aus dem Jahre 1519 stammt der grosse Wandelaltar der Gottes-
ackerkirche in Grimma, der sich frĂĽher in der Nikolaikirche befand.
Im Schrein, den Innenseiten des ersten FlĂĽgelpaares und der Staffel
befinden sich geschnitzte Figuren, alles ĂĽbrige ist gemalt. Es ergeben
sich zwei Bilderfolgen zu je acht Darstellungen, die erste aus dem Leben
des h. Nikolaus, die zweite aus der Leidensgeschichte Christi. Dass
diese Bilder von Cranach herrĂĽhren, ist weder durch eine KĂĽnstler-
bezeichnung, noch durch irgendwelche Urkunden beglaubigt. Doch reden
sie selbst eine Sprache , die deutlich genug ist, um an ihr sofort den
Meister Lucas zu erkennen. Die acht Bilder der Nikolauslegende sind
durchaus eigenhändig und künstlerisch bedeutsam, die Passionsszenen
fallen dagegen recht ab, wie sie ĂĽberhaupt nie Cranachs starke Seite
gebildet haben. Dies gilt namentlich von den feststehenden FlĂĽgeln.
Ich komme an einer andern Stelle auf dieses Altarwerk ausfĂĽhrlicher zu
sprechen.
Eine Darstellung von Venus und Amor aus dem Jahre 1520,
von der bisher nichts bekannt war, befindet sich im Besitz des Königs von
Rumänien (vergl. K. Woermanii im wissenschaftlichen Verzeichnis der
Cranachausstellung, Anmerkung zu Nr. 5).
Eine Kreuztragung in der Galerie in Donau eschingen
(Nr. 98. CrA. 14) ist zwar 1520 datiert, hat aber ausserdem noch
die Schlange in der Form, die erst im Jahre 1537 zur Anwendung ge-
kommen ist. Es liegt hier also eine Fälschung in der Bezeichnung vor.
Das Bild selbst wĂĽrde seinem Stil nach recht gut in die Jahre 1515
bis 1520 passen, es finden sich wenigstens gewisse Beziehungen zu den
Passionsszenen von 151g in Grimma. Dann wäre also wenigstens die
Jahreszahl 1520 echt und nur die Schlange gefälscht. Ob es freilich
Cranach selbst zuzuschreiben ist, ist eine andere Frage. Es findet sich
doch manches Fremdartige in dem Bilde , das auf die Hand eines
SchĂĽlers weist.
Die Jahreszahl 1521 trägt ein grösseres Bild in der Kloster-
kirche in Berlin, Christi Abschied von den Frauen auf dem
Wege nach Jerusalem, Obwohl es nicht bezeichnet ist, erkennt man
doch in jeder Gestalt die kĂĽnstlerische Handschritt Cranachs. Ăśberdies
wird es auch schon von älteren Forschern als dessen Werk angeführt
(vergl. Heller S. 56).
Ebenfalls in der Klosterkirche in Berlin befindet sich eine Be-
weinung Christi, die wegen der grossen, zum Teil wörtlichen
Ăśbereinstimmungen mit Gestalten des vorigen Bildes gleichfalls von
Cranach sein muss und höchst wahrscheinHch auch um dieselbe Zeit ent-
standen ist.
Aus dem Jahre 1521 stammt das schöne, mit der Schlange be-
zeichnete Bildnis eines 22jährigen vornehm gekleideten Mannes in
der Schweriner Galerie (Nr. 156. CrA. 15).
An das Ende des Jahres 1521 fällt nun auch das Bildnis
Luthers als Junker Jörg, das die Leipziger Stadtbibliothek
besitzt (CrA. 114). Es ist während des heimlichen Aufenthaltes
Luthers in Wittenberg in der ersten Dezemberwoche 1 52 1 gemalt. Durch
mancherlei Nachrichten aus Wittenberg beunruhigt, brach Luther, von
einem Knecht begleitet, Anfang Dezember von der Wartburg auf. In-
folge seines veränderten Aussehens, des Bartes, der ritterlichen Kleidung,
gelangte er unerkannt nach Leipzig, wo er am 3. Dezember Mittags
eintraf, um nach kurzer Rast bei dem Schankwirt Hans Wagner nach
Wittenberg weiter zu reiten. Wegen der KĂĽrze des Wintertages ist er
wohl kaum noch am dritten, sondern erst am vierten Dezember dort
angekommen. Etwa acht Tage darauf ist er auf der RĂĽckreise nach
der Wartburg wieder bei dem Leipziger Wirte zu Mittag eingekehrt.*)
In den wenigen Tagen, die sich Luther damals heimlich in
Wittenberg aufhielt, hat sich nun Lucas Cranach beeilt, den Junker Jörg
im Bilde festzuhalten. Die Geschichte, wie die herbeigerufenen nächsten
Freunde den fremden Ritter erkannt haben, ist ja oft genug nach den
zeitgenössischen Berichten erzählt worden , so dass ich sie hier über-
gehen kann.
Es giebt einige gemalte Bildnisse Luthers als Junker Jörg, von
diesen daif aber allein das Leipziger den Anspruch erheben, das in
der ersten Dezemberwoche 1521 entstandene Urbild zu sein. Leider
ist es nicht mehr gut erhalten. Es war aber einmal eins der feinsten
Bildnisse, die Lucas Cranach gemalt hat. Nach diesem ist dann der
bekannte Holzschnitt L. 54 gezeichnet worden, den ich auf S. 63 be-
sprochen habe. Er zeigt deshalb auch den Kopf von der entgegen-
gesetzten Seite.
Eine andere Entstehungszeit des Bildes, etwa nach Luthers end-
giltiger Rückkehr von der Wartburg nach Wittenberg, die am 6. März
1522 erfolgte, ist deshalb nicht möglich, weil Luther damals unterwegs
*) Man vergleiche darĂĽber den Aufsatz ,, Luther in Leipzig" von G. Wustmanu
in dessen Buche: Aus Leipzigs Vergangenheit, Leipzig 1885, S. 64 — 66.
— lOiJ —
predigte, natürlich als der frühere Mönch, nicht mehr als der Ritter
Creorg. Es ist auch, soviel ich weiss, nirgends ĂĽberliefert, dass er bei
seiner RĂĽckkehr noch den Bart getragen habe.
Aus dem Jahre 1522 sind mir zwei Bilder bekannt, die ich aber
nicht als eigenhändige Werke Lucas Cranachs anerkennen kann, ob-
gleich sie mit der Schlange bezeichnet sind. Es ist dies erstens der
verliebte Alte in der Nationalgalerie in Budapest (Nr. 130. CrA. 16)
und zweitens das Bildnis Friedrichs des Weisen in Gotha (Nr. 352), das
erste datierte, auf dem der FĂĽrst mit Schnurrbart und Barett dar-
gestellt ist.
1522 sind wahrscheinlich auch noch die zwei grossen auf beiden
Seiten bemalten AltarflĂĽgel des Naumburger Domes (CrA. 156) ent-
standen, die nach den Stifterbildnissen mit ihren Wappen eigentlich
in eine frühere Zeit, nämlich die Jahre 15 12 — 17, versetzt werden
mĂĽssten, Sie sind ganz sicher nicht von Luc. Cranach, sondern zeigen
deutlich ausgeprägt die Hand eines seiner Schüler, des Pseudogrünewald.
Dagegen sind zwei kleinere AltarflĂĽgel im Na um burger Dom,
auf denen Christus als Schmerzensmann und die trauernde Maria, sowie
die Verkündigung dargestellt ist, schöne, sichere Werke Lucas Cranachs
noch vor 1522, wahrscheinlich aber aus noch viel frĂĽherer Zeit. Ein
bestimmtes Urteil will ich hier deshalb nicht abgeben, weil ich sie schon
längere Zeit nicht mehr gesehen und mit andern Bildern verglichen
habe. Dies und anderes hole ich bei passender Gelegenheit nach.
Ich habe eben den Namen des sogen. PseudogrĂĽnewald genannt.
Man hat diesen Unbekannten von jeher in die engsten Beziehungen
zu Lucas Cranach gebracht , ja man hält ihn sogar für Lucas Cranach
selbst. Eine Einigung darĂĽber ist bis jetzt unter den Forschern nicht
erzielt worden. Es ist daher nötig, diese ganze Frage einmal gründ-
licher und von einer andern Seite, als dies bisher geschehen, zu be-
handeln.
III.
Die Pseudogrünewald-Frage und ihre Lösung.
I. Die P2nt Wickelung der Frage.
Schon Erzbischof Ernst von Magdeburg hatte sich mit dem Ge-
danken getragen, in seiner Residenz Halle ein Kollegiatstift zu grĂĽnden.
Als der Markgrat Albrecht von Brandenburg nach Ernsts Tode im Jahre
15 13 den erzbischöflichen Stuhl von Magdeburg bestieg, übernahm er
den Plan seines Vorgängers, aber es dauerte noch bis zum Jahre 1520,
ehe die Gründung des Stiftes thatsächlich erfolgte. Obgleich nun vor
1520 von einem Kollegiatstift in Halle keine Rede sein kann, gab es
doch schon eine Art Stiftskirche: die Kapelle der h. Magdalena auf
der Moritzburg. Albrecht hatte, da die päpstliche Erlaubnis zur Grün-
dung des Stiftes bald nach Ernsts Tode eingetroffeu war, diese Kapelle
schon am 22. Juli 1514 dazu geweiht. Als nun das Stift 1520 wirklich
ins Leben gerufen war, da genügte selbstverständlich die kleine Schloss-
kapelle weder den AnsprĂĽchen Albrechts, noch denen des Stifts, und er
beschloss sofort, an ihrer Stelle eine grosse Domkirche zu errichten.
Albrecht plante aber durchaus nicht einen von Grund auf neuen Bau,
der ja kaum rasch genug hätte gefördert werden können, sondern er
Hess sich von den Dominikanern ihre alte Kirche ,,zum heiligen Kreuz"
-abtreten und baute diese um. Am 8. September 1521 war der Umbau
soweit vorgeschritten, dass die kostbaren Reliquien, die Albrecht und
schon sein Vorgänger Ernst gesammelt hatten, aus der Schlosskapelle
in feierlicher Prozession nach der neuen Stiftskirche ĂĽbergefĂĽhrt werden
konnten, um am Tage darauf dem Volke gezeigt zu werden. Aber
der Bau war deshalb noch lange nicht vollendet. Erst am 22,. August
— III —
1523 erfolgte die Einweiliung der gänzlich erneuerten Kirche, die da-
durch auch dem Gottesdienst ĂĽbergeben wurde. Wie es scheint, fehlte
aber auch damals noch sehr viel von der inneren Ausstattung, soweit
sie nicht fĂĽr die Zwecke des Gottesdienstes unbedingt erforderlich war,
also namentlich manches kostbare Work der Malerei und Plastik, das
die Kirche später besass und das dann dichterisch verherrlicht
worden ist. Die Statuen an den Pfeilern, Christus mit den Aposteln und den
drei Titelheiligen der Kirche, Moritz, Magdalena und Erasmus, sind
wohl erst 1525 fertig geworden (wenigstens trägt der h. Moritz diese
Zahl an der Konsole), die Kanzel gar erst 1526. Nach einem 1525
angelegten Verzeichnis befanden sich aber in diesem Jahre schon eine
grosse Anzahl von Tafelgemälden in der Kirche (vergl. v. Terey, Kardi-
nal Albrecht von Brandenburg S. 80 — 81), doch werden es kaum
alle gewesen sein, die die Kirche ĂĽberhaupt geschmĂĽckt haben, solange
sie den Zudecken des Kollegiatstiftes diente. Jedenfalls ist der Kardinal
Albrecht (die KardinalswĂĽrde erhielt er am i. August 1518), als einer
der kunstsinnigsten FĂĽrsten jener Zeit, auch noch weiter bemĂĽht ge-
wesen, die Kirche mit allerhand Kunstwerken auszustatten.
Freilich konnte er sich nicht lange seiner neuen Stiftung erfreuen.
Die Reformation brach auch in Halle sie<;reich ein, vergebens von ihm
bekämpft, und die Stadt, die ihm anfangs so lieb gewesen, wurde ihm
verhasst wie keine. Er sah sich 1541 gezwungen, das Kollegiatstift auf-
zulösen; am 7. Dezember 1541 Hess er auch die Stiftskirche schliessen,
nachdem er die kostbaren Reliquien und Kunstschätze teils nach Mainz,
teils nach Aschaffenburg hatte bringen lassen. Er selbst zog sich in sein
Mainzer Erzbistum zurĂĽck und ist bis zu seinem 1545 erfolgten Tode
nicht wieder nach Halle gekommen.*)
Die -Tafelbilder, die nach Aschafl'enburg gebracht worden waren,
*) FĂĽr die vorliegende kurze Darstellung, die in einigen wesentlichen Punkten
die bisher in der kunsigeschichĂĽichen Literatur verbreiteten Ansichten berichĂĽgt, habe
ich in der Hauptsache nur zwei Werke benĂĽtzt: Gust. Ilertzberg, Ge-
schichte der Stadt Halle an der Saale, 2. Band, Halle 1S91 und J. May, Der
KurfĂĽrst, Kardinal und Erzbischof Albrecht II. von Mainz und Magdeburg, MĂĽnchen
1869 — 75. Völlige Klarheit wird über diese Dinge aber erst eine Arbeit
meines Freundes Paul Redlich bringen, die auf reichem urkundlichem Mateiial
aufgebaut, unter dem Titel ,, Kardinal Albrecht von Brandenburg und das neue Stift
zu Halle, 1520— 1541", demnächst im Verlag von Franz Kirchheim in Mainz er-
scheinen wird. Alle Freunde Cranaclis und PseudogrĂĽnewalds seien schon jetzt auf
dies Buch hingewiesen.
fanden dort eine neue ihrer würdige Stätte in der dem h. Petrus und
Alexander geweihten Stiftskirche. Als aber das alte Aschaffenburger
Kollegiatstift nach dem Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar
1803 aufgelöst wurde, w^urden sie in die Galerie des kurfürstlichen
Schlosses ĂĽbergefĂĽhrt; nur einige verblieben der Kirche. Es waren dies
Christi Höllenfahrt und Auferstehung und der h. Valentin, die sich noch
heute in der Kirche befinden, ferner eine Beweinung Christi, die aber
später in die königl. Galerie in x\ugsburg gekommen ist (vergl. Heller
2. Aufl. S. 49).
Diese Bilder nun, die sich also ursprĂĽnglich in Halle befanden,
die meisten wohl in der dem h. Moritz und der Maria Magdalena ge-
weihten Stiftskirche, einige vielleicht in der kleinen Schlosskapelle und
in den Gemächern des Kardinals Albrecht auf der Moritzburg, und die
auf jeden Fall alle von diesem bestellt und gestiftet worden sind, die
dann bei der Auflösung des Kollegiatstiftes 1541 nach Aschaffenburg
in die Stiftskirche gelangten und 1803 zum grössten Teil der Schloss-
galerie einverleibt wurden, diese Bilder sind es, die später die deutschen
Kunstforscher zunächst viel beschäftigen, dann gegen einander in Har-
nisch bringen sollten und die nun auch den Gegenstand der folgenden
kritischen Untersuchungen abgeben werden.
Bevor man sich aber mit ihnen beschäftigen konnte, raussten sie
allgemeiner bekannt sein. Vorläufig war ihr Ruhm nicht sehr weit über
den Bannkreis Aschaffenburgs hinaus verbreitet. Aschaffenburg lag in
den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts ebensowenig an der Heer-
strasse, die die deutschen Kunstforscher zogen, wie noch heutzutage.
Franz Kugler z. B. kannte 1837 noch kein einziges dieser Bilder,
wie aus der ersten Auflage seines Handbuches der Geschichte der
Malerei hervorgeht. Auch Nag 1er fĂĽhrt sie in den bis 1837 erschienenen
Bänden seines Künstler -Lexikons weder unter Cranach noch unter
Grünewald an, obgleich ,,ein grosser Teil der Gemälde" in Aschaffen-
burg fĂĽr Werke von Lukas Cranach galt, andere fĂĽr angebliche Werke
des Mathias (oder Mathäus*) Grünewald gehalten wurden, wie aus der 1837
veröffentlichten ,, Beschreibung der vormaligen Kollegiatstifts-Kirche zu den
HH. Peter und Alexander in Aschaffenburg" von J. May (Archiv des
historischen Vereins fĂĽr den Untermainkreis, 4. Band, 2. Heft, WĂĽrz-
burg 1837, S. 15. 16. 108) hervorgeht. Nur der fleissige Fiorillo
*) Die älteren Forscher schwanken fortwährend zwischen beiden Vornamen.
Der richtige, Mathias, kam erst in den siebziger Jahren zu allgemeiner Geltung.
erwähnt schon 1816 in seiner Geschichte der zeichnenden Künste in
Deutschland und den vereinigten Niederlanden, 2. Band (Hannover
181 7) auf S. 370 in der Biographie Lucas Cranachs eines folgender-
massen: ,, Unter den Gemälden in der Galerie zu Aschaffenburg wird
von Cranach ein messelesender Papst gewiesen. Im Hintergrund sieht
man Albrecht von Brandenburg." Heller benutzte diesen Hinweis fast
wörtlich in der 1820 vollendeten i. Auflage seines Werkes über Lucas
Cranach (S. 1/6), ohne das Bild wohl selbst gesehen zu haben.
Das wurde plötzlich anders, als die fünf grössten und schönsten
dieser Bilder, die fĂĽr Werke von Math. GrĂĽnewald gehalten wurden
(J. May S. 15), ihrem beschaulichen Dasein im Aschaffenburger Schlosse
entrissen und auf Befehl König Ludwigs, der sie wohl selbst ausgewählt
hatte, in die Pinakothek in München aufgenommen wurden. Am 10. INIärz
1836 gingen sie nach MĂĽnchen ab (vergl. Merkel, die Miniaturen und
Manuskripte der Hof-Bibliothek in Aschaffenburg. Aschaffenburg 1836,
S. 11). Als die Pinakothek am 16. Oktober 1836 fĂĽr das PubHkum
eröffnet wurde, wurden sie zum ersten Male einem grösseren Kreise zu-
gänglich. Unter den Altdeutschen der Pinakothek nahmen diese fünf
Bilder, der h. Moritz mit dem h. Erasmus und als FlĂĽgel dazu die
Heiligen Magdalena, Lazarus, Chrysostomus und Martha, sofort eine be-
deutende Stellung ein. Durch das von Georg von Dillis verfasste erste
Verzeichnis der Gemälde in der königlichen Pinakothek, das im Januar
1838 erschien, fanden sie als Werke des Math. GrĂĽnewald nun auch
in die kunstgeschichtliche Literatur Eingang. Und wie 1838, so werden
sie auch noch im neuesten wissenschaftlichen Katalog der Pinakothek
gemeinsam unter dem Namen Mathias GrĂĽnewalds aufgefĂĽhrt, wenn auch
in einer ganz klein gedruckten Anmerkung, die aber der gewöhnliche
Besucher nicht liest, gesagt wird, dass die vier FlĂĽgel nicht von dem
Meister des Mittelbildes herrĂĽhren.
Der erste Forscher, der sich mit dem INIeister dieser Bilder näher
beschäftigte, war Passavant. Er behandelte ihn am Schlüsse seiner
„Beiträge zur Kenntnis der alten Malerschulen in Deutschland" im
22. Jahrgang des Kunstblattes (Nr. 104 vom 30. Dezember 1841) auf
S. 430 — 31. Dieser für unsere Frage ungemein wichtige Aufsatz ist
reich an fehlerhaften Angaben und willkĂĽrlichen Vermutungen. Ohne sich
an die alte in Aschaffenburg damals noch verbreitete Ăśber 1 ieferung
zu halten, nach der die fĂĽnf Bilder in der Pinakothek mit denen, die
sich noch in Aschaffenburg befanden, wahrscheinlich sämtlich aus der
8
— 114 —
Domkirche zu Halle stammten, nahm Passavant, vermutlich um den
Namen, den sie trugen, besser mit den Nachrichten in Verbindung zu
bringen, die Sandrart ĂĽber den aus Aschaffenburg starnmenden Mathias
GrĂĽnewald ĂĽberliefert hatte, ohne weiteres an, diese Bilder seien in
Aschaffenburg, dessen ,, Aufenthaltsorte" (wovon Sandrart nichts sagt),
entstanden. Er behauptete sogar, sie wären dort „aus Unkenntnis
längere Zeit hindurch dem Miniaturmaler Nicolaus Glockenton aus Nürn-
berg zugeschrieben worden", eine Angabe, die der Ăśberlieferung direkt
ins Gesicht schlägt und wahrscheinlich auf allzu flüchtiger Lesung von
Merkels Schrift ĂĽber die Miniaturen der Aschaffenburger Bibliothek be-
ruht. Er nahm ferner an, dass die fĂĽnf grossen Tafeln in der Pina-
kothek den ehemaligen Hauptaltar der Stiftskirche in Aschaffenburg ge-
schmückt hätten und dass der noch in der Stiftskirche befindliche h.
Valentin ursprünglich wahrscheinlich zu demselben Altar gehört habe.
Endlich vermutete er auch, dass die sechs kleineren AltarfiĂĽgel mit
Heiligen in der Aschaffenburger Schlossgalerie Teile desselben Altars ge-
wesen seien.
Von demselben KĂĽnstler fĂĽhrt er nun in seinem Aufsatze kurz noch
einige andere Bilder an, mehrere Bildnisse in Wien, mehrere Heilige
in der Bibliothekssammlung in Mainz und andere in der Verlassenschaft
des Kunsthändlers Metzler; dann spricht er etwas genauer von zwei
Bildern in Frankfurt, die schon Sandrart als Werke des Mathias GrĂĽne-
wald genannt hat; ausserdem beschreibt er noch ein Marienbild mit
dem Stifter und dem h. Bartholomäus im Besitz des Rentamtmanns
Kees in Aschaffenburg, dasselbe, das später der Geh. Hofrat Dr. Schäfer
in Darmstadt erworben hat (CrA. 128).
Vom heutigen Standpunkte aus kann man nicht gerade sagen,
dass Passavant bei der Zusammenstellung dieser Bilder allzu kritisch
vorgegangen sei. Massgebend war fĂĽr ihn einerseits Sandrart, anderer-
seits die Ăśberlieferung, die einige der Aschaffenburger Bilder mit GrĂĽne-
wald in Verbindung gebracht hatte, in einem Falle, wie die Zukunft
gelehrt hat, ganz mit Recht. Bei den Wiener Bildnissen aber lag eine
ganz willkĂĽrliche Taufe Christian von Mechels vor. Sie sind in unserer
Zeit meist dem Bernhard Strigel zugewiesen worden.
FĂĽr das Charakterbild des KĂĽnstlers, das Passavant nun zu ent-
werfen suchte, waren vor allem die fĂĽnf Bilder in MĂĽnchen und die in
Aschaffenburg bestimmend. Aus ihnen sprang ihm sofort eine gewisse
Verwandtschaft mit Lucas Cranach in die Augen, namentlich in der
— 115 —
Landschaft, der Gewandung, der Behandlung der Haare und des Pelz-
werks. Aus dieser Übereinstimmung schloss er, dass Grünewald „mit
Lucas Cranach in nahem Verhältnis gestanden, vielleicht dessen Lehrer
oder Mitschüler gewesen." Er fährt weiter fort: „Diese Annahme ge-
winnt noch dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass einige der Aschaffen-
burger Gemälde aus Halle stammen .... Befanden sich unter den von
Halle nach Aschaffenburg geführten Gemälden einige von Math. Grüne-
wald, so wäre dessen Aufenthalt in dem nördlichen Deutschland er-
wiesen und dessen Ăśbereinstimmung mit der Behandlungsweise des
Lucas Cranach leicht erklärlich."
Passavants Aufsatz bildete die Grundlage fĂĽr alle weiteren
Forschungen ĂĽber Mathias GrĂĽnewald. Bei dem Ansehen, das Passa-
vant als Kenner genoss, hielt es niemand für nötig, die Richtigkeit der
Voraussetzungen fĂĽr seine Behauptungen zu prĂĽfen.
Aber auch der als Kenner vielleicht noch berĂĽhmtere Waagen
war auf seinen Reisen durch Deutschland zu denselben Ergebnissen
über Grünewald gekommen, unabhängig von Passavant und fast zu der-
selben Zeit wie dieser. Die fĂĽnf Bilder der MĂĽnchener Pinakothek
waren der Ausgangspunkt fĂĽr ihn, und das erste Werk, das er von
ihnen aus dem Mathias GrĂĽnewald zuschrieb, war der Pflocksche Altar
in der Annenkirche in Annaberg. Auch die FlĂĽgelbilder des Bergknapp-
schaftsaltars in derselben Kirche waren seiner Ansicht nach wenn nicht von
GrĂĽnewald selbst, so doch gewiss von einem in seiner Schule gebildeten
Meister. Im Kloster Heilsbronn in Franken war er geneigt, ihm die
FlĂĽgel eines Altars zuzuweisen. Das war schon 1839. Als er 1842
nach Aschaffenburg kam, erkannte er natĂĽrlich die Bilder in der Schloss-
galerie, die schon Passavant fĂĽr GrĂĽnewald in Anspruch genommen
hatte, als Werke teils von diesem selbst, teils von seinen SchĂĽlern an und
fĂĽgte ihnen noch die beiden Gregorsmessen hinzu, von denen die eine
noch 18 16 bei Fiorillo den Namen Cranachs gefĂĽhrt hatte. Sein Ur-
teil über diese Bilder lautete folgendermassen: ,, Manche seiner männ-
lichen Charaktere, die meisten seiner weiblichen erinnern auffallend
an Lucas Cranach den Älteren. Dasselbe gilt für die Frauen auch in
Tracht und Färbung, für alle Personen endlich in der Weise, wie die
Hände gezeichnet sind. Nach allem diesem bin ich fest überzeugt, in
diesem GrĂĽnewald den bisher unbekannten Lehrer des Lucas Cranach
gefunden zu haben." Auch bei dem h. Valentin in der Stiftskirche
meinte er, dass er dem GrĂĽnewald wohl mit Recht zugeschrieben werde,
8*
— ii6 —
und die Höllenfahrt und Auferstehung Christi hielt er sicher für ein
Werk aus dessen Schule. Zu diesen Bildern in Aschaffenburg gesellten
sich dann noch zwei in der Abelschen Sammlung in Stuttgart, die später in
die Darmstädter Galerie gekommen sind : Sechs männliche Heilige auf
zwei Tafeln und eine sitzende Maria mit dem Kinde, die schon von
Passavant auf GrĂĽnewald getauft worden war. Bei beiden hob er wieder
die grosse Verwandtschaft mit Lucas Cranach hervor. Vergl. Waagen,
Kunstwerke und KĂĽnstler in Deutschland I, 45. 47 (Annaberg) ; 307
(Heilsbronn); 372 — 374. 38g (Aschaffenburg); II, 215 (Stuttgart). 1846
vermehrte er die Zahl der Werke des Mathäus Grünewald noch um
ein weiteres, den Olavsaltar in der Marienkirche zu LĂĽbeck (Kunstblatt,
27. Jahrgang, Nr. 28 vom 4. Juni 1846, S. 114 — 115).
Auch Passavant hatte sich unterdessen weiter mit GrĂĽnewald be-
schäftigt, wie ein kurzer Aufsatz in demselben Jahrgang des Kunstblattes
Seite 193 — 194 (Nr. 48 vom 26. September 1846) bewies. Er schrieb ihm
nun auch das grosse Altarwerk von 1529 in der Marktkirche in Halle
a. S. zu, das C. Becker auf S. 130 desselben Jahrgangs des Kunst-
blattes noch unter den Werken Lucas Cranachs angefĂĽhrt hatte, nahm
jedoch an, dass Cranach bei der Herstellung beteiligt gewesen sei.
Er wies nach, welchen bestimmten Anteil jeder von beiden an dem
Werke gehabt habe. Aus dieser Verteilung der Arbeit gehe offenbar
hervor, dass GrĂĽnewald als der Meister zu betrachten sei, bei dem das
Werk bestellt wurde, dass Lucas Cranach als der tĂĽchtigste seiner
SchĂĽler oder GehĂĽlfen die zweite Stelle einnehme und ein geringerer
Schüler die äusseren Bilder gemalt habe. Ferner bezeichnete Passavant
das Rosenkranzbild in der Antoniuskapelle des Bamberger Domes als
ein ausgezeichnetes Bild des Mathäus Grünewald. Und zum Schluss
wies er auf ein Werk hin, auf das er durch Jobin und Sandrart auf-
merksam geworden war, den aus dem Antoniterkloster in Isenheim
stammenden grossen FlĂĽgelaltar in der Bibliotheksgalerie in Kolmar.
Dort galt er als DĂĽrer, aber schon Nagler hatte ihn 1837 im 5. Bande
seines Künstlerlexikons S. 404 — 405 als Werk Grünewalds erwähnt und
allein von andern etwas ausfĂĽhrlicher beschrieben. Quandt jedoch hatte
1840 im 21. Jahrgang des Kunstblattes S. -^22 vermutet, er sei ein
Werk des Hans Baidung Grien, und Waagen (Kunstwerke und KĂĽnstler
in Deutschland II, 316) war 1843 ^u derselben Ansicht gekommen.
Aber dieser Isenheimer Altar, der nach älteren literarischen Über-
lieferungen von Mathäus Grünewald sein sollte, stimmte, das sah Passa-
— 117 —
vant ziemlich klar, nicht recht zu den bisher von diesem bekannten
Werken. Darum schrieb er:
„Sollte es sich nun bestätigen, dass dieses ausserordentliche Werk
wirklich von unserm IMeister gefertigt worden ist, so zeigt er sich hier
von einer ganz neuen Seite. Denn bewunderten wir ihn bis jetzt nur
wegen seines edeln Sinnes fĂĽr eine grossartige aber ruhige WĂĽrde, so
stossen wir jetzt plötzlich durch obige Malereien auf ein phantastisches
Element, wie es zu jener Zeit in den Niederlanden aufs Abenteuer-
lichste durch Hieronymus Bosch, in Oberdeutschland etwas gemässigter
durch Hans Baidung Grien und Albrecht Altorfer sich kundgegeben."
Passavants und Waagens zerstreute Forschungen wurden nun zum
ersten Male zusammengefasst in der 2. Auflage von Kuglers Handbuch
der Geschichte der Malerei (1847) S. 248 — 251. Der Name Mathäus
GrĂĽnewald wurde dadurch auch den weitesten Kreisen bekannt.
Bisher hatte man angenommen, Lucas Cranach sei ein SchĂĽler
Math. GrĂĽnewalds gewesen, weil man sich die grosse Ăśbereinstimmung
zwischen den Bildern beider auf keine andre Weise erklären konnte.
Dem trat nun 1851 zuerst der Cranachforscher Schuchardt entgegen.
Er gab die Ähnlichkeit der Werke beider zu, meinte auch, sie sei so
gross, „dass man ohne genaueres Studium beider dieselben gar wohl ver-
wechseln könne", betonte aber, dass sie sich trotzdem hinlänglich von
einander unterschieden. Ferner wies er darauf hin , wie unwahrschein-
lich es sei, dass Cranach 1529, in seinem 57. Jahre, als SchĂĽler oder Ge-
hilfe an dem Werke eines andern, d. h. an GrĂĽnewalds hallischem Altar-
werke gearbeitet habe. Dafür nahm er ein Wechselverhältnis zwischen
beiden an, etwa so, dass GrĂĽnewald und Cranach MitschĂĽler bei Cra-
nachs Vater gewesen wären. Den ganzen hallischen Altar erklärte er
fĂĽr eine Arbeit Grunewalds und seiner Gehilfen ohne jede Beteiligung
Lucas Cranachs (Seh. I, 22 — 25. II, 6g — 74).
Auch Ernst Förster widersprach in seiner Geschichte der deut-
schen Kunst (IL Teil, 1853, S. 327) der Annahme, dass Lucas
Cranach in einem Schülerverhältnis zu Grünewald gestanden habe.
Aber gelernt oder angenommen habe er viel von GrĂĽnewald, sodass
manche Gestalten auf Bildern Zweifel erregten, welcher von beiden der
Urheber gewesen. Bei dem Altar in Halle komme man nicht aus der
Ungewissheit, ausser durch die Annahme einer wirklichen Beteiligung
Cranachs. Er suchte dies dadurch zu erklären, dass beide den Auftrag
zugleich vom Besteller, dem Kardinal Albrecht, erhalten haben könnten
da sie „in gleicher freundschaftlicher Beziehung zu diesem standen."
Sonst steht Förster ganz auf dem Standpunkt Passavants und Waagens,
nur dass er im Gegensatz zu Passavant das Altarwerk in Kolmar fĂĽr
eine Arbeit des Hans Baidung Grien hält und dem Math. Grünewald
noch die FlĂĽgelbilder des 1518 entstandenen Altarwerks im Branden-
burger Dom zuschreibt.
In dem 1862 erschienenen ersten Bande seines Handbuches der
deutschen und niederländischen Malerschulen fasste nun auch Waagen
selbst seine Forschungen ĂĽber Grunewald kurz zusammen. Zu den
schon bekannten Bildern sind hier hinzugekommen zwei AltarflĂĽgel in
der Galerie Liechtenstein und als Hauptwerk eine Kreuzabnahme in der
Galerie Esterhazy in Wien, jetzt in der Nationalgalerie in Budapest,
ausserdem ein FlĂĽgelaltar in der Sammlung des Prinz-Gemahls in
Kensington bei London. Dagegen hält er in Bezug auf die Flügel des
grossen Isenheimer Altars in Kolmar an der Ansicht fest, zu der er sich
schon 1843 nach Quandts Vorgange bekannt hatte, und fĂĽhrt sie als
Werke des Hans Baidung Grien auf. Diese Ansicht verfocht nun auch
Alfred Woltmann 1866 in einem Aufsatz ĂĽber dieses Altarwerk im
ersten Band der Zeitschrift für bildende Kunst (namentlich S. 261 — 262.
283 — 287); er machte geltend, wer die sichern Werke des Math.
GrĂĽnewald kenne, d. h. die fĂĽnf Bilder in der MĂĽnchener Pinakothek
und den Flügelaltar in Halle, könne unmöglich die Bilder in Kolmar,
trotzdem sie auf alte schriftliche Nachrichten hin dem Math. GrĂĽnewald
zugeschrieben wĂĽrden, fĂĽr Arbeiten derselben Hand halten. Er glaubte,
hier läge einfach eine Namensverwechselung mit Hans Baidung Grien
vor, der ja auch z. B. von Sandrart Hans GrĂĽnewald genannt werde.
Es war nun schon ĂĽber ein Menschenalter vergangen, seit man
jenen mit Cranach aufs äusserste verwandten Künstler, der die fünf
Bilder in der Pinakothek und alle mit diesen dem Stil nach in Ver-
bindung stehenden gemalt, als den berĂĽhmten Aschaffenburger Mathias
Grünewald erkannt hatte. Er galt ohne jeden Zweifel als ihr Schöpfer,
sie galten als sichere Werke von ihm. Das war zum Glaubenssatz aller
deutschen Kunstforscher geworden. Diesen schönen Glauben zerstörte
nun Alfred Woltmann ohne Erbarmen, indem er im achten Bande
der Zeitschrift fĂĽr bildende Kunst (1873) in seinen ,, StreifzĂĽgen im
Elsass" S. 321 — 331 den Nachweis führte, dass der Isenheimer
Altar in Kolmar thatsächlich von Mathias Grünewald
herrĂĽhre, und dass nicht, wie er frĂĽher geglaubt, eine blosse Namens-
— 119 —
Verwechselung mit Hans Baidung Grien vorliege. Seine Folgerungen
aus dieser Thatsache muss ich hier wörtlich anführen: „Mit dem, was
man bisher für Grünewald hielt, haben die Gemälde des Isenheiraer
Altars nichts gemein .... Das Ergebnis der wiederholten PrĂĽfung ist,
dass unsere Vorstellungen von GrĂĽnewald bis jetzt absolut falsche
waren, dass ihm keins der Bilder, die ihm von Passavant, Waagen,
Schuchardt u. s. w. zugeschrieben wurden, angehört, dass jener so-
genannte Mathias GrĂĽnewald, wie er als ein dem Lucas
Cranach im Stil nahe verwandter, doch an Geschmack und
Grossartigkeit ĂĽberlegener Meister in unseren kunstgeschichtlichen Hand-
bĂĽchern erscheint, eine vollkommen mythische Figur ist."
Er wies nach, dass den fĂĽnf Bildern der Pinakothek, die bisher als
die allein sicher beglaubigten Werke GrĂĽnewalds gegolten hatten,
jede Spur einer Beglaubigung fehle, dass weder Inschriften noch
urkundliche Belege hierfĂĽr vorhanden seien. Die Benennung scheine
eine willkĂĽrliche zu sein.
Nachdem er diese Gruppe von Bildern als Werke Mathias GrĂĽne-
walds ein fĂĽr alle Mal gestrichen, erhebt er die Frage, wem sie nun
eigentlich angehören, und beantwortet sie folgendermassen: „Man könnte
an Lucas Cranach selbst denken, dem die meisten derselben frĂĽher zu-
geschrieben wurden . . . Und doch bestehen auch wieder merkliche
Verschiedenheiten zwischen dieser Gruppe von Arbeiten und Cranachs
sicheren Werken . . . Soll man vielleicht an Cranachs Vater
denken, der ebenfalls Maler war? . . . Jedenfalls fliesst in diesen
Werken die eigentliche Quelle von Cranachs Kunst."
Dieser Aufsatz von Woltmann fand die Zustimmung sämtlicher
deutscher Forscher. FĂĽr sie gab es von da an nur noch den Mathias
GrĂĽnewald, der die FlĂĽgel des Isenheimer Altars in Kolmar ge-
malt hatte, der frühere Grünewald aber, „jene dem Cranach ver-
wandte, aber höhere Künstlernatur", bekam den Notnamen „Pseudo-
grĂĽne wald", der so lange gelten sollte, bis sein wirklicher Name
ermittelt wäre. Dies ist bis heute noch nicht geschehen, und so trägt
er diesen Namen noch immer, obgleich die Umstände, die zu dieser
Taufe drängten, nur noch einem engeren Kreise von Fachgenossen wirk-
lich gegenwärtig sind. Alle, die seine Vorgeschichte nicht kennen,
stehen diesem Namen ratlos gegenüber, — Der Vater dieses falschen,
dieses Pseudo-GrĂĽnewald war A 1 f r e d Wol t man n , der Taufpate,
der dem Kinde seinen Namen gab, war Oskar Eisen mann. Am
6. August 1875, in Eisenmanns Besprechung der von Crowe besorgten eng-
lischen Ausgabe von Waagens Handbuch in der Kunstchronik X (1875),
S. 682, erschien der seines frĂĽheren Namens Beraubte zum ersten
Male mit diesem neuen Namen. Seit dieser Zeit pflegt man, wenn
man diesen KĂĽnstler meint, nur noch von dem PseudogrĂĽnewald zu
sprechen, d. h, in den Kreisen der Wissenden.
Nur wer von der durch Woltmann herbeigeführten Umwälzung
keine Kenntnis erhalten hatte, nannte den Maler dieser cranachähnlichen
Bilder auch weiterhin GrĂĽnewald, so wie ihn Passavant und Waagen
genannt hatten. Die Wahrheit über diesen fälschlich so genannten und
ĂĽber den echten GrĂĽnewald konnte schon deshalb nicht in weitere Kreise
dringen, weil sie in fach wissenschaftlichen Zeitschriften versteckt war
und die Frage dort auch weiterhin erörtert wurde. Es erschien auch
keine zusammenfassende Darstellung, die den veränderten Verhältnissen
Rechnung getragen und dieser neu entdeckten Wahrheit Eingang in
die breiten Kreise der Sammler und Kunstliebhaber verschafft hätte.
Dohmes Sammelwerk ,, Kunst und Künstler" war schon seiner äusseren
Anlage nach nicht dazu geeignet. Der Bedarf an kunstgeschichtlichem
Wissen wurde noch auf längere Zeit hinaus durch die älteren Hand-
bücher von Kugler, Förster und Waagen bestritten. Und wo Waagen
und Passavant in einer Privatsammlung oder einer Kirche ein Bild auf
GrĂĽnewald getauft hatten, da behielt es diesen Namen ruhig bei und
hat ihn meist noch heutzutage. Der Fortschritt der Kunstwissenschaft
ging an den Sammlern und den geistlichen Herren, die ja beide von
Natur konservativ sind, spurlos vorĂĽber.
Woltmann hatte die Ansicht ausgesprochen, die Benennung der
fĂĽnf Bilder in der MĂĽnchener Pinakothek scheine rein willkĂĽrlich zu
sein und daher zu rühren, dass die Gemälde sich früher in der Stifts-
kirche von Aschaffenburg, der Vaterstadt des echten Mathias GrĂĽne-
wald, befunden hätten. Da brachte nun Wilhelm Schmidt in der
Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung 1874 Nr. 316, S. 491 1,
den interessanten und überraschenden Nachweis, dass thatsächlich eines
der fünf Bilder, nämlich die Unterredung zwischen Moritz und Erasmus,
von dem echten GrĂĽnewald gemalt sei, die anderen vier aber von
anderer Hand, in der Art Lucas Cranachs. Er sprach sich darĂĽber
später, Ende Juni 1876, noch einmal ausführlicher in einem kurzen Auf-
satz im ersten Bande des Repertoriums fĂĽr Kunstwissenschaft S. 4 1 1 bis
412 aus, indem er darauf hinwies, dass fĂĽr die Benennung des einen
sicher von Mathias Grunewald herrührenden Gemäldes ohne Zweifel
eine Tradition massgebend gewesen sei, die es GrĂĽnewald nannte,
denn man wĂĽrde sonst schwerlich auf den Namen dieses Meisters ge-
kommen sein. Man habe nun ohne weitere PrĂĽfung angenommen, auch
die vier offenbar aus Cranachs Werkstätte stammenden Fiügelbilder
seien von GrĂĽnewald und habe sich aus diesen dann das Bild eines
dem Lucas Cranach verwandten Meisters GrĂĽnewald zusammengesetzt
und ,, damit eine heillose Verwirrung angerichtet."
VVoItmann benutzte jede Gelegenheit, die sich ihm darbot, um
den echten GrĂĽnewald in seine ursprĂĽnglichen Rechte wieder einzusetzen
und die Bilder des PseudogrĂĽnewald als das hinzustellen, als was sie
sich nun thatsächlich erwiesen : als Werke entweder Lucas Cranachs
selbst oder seiner Schule. Auch Eisenmann war in dieser Richtung
thätig. Doch betonte gerade er wieder, dass die Bilder Lucas Cranachs
und des Pseudogrünewald trotz äusserer Ähnlichkeit doch einen von
einander wesentlich verschiedenen Charakter hätten, ein Urteil,
das schon alle frĂĽheren Forscher von Passavant und Waagen an ge-
äussert hatten. Er sagte: „Es ist eine schöne Aufgabe für die künftige
Forschung, auszumitteln, wer dieser PseudogrĂĽnewald war und in welcher
Beziehung er zu dem echten GrĂĽnewald und zu Cranach stand. Denn
mit dem Ersteren scheint er an dem grossen Altarwerke, das aus einer
Kirche zu Halle nach Aschaffenburg und von dort in die MĂĽnchener
Pinakothek kam, und dessen Mittelbild die Bekehrung des h. Mauritius
durch den h. Erasmus giebt, gemeinschaftlich gearbeitet zu haben"
(Dohme, Kunst und Künstler I, Nr. 13, S. 35 — 36).
Eisenmann hatte dies 1876 veröffentlicht. Eine Antwort auf die
Frage, wer dieser Pseudogrünewald sei, hatten schon zwei Jahre später
Julius Meyer und Wilhelm Bode bereit. Den Anlass gaben zwei
Bilder des Berliner Museums, die bisher dem Mathias GrĂĽnewald zuge-
schrieben worden waren, die h. Anna selbdritt (Nr. 544 A) und der h.
Hieronymus (Nr. 565). In ihrem „Beschreibenden Verzeichnis der
während des Umbaus ausgestellten Gemälde" (Berlin 1878) S. 77 hielten
sie es für „zweifellos", dass die in einer dem älteren Cranach sehr ver-
wandten Weise behandelten und aufgefassten Gemälde, die früher den
Namen GrĂĽnewald fĂĽhrten und dann einem unbekannten Meister, den man
PseudogrĂĽnewald nannte, zugewiesen wurden, sowohl den einen als den
anderen Namen mit Unrecht trĂĽgen. Sie fassten ihre Ansicht ĂĽber diesen
Künstler in folgende Worte zusammen: „Der Vergleich mit den frühesten
datierten und bezeichneten Werken des altern Cranach macht es sehr
wahrscheinlich, dass dieser PseudogrĂĽnewald ein und derselbe Meister
mit dem älteren Cranach ist und dass jene Werke Jugendarbeiten
des letzteren sind."
Das mochte fĂĽr die beiden Berliner Bilder gelten, sie mochten
wirklich von Lucas Cranach sein. Aber eine derartige Verallgemeinerung
war doch recht bedenklich: alle z. B. fĂĽr den Kardinal Albrecht von
Brandenburg — Kardinal wurde er erst 1518 — von dem Unbekannten
gemalten Bilder Jugendwerke Cranachs? Sogar der hallische Altar
von 152g, ein Hauptwerk des PseudogrĂĽnewald, ein Jugendwerk des
schon 1472 geborenen Lucas Cranach? Dies kleine Rechenexempel
hatten Meyer und Bode wohl nicht angestellt.
Auch Ludwig Scheibler nicht, der sich von da an auf das ein-
gehendste mit diesen Werken und denen des Lucas Cranach beschäftigte
Am 25. Mai 1880 verteidigte er, um die Bonner DoktorwĂĽrde zu er-
langen, nach den dort bestehenden Vorschriften sechs Thesen, deren
zweite folgendermassen lautete : „Pseudogrünewald ist niemand anders
als Lucas Cranach während der ersten Hälfte seiner Thätigkeit (ca. 1500
bis 1525)". Scheibler vertritt diese Ansicht wohl heute noch. Ihm schloss
sich Karl Woermann an in seiner Fortsetzung von Weltmanns Ge-
schichte der Malerei IL Band, S. 419 — 420 (die betr. Lieferung erschien
schon um die Mitte des Jahres 188 1). Er erkannte ,,in den eine Zeit
lang dem damals ganz verkannten GrĂĽnewald, dann einem angeblichen
Pseudogrünewald zugeschriebenen Gemälden teils eigenhändige Jugend-
werke Cranachs, teils Arbeiten der Gesellen seiner frĂĽheren Zeit." Auch
Eisenmann war, wie er Woermann am 28. Dezember 1881 brieflich
mitteilte, „längst zu der Überzeugung gekommen, der von ihm seiner
Zeit aushilfsweise aufgestellte PseudogrĂĽnewald sei kein anderer als
Lucas Cranach der Ältere" (Kunstchronik XVII, 207).
Gegen Scheiblers und Wörmanns Ansicht erhob nun noch vor
Schluss des Jahres 1881 Friedrich Nieder may er Einspruch, indem
er behauptete, die Werke selbst sprächen dagegen. Mit Lucas Cra-
nach habe der KĂĽnstler nur die Mal weise und eine gewisse
Ähnlichkeit in der Zeichnung gemein, seine Auffassung zeige aber
einen unleugbaren Anklang an GrĂĽnewald. Niedermayer stellte also
den Zusammenhang des Unbekannten mit dem echten GrĂĽnewald, der seit
Wollmanns Entdeckung geleugnet worden war, wieder her und Hess beide
Künstler längere Zeit neben einander thätig sein. Ein archivalischer Fund
— 123 —
hatte ihn darauf gebracht. Er glaubte nämlich den wahren Namen des
PseudogrĂĽnewald ermittelt zu haben in einem Maler Simon von
Aschaffenburg, der, wie verschiedene Zahlungsbelege bewiesen, in
Diensten des Kardinals Albrecht gestanden hatte. Er nahm an, Meister
Simon habe bei Cranach gelernt (Kunstcbronik XVII, 129 — 132).
Es entspann sich nun zwischen Woermann und Niedermayer in
demselben Jahrgang der Kunstchronik (XVII, 201 — 207. 365 — 367)
eine kleine Fehde, in der Woermann mit entschiedenem GlĂĽck die
Ansicht Niedermayers zurĂĽckwies, dass zwischen dem echten und dem
falschen Grünewald eine innerliche Verwandschaft bestände. „Der echte
GrĂĽnewald ist so verschieden von dem angeblichen PseudogrĂĽnewald,
wie nur möglich. Die Anhänger eines Pseudogrünewald sollten daher
mindestens darauf verzichten, ihm eine Mittelstellung zwischen Cranach
und GrĂĽnewald zuzuweisen," Woermann hielt daran fest , dass der
PseudogrĂĽnewald (wenigstens in seinen besten Werken) kein anderer als
Lucas Cranach in seiner frĂĽheren Zeit sei, leugnete also entschieden,
dass man zwischen ihm und dem PseudogrĂĽnewald zu scheiden habe,
und wies auch auf die Ăśberlieferung hin, nach der mehrere der her-
vorragendsten Bilder des PseudogrĂĽnewald als Werke Lucas Cranachs
galten. Niedermayer behauptete zwar nicht, durch seinen archivalischen
Fund den unumstösslichen Beweis erbracht zu haben, Meister Simon
von Aschaffenburg und kein anderer sei der PseudogrĂĽnewald, hielt dies
aber für höchst wahrscheinlich.
Ein hervorragender Parteigänger erstand nun für Friedrich Nieder-
mayer in Hubert Janitschek. In seiner Geschichte der deutschen
Malerei (1889) brachte dieser seine Stellung zu dieser brennenden
Frage schon äusserlich dadurch zum Ausdruck, dass er die Werke des
PseudogrĂĽnewald in unmittelbarem Zusammenhang mit denen des echten
GrĂĽnewald besprach und Lucas Cranach, den PseudogrĂĽnewald Scheib-
lers, Woermanns und Eisenmanns, erst 100 Seiten später behandelte. Es
war seine Ansicht, dass der Unbekannte „ebenso Beziehungen zu Grünewald
wie zu Lucas Cranach habe", und er trug deshalb auch kein Bedenken, zu
erklären: „da ein Meister Simon von Aschaffenburg als Hofmaler des
Kardinals Albrecht nachgewiesen ist und die wichtigsten der hier in
Frage kommenden Werke nachweislich im Auftrage jenes KirchenfĂĽrsten
entstanden sind, so darf man wohl die Identität dieses Pseudogrüne-
wald mit Simon von Aschaffenburg vermuten."
Er wies diesem nun folgende Werke zu: die vier FlĂĽgel in der
— 124 —
MĂĽnchener Pinakothek, die den Ausgangspunkt der ganzen Frage ge-
bildet hatten, den h. Valentin in der Stiftskirche in Aschaffenburg, i n
der dortigen Schlossgalerie die sechs kleineren FlĂĽgel mit Heiligen und
eine kleine Darstellung der h. Sippe, in der Bamberger Galerie Wilibald
und Walburg mit dem Stifter Gabriel von Eib von 1520, und den grossen
Wandelaltar von 152g in der Marienkirche in Halle.
An diese Gruppe der dem Simon von Aschaffe n bĂĽrg ver-
mutungsweise zugeschriebenen Werke schliesst nun Janitschek noch eine
zweite Gruppe von Bildern an, die auf einen Maler hinwiesen, der dem
vorgenannten Meister zwar verwandt sei, aber doch stärkeren Einfluss
als dieser von Cranach erfahren habe. Als das schönste Werk dieser
Gruppe bezeichnet er die Maria auf der Mondsichel mit dem Stifter und
dem h. Bartholomäus im Besitz des Geheimen Hofrats Dr. Schäfer in
Darmstadt, dann nennt er von den Bildern in der Aschaffenburger
Galerie die zwei Darstellungen der Messe des h. Gregor und ein kleines
Marienbild mit dem Wappen des Kardinals Albrecht. FĂĽr Werke wenn
nicht des gleichen, so doch eines Aschaffenburger Künstlers erklärt er
endlich noch zwei Flügel mit je drei Heiligen im Darmstädler Museum.
Besonders bemerkenswert an Janitscheks AusfĂĽhrungen ist, dass im Hinter-
grunde immer eine von ihm angenommene Aschaffenburger Schule
steht, als deren Hauptvertreter ihm der PseudogrĂĽnewald, d. h. Simon
von Aschaffenburg, gilt.
BerĂĽcksichtigt man noch die Bilder, die Janitschek in die bis 1520
angenommene frĂĽhere Schaffensperiode Lucas Cranachs versetzt, so er-
giebt sich, dass er die Werke, die von Passavant und Waagen frĂĽher
dem Grunewald zugeschrieben worden waren , an drei deutlich von
einander zu unterscheidende KĂĽnstler verteilt:
1. an einen Vertreter der Aschaffenburger Malerschule, wahrschein-
lich Simon von Aschaffenburg, bei dem er ebenso Beziehungen
zu GrĂĽnewald wie zu Lucas Cranach annimmt,
2. an einen Maler, der einen stärkeren Einfluss von Cranach er-
fahren habe als der erste, aber doch auch der Aschaffenburger
Schule angehöre,
3. an Lucas Cranach.
Eine weitere Entwickelung hat die PseudogrĂĽnewald-Frage seitdem
nicht durchgemacht. Und so stehen sich heute noch immer zwei Par-
teien gegenĂĽber. FĂĽr die eine ist PseudogrĂĽnewald - in seinen besten
Werken niemand anders als Lucas Cranach in seiner frĂĽheren Zeit, fĂĽr
— 125 —
die andere ein der Aschaffenburger Schule angehörender, zwischen
Cranach und Grünewald stehender Künstler, möglicherweise der in Ur-
kunden als Maler des Kardinals Albrecht von Brandenburg nachge-
wiesene Simon von Aschaffenburg.
Eine Einigung zwischen beiden Parteien scheint nicht erfolgen zu
können , Meinung steht gegen Meinung. Nur das Eine hat sich bisher
als eine unurastössliche Thatsache erwiesen: die äusserst grosse stilistische
Verwandtschaft der Bilder des PseudogrĂĽnewald mit denen Lucas Cra-
nachs. Bevor man also fragt: wer ist der PseudogrĂĽnewald? muss man
die Frage beantwortet haben : in welchem genaueren Verhältnis steht er
zu Lucas Cranach? Und diese Frage kann wieder erst dann gelöst
werden, wenn die Entwickelung Lucas Cranachs selbst bis zu dem Zeit-
punkt, wo die Thätigkeit des Pseudogrünewald beginnt, an der Hand
einer Anzahl durch die Kritik gesicherter Werke klar erkennbar ist. Dass
diese erste Bedingung erfĂĽllt ist, hoffe ich durch meine Untersuchung
der Holzschnitte, Kupferstiche und Tafelbilder, die Lucas Cranach bis
1522 geschaffen hat, erwiesen zu haben.
Da nun mit keinem einzigen Werke des PseudogrĂĽnewald eine
urkundliche Nachricht verbunden ist, aus der man auf sein Verhältnis
zu Cranach und auf seine Persönlichkeit schliessen könnte, so sind wir
eben nur auf diese Wer ke angewiesen. Sie allein können uns Rede
stehen und sie werden es auch thun, wenn wir sie nur recht eindring-
lich fragen.
2. Die Werke des PseudogrĂĽnewald.
Nicht alle Bilder, die von den älteren Forschern ihrem Mathäus
Grünewald, dann dem Pseudogrünewald, also dem Schöpfer der vier
FlĂĽgelbilder in der MĂĽnchener Pinakothek, zugeschrieben worden waren,
haben sich auch als Werke ein und derselben Hand erwiesen.
Man hat allmählich eine kritische Sichtung vorgenommen, der
z. B. die Bildnisse in Wien, die AltarflĂĽgel in Heilsbronn, die im Branden-
burger Dom zum Opfer gefallen sind. Sie gehören alle anderen Künst-
lern an, die mit Lucas Cranach nicht das Geringste zu thun haben.
Andere Bilder haben sich als sichere Werke Lucas Cranachs nach-
weisen lassen. Ich selbst habe einige, bei denen man bisher noch
zweifelhaft sein konnte, mit guten GrĂĽnden fĂĽr ihn in Anspruch ge-
nommen, indem ich sie an die richtige Stellung in Cranachs Ent-
wickelung setzte.
— 126 —
Diese Werke lasse ich also im Folgenden unberĂĽcksichtigt und
lege nur diejenigen der Untersuchung zu Grunde, die meiner Ansicht
nach zwar mit denen Lucas Cranachs äusserst verwandt, aber sicher
nicht von ihm selbst sind und die sich als Werke ein und derselben
Künstlerpersönlichkeit erweisen.
a) Tafelbilder.
Ich teile sämtliche Tafelbilder des Pseudogrünewald nach dem
grösseren oder geringeren Grade ihrer Verwandtschaft in Gruppen. Da-
mit will ich aber nicht zugleich behaupten, dass Bilder, die in dieser
Anordnung unmittelbar auf einander folgen, auch unmittelbar nach
einander entstanden sind. Ich halte es sogar für möglich, dass zwei
Bilder, die verschiedenen Gruppen angehören, der Zeit nach einander
näher stehen, als zwei, die ich derselben Gruppe zugeteilt habe. Im
Allgemeinen wird abei meine Anordnung auch der Zeitfolge der Bilder
entsprechen.
I. Gruppe.
1. Die Marter des h. Erasmus von 151 6. Aschaffenburg, Schloss.
2. Der Olavsaltar. LĂĽbeck, Marienkirche.
I. Die Marterdesh. Erasmus in der Schlossgalerie in Aschaffen -
bĂĽrg. Phot. von Neeb in Mainz. Ăśber dem rundbogigen Thor befindet
sich eine Tafel mit der Jahreszahl 1 5 1 6, links daneben das Wappen
Albrechts von Brandenburg als Erzbischof von Mainz und Magde-
burg und Administrator von Halberstadt. Der Kardinalshut, der darĂĽber
schwebt, ist, wie man sich leicht überzeugen kann, eine spätere Zuthat.
Albrecht erhielt die KardinalswĂĽrde ja erst am i. August 15 18 auf dem
Reichstag in Augsburg. Das Bild stammt wohl sicher aus Halle, wie
alle andern Bilder des PseudogrĂĽnewald, die im Auftrag Albrechts ent-
standen sind. Die Bestellung des Bildes hängt wohl zusammen mit der
unter grossem Pompe erfolgten Überführung des Körpers des h. Eras-
mus von Magdeburg nach Halle am Ostermontag 1 5 1 6 und der sich
daran anschliessenden GrĂĽndung der Bruderschaft des h. Erasmus
(Hertzberg, Geschichte der Stadt Halle 11, 32).
Das Bild macht einen merkwĂĽrdig unreifen und unausgeglichenen
Eindruck. Gelungenes steht neben Misslungenem. Eine unmögliche
Architektur, die Ornamentik ohne ausgeprägten Stil, überall ein kind-
liches, schülerhaftes Tasten. Das Bild ist auch kein völliges Originalwerk,
es ist durchaus abhängig von dem Dresdener Kindermord (Nr. 1906C.
CrA. 106). Das zeigt sich schon in der Komposition. Die Marter
Marter des h. Erasraus (15 lö).
Aschaffenburg, Galerie.
des Erasmus vollzieht sich vor einem palastähnlichen Gebäude, von
dessen Balkon der Kaiser und sein Gefolge herabsehen. Vor dem Ge-
bäude befinden sich im Mittelgrunde die Zuschauer, meist Ritter zu
— 128 —
Pferde, in einem Halbkreis, der sich nach dem Vordergrunde rechts
hinzieht, vorn Hnks und in der Mitte die Schergen mit ihrem Opfer.
Ganz dieselbe Anordnung finden wir nun auf dem Kindermord in
Dresden. Aber nicnt genug damit, es sind sogar einzelne Gestalten
aus diesem direkt mit nur geringen Abweichungen herĂĽbergenommen.
So der Ritter auf dem weissen Pferde links, das wiehernd den Kopf in
die Höhe reckt. Dann der ganz rechts vorn vom Rücken dargestellte
Reiter mit dem mit wallenden Straussenfedern geschmĂĽckten Barett, und
vor ihm links der Pferdekopf. Die beiden Ritter rechts vor ihm ähneln
wenigstens sehr denen, die sich auf derselben Stelle des Dresdener
Bildes befinden. Den Alten mit dem langen weissen Barte ganz hinten
links bemerken wir in Dresden ganz rechts oben unter den Herab-
schauenden. Endlich finden sich die verschiedenen Formen der
Helme ebenso auf dem Kindermord, wie auf andern echten Bildern
Lucas Cranachs aus dieser Zeit. So ist z. B. der Helm, den der
Ritter auf dem weissen Pferde aufhat, ganz derselbe, wie auf dem
Kindermord der des knienden Schergen vorn links. Das Vorbild fĂĽr
den Balkon mit den weit ĂĽber das Mittelteil vorspringenden, so frei-
lich in der Wirklichkeit unmöglichen Flügeln hat der tribünenartige
Bau auf dem Kindermord abgegeben. Auch das Medaillon am oberen
Rande in der Mitte geht auf die dort angebrachten Medaillons zurĂĽck.
Ferner muss ich noch auf den Perlenbesatz der Mitra und des Mantels
des h. Erasmus hinweisen, weil er ganz der von Lucas Cranach gerade
in dieser Zeit gepflogenen Gewohnheit entspricht (man vergleiche z. B,
die Hauben zweier Frauen auf dem Kindermord, das Mieder der h.
Katharina auf dem Wörlitzer Bild von 1516 und das der h. Katharina
und Barbara in Dresden, CrA. 129 — 130).
Aus diesen Ăśbereinstimmungen darf nicht nur, sondern muss ge-
folgert werden: i. Dass der Maler der Marter des Erasmus den Dres-
dener Kindermord Lucas Cranachs unmittelbar vor Augen gehabt hat,
2. dass er, wie aus der Art der Entlehnungen hervorgeht, dieses Bild
nur in Cranachs Werkstatt hat kennen lernen können. 3. dass er noch
sehr jung und kĂĽnstlerisch noch nicht reif gewesen ist, wofĂĽr z. B.
auch noch das spricht, was ihm selbst angehört, z. B. der Christus in
den Wolken und die Art, wie die Gewänder des Erasmus am Boden
fein säuberlich neben einander gelegt sind. Kein durchgebildeter Künstler
wĂĽrde sich hier die Gelegenheit zu etwas bewegterer, d. h. mehr kĂĽnst-
lerischer Anordnung haben entgehen lassen.
— 129 —
2. Der Olavsaltar in der Bergenfahrerkapelle der LĂĽbecker
Marienkirche. Die St. OlavsbrĂĽderschaft wurde 1516 oder kurz danach von
den Bergenfahrern gegrĂĽndet (vergl. Adolf Goldschmidt, LĂĽbecker Malerei
und Plastik bis 1530, LĂĽbeck 1889, S. 27), also kann das Werk niclit
vor dieser Zeit entstanden sein. Es ist ein Diptychon. Die feststehende
Tafel stellt den h. Olav zwischen dem Evangelisten Johannes und dem
h. Ansgar dar, der bewegliche FlĂĽgel innen die Kreuzabnahme, aussen
d:e h. Katharina zwischen Barbara und Dorothea. Ich habe das Werk
nicht gesehen und urteile nur nach den zehn grossen, vorzĂĽglichen
Lichtdrucken (drei Gesamtdarstellungen und sieben Ausschnitten), die
Johann Nöhring in Lübeck herausgegeben hat (die Aussenseite ist
auch bei Goldschmidt auf Tafel 43 abgebildet). In diesen drei Gemälden
giebt es nun auch nicht eine Gestalt, die man mit auch nur einiger
Sicherheit für eine Schöpfung Lucas Cranachs erklären könnte. Aber
sie erinnern im Allgemeinen und in so manchen Einzelheiten an die
Art des Meisters, wie sie sich namentlich in den 15 18 — 15 19 ent-
standenen grösseren Gemälden kundgiebt, sodass man sie für Werke
eines seiner SchĂĽler, der sich in diesen Jahren in seiner Werkstatt auf-
gehalten, erklären muss. So urteilt auch Goldschmidt (S. 27), der
sie dem Stile nach einem ,, guten SchĂĽler des jugendlichen Cranach"
zuweist; er meint natürlich mit diesem „jugendlichen" Cranach den
mindestens 44 jährigen Meister.
Betrachten wir darauf hin einige Gestalten genauer.
So erinnert der Evangelist Johannes stark an zwei der Apostel
auf der Fusswaschung des Zwickauer Altarwerks von 15 18, Ansgar
deutlich an einen der kerzentragenden Diakonen auf der Bischofsweihe
des h. Nikolaus auf dem Altarwerk von 1 5 1 9 in Grimma, die trauernden
Frauen an die Beweinung Christi in JĂĽterbog (CrA. 108), Magdalena
auch an die verschiedenen Kreuzigungen Cranachs aus dieser Zeit. Die
h. Katharina zeigt eine besonders starke Verwandtschaft mit der h. Kuni-
gunde in Zwickau. Die Art, wie Barbara die Hände, mit denen
sie den Kelch hält (mit der Hostie darüber, was bei Lucas Cranach
in dieser Zeit nicht mehr vorkommt), unter einem Tuch verborgen hat,
erinnert deutlich genug an die h. Barbara in Dresden (Nr. 1906 F.
CrA. 130) und auf dem Wörlitzer Bilde von 15 16 (CrA. 10). Der
Kopf des Engels endlich ruft die lieblichen Köpfe des Christkindes auf
den Marienbildern dieser Zeit sofort ins Gedächtnis, man vergleiche
z. B. die Verlobung der h. Katharina in Budapest (Nr. 133. CrA. 73),
— I30 —
die kleine Anna selbdritt in Berlin (Nr. 567 A), das Marienbild in
Grossglogau von 15 18 (CrA. 12), das in Karlsruhe (Nr. 108. CrA.
yg). Die Ähnlichkeit dieses Engels mit den Engelsköpfen auf der
stark beschädigten halbrunden Dreifaltigkeitsdarstellung von Lucas Cra-
nach im Dresdener Altertumsmuseum Nr. 526a, namentlich mit dem
ersten Engel rechts oben, ist aber so stark, dass man fast annehmen
möchte, hier sei ein und dieselbe Hand thätig gewesen.
Ganz von Luc, Cranachs Art abweichend ist bei den LĂĽbecker
Bildern :
1 . Der sich in zwei Stockwerken erhebende polygonale, oben mit
einer flachen Kuppel abschliessende Turm. Man halte den Turm der
h. Barbara dagegen, wie ihn Lucas Cranach malt: rund wie einen Be-
festigungsturm, auch mit Schiessscharten, aus unregelmässigen Bruch-
steinen aufgemauert und mit einem geschweiften spitzen, aber breit-
gedrĂĽckten und oft schief sitzenden Dache. So kommt er vor auf der
Verlobung der Katharina in Budapest (Nr. 133. CrA. 73), in Wörlitz
(CrA. 10), auf den Bildern der Barbara in Dresden (Nr. igo6F. CrA.
130) und Kassel (Nr. g des grossen Katalogs).
2. Die Landschaft im Hintergrund der Kreuzabnahme, die
sich so weder in früheren Gemälden Lucas Cranachs, noch erst recht
in denen dieser und der folgenden Zeit findet.
3. Die Gestalten und die Tracht der beiden mit dem Leichnam
Christi beschäftigten Männer.
Die drei LĂĽbecker Bilder bewegen sich in einem ganz andern
Darstellungskreise, als die Marter des Erasmus. Gestalten also, wie sie
dort vorkamen, sind hier ganz ausgeschlossen. Ferner weichen die Ge-
stalten auf beiden Werken in Bezug auf die Grösse erheblich von
einander ab, wodurch schon die INIöglichkeit einer genaueren Überein-
stimmung im Stil etwas verringert wird. Infolgedessen lassen sich
zwischen den LĂĽbecker Bildern und dem in Aschaffenburg so gut wie
keine besonderen Beziehungen nachweisen; man mĂĽsste denn die Be-
handlung der herabhängenden Schnurbärte anführen, die auf beiden
allerdings ganz gleich ist.
Dass auch der Schöpfer des Olavsaltars künstlerisch noch nicht
reif war, zeigen verschiedene Unbehilflichkeiten. Das UngetĂĽm mit
dem auf langem dĂĽnnem Halse sitzenden Kopf des h, Clav, das das
Heidentum darstellen soll, wirkt recht komisch zwischen Olavs Beinen.
Lucas Cranach hätte das ganz anders gemacht. Die Stellung der drei
männlichen Heiligen ist würdig, aber docli etwas steif und leblos. Die
Komposition der Kreuzabnahme klafft in drei Teile auseinander, die
innerlich nicht genĂĽgend mit einander verbunden sind. Der KĂĽnstler
ist auch nicht fähig, den Schmerz in den Gesichtern zum natürlichen
Ausdruck zu bringen; sie machen nur betrĂĽbte Mienen. Am besten zeigt
er sich deshalb da, wo er anmutige Frauengestalten ohne jede Hand-
lung darzustellen hat, wie auf der Aussenseite des Altars. —
Nur kurz erwähnen will ich hier ein grösseres Werk, das wahr-
scheinlich um diese Zeit entstanden ist: den ursprĂĽnglichen Wandel-
altar im Dom zu Merseburg, dessen Mittelbild (vorn die Kreuzigung
Christi, aut der RĂĽckseite die Beweinung) sich jetzt in der Vorhalle, dessen
vier beiderseitig mit je einem Heiligen bemalten FlĂĽgel sich auf dem
Orgelchor befinden (Schuch. II, 92 — 93). Diese Bilder, wenigstens die
FlĂĽgel, erinnern sehr an unsern KĂĽnstler, stehen aber kĂĽnstlerisch
ziemlich tief. Die beiden Darstellungen des Mittelbildes zeigen deut-
lichere Anklänge an die Art Lucas Cranachs und haben manches Vor-
treffliche an sich. Das Werk als Ganzes zeigt aber ein solches Stil-
gemisch, dass ich hier gar nicht mit ihm rechnen will.
2. Gruppe.
1. Der Pflocksche Altar. Annaberg, Annenkirche.
2. Die FlĂĽgelbilder des Bergknappschaftsaltars. Annaberg, Annen-
kirche.
3. Rosenkranzbild. Bamberg, Dom, Antoniuskapelle.
4. Wilibald und Walburg, verehrt vom Bischof von Eichstätt,
Gabriel von Eib, von 1520. Bamberg, städtische Galerie.
I. Der P f 1 o c ksc h e AI tar in der Annenkirche in Annaberg.
Er besteht aus einem Mittelbild und zwei FlĂĽgeln. Dargestellt ist auf
dem Mittelbild der Tod Marias*) mit dem knienden Stifter Lorenz
Pflock, seinem Sohn und seiner Frau , auf dem linken FlĂĽgel der h.
Valentin mit einem FallsĂĽchtigen, auf dem rechten der h. Sebald,**)
*) "Waagen (Kunstwerke und KĂĽnstler in Deutschland I, 46) hat behauptet,
der Künstler hätte hier den Stich Schongauers B. 33 benützt. Dies ist nicht der
Fall. Er hat ihn wahrscheinlich gar nicht gekannt.
**) Dass es der h. Sebald ist, daran ist gar nicht zu zweifeln, das Wappen
mit den drei Lilien ist ihm eigen, man vergl. z. B. den grossen Holzschnitt des h. Sebald
von 1518 von DĂĽrer B. App. 21.
9*
auf den Aussenseiten der FlĂĽgel links die h. Barbara, rechts die h.
Dorothea (die FlĂĽgel = Cr A. 13g).
Der späteste Termin für die Entstehung dieser Bilder wird
durch den Tod Lorenz Pflocks bestimmt, der, wie die noch vorhandene
messingne Grabplatte beweist, 1 5 2 i am Sonntag nach Bartholomaei (2 5 . Aug.)
erfolgte. Den frĂĽhesten Termin wĂĽrde die Kirchenweihe am 26. JuĂś
1521 bezeichnen, wenn wir ganz normale Verhältnisse annehmen wollen.
Da aber vom Herzog Georg fĂĽr die Annenkirche schon seit dem Jahre
1507 (i3' Dez.) die Freiheit erwirkt worden war, auf ungeweihten
Altären Messe und andere gottesdienstliche Handlungen zu verrichten,
auch Altäre lange vor der Kirchenweihe, z. B. von 151 2 und 1516, vor-
handen waren, so wäre es immerhin nicht unmöglich, dass auch der
Pflocksche Altar schon vor der Kirchenweihe gestanden habe, vielleicht
an einem der Pfeiler des Mittelschiflfes (an seinen jetzigen Platz im Chor
wurde er erst 1834 versetzt). Aber das Wahrscheinlichere ist, dass das
Werk erst zwischen der Kirchenweihe und dem Tode Lorenz Pflocks, also
erst zwischen dem Sommer 15 19 und dem Sommer 1521 entstanden
ist. Die Grenze lässt sich noch enger ziehen, wenn man folgendes be-
rĂĽcksichtigt. Wolf, der Sohn Lorenz Pflocks, war sicher noch unverheiratet,
als der Maler den Auftrag erhielt, sonst wäre nach dem Brauche der
Zeit auch seine Frau mit dargestellt worde;i. 1520 wurden an der
Emporenbrüstung über Pflocks Gewölbe 4 Reliefs angebracht, von denen
eines den Namen der jungen Frau Wolf Pflocks trug. Demnach wäre
der Pflocksche Altar vor diesen Reliefs, also 1519/20 entstanden.
Es ist übrigens auch möglich, dass der Altar ursprünglich in der
Anfang 1520 geweihten Pflockschen Kapelle in Frohnau, einem unmittel-
bar an Annaberg angrenzenden Dorfe, aufgestellt war, die nach Ein-
fĂĽhrung der Reformation zu profanen Zwecken verwendet wurde.
Wenn man von der Betrachtung der eigenhändigen bis 1522 ent-
standenen Werke Lucas Cranachs herkommt und nun an den Pflockschen
Altar herantritt und jedes dieser fĂĽnf Bilder ehrlich und gewissenhaft prĂĽft,
so wird man nur wenig finden können, was unmittelbar an Luc. Cranach
erinnert. Nur einige Apostelköpfe auf dem Tode Marias klingen etwas
an einige Köpfe auf der Fusswaschung des Zwickauer Altars von 15 18
an. Das ist aber auch alles. Wenn von Lucas Cranach nach dem
Jahre 1522 nichts mehr vorhanden wäre, so würde man den Pflockschen
Altar ĂĽberhaupt nicht mit ihm in Verbindung bringen. Eher wĂĽrde man
das Werk, wenn man es fĂĽr sich allein betrachtete, nach Franken, in
— ^33 —
die Nähe Nürnbergs versetzen, denn fränkischen Einfluss zeigt es in
höherem (irade, als sächsischen.
Die fünf Bilder sind ungemein sorgfältig und liebevoll ausgeführt, so-
dass siedas Werk von Monaten gewesen sein mĂĽssen. Leider sind sie teil-
weise nicht gut erhalten, weshalb ihre VorzĂĽge, namentlich in der Technik,
nicht sofort zu Tage treten, sondern sich erst bei näherer Bekanntschaft
erschliessen. Es zeigt sich hier schon ein ganz persönlicher Stil, wenn
auch noch in der Entwickelung begriffen. Die Formen sind namentlich
auf dem Mittelbilde bis in jede Einzelheit durchgebildet. In die Köpfe
ist allerdings durch die zu peinliche Modellierung ein unfreier Zug ge-
kommen, sie sehen aus, als seien sie in Wachs modelliert, als sei das
Leben plötzlich in ihnen erstarrt. Die Männer haben die Stirne etwas
gerunzelt, und diese feinen Fältchen, die auch quer über die Nasen-
wurzel gehen, sind eben so liebevoll wiedergegeben, wie die etwas an-
geschwollenen Äderchen an den Schläfen, wie die Adern der Hände
und FĂĽsse. Die Nasen sind ziemlich lang, meist spitz, besonders im
Profil, und ein wenig nach auswärts gebogen. Zwischen Nase und Ober-
lippe vergisst der Künstler nie ein längliches Grübchen anzubringen, ein
rundes findet sich gewöhnlich auch am kleinen spitzen Kinn. Das
macht ungefähr den Eindruck, als sei dort ein Dattelkern, hier eine
Erbse in Wachs eingedrĂĽckt. Der Maler hat eine so starke Vorliebe
für dies Grübchen, dass er bei den Männern sogar den Schnurbart nicht
zusammenwachsen lässt, sondern in der Mitte der Oberlippe eine Lücke
lässt (vergl. den h. Sebald). Die Oberlippe ist meist in der Mitte nach
unten gezogen, der Mund oft, auch da wo die Dargestellten keine Ge-
legenheit zum Sprechen haben, ein wenig geöffnet, so dass einige Zähne
links und rechts sichtbar werden (vergl. den h. Valentin und Sebald).
Fast alle Gesichter haben ein Doppelkinn, das bald mehr, bald weniger
stark ausgebildet ist. Das Ohr hat eine längliche scharf ausgeprägte
Form. Das Haar, das meist gelockt ist, ist immer mit grösster Liebe
behandelt, beinahe jedes Haar ist einzeln äusserst fein mit der
Pinselspitze gezeichnet (auf dem Mittelbilde ist dies besonders deutlich
zu sehen). Die Gesichter sind ohne FĂĽlle, aber auch nicht mager, die
der Frauen ziemlich hässlich. Die Nägel der sorgsam behandelten Finger
haben eine längliche Form, sind kurz geschnitten, so dass noch
ziemlich viel Fleisch an der Spitze ist, und scharf umrissen, wie die
der Zehen.
Die Gewänder, namentlich der Männer, sind meist in sehr harte
— 134 —
Falten gelegt, auch an Stellen, wo eine Faltenbildung kaum möglich ist.
Diese Falten machen meist den Eindruck, als seien sie in Erz getrieben,
so vor allem die öfter vorkommenden parallel von oben nach unten
verlaufenden. Gewöhnlich werden diese Falten in ihrem Verlaufe durch
quer einschneidende tiefe TĂĽllen unterbrochen.
Zu beachten ist besonders die Tracht der h. Barbara und
Dorothea. Beide haben Kleider, die aus einem StĂĽck bestehen,
sodass also das Mieder unmittelbar in den Rock ĂĽbergeht. Das Mieder
liegt eng am Oberkörper an und ist vorn in seiner untern Hälfte zick-
zackartig verschnürt. Die Ärmel sind so lang, dass sie fast die ganze
Mittelhand bedecken. In der Mitte des Ober- und Unterarmes liegen
sie eng an, dagegen sind sie an der Schulter und am Ellbogen zu
grossen Puffen aufgebauscht, die von weissem Stoffe sind. Ăśber diese
weiten Puffen gehen paarweise dĂĽnne schwarze Schnuren, die die eng
anliegenden Ärmelteile mit einander verbinden. Es ist dies eine gewiss
eigenartige Tracht. Dorothea hat ausserdem einen kurzen Schulterum-
hang, dessen Ränder jedoch oben in der Mitte nach aussen geschlagen
sind, sodass der Hals frei ist.
Das Gras, das den Boden bĂĽschelweise bedeckt, hat breite und
sehr lange Halme, die sich ganz gleichmässig, als wären sie gekämmt,
nach dem Erdboden neigen, der linke Teil eines BĂĽschels nach links,
der rechte nach rechts. Eine Vorliebe scheint der KĂĽnstler fĂĽr Mai-
glöckchen zu haben.
Die Berge im Hintergrunde steigen zackig empor und sind an
den Böschungen von Bäumen bewachsen.
Die vier FlĂĽgelbilder werden oben durch zwei aufeinander zulaufende
FruchtschnĂĽre abgeschlossen, die in den Ecken an Ringen befestigt sind.
Sie sind teilweise von Bändern umwunden und werden da, wo sie in
der Mitte zusammenkommen, durch eine Menschen- oder Tierfratze oder
einen Engelskopf oder eine Schnur mit einander verbunden. Diese
Fruchtschnüre sind wie in rötlichgelbem Metall getrieben und geschmiedet
gedacht. Die Formen sind durchaus renaissancemässig, ohne jeden
Anklang an die Gotik. In derselben Weise und in denselben Renaissance-
formen ist auch die KrĂĽmme des Bischofsstabes Valentins ausgefĂĽhrt.
Die Färbung der Bilder ist bunt. Die Lokalfarben sind bestimmt
ausgesprochen. Daneben kommen schillernde Farben vor, z. B. blau-
violett, gelb -kirschrot, grün -rötlich. Die weissen Gewänder haben stark
bläulich-grüne Schatten. Besonders charakteristisch ist für das ganze
— 135 —
Altarwerk ein auffallend kühler bläulicher Gesamtton, der in der Kirche
selbst viel mehr zum Ausdruck kommt, als z. B. in der Cranachaus-
stellung.
Wie ich schon gesagt habe, ist die \'erbindung zwischen dem
Pflockschen Altar und den echten Bildern Lucas Cranachs äusserst
lose. Dagegen finden sich engere Beziehungen zu den beiden Werken
der ersten Gruppe. Zunächst zum Olavsaltar in Lübeck. Die h.
Barbara in Annaberg hat einen aus Quadern gemauerten , von einer
Kuppel mit Laterne gekrönten Turm, der in derselben Weise von den
TĂĽrmen Luc. Cranachs abweicht, wie der des Olavsaltars. Auch dort
schwebt ĂĽber ihrem Kelche die Hostie. Und der Engel der h. Doro-
thea erweist sich in jeder Hinsicht als ein Werk derselben Hand wie
der in LĂĽbeck.
Aber auch mit der Marter des Erasmus in Aschaftenburg steht
der Pflocksche Altar in Verbindung, so sehr beide Werke sonst dem
Stile nach von einander verschieden sind. Eine anscheinend höchst
geringfĂĽgige Einzelheit bildet das Mittelglied. Man betrachte dort ein-
mal die spiralförmig wie die jungen Blätter der Farnkräuter eingerollte
KrĂĽmme des Bischofsstabes hinter dem Wappen Albrechts von Branden-
burg. Dieselbe auffällige Erscheinung bemerken wir auch auf dem
Pflockschen Altar, bei den aus Laubwerk gebildeten Helmdecken der
beiden Wappen, namentlich des rechten, bei dem hörnerartigen Schmuck
der Mantelschliesse des h. Valentin und den beiden Fratzen in den
Fruchtgehängen auf den Bildern des h. Valentin und Sebald. Selbst-
verständlich kann dies kein blosses Spiel des Zufalls sein, die Er-
scheinung ist zu eigenartig. Aber es folgt auch noch eines daraus :
ein älterer Künstler, der noch in den Formenanschauungen der Gotik
aufgewachsen war, wie Lucas Cranach, hätte die Helmdecken der beiden
Wappen viel stilreiner gezeichnet, das beweisen z. B. die grossen
Wappen im Wittenberger Heiligtumsbuch (1509) und in dem BĂĽchlein
Adams von Fulda (15 12). Unser KĂĽnstler aber beherrscht weder die
Formen der Spätgotik noch die der eben in Deutschland eindringenden
Renaissance vollkommen; was er in diesen Helmdecken giebt, ist ein
Stilgemisch. So zeigt sich auch beim Pflockschen Altar, dass der KĂĽnstler
noch ziemlich jung gewesen sein muss.
Dass aber Beziehungen zu den beiden frĂĽher genannten Werken
sich nicht in grösserer Zahl finden, liegt an dem zeitlichen Abstand
zwischen ihnen. Wohl sind zwischen der Entstehung der Marter des
- 136 —
Erasmus (151 6) und der des Pflockschen Altars etwa nur drei Jahre
vergangen. Aber in drei Jahren entwickelt sich ein 16 jähriger Künstler
— nehmen wir an, er sei im Jahre 1500 geboren — so rasch, wie
ein 30jähriger in 10 — 15 Jahren. Man vergleiche nur z. B, die Ent-
wickelung, die der junge Holbein durchgemacht hat.
2. Von derselben Hand wie der Pflocksche Altar sind nun be-
stimmt wenigstens vier der FlĂĽgelbilder des Bergkn appschafts-
altars (er wird auch kĂĽrzer Bergaltar genannt) in der Annenkirche
in Annaberg. Beide Altäre stehen seit 1834, wo der Pflocksche Altar
seinen jetzigen Platz erhielt, dicht neben einander im rechten Winkel,
man kann also die Bilder bequem mit einander vergleichen. Es sind
zwei Folgen: vier Bilder aus dem Marienleben, nämlich Heimsuchung,
Darstellung im Tempel, Flucht nach Ägypten und Himmelfahrt der
Maria, nach den bekannten Holzschnitten DĂĽrers mit einigen Abwei-
chungen, besonders in der Landschaft, und acht Bilder aus der Leidens-
geschichte Christi, je zwei auf einer Tafel, nach der kleinen Passion
DĂĽrers.
Die vier Bilder aus dem Marien leben (zwei davon CrA. 140)
sind in derselben sorgfälligen Technik gemalt, wie die Bilder des
Pflockschen Altars, namentlich wie dessen Mittelbild. Haar und Bart, die
Äderchen in Gesicht und Händen, die Landschaft, alles ebenso peinlich
sorgfältig wie dort, überall eine liebevolle Detailmalerei; man vergleiche
z. B. die Behandlung des Vordergrundes, namentlich der Gräser, auf
der Himmelfahrt Marias. Doch wirken die Bilder hart und bunt und
stehen hierin denen des Pflockschen Altars etwas nach. Auf jeden Fall
aber ist dieselbe Hand deutlich erkennbar.
Die Passionsszenen (vier davon CrA. 140) stehen in der
AusfĂĽhrung bedeutend tiefer, am tiefsten, wie immer, die auf den
beiden festen FlĂĽgeln. Bedenken wir, dass diese Darstellungen die
dritte und letzte Wandlung des ganzen Altarv.erks bilden, so hat diese
geringerwertige AusfĂĽhrung durchaus nichts befremdliches. Wir finden
dieselbe Erscheinung bei fast allen grösseren Wandelaltären in Sachsen.
In der Regel wurden sogar diese hintersten Bilderfolgen mit billigeren
Farbstoflfen (Leimfarben) und in einer anderen Technik gemalt. Da die
Technik so viel weniger sorgfältig ist, so lässt sich bei dem Mangel an
Vergleichspunkten weder mit Bestimmtheit behaupten, noch verneinen,
dass sie von ein und derselben Hand gemalt sind, wie die Bilder aus
dem Marienleben, obwohl doch die grösste Wahrscheinlickeit dafür spricht.
I
1
— 137 —
Der Berg- oder Knappschaftsaltar ist nach den ĂĽbereinstimmenden
Berichten aller Chronisten im Jahre i 5 2 i aufgestellt worden und zwar
muss dies nach Arnold im Appendix zu seiner Chronik (1658) vor
Pfingsten gewesen sein. Arnold schreibt dort unter Berufung auf ein
„uhraltes Jahrverzeichnüss": „152 1, alss der Knapschafft Altar gesetzet
und auffgerichtet worden, ist damahl am Pfingstfest das erste Mahl
Figural uff den Chor gesungen worden."
Wenn man nun die Zeit überschlägt, die dazu nötig gewesen sein
muss, um allein die geschnitzten Darstellungen der Staffel, des Schreines,
der Innenseiten des ersten FlĂĽgelpaares und die reiche, hoch empor-
ragende Bekrönung in solcher Meisterschaft zu vollenden, wie sie sich noch
jetzt zeigen, so sind ein bis anderthalb Jahre vielleicht nicht zu hoch
gerechnet. Man möchte sogar annehmen, dass die Bergknappschaft das
Werk schon bestellt hat, sobald der Bau der Kirche soweit vorgeschritten
war, dass man die Errichtung von grösseren Altarwerken ins Auge
fassen konnte. Von den drei grossen Prunkaltären, die den Chor der
Kirche noch heute schmĂĽcken, war der von der Bergknappschaft ge-
stiftete der erste, der aufgestellt wurde. Die beiden andern wurden
erst 1522 aufgestellt, der steinerne Hauptaltar von Adolf Daucher in
Augsburg nach Lätare, der Münzer- und Sclimelzeraltar um Ostern.*)
Selbstverständlich war der Maler, der die beiden Gemäldefolgen
herzustellen hatte, nicht an die Fertigstellung der Schnitzereien des Schreins
und des ersten FlĂĽgelpaares gebunden, er konnte mit der Arbeit be-
ginnen, sobald die Masse des Schreins feststanden, da je zwei einander
entsprechende bewegliche FlĂĽgel zusammen genau die Breite des Schreins
haben mussten. So wäre es möglich, dass die Gemälde etwa schon 151g
begonnen worden sind und zwar vor dem Pflockschen Altar, da dieser,
wie mir scheint einen Fortschritt im Vergleich zu den Bildern des Berg-
altars bekundet. Die Arbeit kann schon deshalb rascher vonstatten
gegangen sein, weil die Komposition keine MĂĽhe machte; handelte es
sich doch in der Hauptsache darum, kleine Holzschnittvorlagen in
grossem Massstabe in Farben zu ĂĽbertragen.
3. Das Rosenkran zbild in der Antoniuskapelle des Bamberger
Doms (Photographie von Plaaf in Bamberg) darf nicht durchweg als das
geistige Eigentum des Malers angesehen werden, denn dieser hat sich
*)Die neuen geschichtlichen Nachiichteo ĂĽber die Annenkirche hat mir Hen- BĂĽrger-
schullehrer Emil Finck in Annaberg freundlichst zur VerfĂĽgung gestellt, wofĂĽr ich
ihm noch an dieser Stelle vielmals danke.
- 138 -
in der Komposition fast sklavisch an das Vorbild des grossen Holz-
schnittes von Erhard Schön P. III, 243 Nr. 35 gehalten. Nur die
Bildung der einzelnen Gestalten und alle sonstigen Einzelheiten gehören
ihm wirklich an; es fiiesst in allen diesen Gestalten ein Tropfen cra-
nachschen Blutes. Es handelt sich zunächst darum, das Bild möglichst
genau zu datieren. Unten an der Spitze der Vertreter des geistlichen
und weltlichen Standes knien Kaiser und Papst, mit den ZĂĽgen Maxi-
milians I. und Leos X. Maximilian starb am 12. Januar 15 19. Also
müsste das Bild zunächst noch vor seinem Tode gemalt oder wenigstens
bestellt sein. Indessen dĂĽrfte sich diese Grenze ganz gut noch etwa
anderthalb Jahre weiter hinausschieben lassen, aus folgenden Erwägungen.
In der Zeit vom Tode Maximilians bis zur Wahl eines neuen
Kaisers, d. h. Karls V. (28. Juni 1519), w^ar es selbstverständlich, dass
da, wo es sich um eine bildliche Darstellung der Vertreter der höchsten
geistlichen und weltlichen Macht handelte, der Kaiser noch mit den
ZĂĽgen des verstorbenen Maximilian dargestellt wurde. Aber auch noch
länger konnte dies gelten. Karl V. kam erst im Herbst 1520 nach
Deutschland. Bildnisse von ihm waren bis dahin nur wenige (^vergl.
P. III, 223 Nr. 334) verbreitet. Der KĂĽnstler, der vor der Ankunft
Karls V. in Deutschland einen Kaiser als Vertreter des weltlichen Standes
darzustellen hatte, grifT von selbst auf das Bildnis Maximilians zurĂĽck,
das ganz Deutschland noch im Herzen trug, und handelte dabei wahr-
scheinlich ganz im Sinne seines Auftraggebers. Demnach ergäbe sich
als allerspätester Termin für die Vollendung des Bildes, da Karl V.
erst im Herbst 1520 mit dem deutschen Volke in nähere Berührung kam,
der Herbst 1520.
Drei von den unmittelbar hinter Maximilian Knieenden scheinen
Bildnisse bekannter FĂĽrsten zu sein, die sich vielleicht noch ermitteln
lassen werden. Dadurch wĂĽrden jedenfalls auch die Zeit und die be-
sonderen Umstände, unter denen das Bild entstanden ist, noch genauer
bestimmbar.
Als frühester Termin hätte die Zeit der Veröfifenthchung des
Holzschnittes Erhard Schöns zu gelten. Da wir sie jedoch nicht kennen,
muss zunächst das Jahr 1 5 1 3 angenommen werden, da Leo X. in diesem
Jahre den päpstlichen Thron bestieg. Das Bild kann jedoch aus stilis-
tischen GrĂĽnden nicht so frĂĽh entstanden sein. Denn abgesehen von
der grossen Verwandtschaft mit dem Pflockschen Altar, die auf eine
annähernd gleiche Entstehungszeit schliessen lässt, setzt es z. B. die
~ 139 —
Kenntnis von Bildern Lucas Cranachs voraus, die erst um 1518 ent-
standen sind. So erinnern die Gestalten der Engel deutlich an die
des Sterbenden in Leipzig von 15 18. Sie stimmen jedoch nur in
ihrer allgemeinen Erscheinung, nicht aber in der AusfĂĽhrung mit den
Engeln Lucas Cranachs ĂĽberein. Ferner ist der gekreuzigte Christus
fast derselbe wie auf dem Fliigelbilde des Zwickauer Altars von 15 18
(CrA. 100 B) und auf der etwa gleichzeitigen Frankfurter Kreuzigung
(CrA. 77)-
Dass das Bild in Bamberg nicht von Luc. Cranach sein kann,
geht vor allem aus der BenĂĽtzung einer fremden Komposition, ausser-
dem auch aus mancherlei stilistischen Abweichungen hervor, Gottvater
hat hier eine einfache Krone, bei Lucas Cranach stets (ich kenne
wenigstens keine Ausnahme) eine dreifache, in der Linken hält er eine
einfache Kugel, bei Cranach eine Kugel mit Kreuz darauf. Christus
hat als Heiligenschein eine gelbe Scheibe. Ein solcher kommt bei Lucas
Cranach nie vor (wenigstens ist mir auch hier kein Beispiel bekannt).
Bei ihm besteht vielmehr der Heiligenschein auf Bildern immer aus einem
Kranze von kurzen Strahlen. Die Heiligen erinnern nur im allgemeinen
an Lucas Cranachs Art, ohne dass man auch nur bei einer Gestalt sagen
könnte, sie sei von seiner Hand. Die Frauen rufen jedoch sofort die
Erinnerung an die drei heiligen Frauen des LĂĽbecker Olavsaltars wach.
Die Landschaft sieht nur im Hintergrund etwas cranachisch aus, der
Vordergrund weicht vollständig von dessen Art ab. Die beiden dicht
neben einander stehenden grossen Bäume, die aus der Landschaft förm-
lich herausspringen, in keinem rechten Verhältnis zu Vorder- und Hinter-
grund, der eine völlig kahl, wohl eine Eiche, der andere eine Birke mit hän-
genden Zweigen, die wie Wollgrass behandelt sind, sind in dieser Weise
bei Lucas Cranach nicht möglich.
Das Bamberger Rosenkranzbild ist sicher von derselben Hand ge-
malt, wie der Pfiocksche Altar in Annaberg. Waagen hat ja schon
beide für ausgezeichnete Werke des Mathias Grünewald erklärt. Ich
fĂĽhre hier den Beweis.
Die Männer köpfe entsprechen im Typus und in der ganzen
technischen Behandlung, z. B. des Haupthaares, des Bartes, vollkommen
denen in Annaberg; man vergleiche nur die Apostelköpfe auf dem Tod
der Maria. Im Besondern ist der h. Sebald auf der rechten Seite in
der mittleren Reihe des Rosenkranzes und der kniende Papst unten
links fast dieselbe Gestalt, wie der h. Sebald und der h. Valentin auf
— 140 —
dem Pflockschen Altar. Derartige Übereinstimmungen könnte ich noch
mehr namhaft machen, besonders auch in der Tracht.
Die Fr auenköpf e sind denen des Pflockschen Altars sprechend
ähnlich. Sogar die eigentümliche Tracht der h. Barbara und Dorothea,
die ich dort ausfĂĽhrlich beschrieben habe, kehrt hier genau so wieder,
z. R. bei der h. Katharina und Barbara (linke Seite) und der h. Kuni-
gunde (rechte Seite). Es wird wohl in der ganzen deutschen Kunst dieser Zeit
kein Bild geben, auf dem sich eine so bis ins Einzelne gehende Ăśber-
einstimmung in der Tracht wieder fände, es müsste denn ein Bild des
PseudogrĂĽnewald sein.
Der Heiligenschein Christi entspricht im wesentlichen dem der
vier Heiligen auf den FlĂĽgeln des Pflockschen Altars, der durchaus,
wie ich schon betonte, von der bei Lucas Cranach ĂĽblichen Art ab-
weicht.
Um noch auf einige Ăśbereinstimmungen in der Tracht auf-
merksam zu machen, weise ich darauf hin, dass die Mitra des hinter
dem Papste knienden Bischofs und der heiligen Bischöfe innerhalb des
Rosenkranzes ganz so mit Perlen und Steinen geschmĂĽckt ist, wie beim
h. Valentin in Annaberg, dass der Schmuck des Mantels Gottvaters und
der h. Bischöfe ganz dem des h. Valentin und des Petrus auf dem
Mittelbilde in Annaberg entspricht. Das rautenförmige, aus Perlen ge-
bildete Muster auf der Mantelschliesse des Papstes finden wir genau
so auf dem Mieder der h, Barbara in Annaberg. Die Krone des Papstes
und alle andern Kronen sind ebenso aus rötlich-gelbem Metall herge-
stellt, wie die Krone der h. Barbara und die vier FruchtschnĂĽre in
Annaberg.
Endlich ist die Landschaft ganz wie in Annaberg behandelt.
4. VVilibald und Wal bĂĽrg verehrt von Gabriel von Eib, dem
Bischof von Eichstätt, von 1520, in der städtischen Galerie in Bam-
berg (CrA. loi).
Es ist ein Hauptbild in der PseudogrĂĽnewaldfrage.
Solange ich die Entwickelung Lucas Cranachs bis 1520 noch
nicht genau kannte und noch nicht selbst zu der PseudoprĂĽne waldfrage
Stellung genommen hatte, habe ich das Bild unbedenklich fĂĽr eins der
schönsten eigenhändigen Werke Lucas Cranachs gehalten, um so mehr
als es ja schon von Sandrart als solches erwähnt wird. Als ich nun den
Pflockschen Altar in Annaberg so grĂĽndlich kennen gelernt hatte, dass
ich mir wohl sagen durfte, kein einziger lebender Forscher könnte mir
— 141 —
darin gleichkommen, und ich bald danach das Bild in Bamberg wieder
sah, fingen die Zweifel an. Diese Zweifel konnte ich schliesslich nur
dadurch beseitigen, dass ich an einem Nachmittag in Annaberg mir
noch einmal jede Form , jede Farbe, jede technische EigentĂĽmlichkeit
des Pflockschen Altars gründlich einprägte, darauf sofort nach Bamberg
abreiste und am nächsten Vormittag dort das Wilibaldsbild mit den
mir noch ganz deutlich vor Augen stehenden Annaberger Bildern verglich.
Von diesem Tage an war ich ĂĽberzeugt, dass das Bamberger Bild und
der Pflocksche Altar von derselben Hand gemalt seien. Und da nun
dieser nicht von Lucas Cranach sein konnte, so konnte es jenes auch
nicht, trotz der Ăśberlieferung Sandrarts, die ja ĂĽberdies gar nicht den
Wert eines Zeugnisses beanspruchen darf, weil zwischen ihr und der
Entstehung des Bildes anderthalb Jahrhunderte liegen. Diese Ăśberzeugung
vertrete ich heute, wo ich die Entwicklung Lucas Cranachs viel genauer
kenne als damals," mit um so grösserer Zuversicht. Eine Vergleichung
mit dem Pflockschen Altar, von dem besonders Petrus auf dem Mittel-
bild und der h. Valentin (CrA. 139 A) in Betracht kommt, wird dar-
thun, ob diese Überzeugung richtig ist. Sebstverständlich ziehe ich
auch das Rosenkranzbild mit heran.
Die Mitra Wilibalds mit ihrem Schmuck von Perlen und Edel-
steinen ist fast dieselbe, wie die des h. Valentin, aber ohne jede Ab-
weichung dieselbe wie die des Bischofs unten links auf dem Rosen-
kranzbild. Ebenso stimmen bei Wilibald, Valentin und Petrus (auch
bei Gottvater auf dem Rosenkranzbild) die breiten Borten der Mäntel,
ferner die Mantelschliessen mit dem grossen Stein in der Mitte, den an
den Spitzen eingerollten Hörnern und dem Engelsköpfchen am untern
Rande ĂĽberein. FĂĽr derartige Ăśbereinstimmungen giebt es ĂĽberhaupt
nur eine Erklärung, nämlich die, dass ein und dieselbe Hand dieselben
Dinge gemalt hat. Wilibald und Valentin haben einen Stab mit dem-
selben gläsernen Schaft und mit einer Krümme, die dieselbe Grundform
hat und nur bei Wilibald viel reicher verziert ist. Dagegen gleicht
die KrĂĽmme im Wappen des Stifters Gabriel von Eib fast vollkommen
der des Valentin. Wilibald hat dieselben Handschuhe wie Papst und
Kaiser auf dem Rosenkranzbild : am Daumen, am zweiten, vierten und
fünften Finger beider Hände sind sie durchbrochen, um die Ringe durch-
sehen zu lassen.
Die breiten Borten der Bischofsmäntel und der Mitren sind auf
dem Wilibaldsbild, wie auf dem Pflockschen Altar und, soweit ich mich
— 142 —
erinnern kann, auch auf dem Rosenkranzbild von derselben rötlich-
gelben Grundfarbe, die mit hellgelb gestrichelt ist. Von derselben
Farbe ist ferner alles Metallische, der Schmuck der Gewänder, die
Krümme des Stabes, das Kapital der Säule. Es ist, als hätte der Maler
bei allen drei Werken denselben Farbentopf zur Hand gehabt.
Und wie Sebald und Valentin in Annaberg, so hat auch Wilibald
den Mund leise geöffnet, dass einige Zähne hervorschimmern. Seine
feinen, mit grösster Sorgfalt gezeichneten weissen Härchen erinnern an
verschiedene Apostelköpfe auf dem Tod Mariens, die in derselben Weise
behandelt sind. Köpfe wie die der Walburg finden wir in grösster
Ähnlichkeit auf dem Rosenkranzbild unten links unter den Vertretern
des geistlichen Standes. — Auch der Engel kommt uns bekannt vor:
wir erinnern uns des Engels der h Dorothea auf dem Olavsaltar und
auf dem Pflockschen Altar.
Man betrachte ferner die Lage der Finger der linken Hand, mit
der Wilibald den Krummstab hält. Der zweite Finger ist von den
übrigen abgestreckt und hat eine unmögliche Stellung, als wäre er aus-
gerenkt. Ein Stab lässt sich in dieser unnatürlichen Weise nur mit grösster
Anstrengung halten. Doch scheint sich der KĂĽnstler in diese gezwungene
Fingerstellung verliebt zu haben. Wir sehen sie z. B. genau so auf dem
Mittelbild des Pflockschen Altars an der rechten Hand der ]\Iaria, die
die Kerze hält, ferner an beiden Händen bei dem bärtigen Apostel
rechts mit dem Palmzweig, an der Hand des FallsĂĽchtigen, an der
Linken der h. Barbara, und auf dem Rosenkranzbild beim h. Erasmus.
Was nun die Färbung des Wilibaldsbildes betrifft, so entspricht
sie der des Pflockschen Altares und des Rosenkranzbildes, nur sind die
Farben noch etwas leuchtender und stärker ausgeprägt, was jedoch
daran liegen mag, dass sich das Wilibaldsbild in vortrefflichem Zustande
befindet, während der Pflocksche Altar verschmutzt ist und überhaupt
stark gelitten hat und das Rosenkranzbild mit einem schlechten Firnis
bedeckt ist. Ich nenne von charakteristischen Farben ein leuchtendes
dunkleres Zinnoberrot, das in den Schatten ins Schwarz ĂĽbergeht, ein
leuchtendes DunkelgrĂĽn, ein besonders diesem KĂĽnstler eigenes und von
ihm immer angewendetes Braun-violett. Der weisse Rock des Stifters
und das Kopftuch der Walburg sind in den Schatten grau, dagegen hat
Wilibalds weisses Schultertuch und das am Krummstab befestigte Tuch,
das Sudarium, stark bläuliche Schatten, wie wir es auch beim Pflockschen
Altar gefunden haben. Dieses in den Schatten bläuliche Weiss war
— 143 —
für die älteren Forscher eins der wichtigsten Erkennungszeichen ihres
Grünewald; es gehört in der That dazu. Doch ist das Fehlen der
bläulichen Schatten im Weiss allein noch kein Grund, diesem Künstler
ein Bild abzusprechen , wie sein Vorkommen allein noch kein Beweis
fĂĽr seine Urheberschaft ist.
Dass zwischen dem Wilibaldsbild, dem Pfiockschen Altar, sowie dem
Rosenkranzbild in Formen und Farben die denkbar grössten Überein-
stimmungen bestehen , auch in Kleinigkeiten, wie im Schmuck der Ge-
wänder, ist eine Thatsache, an der sich nun einmal nicht rütteln
lässt, und die auch diejenigen wohl oder übel werden zugeben müssen,
die fest davon überzeugt sind , dass das Wilibaldsbild ein schönes und
vollkommen sicheres Werk Lucas Cranachs sei. Wenn nun auch eine
von diesen Ăśbereinstimmungen auf Zufall beruhen kann , so ist dies
doch nicht möglich bei allen zusammen. Dass das, was bei diesen
Werken in Form und Farbe so auffällig übereinstimmt, einen gemein-
samen Ursprung haben muss, nicht nur haben kann, diese Folgerung
werden die Gegner nun auch ziehen mĂĽssen. Dann aber werden sie
nicht auf halbem Wege stehen bleiben dĂĽrfen, sondern sich zu der letzten
Folgerung entschliessen mĂĽssen, dass Lucas Cranach das Wilibalds-
bild aus dem Grunde nicht gemalt haben kann, weil auch der Pflocksche
Altar und das Rosenkranzbild nicht von ihm ist. Dass das Wilibalds-
bild künstlerisch höher steht, als der Pflocksche Altar, hat bei der Be-
weisführung gar nichts zu sagen. Höher steht es schon deshalb, weil
es später ist als die Annaberger Bilder und weil junge, in der Ent-
wicklung begriffene KĂĽnstler nach natĂĽrlichen Gesetzen Fortschritte und
nicht RĂĽckschritte zu machen pflegen. Es handelt sich hier nicht um
die Schönheit, sondern um die Echtheit. Ein Bild ist deshalb noch nicht
von Lucas Cranach, weil es vortrefflich ist und weil eine alte Ăśber-
lieferung es als sein Werk bezeichnet.
Hätten die Bilder des Pfiockschen Altars das Glück gehabt, sorg-
sam gehütet zu werden, wären sie einer sachverständigen Restauration
unterzogen worden, kurz wäre ihre Erhaltung ebenso gut, wie die des
Wilibaldsbildes, so wĂĽrde auch ihr kĂĽnstlerischer Wert steigen, und der
Abstand von dem Wilibaldsbilde, der in Wahrheit nicht so gross ist, wie
es dem flĂĽchtigen Betrachter erscheinen mag, wĂĽrde sich um ein be-
deutendes verringern, so dass nicht der Unterschied, sondern die Ăśber-
einstimmung beider Werke sofort in die Augen fallen wĂĽrde.
Das Wilibaldsbild ist ĂĽbrigens, wie es scheint, nicht in seiner ur-
— 144 —
sprünglichen Grösse auf uns gekommen. Ich kann mir nicht denken,
dass der Künstler von dem Engel, der links von der Säule den Vorhang
hält, nur die eine Hand, die man jetzt sieht, gemalt und dem Stifter
ein StĂĽck vom rechten Oberarm abgeschnitten haben sollte. Dem Engel
rechts hat sicherlich ein Engel links in ähnlicher Bewegung entsprochen,
das Bild ist also links um mindestens 20 cm breiter gewesen. Ebenso
wird vom untern Rand ein StĂĽck abgeschnitten sein.
Das Bild birgt noch ein Rätsel. Es ist das sächsische Wappen
mit dem Rautenkranze und der Jahreszahl M. D. XX. darĂĽber. Es
steht fest, dass der Stifter des Bildes der Bischof von Eichstätt, Gabriel
von Eib, gewesen und dass dieser selbst auf dem Bilde dargestellt ist.
Das quadrierte Wappen unten in der Mitte lässt gar keine andere Deu-
tung zu. Ăśberdies ist das Bild mindestens anderthalb Jahrhunderte im
Besitz der Fürstbischöfe von Eichstätt gewesen. Was soll also das
sächsische Wappen hier?*)
Es giebt dafür nur eine Erklärung, die befriedigen dürfte: das
Wappen bezieht sich auf den KĂĽnstler, es ist eine Art KĂĽnstlerbezeich-
nung, worauf auch die enge Verbindung mit der darĂĽberstehenden
Jahreszahl zu deuten scheint. Der Künstler verwendet das sächsische
Wappen, wie die Mitglieder der Familie Hopfer den Augsburger Pinien-
zapfen verwendet haben. Es ist das Wappen seines Heimatlandes.
Man könnte wohl daraus schliessen, dass er das Bild in der
Fremde, auf der Wanderschaft, vielleicht in Eichstätt selbst gemalt habe.
Denn dass der Bischof von Eichstätt 1520 in Sachsen, in Wittenberg
gewesen sei, ist nicht bekannt, ist auch bei der damals schon hoch-
gehenden reformatorischen Bewegung kaum anzunehmen. Es ist auch im
höchsten Grade unwahrscheinlich, dass er ein solches Bild von Eichstätt
aus bei Lucas Cranach in Wittenberg bestellt habe. Voraussetzung zu
*) Janitschck irrt, wenn er in seiner Geschichte der deutschen Malerei in der
Anmeikung auf S. 399 sagt, das sächsische Wappen komme auch auf dem Wappen-
schilde des Kardinals Albrecht von Brandenburg und auf fĂĽr ihn hergestellten Ar-
beiten vor, wobei er sich auf einen Holzschnitt des Hallischen Heiligtumsbuchs, Nr. 27
der Hirthschen Ausgabe, beruft. Der Brandenburger Markgraf Albrecht hat nie
das sächsische Wappen geführt, und wo dies auf Arbeiten vorkommt, die für ihn
hergestellt sind, wie die Holzschnitte des Hallischen Heiligtumsbuchs, so tragen dies
Wappen nur die Abbildungen solcher Goldschmiedearbeiten, die von seinem Vor-
gänger auf dem erzbischöflichen Stuhl von Magdeburg, Ernst von Sachsen, dem
Bruder Friedrichs des Weisen, herstammen.
— 145 —
dem Bilde ist aber, dass der Besteller mit dem Maler persönlich in
BerĂĽhrung gekommen ist und ihm Gelegenheit gegeben hat, ihn nach dem
Leben zu malen.
Nun hat doch aber unser KĂĽnstler auch das Rosenkranzbild im
Bamberger Dom gemalt. SolUe wohl ein Bamberger einem Maler im
fernen Wittenberg einen solchen Auftrag erteilt haben ? Da gab es
doch in dem nahen NĂĽrnberg genug hervorragende KĂĽnstler. Dass
aber Lucas Cranach im Jahre 1520 in Wittenberg gewesen ist und
nicht etwa eine Reise nach Franken unternommen hat, wissen wir
bestimmt. Es liegt darum die Wahrscheinlichkeit nahe, dass unser un-
bekannter Künstler, bevor er auf seiner Wanderschaft nach Eichstätt
gekommen ist, sich in Bamberg oder in der Nähe, vielleicht sogar in
NĂĽrnberg einige Zeit aufgehalten hat.
3. Gruppe.
1. Die Mesbe des h. Gregor. Aschaffenburg, Galerie Nr. 263
(CrA. 131).
2. Die Messe des h. Gregor, Aschaffenburg, Galerie Nr. 267.
3. Maria mit dem Kinde auf der Mondsichel stehend. Aschaffen-
burg, Galerie Nr. 288, Phot. von Neeb in Mainz.
4 Die Beweinung Christi. Augsbarg, Galerie Nr. 65 (CrA. 143),
Phot. von Höfle.
5. Christus als Schmerzensmann, von Maria und Johannes be-
klagt. Mainz, Sammlung des bischöfl. Hauses (CrA. 145),
Phot. von Neeb.
Schon eine oberflächliche Vergleichung dieser fünf Bilder lehrt,
dass sie von ein und derselben Hand gemalt sind. Wegen der Gleich-
artigkeit des Stils können sie kaum in gro.ssen Zwischenräumen von
einander entstanden sein. FĂĽr die beiden Messbilder und das Marien-
bild in Aschaffenburg muss als frĂĽhester Termin der Bestellung der
I. August 15 18 gelten, denn sie tragen alle drei das Wappen Albrechts
von Brandenburg mit dem Kardinalshut darĂĽber, ausserdem ist auf den
beiden Messbildern Albrecht selbst in Kardinalstracht dargestellt. Da
sich auch die Beweinung Christi der Augsburger Galerie frĂĽher in
der Stiftskirche in Aschaftenburg befunden hat (ver^l. Heller S. 4g), so
ist es so gut wie sicher, dass auch dies Bild vom Kardinal Albrecht bestellt
worden ist. Dasselbe darf man ohne weiteres auch von dem Bilde in
10
— 146 —
der Sammlung des bischöfl. Hauses in Mainz annehmen. Demnach
stammen wohl alle fünf Bilder aus Halle und gehören zu denen, die
Albrecht beim Eindringen der Reformation nach Mainz und Aschaffen-
burg bringen Hess. Ob sie freilich alle fĂĽnf ursprĂĽnglich in der
hallischen Stiftskirche gewesen sind, erscheint mehr als zweifelhaft.
So ist es z. B. nicht gut denkbar, dass beide Messen Gregors in ein
und derselben Kirche ihren Platz gehabt haben. Bei dem Marienbilde
in Aschaffenburg möchte man schon der Kleinheit wegen annehmen,
dass es nicht fĂĽr die grosse Domkirche bestimmt gewesen sei, sondern
sich in der Kapelle auf der Moritzburg oder in einem der Gemächer
des Kardinals befunden habe. Ihrem Stil nach zu schliessen, scheinen
alle fĂĽnf Bilder noch vor der im Sommer 1523 erfolgten Einweihung
der neuen Domkirche entstanden zu sein.
Dass die beiden Gregorsmessen in Asch affenb urg (Nr. 263
= CrA. 131) von derselben Hand sind, ist so klar, dass ein Beweis
dafür unnötig erscheint. In der Komposition sind sie ohne Zweifel durch
den bekannten DĂĽrerschen Holzschnitt von i 5 1 1 beeinflusst. KĂĽnstlerisch
stehen sie nicht allzu hoch, ja, sie wirken in mancher Beziehung recht
unerfreulich. Die Formensprache ist zum Teil ungelenk, die Stellung
der meisten Gestalten steif, die farbige Wirkung nĂĽchtern, unharmonisch,
der Gesamtton auffällig kühl; warme Töne kommen überhaupt nicht zur
Geltung. Verschiedene der weissen Gewänder sind in den Schatten
stark grünlich -blau. Die Technik ist etwas ungleichmässig; nicht alle
Gestalten, ĂĽberhaupt alle Teile eines Bildes, sind mit derselben Sorg-
falt behandelt. Manches ist aufs feinste mit grosser Liebe bis in jede
Einzelheit durchgebildet, anderes fällt dagegen sehr ab.
In demselben Verwandtschaftsgrade wie die beiden Aschaffenburger
Messbilder stehen auch die beiden Beweinungen Christi in
Augsburg und Mainz (CrA. 143 und 145) zu einander. Obwohl
auch hier ein Beweis kaum nötig wäre, führe ich ihn doch, weil das
Mainzer Bild (CrA. 145) bisher fast ganz unbekannt gewesen ist.
Christus ist auf beiden Bildern fast dieselbe Gestalt mit allen Un-
beholfenheiten und Zeichenfehlern. Man betrachte nur im einzelnen die
Schultern, den Hals mit den beiden unnatĂĽrlich herausgetriebenen, mehr
an Knochen als an Fleisch erinnernden Muskeln, den sogenannten Kopf-
nickern, den Rumpf mit der Wunde, die Beine, FĂĽsse, Zehen, nament-
lich aber die Hand mit der beidemal ganz gleichartigen unnatĂĽrlichen
Anschwellung vor dem Ăśbergang zur Handwurzel (r. Hand in Mainz^
— 147 —
1. Hand in Augsburg). Auch Maria ist beidemal dieselbe Gestalt. Das
Haar des Johannes und der Engel mit den hässlichen, korkzieherartig
gedrehten Locken ist vollkommen in derselben Manier behandelt. Man
betrachte ferner die gefalteten Hände Marias in Augsburg und des
Johannes in Mainz. Auch in Äusserlichkeiten, wie den Heiligenscheinen,
stimmen beide Bilder aufs genaueste mit einander ĂĽberein: bei Christus
besteht er aus einem dreifachen Bündel von längeren und kürzeren
Strahlen (wie er z. B. meist bei DĂĽrer, nie bei Lucas Cranach vor-
kommt), bei Johannes und den heiligen Frauen aus einem einfachen
Kreise (der sich ebenfalls nie bei Lucas Cranach findet). In den Ge-
wändern treffen wir überall dieselben harten Falten an. Die Behandlung
der Landschaft und des schweren Gewölkes am Himmel ist vollkommen
ĂĽbereinstimmend. Ebenso ist in der Farbengebung kein Unterschied,
sie ist trotz der roten Töne auffallend kühl und unharmonisch. Das
Fleisch, besonders der Körper Christi, schimmert auf beiden Bildern
bläulich.
Was an diesen beiden sogenannten Vesperbildern unangenehm
wirkt, namentlich in der Färbung, findet sich nun ebenso auf den
Aschaffenburger Messbildern. Man erkennt den KĂĽnstler mehr an seinen
Fehlern, als seinen Tugenden. Doch zeigt er sich in Augsburg und
Mainz schon etwas weiter fortgeschritten. Das weisse Lendentuch Christi
ist auf dem Mainzer Bilde wieder grĂĽnlich -blau in den Schatten, wie
dies schon öfter auf Bildern derselben Hand vorgekommen ist. Daneben
finden sich weisse Gewänder mit stumpfgrauen Schatten. Christus hat
fast dasselbe Gesicht, wie auf den Messbildern. Der Mann mit dem
breiten kurzen Vollbart und dem Salbengefäss (Nikodemus) auf der
Augsburger Beweinung kommt — was besonders zu beachten ist —
auch auf der Messe Gregors in Aschaffenburg Nr, 267 im Gefolge des
Kardinals Albrecht vor. Der obere und untere Blätterfries am Sarge
Christi in Mainz findet sich auch auf dem Messbild Nr. 263 (CrA. 131).
Ohne weiteres muss man nun erkennen, dass auch die kleine
Maria mit dem Kind auf der Mondsichel in Aschaffenburg
ein Werk derselben Hand ist, wie die vier bis jetzt besprochenen Bilder
dieser Gruppe. Ihr Gesicht ist das der Maria und der Magdalena in
Augsburg (vergl. auch Mainz), ihre unförmlich grossen Hände sind die
Christi und verschiedener trauernder Gestalten in Augsburg und Mainz.
Die beiden grösseren Engel zu ihren Häupten sind in dem Typus des
Gesichts, der Behandlung der Haare, der Form der FlĂĽgel den beiden
10*
148
Mainzern aufs engste verwandt. Hart und manieristisch,
ĂĽbrigen vier Bildern, ist auch hier der FaUenwurf,
wie auf den
iJijTĂ–
â– -^.'J.^-^aL^
Maria mit dem Kind auf der Mondsichel.
Aschaffenburg, Galerie.
Diese dritte Gruppe schliesst sich unmittelbar an die zweite an,
ind zwar an die Bilder des Pflockschen und des Bergaltars in Anna-
— ML) —
berg. Am deutlichsten zeigt sich dies bei dem Messbild Nr. 263 in
Aschafi'enburg (CrA. 131), das in Bezug auf die malerische Technik
etwa in der Mitte zwischen dem Marienleben und den Passionsszenen
des Bergaltars steht. So sorgfältig wie im Marienleben und auf dem
Mittelbild des Pflockschen Altars jede Einzelheit ausgefĂĽhrt ist, so ist
dies auch bei verschiedenen Gestalten auf dem Messbild der Fall,
während andere unmittelbar an die viel rohere Technik der Passions-
szenen erinnern. Aber auch andere Bilder dieser dritten Gruppe zeigen
Beziehungen zum Pflockschen Altar, So herrscht z. B. eine grosse Ver-
wandtschaft zwischen der Aschaflfenburger Maria und der h. Barbara in
Annaberg, man vergleiche nur das Gesicht und die nach beiden Seiten
flatternden Haare. Und an dieselbe Heilige erinnert auch das Gesicht
und die Tracht der h. Magdalena auf der Beweinung Christi in Augs-
burg. Ferner ist der Schnurrbart Christi auf diesem Bilde ebenso be-
handelt, wie z. B. der des h. Sebald in Annaberg. Was im Faltenwurf
bei den Bildern der zweiten Gruppe schon auffällig erschien, ist bei denen
der dritten noch etwas mehr gesteigert. Die Form der Berge ist dieselbe
wie frĂĽher, aber die Landschaft ist mannigfaltiger, reicher an Einzelheiten
geworden. Auf dem Augsburger Bild ist der Erdboden im Mittelgrunde
mit einer zusammenhängenden Grasfläche überzogen, die heller ist als das
etwas bräunliche Gras im Vordergrunde. In diese Fläche sind die einzelnen
Gräser und Blumen mit noch hellerem Grün eingezeichnet. Diese Land-
schaft, in der man auch die fernste Ferne mit derselben Deutlichkeit
sieht, wie das Nächstliegende, wirkt durch diesen Mangel an Luftperspek-
tive und den Mangel an wirklich warmen Farben ziemlich stumpf. Die
Farben der Gewänder sind dieselben, wie in der zweiten Gruppe, nur in
Bezug auf Leuchtkraft noch etwas gesteigert. Es kommen dieselben
Schillerfarben wie auf dem Pflockschen Altar vor. Die Gesamtwirkung
der Farben ist ohne Harmonie.
Auch einige Fäden lassen sich aufdecken, die von dieser dritten
Gruppe bis zur ersten zurückreichen. So ähneln Johannes und Christus
in Mainz etwas denen des Olavsaltars in LĂĽbeck, Magdalena und eine
der Klagenden in Augsburg der h. Magdalena, Barbara und Dorothea eben-
dort. Die Ähnlichkeit ist freilich nicht stark, aber sie ist doch vorhanden.
Das Wappen Albrechts von Brandenburg auf dem AschafTenburger
Marienbilde ist dasselbe, wie das auf der Marter des Erasmus von
15 16. Die KrĂĽmme des Bischofsstabes ist, was besonders beachtens-
wert ist, in ganz derselben Weise spiralförmig nach Art der jungen Farn-
— I50 —
blätter eingerollt, wie dort (vergl. auch die Wappen auf dem Mittelbild
des Pflockschen Altars). Beide Wappen sind, das muss hier noch hervor-
gehoben werden, nicht etwa erst später aufgemalt, sondern gleichzeitig
mit den Bildern.
Die Bilder dieser dritten Gruppe sind ihrem Stil nach etwa
X520 — 1521 anzusetzen.
Einige von ihnen galten frĂĽher und gelten, wie es scheint, jetzt
wieder als Werke Lucas Cranachs. Und darum muss ich auch bei
dieser dritten Gruppe die recht müssige Frage beantworten: Können sie
von Lucas Cranach sein? Die Antwort lautet: Nein, nach ihren stili-
stischen EigentĂĽmlichkeiten und ihrer mutmasslichen Entstehungszeit ist
dies vollkommen ausgeschlossen. Denn auch diese Bilder haben im All-
gemeinen noch etwas Unreifes, SchĂĽlerhaftes an sich, und im Besondern
zeigen sie so viele Abweichungen von den gesicherten Werken
Lucas Cranachs, dass von einem engeren stilistischen Zusammenhang
mit diesen kaum mehr die Rede sein kann. Dieser Zusammenhang war
noch in der ersten Gruppe deutlich nachweisbar, wenn schon etwas ge-
lockert; in der dritten ist er ganz verschwunden. Ich muss hier aber
auf das schärfste betonen, dass ich dies nur in Hinblick auf die Ent-
wickelung Lucas Cranachs bis 1522 sage, und dass alle späteren ihm
zugeschriebenen Werke für mich vorläufig nicht vorhanden sind.
Es ist keine Frage, dass dem PseudogrĂĽnewald z. B. bei seiner
Beweinung Christi in Augsburg die Komposition gleichartiger Bilder
Lucas Cranachs vor Augen gestanden hat, etwa die der Beweinung
Christi in der Nikolaikirche in JĂĽterbog (CrA. 108 A.) oder der
Nationalgalerie in Budapest (CrA. 144) oder der Klosterkirche in
Berlin. Man vergleiche nur Christus, Johannes, Maria und Magdalena
in Augsburg (CrA. 143) und JĂĽterbog (CrA. 108 A) mit einander.
Betrachtet man jedoch die einzelnen Formen und Farben, die technische
Behandlung und die Auffassung, so ist alles anders, man möchte sagen,
eine ganze Welt liegt zwischen einem solchen Bilde Lucas Cranachs und
dem des PseudogrĂĽnewald. Dort spricht sich eine reife KĂĽnstlerschaft
aus, hier noch jugendliche Unreife, ein gewisses Unvermögen, sämtlicher
kĂĽnstlerischer Darstellungsmittel Herr zu werden. Dort ein weicher Fluss
der Linien, ein hervorragender Farbensinn, Wahrheit und NatĂĽrlichkeit
im Ausdruck der Empfindung und in den Bewegungen, hier vielfach
eine zu harte Zeichnung, ein bemerkenswerter Mangel an Farbensinn,
oft recht gezwungene Stellungen und die Unfähigkeit, seelische Empfin-
— 151 —
dĂĽngen, wie die der Trauer und des Schmerzes, wahr zum Ausdruck
zu bringen. Dass diese künsderischen Mängel aber zum grössten Teil
auf Rechnung der Jugend des KĂĽnstlers zu schreiben sind, dass wir es
wirklich mit einem noch in der Entwickelung Befindlichen zu thun haben,
lehrt der Vergleich mit den Bildern der vierten Gruppe, die sich un-
mittelbar an die der dritten Gruppe anschliessen und sich auf einen
Zeitraum von 8 — lo Jahren verteilen. Hier merken wir deutlich, wie
sich der KĂĽnstler fast von Jahr zu Jahr vervollkommnet, wie er einen
Fehler nach dem andern ablegt.
4. Gruppe.
1. Zwei grosse AltarflĂĽgel mit Heiligen und Stiftern. Naumburg,
Dom (CrA. 156).
2. a) Die Heiligen Magdalena, Lazarus, Chrysostomus und Martha.
München, Pinakothek Nr. 282 — 285.
b) Der h. Valentin. Aschaffenburg, Stiftskirche (CrA. 146).
3. Die Heiligen Magdalena, Erasmus, Ursula, Stephan, Martin
und Moritz. Aschaffenburg, Galerie Nr. 262, 266, 286, 287,
295, 296 (CrA. 133—136).
4. Der Wandelaltar der Marienkirche (Marktkirche) in Halle
a. S., von 1529 (CrA. 102, 103).
5. Die h. Magdalena. Wiesbaden, Museum.
6. Die h. Ursula und der h. Martin von 1524, ehemals im
Mainzer Domschatz, jetzt verschollen.
7. Die h. Sippe. Aschalfenburg, Galerie Nr. 289 (CrA. 132).
8. Das Urteil des Paris. Berlin, im Besitz des Herrn
Karl Hofmann.
9. Christus am Kreuz, vom Kardinal Albrecht von Branden-
burg verehrt. Augsburg, Galerie (CrA. 141).
0. FlĂĽgelaltar mit dem jĂĽngsten Gericht, dem Paradies und der
Hölle nach Hieronymus Bosch, sowie Christus als Schmerzens-
mann und Maria als Schmerzensmutter auf den Aussenseiten
der FlĂĽgel. Berlin, Galerie Nr. 563 (im Vorrat).
1. Der h. Hieronymus im Zimmer, dem Löwen einen Dorn
ausziehend. Mainz, Galerie.
2. Der h. Hieronymus in der Landschaft. Innsbruck, Ferdi-
nandeum (CrA. 92).
— 152 —
I. Die beiden gross en Altarfl ĂĽgel des Naumburger Domes
(CrA. 156) sind bisher von keinem der Forscher, die sich mit dem
Pseudogrünewald beschäftigt haben, berücksichtigt worden, Dass sie
thatsächhch von diesem Künstler herrühren, ergiebt sich ohne weiteres,
wenn ihre Entstehungszeit genauer ermittelt ist und sie dadurch in un-
mittelbare Nachbarschaft anerkannter Bilder des PseudogrĂĽnewald ge-
rückt werden. Anscheinend lässt sich auch hier, wie es sonst immer
der Fall ist, die Entstehungszeit der Bilder leicht mit Hilfe der Wappen
der beiden Stifter umgrenzen.
Auf der Innenseite des linken FlĂĽgels ist der Bischof von Naum-
burg, Pfalzgraf Philipp bei Rhein, der zugleich Bischof von Freisingen
war, mit Philippus und Jakobus dem JĂĽngeren dargestellt; auf der Innen-
seite des rechten Flügels der Bischof von Naumburg, Johann von Schön-
berg, ganz zinnoberrot gekleidet, mit Jakobus dem Älteren und Magdalena.
Diese rote Kardinalstracht bildet ein Rätsel, das ich vorläufig nicht
zu lösen vermag. Der Dargestellte ist ganz sicher Johann von
Schönberg, dieser war aber nicht Kardinal, das steht ebenso fest.*)
Johann von Schönberg starb am 26. September 151 7, Philipp
von der Pfalz war seiti5i2 sein Coadjutor. Man müsste also zunächst
annehmen, die Bilder seien in der Zeit von 1512 — 1517 gemalt. Dem
widerspricht nun aber ganz entschieden ihr Stil, der auf eine spätere
Zeit hinweist. Wenn auch die h. Magdalena einigerraassen an die h.
Katharina des Wörlitzer Marienbildes von 15 16 (CrA. 10) erinnert, so
ist doch schon soviel Manier, so wenig Frische mehr in dem Kopf,
dass eine etwa gleichzeitige Entstehung mit jenem Bilde auf jeden Fall
ausgeschlossen erscheint. Noch mehr gilt dies von den beiden Heiligen
auf den RĂĽckseiten, der h. Katharina und Barbara. Auch die drei
männlichen Heiligen stimmen durchaus nicht mit den in dieser Zeit
von Cranach gemalten überein. Vollends unmöglich erscheint aber vor
1 5 1 7 der Schmuck der beiden Krummstäbe und Mitren, der erst gegen
1520 seine Ausbildung in dieser Weise erfährt.
Es lässt sich ungefähr berechnen, wann nach 15 17 die beiden
Flügel entstanden sein könnten.
Am 26. September 151 7 war Bischof Johann von Schönberg ge-
storben. Am Abend des 21, Oktober brannte Naumburg bis auf wenige
*) Herr Prälat Dr. Friedrich Schneider in Mainz wusste auch keine Erklärung
fĂĽr diese befremdliche Erscheinung.
— 153 —
Häuser ab. Bald darauf ist der neue Bischof, Pfalzgraf Philipp, zum
ersten Mal in Naumburg eingeritten, er ,,hat noch gesehen die kellen
glimmen, rauchen vnd dampfen*)." Wie lange er sich in seinem sächsischen
Bistum aufgehalten hat, habe ich nach den mir zur VerfĂĽgung stehenden
Quellen nicht genau ermitteln können. Anfang November 1518 war
er sicher noch hier**), aber jedenfalls ist er bald darauf nach Freisingen
zurĂĽckgekehrt. Erst 1522 ist er wieder gekommen und von Ende
Juni bis um Martini geblieben. Dies ist nun die Zeit, wo er dem
Maler zu seinem Bildnis hier gesessen haben wird, da er sich in den
nächsten zehn Jahren nicht wieder in Naumburg hat blicken lassen.
Wir dĂĽrfen also annehmen, dass das Altarvverk, zu dem die beiden
Flügel gehörten, in den Jahren 1522 — 1523 entstanden ist. Auf diese
Zeit weist auch entschieden der ganze Stil der Bilder, insbesondere die
grosse Verwandtschaft mit den vier Heiligen der MĂĽnchener Pinakothek,
die Schuchardt (II, 10 1) zwar leugnet, die aber thatsächlich vorhanden ist.
2. Die Heiligen Magdalena und Lazarus, Chrysostomus
und Martha in der Mün chen er Pinakothek Nr. 282 — 285 (Phot. von
Bruckmann) und der h. Valentin in der Stiftskirche in Aschaffen-
burg (CrA. 146) haben sicher ursprĂĽnglich zu einem Altarwerk zu-
sammengehört, das sich in der Stiftskirche in Halle a. S. befand. Ver-
mutlich hat es auf dem Hochaltar gestanden, wenigstens lässt die Grösse
der Tafeln darauf schliessen. Denn diese fĂĽnf Bilder sind von allen,
die aus der Stiftskirche in Halle stammen und FlĂĽgel von Altarwerken
gewesen sind, die grössten. Über die Baugeschichte der Kirche habe ich
auf S. HO — III gehandelt. Daraus geht hervor, dass die bisherige
Annahme, nach der die Bilder vielleicht gar schon bald nach
15 18 entstanden sein könnten, irrig ist. Die Stiftskirche wurde
erst am 23. August 1523 geweiht und dem Gottesdienst ĂĽbergeben.
Es ist also ganz unwahrscheinlich, dass das grosse Altarwerk des
Hochaltars schon viel früher entstanden ist, eher wäre es denkbar,
dass es erst im Laufe der Jahre 1523 — 1525 fertig geworden wäre,
wie andere hervorragende Kunstwerke der Kirche. In dem 1525
verfassten Inventar wird es noch nicht erwähnt. Daraus lassen sich
*) Nie. Kroltensclimidt, Naumburger Annalen von 1305— 1547, herausgegeben
von Köster, Naumburg 1891, S. 69.
**) Neue Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen
V, 4. S. 62.
— 154 —
jedoch deshalb keine Schlüsse ziehen, weil dies Inventar unvollständig ist
(vergl. von Terey, Kardinal Albrecht, S. 6, Anm. i). Das NatĂĽrlichste
wird freilich immer bleiben, anzunehmen, dass das Altarwerk am Tage
der Kirchenweihe, dem 2^. August 1523, schon an seinem Platze ge-
standen hat.
Das Mittelbild — wenn es wirklich ein Gemälde gewesen ist,
was den mittleren Teil des Altarwerks gebildet hat, und nicht etwa
Holzschnitzerei — ist verschollen. Denn das ist eine Fabel, dass die
vier MĂĽnchener Heiligen die FlĂĽgel zu der Unterredung des h. Moritz
und des h. Erasmus von Mathias GrĂĽnewald in der Pinakothek (Nr. 281)
gebildet haben sollen, die ja auch aus der hallischen Stiftskirche stammt.
Sowohl die Höhen-, wie noch mehr die Breitenmasse verhindern eine
solche Annahme. Ferner ist jenes Bild im Inventar von 1525 auf dem
Altar des h. Moritz ohne FlĂĽgel verzeichnet (vergl. von Terey, S. 80).
Ausserdem sprechen noch innere und äussere Gründe dagegen.
Ausser dem Mittelbild ist aber auch einer der feststehenden FlĂĽgel
verloren gegangen, das GegenstĂĽck zu dem h, Valentin der Stiftskirche
in Aschaffenburg. Man hat bezweifelt, ob der h. Valentin wirklich von
derselben Hand gemalt sei, wie die vier MĂĽnchener Heiligen, ja sogar,
ob er zu demselben Altarwerk gehört habe. Im Ernste kann ein solcher
Zweifel meines Erachtens kaum erhoben werden. Das Höhenmass, auf
das es hier besonders ankommt, weicht von dem der MĂĽnchener Bilder
nur um einige Centimeter ab (AschafTenburg: 2,37 m, MĂĽnchen: 2,33 m),
ein Unterschied, der bei so grossen Altarvverken keine Rolle spielt und
durch den Rahmen ausgeglichen werden konnte. Die Breite der
Münchener Bilder beträgt nach dem Katalog 0,76 m, die des Aschaffen-
burger 0,84. Auch dieser Unterschied bietet nichts Auffälliges, selbst
wenn die Masse beidemal von derselben Seite genommen wären, was
ja erst festgestellt werden mĂĽsste. Die feststehenden FlĂĽgel von Altar-
werken weichen, wie ich oft gefunden habe, in der Breite gewöhnlich
von den beweglichen etwas ab, sie sind auch regelmässig technisch
weniger sorgfältig behandelt als jene, was sich auch hier zeigt.
Die vier Heiligen in München können überhaupt, um das noch
zu erwähnen, ursprünglich nur in der Weise angeordnet gewesen sein,
dass Magdalena und Martha die Vorder- und RĂĽckseite des linken
FlĂĽgels, Lazarus und Chrysostomus die Vorder- und RĂĽckseite des
rechten FlĂĽgels bildeten.
Die vier MĂĽnchener Bilder stehen entschieden der kĂĽnstlerischen
— 155 —
Beschaffenheit nach aut einer etwas höheren Stufe, als der h. Valentin.
Doch ist unbedingt auch dieser ein Werk desselben KĂĽnstlers. Wir
haben zunächst dieselben Heiligenscheine, zwei konzentrische Kreise, darin
die Namen der Heiligen mit denselben Buchstaben fast Zug fĂĽr Zug
(man vergleiche z. B. die A und V). Die Luft ist in derselben Weise
von unten bis oben mit Gewölke bedeckt, das in den Heiligenschein
hineinragt. Ferner finden wir in der Kleidung des h. Valentin und des
h. Chrysostomus die grösste Übereinstimmung gerade in ganz gering-
fĂĽgigen Einzelheiten, dieselben Steine in derselben Fassung, dieselben
Schnüre, dieselbe Stickerei, dieselbe krabbenförmige Verzierung des
Krummstabes. Und gerade derartige Übereinstimmungen können nur
auf dieselbe Hand zurückgehen. Selbstverständlich ist auch die Farben-
gebung ganz dieselbe.
Ich bin nun noch den Beweis schuldig, dass die Naumburger
FlĂĽgel von derselben Hand gemalt sind, wie die eben besprochenen
fĂĽnf Heiligen, Hier genĂĽgt schon eine bis ins Einzelne gehende Ver-
gleichung der Mitren und Bischofsstäbe der beiden Stifter mit denen
des h. Chrysostomus (MĂĽnchen) und des h. Valentin (Aschaffenburg). Sie
stimmen nicht sozusagen wörtlich mit einander überein — das wäre ja
gar kein Beweis fĂĽr einen gemeinsamen Urheber, sondern nur fĂĽr ein
Abhängigkeitsverhältnis des einen vom andern — aber die Art der
Verzierung ist dieselbe, gewisse Einzelheiten, die allein ein Kopist nicht
nachahmen wĂĽrde, kehren das eine wie das andere Mal wieder. So ist
z. B. die Schnur, mit der die Mitra des Bischofs Johann v. Schönberg
(rechter FlĂĽgel) eingefasst ist, genau dieselbe, wie die an der Mitra des
h. Chrysostomus. Ich verzichte darauf, die vielen besondern Ăśber-
einstimmungen im Schmuck noch weiter aufzuzählen. Ein jeder, der
Widerspruch gegen meine Behauptung erheben will, hat ja die Pflicht,
selbst zu prĂĽfen, was nicht schwer ist, da von allen diesen Bildern jetzt
Photographien vorliegen. Ich will nur noch auf einiges andere hin-
vireisen. Jakobus der Ältere hat im Gesicht, in der Behandlung des
Bartes die grösste Ähnlichkeit mit dem h. Lazarus in München; beide
haben die Lippen ein wenig geöffnet, wie wir dies auch bei den anderen
männlichen Heiligen finden. Philippus hält seinen Stab in ebenso un-
natürlicher, anatomisch unmöglicher Weise wie der h. Chrysostomus:
der zweite Finger ist ausgerenkt und gekrĂĽmmt. Die h. Katharina
{Rückseite des rechten Flügels) dagegen hält ihr Schwert ganz so, wie
die h. Martha ihren Weihwedel: der zweite Finger ist eingeknickt, der
— 156 -
fĂĽnfte ausgestreckt, eine Fingerstellung, auf die wohl ein Zweiter nicht
so leicht kommen würde. Von der allgemeinen Ähnlichkeit der beiden
Magdalenen will ich gar nicht reden, sie wird jedem in die Augen
fallen. Etwas fremdartig berĂĽhrt nur der Kopf der h. Barbara (RĂĽck-
seite des linken Flügels), er steht den Köpfen Lucas Cranachs viel
näher, als denen unseres Unbekannten. Was die farbige Wirkung be-
trifft, so linden wir in Naumburg, wie in MĂĽnchen und Aschaflfenburg
dieselben fĂĽr den Meister charakteristischen Farben zur Anwendung ge-
bracht. Leider sind aber die Naumburger FlĂĽgel in demselben Masse
schlecht erhalten und zum grossen Teil, namentlich auf den RĂĽckseiten,
ĂĽbermalt, wie die MĂĽnchener gut erhalten sind. Aus der Vergleichung
ergiebt sich, trotz Schuchardt, dass sämtliche Bilder auf denselben Ur-
heber zurĂĽckgehen.
Ein Zusammenhang mit frĂĽher besprochenen Bildern ist selbst-
verständlich überall vorhanden, wenn auch nicht immer mit Worten
deutlich zu machen. Besonders auffallend, bisweilen geradezu ĂĽber-
raschend ist die Übereinstimmung in den Händen. Man vergleiche
z. B, die beiden Plände des Chrysostomus in München mit denen Wili-
balds in Bamberg (CrA. lOi), die Linke des h. Lazarus mit der des
FallsĂĽchtigen in Annaberg (CrA. 139 A), die Rechte der h. Martha
mit der der sterbenden Maria oder des Petrus auf dem Mittelbild des
Pfiockschen Altars. Die h. Katharina in Naumburg hat fast dasselbe
Gesicht wie die h. Magdalena auf der Beweinung Christi in Augsburg
(CrA. 143), und wie auf diesem Bilde ist auch der Wiesengrund auf
den MĂĽnchener FlĂĽgeln behandelt.
Der Unterschied zwischen den MĂĽnchener Bildern und den Bildern der
frĂĽheren Gruppen besteht nur darin, dass alles, was dort noch unent-
wickelt war, hier zur Reife gekommen ist, und zwar, muss man sagen,
ĂĽberraschend schnell.
Wegen der Gleichartigkeit der Darstellungen bespreche ich im
Anschluss an die zuletzt erwähnten, obwohl sie der Zeit nach noch nicht
folgen wĂĽrden.
3. Sechs kleine Altar flĂĽgel mit Heiligen in der
Schlossgalerie in Aschaffenburg, nämlich Magdalena (Nr. 262,
CrA. 134), Erasmus (Nr. 26b, CrA. 133), Ursula (Nr. 286, CrA. 136),
Stephanus (Nr. 287), Martin (Nr. 295, CrA. 135) und Moritz (Nr. 296),
sämtlich photographiert von Ernst Neeb in Mainz, Das Mittel-
bild ist leider verschollen, es lässt sich auch nicht sagen, was es dar-
— 157 —
gestellt haben könnte. Nur das kann als sicher gelten, dass es oben
nicht, wie gewöhnlich, einen geradlinigen Abschluss hatte, sondern dass
es im Bogen schloss. Das geht nämlich aus der Untersuchung der
Flügel hervor. Diese waren sämtlich ursprünglich nicht rein rechteckig,
wie jetzt, sondern an einer oberen Ecke abgerundet. Später wurden
die Tafeln zu Rechtecken ergänzt, indem die Rundung gerade gehobelt
und dann ein StĂĽck Holz von der Form eines rechtwinkligen Dreiecks
angefügt wurde. Das neue Stück wurde dann so sorgfältig übermalt,
dass es den Anschein erwecken konnte, als hätte es schon ursprünglich
zu der Tafel gehört.
Es lässt sich ferner ganz genau feststellen, in welcher Weise die
einzelnen Tafeln angeordnet waren. Die RĂĽckseiten des h. Martin
(CrA. 135) und des h. Stephanus sind mit Ornamenten in Leimfarben
bemalt, diese beiden Tafeln müssen also die äussersten Flügel gebildet
haben, und zwar nach der Richtung der Dargestellten und nach der ur-
sprĂĽnglichen Beschaffenheit der oberen Ecken der h. Martin den linken,
der h. Stephan den rechten äusseren Flügel. Moritz und Magdalena
(CrA. 134) waren die Titelheiligen der Stiftskirche, bildeten demnach
von vornherein GegenstĂĽcke. Dies beweist auch die ganz gleiche Behandlung
des Himmels. Sie können nach der ursprünglichen Beschaffenheit der
oberen Ecken nur die Innenseiten des ersten FlĂĽgelpaares gebildet haben,
^Moritz links, Magdalena rechts. Die beiden ĂĽbrig bleibenden Tafeln,
Erasmus (CrA. 133) und Ursula (CrA. 134), haben demnach die RĂĽck-
seiten des ersten FlĂĽgelpaares gebildet. Man sah also, war das Altarwerk
geöffnet, folgende Bilder:
Moritz I Mittelbild (verschollen) | Magdalena,
war es geschlossen, sah man die ĂĽbrigen vier in dieser Reihenfolge:
Martin [ Erasmus | Ursula | Stephanus.
Die älteren Forscher haben behauptet, nur einige dieser sechs Bilder
seien von dem sogenannten Mathias GrĂĽnewald selbst gemalt, die ĂĽbrigen
von seinen Gesellen. Man fragt sich erstaunt, wie sie wohl zu diesem
Urteil gekommen sein mögen; es scheint rein aus der Luft gegriffen zu
sein, denn eine vorurteilsfreie und besonnene Untersuchung aller sechs
«rgiebt keinerlei Unterschiede in der technischen Behandlung, sie sind
alle gleich gut gemalt. Das, wodurch sie sich allein unterscheiden, ist
der Firniss. Diejenigen, bei denen die Firnissschicht abgestorben ist, wirken
naturgemäss stumpfer und nüchterner in der Farbe.
Alle P'orscher sind sich darĂĽber einig gewesen, dass diese sechs
— 158 -
Bilder auf den Meister der vier MĂĽnchener FlĂĽgel zurĂĽckzufĂĽhren sind.
Es erscheint daher höchst überflüssig, etwas, das solange schon feststeht,
nochmals zu beweisen. Ich begnĂĽge mich daher mit einigen Andeutungen.
Als ganz äusserliches, aber höchst wichtiges Erkennungszeichen nenne
ich die aus zwei Kreisen bestehenden Heiligenscheine, innerhalb deren
die Namen eingeschrieben sind. Die Schriftformen und die Trennungs-
zeichen sind fast dieselben, wie in MĂĽnchen. Ganz besonders weise
ich auf das V mit dem Häkchen oben in der Öffnung, gewissermassen
einem zweiten V in kleinstem Massstab, hin. Wir finden es ebenso in
MĂĽnchen und in Aschaffenburg beim h. Valentin. Wie dort ragen die
Wolken in den Heiligenschein hinein. Wichtig ist wieder die bischöfl,iche
Tracht des h. Martin und Erasmus mit allen ihren von den frĂĽheren
Bildern bekannten Einzelheiten; der Schmuck an Perlen und Steinen
ist nur noch reicher geworden. Auch die weibliche Tracht stimmt in
ĂĽberraschender Weise, sogar bis zu den einzelnen kleinen Formen, die
zum Schmuck des Halsbandes verwendet sind. Dasselbe gilt von der
Landschaft, den Wiesenflächen, die mit Blumen geschmückt sind, den
kegelförmigen oder scharf gezackten Bergen, der Behandlung des Himmels,
Gerade diese EigentĂĽmlichkeiten im Landschaftlichen finden sich teil-
weise schon auf früheren Bildern deutlich ausgeprägt, wenn auch noch
nicht mit solcher technischer Sicherheit wiedergegeben. Ich erinnere nur
an die Beweinung Christi in Augsburg (CrA. 143) und den Schmerzens-
mann in Mainz (CrA. 145). An Einem aber, der Form des Ohres,
müssten alle Anhänger der Morellischen Kennzeichenlehre ihre helle
Freude haben. Man braucht wirklich alle diese Gestalten nur „beim
Ohr zu nehmen", um zu beweisen, dass sie leibliche BrĂĽder und
Schwestern der h. Magdalena und des h, Lazarus in MĂĽnchen sind.
Alle Versuche, die gemacht worden sind und noch gemacht
werden, diese sechs Aschaffenburger Bilder Lucas Cranach selbst, anstatt
einem ganz bestimmten s^inerSchĂĽler, dem PseudogrĂĽnewald, zuzuschreiben,
mĂĽssen scheitern. Denn es kann auf keinen Fall bewiesen werden, dass
er ihr Schöpfer ist, wohl aber recht gut, dass er nicht ihr Schöpfer
ist. Wollte man Lucas Cranach auch nur eins dieser Bilder zuschreiben,
so wĂĽrde sich an dies eine Bild sofort die Kette aller Bilder, die mit
dem Pflockschen Altar, ja schon mit der Marter des Erasmus in Aschaffen-
burg beginnt, anschliessen. Direkt gegen Lucas Cranach spricht z. B.
folgendes: der Heiligenschein, der ziemlich hellgrĂĽne Wiesengrund mit
den noch um eine Nuance heller eingezeichneten Gräsern und Blumen,
— 159 — -
die Behandlung des Baumschlages (z. B. beim h, Martin CrA. 135'
der h. Ursula CrA. 136), das tiefe leuchtende Blau (vergl. besonders
wieder den h. Martin und die h. Ursula). Ein Gesicht wie das des
h. Martin (CrA, 135) oder das des Bettlers zu seinen FĂĽssen hat Lucas
Cranach n i e gemalt.
Die sechs Aschaffenburger Bilder zeigen den KĂĽnstler auf der
Höhe seines Könnens, sie dürfen daher nicht allzu früh angesetzt werden.
Wahrscheinlich sind sie um die Zeit des hallischen Altarwerks, also
etwa 1528 — 1530, vielleicht sogar noch etwas später, entstanden.
4, Das 1529 vollendete grosse Altarwerk in der Marien- oder
Markt-Kirche in Halle a. S. (Mittelbild CrA. 102, ein FlĂĽgelpaar
CrA. 103), eine Stiftung des Kardinals Albrecht, ist von den älteren
Forschern fĂĽr eine gemeinsame Arbeit Lucas Cranachs und Matthias
GrĂĽnewalds, d. h. unseres jetzigen PseudogrĂĽnewalds, gehalten worden.
Auch ich war noch vor kurzer Zeit dieser Ansicht. Was zunächst die
F 1 ĂĽ g e 1 b i 1 d e r betrifft (vergl. CrA. 103), so ist die Ăśbereinstimmung
mit den bisher besprochenen FlĂĽgelbildern der vierten Gruppe, nament-
lich denen in München und Aschaffenburg, — mag man nun von ihrer
allgemeinen Erscheinung ausgehen oder sie bis ins einzelne zergliedern
— so gross, dass man sie für Arbeiten derselben Hand erklären
muss, man mag wollen oder nicht. Das wird jedenfalls von allen Seiten
zugestanden werden, sobald erst Photographien des ganzen Altarwerks
vorliegen*), was in nicht zu langer Zeit der Fall sein wird. Bisher
habe ich immer noch das Mittelbild, die vom Kardinal Albrecht ver-
ehrte Maria mit dem Kinde (CrA. 102), und die Staffel mit der
Mutter Maria und den vierzehn Nothelfern fĂĽr Lucas Cranach selbst in
Anspruch genommen. Nun aber, bei der Niederschrift dieser Zeilen,
wo ich, um auftauchende Zweifel zu zerstreuen, mich veranlasst fĂĽhle,
noch einmal auf das genaueste Bild fĂĽr Bild mit einander zu vergleichen,
ĂĽberzeuge ich mich, dass auch die Staffel von derselben Hand gemalt
ist wie die FlĂĽgel. Es bliebe also nur noch das Mittelbild fĂĽr
Lucas Cranach ĂĽbrig. Aber auch hier stellen sich bereits Zweifel ein.
Denn wie mir scheint, zeigt der Kranz von Engeln hier nur die Er-
fĂĽllung dessen, was der KĂĽnstler, derselbe KĂĽnstler, lange vorher in
dem kleinen Marienbilde in Aschaffenburg (vergl. S. 148) versprochen
*) In dem grossen Tafelwerke, dessen Herausgabe mir von der königl. sächsi-
schen Kommission fĂĽr Geschichte ĂĽbertragen worden ist.
— lÖO —
hatte. Auch die seltsame Art, wie hier das Haar Marias nach beiden
Seiten vom Körper absteht, findet sich dort schon ausgebildet. Ich
glaube, auch das Mittelbild wird sich nicht mehr als eigenhändige Arbeit
Lucas Cranachs halten lassen.
Ăśbrigens wird die Entscheidung nicht unwesentlich durch die
Grösse der Gestalten erschwert. Wenn ein Künstler einmal gezwungen
ist, weit über die Grösse hinauszugehen, in der er seine Gestalten sonst
darzustellen pflegt, wird er ja von selbst dazu gedrängt, seine Formen-
sprache und Farbengebung in einer dem besonderen Zweck entsprechenden
Weise zu ändern. Die Hand, die den Kardinal Albrecht auf einem der
kleinen Aschaffenburger FlĂĽgel, als h. Erasmus, so vortrefflich lebenswahr
dargestellt hat, ist jedenfalls der Aufgabe, ihn auch einmal in Lebens-
grösse, in monumentaler Auffassung darzustellen, nicht gewachsen ge-
wesen. Das Gesicht des Kardinals wirkt auf dem grossen Mittelbild in
Halle unangenehm, ja geradezu roh, das Gesicht der Maria langweilig
und nĂĽchtern. Ob man freilich dem KĂĽnstler nicht grosses Unrecht
thut, wenn man die Bilder des hallischen Altars, die ja fĂĽr Fernwirkung
und für einen hohen Standort gemalt waren, ganz aus der Nähe be-
trachtet und die einzelnen Formen gewissermassen unters Vergrösserungs-
glas nimmt, ist eine andere Frage.
5. Die h. Magdalena im Museum m Wiesbaden (Phot. von Neeb
in Mainz, vergl. die Abbildung) ist bisher fast kaum beachtet worden. In
der Literatur ĂĽber Cranach und den PseudogrĂĽnevvald finde ich sie ĂĽber-
haupt nicht erwähnt. Und doch liesse sich schon mit Hilfe dieses einen
Bildes recht gut der Beweis fĂĽhren, dass der PseudogrĂĽnewald nicht
wesenseins mit Lucas Cranach ist. Dass es von derselben Hand gemalt
ist, wie die MĂĽnchener, Aschaffenburger und hallischen FlĂĽgelbilder, er-
kennt jeder leicht, wenn er nur die Photographien vergleicht, ohne das
Original gesehen zu haben. Aber auch die Farbengebung und die
Malweise stimmt mit der der ĂĽbrigen Bilder aufs genaueste ĂĽberein.
Das Bild scheint etwa dem hallischen Altarwerke gleichzeitig zu sem.
Es giebt nur weniges, was wir nicht ebenso auf anderen Bildern dieser
Gruppe wiederfänden. Den aus zwei Kreisen bestehenden Heiligenschein
mit dem eingeschriebenen Namen haben wir ja als typisch fĂĽr den
KĂĽnstler genugsam kennen gelernt. Aber ich muss noch auf Eines hin-
weisen, was ebenso typisch, aber noch viel wichtiger ist: den Schmuck
des Halsbandes und der Ohrscheibe, insbesondere das eigenartige Orna-
ment, das den Zwischenraum zwischen den Edelsteinen ausfĂĽllt. Ăśber-
— i6i —
all, wo wir ihm begegnen, mĂĽssen wir auch annehmen, dass dieselbe
Hand thätig gewesen sei. Es ist nicht immer genau so im Ganzen,
Die h. Magdalena.
Wiesbaden, Galerie.
— l62 —
aber immer sind es dieselben Einzelformen, aus denen es zusammen-
gesetzt ist, mag es nun gross oder winzig klein sein. Es findet sich
auf keinem Bilde des PseudogrĂĽnewald, das nicht schon aus vielen
andern GrĂĽnden diesem KĂĽnstler zugeschrieben werden mĂĽsste. Diese
Einzelformen hat er selbstverständlich nicht von anderen fertig über-
nommen, sondern wenn nicht selbst erfunden, so doch in dieser be-
sonderen Art fĂĽr sich zurecht gemacht und weiter ausgebildet. Nun
bringt er sie ĂĽberall als Schmuck an, so sehr hat sich die Hand
an sie gewöhnt. Ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass
schon diese unscheinbare Zierform, wie sie sich besonders deutlich
ausgeprägt auf dem Halsband der h. Magdalena in Wiesbaden
findet, den Schlüssel zur Lösung der ganzen Pseudogrünewald-Frage
bilden kann.
Ein Halsband mit ganz demselben Schmuck hat nun z. B. die h.
Ursula in Aschaffenburg (CrA. 136), .sogar mit denselben angehängten
Perlen (auch das den oberen Teil der Brust bedeckende, in feine Falten
gelegte durchsichtige Schleiertuch ist genau so), ferner die h. Magdalena
in Halle (CrA. 103), die in MĂĽnchen und die Magdalena auf der Be-
weinung Christi in Augsburg (CrA. 143). Dieselbe Haube ferner finden
wir bei der h. Magdalena in Aschaffenburg (CrA. 134) und Halle
(CrA. 103). Die Landschaft mit den hellgrünen Wiesenf^ächen, den
Bäumen und Sträuchern, den Felsen und Bergen entspricht ebensosehr
den Landschaften, die auf den bis jetzt behandelten Bildern des Pseudo-
grĂĽnewald vorgekommen sind, wie sie von denen Lucas Cranachs
abweicht.
6. Die h. Ursula und der h. Martin von 1524, ehemals im
Mainzer Domschatz, jetzt verschollen.
Von der h. Ursula hat sich wenigstens eine mit der Feder ge-
zeichnete Skizze von der Hand des Mainzer Geschichtsforschers Franz
Joseph Bodmann aus dem September 1800 erhalten, die bei aller Mangel-
haftigkeit der AusfĂĽhrung doch den Stil des Bildes so getreu wiedergiebt,.
dass wir ohne weiteres behaupten können, das Urbild muss ein Werk
des PseudogrĂĽnewald gewesen sein. Die Zeichnung befindet sich auf
der Mainzer Stadtbibliothek, wo sie mein Freund, Realgymnasial-
lehrer Ernst Neeb in Mainz, entdeckt hat (vergl. die Abbildung S. 164).
Bodmann hat seiner Zeichnung folgende Bemerkungen beigefĂĽgt:
Rehdingerin,
A. 1524-
— i03 —
Concubina (s. uxor forte) Alberti Card. AEpi Mog. delineata ex
coeva pictura in Tabula lignea, 4^/2 schuh hoch, z^j^ breit, quae asser-
vatur in Thesauraria Ecclesiae Metrop. Magunt. picta sub forma S. Ur-
sulae (ejus forte pronominis) — uti Albertus ex opposito pictus est sub
specie S. Martini, Epi, pauperi 6. ducatos largientis, cum verbis nimbo
circa caput inscriptis: Sanctus Martinus.
delin. 1800. m. Sept. ä me
F. J. Bu.
ex Originali.
Die beiden Bilder, die wahrscheinlich zu denen gehört haben, die
der Kardinal Albrecht 1541 beim Einbruch der Reformation aus Halle
fortschaffen Hess, befanden sich 1764 im Mainzer Domschatz. Dort
sah sie am 16. Mai 1764 der päpstliche Gesandte Garampi, wie aus
dem Berichte hervorgeht, den Prälat Dr. Friedrich Schneider unter dem
Titel: „Ein päpstlicher Gesandter über Mainz" im Mainzer Journal von
Montag dem 31. Januar 1898 (Nr. 25) unter Beigabe von Anmerkungen
mitgeteilt hat. Es heisst da:
„Im Domschatz befinden sich auch zwei Bilder, deren eines einen
heiligen Bischof mit den GesichtszĂĽgen des genannten Kardinals (d. h.
Albrechts von Brandenburg), der andere eine Heilige im Kleide einer
Heroin darstellt." Im September 1800 waren sie noch im Mainzer
Domschatz, wie uns Bodmann ĂĽberliefert hat. Bald darauf ver-
schwanden sie.
Ăśber das weitere Schicksal der beiden interessanten Bilder habe
ich vorläufig nur noch dies ausfindig machen können : Nach der Ver-
vermutung Friedr. Schneiders „wurden sie wohl mit den übrigen be-
weglichen Kunstwerken in der öffentlichen Versteigerung, die am
17. Februar 1801 durch den Einnehmer Bonaventure teils in der Dom-
kirche, teils auf offenem Markte vorgenommen wurde, ausgeboten und
verschleudert". 1819 befanden sie sich in der Sammlung des Post-Sek-
retärs Chandel in Frankfurt und wurden dort mit dieser im April 1820
versteigert. Als Gewährsmann hierfür nenne ich Jos. Heller, der
in der i. Auflage seiner Cranach - Biographie (Bamberg 182 1) auf
S. 1Q4 unter i) beide Bilder folgendermassen anführt: „Bildniss Alberts
ChurfĂĽrsten zu Mainz, Markgrafen zu Brandenburg, in ganzer Figur, im
reichsten erzbischöflichen Ornat und in der Stellung, wie er eben Almosen
spendet". — ., Ursula Redingerin, eine Bäckers-Tochter von Mainz, ein
GegenstĂĽck zu dem Vorigen''. In der zweiten, 1844 erschienenen Auflage,
1 1*
164
Die h. Ursula. Zeichnung von Bodmann (1800) nach einem
verschollenen Bilde. Mainz, Stadtbibliothek.
— 1^5 -
S. 66 fĂĽgt er noch hinzu: ,,Auf Holz. H. 3 Seh. 10 Z., Br. i Seh. 10 Z."
Es stimmt alles zu dem, was uns durch Bodmann ĂĽberliefert ist, mit
Ausnahme der Masse. Wie es scheint, hat Bodmann den Rahmen mit
gemessen. Den Versteigerungs-Katalog, aus dem Heller seine Mitteilungen
entnommen hat, fĂĽhrt er auf S. 158 der i. Auflage an. Er hat den
Titel: Raisonnirendes Verzeichniss einer Sammlung vorzĂĽglicher etc.
Gemälde in Öl, welche im Monat April 1820 versteigert werden. Frank-
furt a. M. 1819. 8. (S. 20, Nr. 59 — 67). Seitdem sind die Bilder
verschollen. Doch ist die Hoffnung nicht ausgeschlossen, dass sie noch
einmal wieder ans Tageslicht kommen. Vielleicht fĂĽhren die Mitteilungen,
die ich hier gegeben habe, auf die rechte Spur. FĂĽr die Chronologie
der Bilder des PseudogrĂĽnewald sind diese beiden verschollenen jedenfalls
von der grössten Wichtigkeit, Die Jahreszahl 1524, die Bodmann seiner
Skizze beigefĂĽgt hat, kann doch nicht aus der Luft gegriffen sein. Sie
wäre ausser der des Wilibaldsbildes in Bamberg (1520) und der des
hallischen Altarwerks (152g) die einzige, die ĂĽber die Entstehungszeit
einiger Bilder des Pseudogrünewald sichere Auskunft gäbe.
Zum Beweise, dass es sich bei den beiden verschollenen Bildern
wirklich um Werke des PseudogrĂĽnewald handelt, diene Folgendes: Die
h. Ursula der Bodmannschen Skizze entspricht in der Art, wie sie mit
beiden Händen ihren Pfeil hält, vollkommen der h. Ursula in Aschaffen-
burg (CrA. 136, sogar der abgespreizte kleine Finger der rechten Hand ist
da), in der Art, wie sie den Rock in die Höhe genommen hat und
mit dem linken Unterarm hält, der h. Magdalena in Aschaffenburg
(CrA. 134), während sich der steif in die Höhe stehende Kragen
der Jacke, die Haube, das mit Steinen geschmĂĽckte Halsband, die
Kette mit den grossen Ringen bei der h. Magdalena in MĂĽnchen findet.
Man vergleiche ausserdem noch die h. Magdalena auf der Augsburger
Beweinung Christi (CrA. 143). Ja, die h. Ursula ist eigentlich jeder
Frauengestalt auf den Bildern der 4. Gruppe mehr oder weniger ähnlich.
Dazu kommt nun noch der typische Heiligenschein. Ein Zweifel daran,
ob das Bild wirklich von dem Pseudogrünewald gewesen sein könnte, ist
also gar nicht möglich.
Doch auch der Umstand, dass das GegenstĂĽck, der h. Martin, mit
den ZĂĽgen des Kardinals Albrecht dargestellt war, weist sofort auf
diesen KĂĽnstler hin, der z. B. auch dem h. Erasmus in Aschaffenburg
(CrA. 133) die ZĂĽge des Kardinals verliehen hat. Albrecht scheint
solche Verkleidungen geliebt zu haben. Da der Stil eine so deutliche
— i66
Sprache redet, ist der Umstand, dass beide Bilder als Werke Lucas
Cranachs in Frankfurt zur Versteigerung gekommen sind, ohne Bedeutung.
7. Die h. Sippe in der Aschaffenburger Galerie Nr. 289
Die h. Sippe.
Aschaffenburg, Galerie.
— i67 —
(CrA, 132), Photographien von Neeb in Mainz, vergl. die Abbildung.
Nach dem Wappen des Kardinals Albrecht v. Brandenburg, das oben
innerhalb des mittelsten Bogens angebracht ist, ist das Bild nicht vor
dem I. August 15 18 entstanden. Dem Stil nach gehört es etwa in die
Zeit von 1525 — 28. Es ist ein ganz zweifelloses, in der Färbung jetzt
leider ziemlich stumpf und nĂĽchtern wirkendes Bild des PseudogrĂĽnewald,
das jedenfalls durch einen neuen Firniss erheblich gewinnen wĂĽrde.
Wir haben hier, um vom Äusserlichsten zu beginnen, wieder den be-
kannten Heiligenschein. Die h. Anna erinnert unmittelbar an die
h. Martha in MĂĽnchen und Magdalena in Wiesbaden; der Typus der
trauernden Frauen auf der Beweinung Christi in Augsburg (CrA. 143)
und Mainz (CrA. 145), wie der kleinen Maria auf der Mondsichel in
Aschatfenburg klingt in diesem Kopf immer noch etwas an. Maria hat
fast denselben Kopf wie auf der Staffel des hallischen Altarwerks. Die-
selben Kindergesichter finden sich in derselben technischen Behandlung
auf dem Marienbilde in Aschaffenburg, das eine, das des nach links
gewandten grösseren Knaben ganz vorn , kommt sogar genau so schon
auf dem Bamberger Rosenkranzbild rechts unten unter den Vertretern des
Laienstandes vor (es ist in der vierten Reihe der zweite Kopf von links).
Aufmerksam machen muss ich auch auf den ausgestreckten fĂĽnften Finger
neben den eingeschlagenen ĂĽbrigen Fingern der linken Hand des Knaben,
eine Fingerstellung, die bekanntlich nicht leicht ist; sie findet sich so
z. B. bei der h. Martha in MĂĽnchen. Die Landschaft entspricht in
allem Wesentlichen der auf der Beweinung Christi in Augsburg (CrA.
143) und Mainz (CrA. 145), sie ist ohne Luftperspektive, sodass man
auch die Gebäude ganz in der Ferne eben so deutlich erkennen kann,
wie die in der Nähe. Das Kapital der linken vorderen Säule findet sich
in Verbindung mit demselben schlanken Säulenschaft mit einer geringen
Abweichung ebenso auf dem Wilibaldsbild in Bamberg (CrA. loi).
Dieselben Medaillons kommen auch auf den FlĂĽgelbildern des hallischen
Altarwerks vor.
Die sechs Männer wird man zunächst als die drei Männer der
h. Anna und ihre drei Schwiegersöhne aufzufassen haben. Freilich wenn
man den einen, den bärtigen Jüngling links an der Säule, genauer ins
Auge fasst, möchte man fast bezweifeln, ob er mit zur h. Sippe gehört.
Wie verehrend hält er seine rote Kappe vor der Brust. Es ist ganz
die Art, wie sich die Maler selber so oft auf ihren Bildern dargestellt
haben — ein Gedanke, der sich mir schon aufdrängte, als ich das Bild
— i68 —
vor Jahren zum ersten Male in Aschaffenburg sah. Damals hielt ich es
noch für ein Werk Lucas Cranachs und meinte, der Dargestellte wäre
wohl Lucas Cranach selbst. Aber das stimmt ja mit dem Alter und
der Entstehungszeit nicht, und das Bild ist auch ganz sicher vom Pseudo-
grünevvald. Wäre dann vielleicht der bärtige Jüngling ein Selbstbildnis
des Unbekannten?
8. Mit der h, Sippe ist nun dem Stil nach aufs äusserste veiwandt
das Parisurteil, das im FrĂĽhling 1898 auf der von der Kunstge-
schichtlichen Gesellschaft in Berlin veranstalteten Ausstellung von Kunst-
werken des Mittelalters und der Renaissance aus Privatbesitz zu sehen
war. Es ist im Besitze des Herrn Karl Hof mann in Berlin. Der in
tiefen Schlaf versunkene Paris erinnert an den Johannes der Augsburger
Beweinung (CrA. 143), etwas mehr noch an den h. Stephanus in
Aschaffenburg. Der Erdboden ist genau wie auf den sechs kleinen
Aschaffenburger FlĂĽgeln behandelt. Dieselbe stumpfe, etwas nĂĽchterne
Farbengebung, der namentlich die warmen Töne fehlen, wie sie auch
die h. Sippe zeigt, finden wir auf diesem Parisurteil. WĂĽrde man beide
Bilder neben einander sehen, so wĂĽrde wohl niemand bezweifeln, dass
sie von derselben Hand sind. Von allen nach 1522 entstandenen
Parisurteilen, die mit Lucas Cranach in Beziehung gebracht worden sind
oder sein Zeichen tragen, dĂĽrfte das des Herrn Hofmann das frĂĽheste
sein; in der Erfindung ist es das naivste und frischeste. In der Kompo-
sition steht es dem Holzschnitt äusserst nahe, der zum ersten Male 1525
als Titeleinfassung in Wittenberger Drucken vorkommt. Die Darstellung
erscheint hier von der Gegenseite. Um 1525 ist wahrscheinlich auch
das Parisurteil des Herrn Hofmann entstanden.
g. Christus am Kreuz, verehrt vom Kardinal Albrecht
von Brandenburg. Augsburg, Galerie (CrA. 141), Phot. von Höfle.
Die Kardinalstracht weist auf die Zeit nach dem i. August 15 18 hin,
der Stil auf die Zeit von 1525 — 30. Wenn das Bild von Lucas
Cranach wäre, was es meiner Überzeugung nach nicht ist, könnte
es also kein Bild seiner „Frühzeit" sein, in die es versetzt worden
ist, sondern doch nur eins seines Alters. Ăśberraschend ist die Ăśberein-
stimmung zwischen dem knieenden Kardinal hier und dem auf den»
Mittelbild des hallischen Altars. Man braucht nur die beiden Köpfe
zu verdecken und man hat zwei Gestalten vor sich, die sich zunächst
so wenig von einander unterscheiden, dass man glauben möchte, die
eine sei eine Kopie der anderen. Vergleicht man die beiden Köpfe
— i6q —
mit einander, so scheint der in Augsburg etwa zehn Jahre jĂĽnger zu sein,
als der in Halle. In Wahrheit aber dĂĽrfte nur ein kurzer Zwischenraum
zwischen der Entstehungszeit der beiden Bilder liegen, sodass also das
Augsburger Bild in die Nähe des hallischen Altarwerks rückte. Auf
dem Mittelbild in Halle sieht der Kardinal freilich wie ein alter Mann
aus, das war er aber 152g noch nicht (er ist 1490 geboren). Ich habe
schon darauf hingewiesen, dass allein die Lebensgrösse schuld gewesen
ist an der Hässlichkeit des Gesichts, an den leeren, starren Formen^
Bei dern kleineren Augsburger Bilde war eine so gefährliche Klippe
nicht zu umschitTen, der KĂĽnstler hat sich hier seiner Aufgabe mit GlĂĽck
entledigt, ja er hat entschieden ein MeisterstĂĽck vollbracht.
Von sonstigen Ăśbereinstimmungen mit schon besprochenen Bildern
des PseudogrĂĽnewald kann ich nur wenige anfĂĽhren. Das rote Gewand
Albrechts ist in derselben Weise gewässert (moiriert), wie so viele rote
Gewandstoffe des PseudogrĂĽnewald. Ich habe bisher auf diesen Punkt
nicht hingewiesen. Das hohe Gras, das wie gekämmt aussieht, findet
sich schon so auf dem Pflockschen und dem Bergaltar in Annaberg. Bei
dem mit schwarzem Gewölk bedeckten Himmel, der so wunderbar zur
Stimmung beiträgt, finden wir das erreicht, was der Künstler z. B, auf
der Beweinung Christi in Augsburg (CrA. 143) angestrebt hatte, wozu
ihm aber dort noch das Können fehlte. Ähnlich meisterhaft im Kolorit
ist der Himmel ĂĽbrigens auch auf einigen der Aschaffenburger FlĂĽgel,
z. B. dem h. Moritz und der h. Magdalena, behandelt.
Was ich bis jetzt angefĂĽhrt habe, genĂĽgt freilich noch nicht, um den
Pseudogrünewald vollkommen sicher als Schöpfer dieses Bildes hinzustellen.
Von anderen wird es mit Entschiedenheit fĂĽr ein Werk Lucas Cranachs er-
klärt. Ich selbst bin lange Jahre dieser Ansicht gewesen und habe sogar dann
noch daran festgehalten, als ich mit der PseudogrĂĽnewald-Frage im Reinen
war, bis mich ein anderes Bild von der Irrigkeit meiner Ansicht ĂĽber-
zeugte, auf das ich nunmehr zu sprechen komme.
10. Flügelaltarmit dem jüngsten Gericht, dem Paradies und der Hölle
nach Hieronymus Bosch auf den Innenseiten, dem Schmerzensmann
und der trauernden Maria auf den Aussenseiten. Berlin, Galerie Nr. 563
(jetzt im Vorrat), Phot. von Hanfstängl. Zunächst kommen nur die
beiden Bilder der Aussenseiten in Betracht. Leider haben sie in be-
dauernswerter Weise gelitten, Christus am meisten, doch wird dadurch
das Urteil ĂĽber sie nicht im mindesten erschwert. Christus und Maria
sind — das lässt sich mit Leichtigkeit erkennen — dieselben Gestalten,
-- I70 —
wie wir sie auf den beiden Vesperbildern in Augsburg (CrA. 143) und
Mainz (CrA. 145) kennen gelernt haben, nur ohne die zeichnerischen
und malerischen Schwächen und Unbeholfenheiten, an denen jene noch
litten. Auch der Ausdruck ist edler, namentlich bei Christus, die Em-
pfindung ist wahrer, innerlicher, man sieht an allem, der Maler ist
älter geworden, er hat die künstlerische Reife erlangt. Die Gestalt des
Schmerzensmannes lässt kaum etwas mehr zu wünschen übrig. Christus
hat, wie auf dem Bilde in Augsburg und Mainz, einen aus längeren und
kürzeren Strahlen gebildeten Heiligenschein, der das Haupt rautenförmig
umgiebt, Maria den für die spätere Zeit des Pseudogrünewald typischen
Heiligenschein: zwei concentrische Kreise mit dem Namen dazwischen.
Die Form der Buchstaben und der Trennungszeichen ist genau dieselbe
wie auf andern Bildern, Besonders charakteristisch fĂĽr den KĂĽnstler ist
die Farbe des Fleisches mit den stark violett schimmernden grauen
Schatten, auf die ich schon öfter aufmerksam gemacht habe. Mit dem
Kopf der Schmerzensmutter vergleiche man nur auf der Augsburger
Beweinung (CrA. 143) den Marias oder noch besser den der rechts
am Rande knieenden Frau : jeder Zweifel , ob wir es auch wirklich
mit zwei Werken ein und desselben KĂĽnstlers zu thun haben, muss
verstummen. Zum Vergleich ziehe man noch den Kopf der Walburg
auf dem Wilibaldsbild in Bamberg (CrA. 10 1) heran, man lege nur die
Photographien nebeneinander: welche Ăśbereinstimmung in allem Wesent-
lichen! Dagegen welche Kluft, wenn man den Berliner Schmerzensmann
und die Maria denselben Gestalten auf den kleineren AltarflĂĽgeln im Naum-
burg er Dom (vergl.S.iog) gegenĂĽberstellt! Einen besseren Beweis dafĂĽr, dass
Lucas Cranach und der PseudogrĂĽnewald nicht dieselbe Person sein
können, kann es gar nicht geben. Zwischen den beiden Werken liegt
äusserlich nur ein Zeitraum von etwa zehn Jahren, dem Stil und der
Auffassung nach liegt ein Menschenalter zwischen ihnen. Von den Naum-
burger Bildern fĂĽhrt keine BrĂĽcke zu den Berlinern.
Der Schmerzensmann in Berlin ist nun ganz dieselbe Gestalt wie
der Gekreuzigte auf dem Augsburger Bilde (man vergleiche nur die
beiden Photographien von Hanfstängl und Höfle) ; es ist somit erwiesen,
dass auch dieses nicht von Lucas Cranach, sondern von dem Pseudo-
grĂĽnewald gemalt ist.
Was nun die Innenseiten des FlĂĽgelaltars anlangt, die Kopien
nach dem Werke des Hieronymus Bosch in der Akademie in Wien, so
erkennt man auch hier deutlich die Hand des PseudogrĂĽnewald, nament-
171 —
lieh an den Abweichungen, die er sich dem Original gegenĂĽber erlaubt
hat. So sind z. B. eine Anzahl von Köpfen sein Eigentum und haben
nichts mehr mit Bosch zu thun. Ebenso entspricht die Behandlung der
Wiesenflächen auf dem Paradiesbilde ganz der auf verschiedenen Bildern
des PseudogrĂĽnewald, z. B. der Beweinung Christi in Augsburg, den
sechs Heiligen in Aschaffenburg, der h. Magdalena in Wiesbaden. Der
Baumschlag besteht fast aus lauter kleinen runden Tupfen. Auch diese
Eigentümlichkeit findet sich, obwohl lange nicht so scharf ausgeprägt, auf
einigen Bildern des PseudogrĂĽnewald.
Eine wichtige Frage ist nun: Hat Hieronymus Bosch irgendwie
auf den malerischen Stil seines Kopisten eingewirkt? Ich halte dies fĂĽr
sicher. So ganz spurlos geht ja die Beschäftigung mit einem bedeutenden
fremden Kunstwerke, noch dazu, wenn es sich um eine Nachbildung
handelt, die womöglich Monate in Anspruch nimmt, an keinem Künstler
vorüber, namentlich wenn er noch verhältnismässig jung ist, wie wir dies
bei dem Pseudogrünewald unbedingt annehmen müssen. Thatsächlich
giebt es eine kleine Anzahl von Bildern des PseudogrĂĽnewald, in denen
man deutliche Einwirkungen Hieronymus Boschs erkennen kann. Diese
Bilder, auf die ich an einer andern Stelle zu sprechen komme, gehören
etwa der Zeit von 1525 — 30 an. Vor 1525 ist auch kaum der
FlĂĽgelaltar der Berliner Galerie entstanden, wie aus einer Vergleichung
mit den schon besprochenen Bildern des PseudogrĂĽnewald hervorgeht.
Eine nicht minder wichtige Frage, wie die nach dem Einfluss
Boschs auf den Kopisten ist die: Wo befand sich das Urbild, das jetzt
die Akademie in Wien besitzt, zu der Zeit als es kopiert wurde? Etwa in einer
Wittenberger Kirche, oder auf einem der kurfürstlichen Schlösser? Oder im
Besitze des Kardinals Albrecht von Brandenburg? Man möchte eines von
beiden annehmen aus folgenden Erwägungen: Der Berliner Flügelaltar stammt
aus einem der königlichen Schlösser und gehört wohl zum ältesten Be-
stände aus der Zeit des Kurfürsten Joachim I. (f i535)- Die Bestellung der
Kopie setzt doch wohl die Bekanntschaft mit dem Urbilde beim Besteller
voraus. Und es ist das Wahrscheinlichste, dass der Ort, an dem sich
der FlĂĽgelaltar Boschs befand, nicht gar so weit ausserhalb des Gesichts-
kreises des Bestellers lag, in dem man wohl zunächst den Kurfürsten
Joachim I. vermuten darf. Untersuchungen ĂĽber die Schicksale des
Wiener Bildes werden jedenfalls auf die rechte Spur fĂĽhren. Th. von
Frimmel, der ausgezeichnete Kenner der Wiener Gemäldesammlungen
— 172 —
und ihrer Geschichte, giebt uns hoffentHch recht bald in seinen Galerie-
studien den erwĂĽnschten Aufschluss.
An die Bilder der vierten Gruppe lassen sich noch eine Anzahl
anderer angliedern, die derselben Zeit angehören. Vielleicht würden sie
besser zu einer fĂĽnften Gruppe vereinigt, da sie sich von denen der
vierten durch gewisse VorzĂĽge besonders in der Technik unterscheiden.
Sie nehmen eine Mittelstellung zwischen den Bildern des PseudogrĂĽne-
vvald und denen Lucas Cranachs oder richtiger denen ein, die wegen
der Bezeichnung mit der cranachschen Schlange allgemein fĂĽr Werke
Lucas Cranachs gelten. Dass auch sie von der Hand des Pseudo-
grĂĽnewald sind, ergiebt die kritische Vergleichung, wenn sich auch dies
Ziel nicht auf geradem Wege, sondern erst auf einem Umwege erreichen
lässt. Da es sich dabei um gewisse Voraussetzungen handelt, deren
Richtigkeit ich an dieser Stelle noch nicht beweisen kann, so fĂĽhre
ich einige dieser Werke hier nur kurz als solche des PseudogrĂĽnewald
an, ohne meine Ansicht vollständig zu begründen. Es sind dies:
11, Der h. Hieronymus im Zimmer, im Begriff, dem Löwen
den Dorn auszuziehen. Mainz, Galerie Nr. 313, Photogr. von Neeb
(vergl. die Abbildung). Das Bild dĂĽrfte ebenfalls aus dem Besitze
des Kardinals Albrecht stammen, möglicherweise auch von ihm bestellt
worden sein. Das sächsische Kurwappen, das an einem Ring am
Kronleuchter hängt, lässt nicht nur die eine übliche Deutung zu, dass
das Bild ein Geschenk des sächsischen Kurfürsten gewesen, sondern
ebenso gut die, dass der KĂĽnstler ein Kursachse war oder dass das
Bild aus Kursachsen stammte, wie wir es z. B. auch auf Titeleinfassungen
von BĂĽchern finden, die aus der Druckerei des Johann Grunenberg in
Wittenberg hervorgegangen sind. — Der Kopf des h. Hieronymus er-
innert, auch in der technischen Behandlung, sehr an die Köpfe der
Geistlichen auf den beiden Gregorsmessen in Aschaflfenburg. Dagegen
vergleiche man die Darstellungen des h. Hieronymus mit dem Löwen
von Lucas Cranach in Wien (von 15 15) und Merseburg (um 15 14),
die ich auf S. gg — 100 besprochen habe: bei aller Ähnlichkeit im all-
gemeinen, welcher Unterschied im besonderen, ein Unterschied, der eben
nicht bloss durch den Zeitraum von etwa 10 — 1 2 Jahren, der zvvischen
den Bildern liegt, seine Erklärung findet!
12. Der sich kasteiende h. Hieronymus in der Landschaft im
Besitze des Ferdinandeums in Innsbruck (CrA. g2) ist von derselben
Hand wie der in Mainz. Er gilt als unbezweifelbares Bild Lucas Cra-
nachs d. Ă„., weil er links am Baumstamme mit der Schlange (mit
liegenden VogelflĂĽgeln) bezeichnet ist. Diese Schlange ist aber ge-
Der h. Hieronymus mit dem kranken Löwen.
Mainz, Stadt, Galerie.
— 174 —
fälscht, sie ist, ihrer Form nach zu urteilen, wahrscheinlich erst in
unserem Jahrhundert auf das Bild gesetzt worden. Wir haben es also,
wie bei dem Mainzer Hieronymus, der auch Lucas Cranach zugeschrieben
wird, mit einem unbeglaubigten Bilde zu thun. Es fragt sich zu-
nächst: Aus welcher Zeit stammt es? Der Katalog der Cranach -Aus-
stellung sagt: „Vielleicht aus der letzten Zeit des Meisters, der sich
1550 — 1552 mit Kurfürst Friedrich dem Grossmütigen in Innsbruck
aufhielt." Das gehört nun freilich zum Unmöglichsten des Unmöglichen.
Seinem Stil nach ist das Bild 20 — 25 Jahre früher, also etwa in den
Jahren 1525 — 1530 entstanden. Es hat grosse Verwandtschaft mit den
drei Darstellungen des Kardinals Albrecht als h. Hieronymus, die in den
jähren 1525, 1526 und 1527 gemalt sind, übertrifft sie aber noch um
ein Erhebliches. Es nimmt unter den Bildern seiner Umgebung eine
ähnliche Stellung ein und überragt sie ebenso, wie es am Anfang der
zwanziger Jahre beim Wilibaldsbild in Bamberg der Fall ist. Ich halte
beide, wie gesagt, fĂĽr Werke ein und desselben KĂĽnstlers, also nicht
Lucas Cranachs. Hier nur einige kurze Hinweise: Der Kopf des
Hieronymus hat die allergrösste Ähnlichkeit mit dem des h. Lazarus in
München, er erinnert auch sehr an den des ältesten Mannes der h.
Sippe in Aschaffenburg (Cr A. 132), ja sogar der Kopf des h. Wilibald
in Bamberg könnte ganz gut noch zur Vergleichung herangezogen
werden. Auch die Hände sind ganz die des Lazarus. Das weisse Ge-
wand, das den Unterkörper des Heiligen umhüllt, sowie das Lenden-
tuch Christi ist stark bläulich, ein Kennzeichen für die Bilder des Pseudo-
grĂĽnewald. Die liebevolle Behandlung des mit Blumen geschmĂĽckten
Rasens, auf dem der HeiHge kniet, erinnert sofort an die Behandlung
des Vordergrundes auf den Bildern aus dem Marienleben des Bergaltars
in Annaberg (CrA. 140). Eine derartige Kleinmalerei findet sich bei
Lucas Cranach nicht. Dieser behandelt dafĂĽr die HintergrĂĽnde mit um so
grösserer Liebe, wie namentlich die um 15 18 entstandenen Marien-
bilder beweisen. Interessant ist ein Vergleich des Innsbrucker Bildes
mit dem h. Hieronymus der Berliner Galerie (vergl. S. 94). Obwohl
beide einander ähnlich sind, so unterscheiden sie sich doch in wesent-
lichen Punkten so sehr von einander, dass man zwei verschiedene Hände
annehmen mĂĽsste, auch wenn von den Bildern des PseudogrĂĽnewald
nichts bekannt wäre.
Wenn ich hier die Besprechung der Tafelbilder des PseudogrĂĽne-
— 175 —
wald beschliesse, so ist damit die Zahl der ĂĽberhaupt von ihm gemalten
noch nicht erschöpft. Ich könnte vielmehr noch manches unbezeichnete
Bild cranachscher Schulrichtung nennen, das von ihm herrĂĽhrt. So be-
sitzt z. B, die Provinz Sachsen Altarwerke, die entweder Lucas Cranach
oder seiner Schule zugeschrieben werden oder ganz namenlos sind, aber
sich bei genauerer Betrachtung einer der Gruppen, nach denen ich die
Bilder des PseudogrĂĽnewald geordnet habe, zuteilen lassen. Namentlich
auf die frĂĽhere Entwickelung des KĂĽnstlers wĂĽrde durch diese noch
unbekannten Werke ein viel helleres Licht fallen. Aber eine derartige
Vollständigkeit habe ich gar nicht erstrebt. Mir kam es nur darauf an,,
die Frage zu beantworten: wer ist der PseudogrĂĽnewald? Dazu reichen
die schon bekannten Werke, die mit denen man sich schon seit 50 Jahren
beschäftigt hat, ohne wirkliche Klarheit über den Künstler zu erlangen,
eigentlich vollkommen aus. Ja, die Beschränkung auf diese in der Haupt-
sache schon von Passavant und Waagen zusammengestellten Bilder gab
mir erwünschte Gelegenheit, zu zeigen, wie oberflächlich die bisherige
Forschung gewesen ist und wie viel Neues sich über diese längst be-
kannten Bilder sagen lässt. Schon die Frage nach ihrer Herkunft und
ihrer Entstehungszeit, die bei derartigen Untersuchungen immer die
erste sein mĂĽsste, hat allerhand Ergebnisse gebracht, die auf eine ganz
sichere Spur fĂĽhren, der man nur mit Beharrlichkeit weiter nachzugehen
braucht, um zum Ziele zu gelangen.
Wir befinden uns von Anfang an in Sachsen, in Wittenberg, in
der Werkstatt Lucas Cranachs, nicht am Mittelrhein, nicht in Mainz oder
Aschaffenburg, nicht in der Werkstatt Mathias GrĂĽnewalds. Die vier
Gruppen, in die ich die besprochenen Bilder eingeteilt habe, stellen eine
Entwickelungsreihe dar, sie umspannen einen Zeitraum von rund 15 Jahren.
Innerhalb dieses Zeitraums vollzieht sich die Entwickelung des KĂĽnstlers^
namentlich im Anfang so ungeheuer rasch, wie es nur etwa vom 15.
bis zum 30. Lebensjahre möglich ist. Das 15. Lebensjahr als Anfangs-
punkt künstlerischer Thätigkeit — gleichviel ob sie noch nachahmend
oder schon frei schaffend ist — würde zwar heutzutage als eine grosse
Ausnahme von der Regel angesehen werden, entspricht aber den kĂĽnstle-
rischen und sozialen Verhältnissen jener Zeit, es kann sogar, die nötige
Befähigung vorausgesetzt, als völlig normal gelten, noch dazu, wenn man
annehmen will, dass der i 5jährige schon in einer rein künstlerischen Atmo-
sphäre aufgewachsen ist. Es ist demnach sclion psychologisch un-
möglich, dass Lucas Cranach der Maler auch nur eines der Bilder
- 176 -
dieser vier Gruppen gewesen ist. Das lehrt auch eine genauere Be-
trachtung der in der ersten Zeit entstandenen Bilder.
Wir sehen deutlich, wie der Künstler zunächst noch gar keinen
eigenen Stil hat, wie er dies und jenes versucht, ehe er in das rechte
Fahrwasser kommt, wie er anfangs Lucas Cranach nachahmt, dann —
wahrscheinlich auf der Wanderschaft — unter nürnbergischen, namentlich
dürerschen Einfluss gerät, wie er sogar unbedenklich fremde Vorbilder
fĂĽr seine Kompositionen verwendet. Auch das spricht ja ohne weiteres
gegen Lucas Cranach
Wir sehen ferner, wie er erst allmählich Herr aller künstlerischer
Ausdrucksmittel wird, wie der Zeichner in ihm dem Maler immer ein
Stück voraus ist und wie gerade die Farbe auch noch in späterer Zeit
die Wirkung seiner Bilder nicht selten beeinträchtigt durch den Mangel
an wirklich warmen Tönen und das Vorherrschen eines kühlen bläu-
lichen Gesamttones. Bei Lucas Cranach dagegen ist der Sinn fĂĽr feine
Farbenwirkungen bis zu seinem 50. Jahre ĂĽberall deutlich nachweisbar,
der Gesamtton seiner Bilder ist ausgesprochen warm.
Es giebt nun auch noch besondere Kennzeichen, an denen man
die Bilder des Pseudogrünewald mit Sicherheit erkennen kann, während
sie bei Lucas Cranach nicht vorkommen. Es sind folgende:
1. Der Heiligenschein. Er besteht in der ersten Zeit aus matten
blaugrauen, gelben oder goldenen Scheiben (Annaberg, Pflockscher Altar;
Bamberg, Rosenkranzbild ; Naumburg, grosse AltarflĂĽgel), dann aus ein-
fachen Kreisen, später aus zwei Kreisen, zwischen denen die Namen in
Antiquamajuskeln stehen. Der Heiligenschein Christi dagegen besteht
aus Bündeln (gewöhnlich sind es drei) von längeren und kürzeren Strahlen.
Bei Lucas Cranach wird der Heiligenschein regelmässig (ausser wenn
sich die Gestalten vom Goldgrund abheben) von einem Kranze ganz
kurzer Strahlen gebildet, die oft so fein sind, dass man sie kaum be-
merkt. In Cranachs späterer Zeit verschwindet der Heiligenschein um so
mehr, je mehr sich der Künstler seinem 50. Jahre nähert, und die
Heiligen treten uns wie gewöhnliche Sterbliche entgegen.
2. Der zweite Finger. Bei Gestalten, die einen Stab halten,
wie z. B. bei heiligen Bischöfen, aber auch bei leeren Händen
hat der zweite Finger der betreffenden Hand eine Stellung, die
entweder anatomisch ganz unmöglich ist, nämlich dann, wenn die
Knöchel der Hand zu einander senkrecht stehen, oder nur mit
grosser Mühe erzwungen werden kann, nämlich dann, wenn die
— 177 —
Hand in eine mehr schräge Lage gebracht wird. So wie der Pseudo-
grünewald den zweiten Finger bei senkrechter Knöchellage zeichnet, ist
er thatsächlich nur bei wagerechter möglich. Dieser Fehler kommt
namentlich in der früheren Zeit bis um 1525 häufig vor (doch giebt es
auch da schon ganz richtig gezeichnete Hände), dann verliert er sich
allmählich. Als Beispiele mögen dienen: der Epileptische und die h.
Barbara auf dem Pflockschen Altar in Annaberg (Cr A. 139), der h. Wilibald
in Bamberg (CrA. 10 1), die Heiligen Martha, Chrysostomus und Lazarus
in MĂĽnchen, die Heiligen Jakobus d. Ă„. und Philippus im Naumburger
Dom (CrA. 156), der h. Erasraus in der Marienkirche in Halle, der
Kardinal ganz rechts auf dem Messbild in Aschaffenburg (Nr. 263,
CrA. 131), der h. Erasmus in Aschaffenburg (CrA. 133).
Wenn Lucas Cranach den zweiten Finger so zeichnet, giebt er
der Hand eine wagerechte oder schräge Lage.
3. Die Landschaft. Namentlich die Behandlung der Wiesen-
fiächen im Vorder- und Mittelgrund ist kennzeichnend für den Künstler.
Sie sind in einem GrĂĽn von mittlerer Helligkeit, das sich oft dem
Schweinfurter nähert, angelegt, darauf sind die einzelnen Gräser und
Blumen in einem viel helleren GrĂĽn eingezeichnet. Im Vordergrunde
finden sich oft grössere blühende Blumen, namentlich kommen Mai-
glöckchen öfter vor. Lucas Cranach kennt diese Art der Behandlung
des Vorder- und Mittelgrundes nicht, ich habe wenigstens bisher kein
einziges sicheres Bild von ihm gefunden, wo sie vorkäme. Ebenso ist
der Bautnschlag nicht der Lucas Cranachs. Dagegen sind die Hinter-
grundslandschaften denen Lucas Cranachs viel ähnlicher, nur wirken sie
in der Farbe stumpfer und nĂĽchterner und zeichnen sich namentlich in
der ersten Zeit häufig durch mangelnde Luftperspektive aus. Man
braucht, um den Unterschied festzustellen, nur die HintergrĂĽnde auf den
um 15 18 entstandenen Marienbildern Lucas Cranachs damit zu ver-
gleichen.
4. Die Ornamentik, wie sie sich namentlich an der bischöflichen
Mitra, dem Krummstab, den Mantelschliessen, am weiblichen Schmuck
sowie an den Säulenkapitälen zeigt. Sie ist rein renaissancemässig. Ganz
besonders wichtig ist ein bestimmtes Ornament, das der KĂĽnstler in der
Regel zum Schmuck des Halsbandes seiner weiblichen Gestalten ver-
wendet. Ich habe bei Besprechung der h. Magdalena in Wiesbaden
S. 160 — 162 daraufhingewiesen. Bisher habe ich gerade dieses Ornament
auf keinem einzigen sicheren Bilde Lucas Cranachs gefunden.
12
— 178 —
5. Die gewässerten (moirierten) Stoffe. Lange nachdenr»
die gegenwärtige Untersuchung niedergeschrieben war, bin ich noch auf
dies Kennzeichen aufmerksam geworden. In der Cranach-Ausstellung in
Dresden fiel mein BHck zufällig auf ein gewässertes rotes Mantelfutter.
Es befand sich auf einem Bilde, das ich dem PseudogrĂĽnewald zu-
geschrieben hatte. Ich habe darauf sämtliche ausgestellten Bilder, gleich-
viel ob sie von Lucas Cranach oder vom PseudogrĂĽnewald waren, ge-
nau nach solchen gewässerten Stoffen durchgesehen. Diejenigen, auf denen
ich sie gefunden habe, verzeichne ich hier (die Stoffe sind zinnoberrot,
wenn ich keine andere Farbe angebe): Halle, Altarwerk von 1529, Mittelbild
(102): Gewand des Kardinals Albrecht. — Aschaffenburg, Gregorsmesse
(131): Futter der Mitra des Bischofs; h. Erasmus (133): Futter der Mitra
(dunkelkarmin) ; h. Magdalena (134): Futter des Kleides (violett); h. Martin
(135): Futter der Mitra (dunkelkarmin). — Annaberg, Pflockscher Altar
(139): Futter des Mantels und der Mitra des h. Valentin; Futter des
Rockes und des Schulterumhangs der h. Dorothea. — Augsburg,
Kardinal Albrecht (141): Gewand. — Naumburg, Altarflügel (156):
Futter der beiden Mitren und Futter des Kleides der h. Katharina. —
Dazu kommt noch MĂĽnchen, h. Chrysostomus: Futter der Mitra. Es
sind also alles Bilder, die ich aus andern GrĂĽnden schon dem Pseudo-
grünewald zugewiesen habe. — Da ich derartige gewässerte Stoffe bisher
auf keinem Bilde Lucas Cranachs gefunden habe, glaube ich sagen zu
dĂĽrfen, dass sie eine EigentĂĽmlichkeit des PseudogrĂĽnewald sind, die bei
Bestimmung unbekannter Bilder ins Gewicht fällt.
6. Die weissen Stoffe mit grĂĽnlich-blauen Schatten. Sie
bilden schon seit langer Zeit ein bekanntes Merkmal.
7. Die Farbe des Fleisches mit violett-grauen Schatten.
Namentlich in den am Anfang der zwanziger Jahre entstandenen Bildern
wirkt diese kühle Fleischfarbe höchst unangenehm, sie macht aber all-
mählich einer etwas wärmeren Farbengebung Platz. Bei Lucas Cranach
ist die Fleischfarbe bis 1522 auf unbezweifelbaren Bildern immer warm,
die grauen Schatten, die ab und zu vorkommen, wirken niemals kĂĽhl
und aufdringlich, wie bei dem PseudogrĂĽnewald.
Ich könnte die Analyse der Bilder des Pseudogrünewald noch
weiter fortsetzen und die Liste der Kennzeichen noch bedeutend er-
weitern, aber ich hoffe, was ich hier mitgeteilt habe, ist schon ĂĽberge-
nug, um zu beweisen, dass der PseudogrĂĽnewald weder in seinen schlechten,
noch in seinen besten Werken wesenseins mit Lucas Cranach sein kann»
Zwischen den Bildern des Pseudogrünewald lässt sich eben nicht in der
Weise scheiden, dass die frĂĽheren minderwertigen fĂĽr Schulbilder, die
späteren höher stehenden für eigenhändige Bilder Lucas Cranachs erklärt
werden. Eine solche Lösung der Pseudogrünewald-Frage ist natürlich
sehr bequem und überhebt der Mühe schärferen Sehens und tiefer
dringenden Studiums. Die Vertreter dieser Ansicht mĂĽssten aber erst
den Gegenbeweis liefern, dass die besseren Werke des PseudogrĂĽnewald
nicht von derselben Hand sind und sein können, wie die schlechtem.
Solange dies nicht geschehen ist, so lange bleibt der PseudogrĂĽnewald
der Schöpfer aller der Bilder, die ich ihm zugeschrieben habe, der
schlechten wie der guten. Darum geht es auch nicht an, sie alle ganz
allgemein nur als Schul- oder besser Werkstattbilder Lucas Cranachs zu
bezeichnen. Gewiss, das sind sie, man kann sie sich kaum (mit wenigen
Ausnahmen) ausserhalb Wittenbergs, ausserhalb der cranachschen Werk-
statt entstanden denken. Aber die Bezeichnung ist zu allgemein, sie
giebt nur die halbe Wahrheit, die Wissenschaft verlangt aber die ganze
Wahrheit. Ich denke, soweit sind wir endlich doch gekommen, dass
wir sagen dĂĽrfen: Alle diese Bilder sind Werke eines ganz be-
stimmten, dem Namen nach bis jetztnoch unbekannten Witten-
berger SchĂĽlers Lucas Cranachs, der jahrelang in denkbar
engsten Beziehungen zu dem Meister gestanden haben muss.
Vielleicht klären seine übrigen Werke, zunächst die Holzschnitte,
noch mehr über seine Persönlichkeit auf.
b) Holzschnitte.
Soweit ich Umschau in der älteren wissenschaftlichen Litteratur
ĂĽber den PseudogrĂĽnewald gehalten habe, wird der KĂĽnstler nur ein
einziges Mal auch als Zeichner für den Holzschnitt erwähnt, und zwar
im Nachtrag zu einem Aufsatz von Wiechmann-Kadow ĂĽber das Hallische
Heiligtumsbuch im i, Jahrgang (1855) des Archivs fĂĽr die zeichnenden
KĂĽnste, S. 208. Wiechmann-Kadow hatte in seinem Aufsatze, S. 206,
die feste Ăśberzeugung ausgesprochen, dass die Holzschnitte des Hallischen
Heiligtumsbuches zum grossen Teil nach Zeichnungen Lucas Cranachs
ausgefĂĽhrt seien. Im Nachtrage teiU er noch mit, dass nach der An-
sicht „eines erfahrenen Kunstkenners" Mathias Grünewald, d. h. unser
jetziger PseudogrĂĽnewald, die Zeichnungen zu diesen Holzschnitten ent-
worfen haben solle. DĂĽrers Mitwirken werde dabei fĂĽr sehr wahrschein-
lich gehalten. Auch R. Weigel sehe in neuester Zeit GrĂĽnewald fĂĽr
— i8o —
denjenigen an, der die Zeiclinungen fĂĽr die Holzschnitte des Heiligtums-
buches gemacht habe.
Die neueren Forscher scheinen von dieser Ansicht nichts gewusst
oder ihr keine Beachtung geschenkt zu haben. Thatsächlich ist der
Maler, den wir uns gewöhnt haben, Pseudogrünewald zu nennen, auch
der Zeichner eines Teils der Holzschnitte des Hallischen Heiligtums-
buches, freilich nicht des grösseren, sondern des kleineren Teiles.
Hätten sich diejenigen, denen es zum Glaubenssatz geworden ist, dass
der PseudogrĂĽnewald kein anderer als Lucas Cranach sei, auch nur
etwas mit diesen Holzschnitten beschäftigt, wozu doch nach der Mit-
teilung Wiechmann -Kadows Anlass genug gewesen wäre, so hätten sie
sich wohl gehĂĽtet, jenen Satz als Parteilosung auszugeben. Denn bei
der grossen Anzahl von Holzschnitten, die wir von Lucas Cranach be-
sitzen, lässt sich mit Sicherheit erkennen, dass dieser selbst nicht der
Urheber jener Holzschnitte im Hallischen Heiligturasbuche sein kann.
Nur das haben die neuesten Forschungen ergeben, dass der Zeichner
dem Meister Lucas äusserst verwandt ist.
Zuerst hat dies Wilhelm Schmidt ausgesprochen in einem
Wolf Traut, dem Hauptzeichner des Hallischen Heiligtumsbuchs, ge-
widmeten Aufsatz im Repertorium f. Kunstw. XII (1889), S. 300. Dann
hat sich Gabriel von Tdrey in seiner Schrift „Kardinal Albrecht von
Brandenburg und das Hallesche Heiligtumsbuch von 1520" (Strassburg
1892) noch eingehender, wenn auch kaum eingehend genug, mit diesem
„Mitarbeiter" Wolf Trauts beschäftigt und alles, was Wilh. Schmidt über
den Künstler gesagt hatte, bestätigt. Er geht aber noch weiter als dieser
und erkennt in dem Zeichner einen bestimmten Gehilfen des Pseudo-
grĂĽnewald, also nicht den PseudogrĂĽnewald selbst, den er infolge
überkritischen Sinnes in verschiedene Persönlichkeiten zerlegt. Dieser
Gehilfe des Pseudogrünewald ist aber seiner Ansicht nach zugleich „ent-
weder ein direkter SchĂĽler oder vielleicht besser gesagt GehĂĽlfe Cranachs
gewesen". Demnach mĂĽsste der KĂĽnstler (von Terey bezeichnet ihn
einfach mit dem Buchstaben A, was wohl nicht gerade glücklich gewählt
ist) eine ziemlich komplizierte Person sein, die man nicht leicht fassen
könnte. Thatsächlich ist dies nicht der Fall, die Sache ist bei ruhiger
Betrachtung sehr einfach: von den verzwickten Beziehungen bleibt nur
eine bestehen, die zu Lucas Cranach, die allerdings so innig wie nur
möglich erscheint, im übrigen unterhält der Künstler engere Beziehungen
nur zu sich selbst.
Georg Hirth hat einen kleinen Teil der Holzschnitte des Hallischen
Heiligtumsbuches als 13. Bändchen seiner Liebhaber- Bibliothek alter
Illustratoren veröffentlicht. Bei der Auswahl scheint, entgegen der Ver-
sicherung des Herausgebers, der Zufall die grösste Rolle gespielt zu
haben. Man wundert sich ĂĽber das, was fehlt und ĂĽber das, was da-
gegen aufgenommen ist. Von den nicht von Wolf Traut gezeichneten
Holzschnitten sind 25 nachgebildet. Sobald ich erkannt hatte, dass der
Zeichner dieser 25 der PseudogrĂĽnewald selbst, nicht nur ein Gehilfe
von ihm sei, beschloss ich, um vollständige Sicherheit über seinen An-
teil am Hallischen Heiligtumsbuch zu erlangen, die Untersuchung unab-
hängig von Tdrey noch einmal zu führen. Ich habe mich mit dem
Hallischen Heiligturasbuche im ganzen ein Vierteljahr beschäftigt. Die
Untersuchung wurde dadurch wesentlich vereinfacht und erleichtert, dass
ich in der Lage war, zwei Exemplare des seltenen Buches (das eine
aus der Marienbibliothek in Halle, das andere aus der Stadtbibliothek
in Hamburg) fast zwei Monate lang neben einander zu benĂĽtzen. Ich
hoffe so zu einem Ergebnis gekommen zu sein, an dem eine nochmalige
Nachprüfung von seilen eines Dritten nichts mehr zu ändern vermag.
Erst nachdem ich die Untersuchung vollständig beendet hatte, habe ich
mein Ergebnis mit dem Tereys verglichen. Dabei stellte sich heraus,
dass wir beide den Anteil der Zeichner an den Holzschnitten im grossen
und ganzen in derselben Weise abgegrenzt hatten und dass wir nur in
verhältnismässig wenig Fällen verschiedener Ansicht gewesen waren.
Ich lege im folgenden Rechenschaft darĂĽber ab.
Das Hallische Heiligtumsbuch ist, wie bekannt, im Auftrage des
Kardinals Albrecht von Brandenburg entstanden, und zwar, wie die
ganze Anlage erkennen lässt, nach dem Vorbilde des Wittenberger
Heiligtumsbuches.
Es hat den Titel:
„VOrtzeichnus vnd | zceigung des hochlob | wirdigen heiligthumbs |
der Stifftkirchen der heiligen | Sanct Moritz vnd Ma- | rien Magdalenen 1
zu Halle."
Am SchlĂĽsse steht:
„Gedruckt yn der löblichen stadt halle / Nach | Christi Vnsers hern
geburt FunfftzehenhĂĽdert ] Vnnd Im Zcwenntzigesienn Jhare."
Der Druck kann nicht vor dem 25. Oktober 1520 begonnen
worden sein, denn an diesem Tage erhielt der Kardinal Albrecht von
Leo X. die goldene Rose, die als erste Nummer des ersten Ganges aut
Bl. 3* abgebildet ist.
Wer der Drucker war, hat sich bis jetzt nicht ermitteln lassen.
Es muss ein auswärtiger gewesen sein, der nur zu diesem Zwecke vom
Kardinal nach Halle berufen war; denn es fehlt jede Nachricht und
jeder Beweis, dass es 1520 in Halle schon eine Druckerei gegeben
habe. Von auswärtigen Druckern kämen als die nächsten die Leipziger
in Betracht. Die fĂĽr das Titelblatt und die Ăśberschriften der einzelnen
Gänge verwendete grössere Schriftgattung (eine schlanke got. Type)
findet sich genau so in den Drucken Melchior Lotters in Leipzig aus
dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Dagegen stimmt dessen
kleinere Textschrift nicht durchaus mit der im Hallischen Heiligtums-
buch verwendeten Schwabacher ĂĽberein.
Der Zufall fĂĽhrte mir fĂĽr kurze Zeit verschiedene Drucke von
Nicolaus Widemar in Eilenburg aus dem Anfang der zwanziger Jahre
in die Hände. Soweit ich verglichen habe, stimmen dessen grosse wie
kleine Typen vollkommen mit denen des Hallischen Heiligtumsbuches ĂĽber-
ein. Die endgiltige Entscheidung darĂĽber muss ich denen ĂĽberlassen, die
solche Schriftenvergleichung zu ihrem besonderen Studium gemacht haben.
Aber mir kommt es schon jetzt als das wahrscheinlichste vor, dass der Eilen-
burger Nicolaus Widemar der Drucker des Hallischen Heiligtumsbuches ge-
wesen ist. Eilenburg ist von Halle nur um ein geringes weiter als Leipzig ent-
fernt. Wir wissen durch Spalatin (Mencke, Scriptores rer. germ. IE, 594 ff.),
dass der Kardinal Albrecht öfter, z. B. 15 19 mehrmals, in Eilenburg ge-
wesen ist. Es lag auf dem Wege, der von seiner Residenz Halle nach
Torgau, der Residenz Friedrichs des Weisen, fĂĽhrte, mit dem Albrecht
gerade um diese Zeit öfter zusammenkam.
Nach Gabriel von Terey rĂĽhren von den 237 Holzschnitten des
Heiligtumsbuches 194 von Wolf Traut, 37 von dem unbekannten KĂĽnstler
A her, den er als einen Gehilfen Lucas Cranachs und des Pseudo-
grĂĽnewald bezeichnet, die ĂĽbrigen 4 von einem KĂĽnstler B, in dem
er einen im Zeichnen ungeĂĽbten Formschneider vermutet. 194 -{-37 -)-4
ergiebt nun freilich nicht 237, sondern nur 235. Im ganzen kommen
im Buche 234 verschiedene Holzschnitte vor, von denen einer
doppelt, ein anderer dreifach verwendet worden ist, was von Terey nicht
bemerkt zu haben scheint.
Allem Anschein nach ist zunäclist nur Wolf Traut mit den Zeich-
nungen zu den Holzschnitten beauftragt worden. Höchst wahrscheinlich
- i83 —
aber ist er über der Arbeit gestorben (wenigstens fällt nach der Über-
lieferung sein Tod ins Jahr 1520, der Tag ist nicht bekannt), und der
sogenannte PseudogrĂĽnewald hat die Arbeit zu Ende gefĂĽhrt. Dass die
Holzschnitte von Anfang an an zwei Künstler verteilt worden wären, ist
kaum glaublich, da die Teile beider viel zu ungleich sind. Es ist dem-
nach nicht ganz richtig, den PseudogrĂĽnewald als Trauts Mitarbeiter zu
bezeichnen; er ist vielmehr sein Nachfolger gewesen. Ein dritter
Künstler ist nicht mit thätig gewesen, wie v. Terey irrtümlich ange-
nommen hat.
Ich habe nicht die Absicht, mich mit dem ganzen Heiligtums-
buche, sondern nur mit dem Anteile des Pseudogr ĂĽne wald daran zu
beschäftigen.
Da aber v. Terey versäumt hat, eine Liste aufzustellen, die der
Reihe nach sämtliche Holzschnitte des Buches mit dem Namen des
jedesmaligen Zeichners enthielte, so ist es wohl meine Pflicht, eine
solche Liste aufzustellen und so die wissenschafdiche Arbeit am Hallischen
Heiligtumsbuche wenigstens nach der Seite der Meisterbestimmung auch
äusserlich zum Abschluss zu bringen.
Das Buch hat weder eine Blatt-, noch eine Seitenzählung. Es
empfiehlt sich deshalb auf keinen Fall, die Holzschnitte nach Blattzahlen
zu bezeichnen, wie es v. Terey gethan hat, sondern zunächst nach der
Ordnungsnummer, die die Reliquien innerhalb der einzelnen Gänge
haben. Die römische Ziffer bezeichnet in den folgenden Verzeichnissen
den Gang, die darauf folgende, von dieser durch ein Komma getrennte
arabische Ziffer die Nummer innerhalb des Ganges. Te'reys Blattzählung
habe ich beibehalten, um eine leichte Vergleichung zu ermöglichen.
Jedoch habe ich die Vorderseite eines Blattes, wie dies meist gebräuch-
lich ist, mit a, die RĂĽckseite mit b bezeichnet. HinzugefĂĽgt habe ich
noch die Nummer, die der betreffende Holzschnitt m der Nachbildung
im 13. Bändchen von Hirths Liebhaber-Bibliothek alter Illustratoren hat
Den Namen PseudogrĂĽnewald habe ich mit PsGr. abgekĂĽrzt.
Die Holzschnitte
des Hallischen Heiligtumsbuches und ihre Zeichner.
I. Bl. 2* = Hirth 3 PsGr.
2- I, I. „ 3^
— 184 —
4-
L
3-
Bl. 4^ oben
Traut (v
. T^rey : fehlt)
5-
I,
4-
„ 4* unten
„ (V.
Tdrey: KĂĽnstler
A, also PsGr.)
6.
I,
5-
„ 4^^ = Hirth 7
PsGr.
7-
I,
6.
„ 5^ = Hirth 28
Traut
8.
I,
7.
„ 6^ (Bij) = Hirth 8
,,
9-
I,
8.
„ 6^ = Hirth 9
,,
!
lO.
I,
9-
.. 7*^ (Biij)
'
II.
I,
10.
„ 7b = Hirth 10
PsGr.
12.
I,
1 1.
„ 8* = Hirth II
Traut
13-
I,
12.
„ 8b
„ (V.
Terey: fehlt)
14.
I,
13-
.. 9^ (C)
„
15.
I,
14.
„ 9^ oben
16.
I,
15-
„ 9*^ unten
„
17-
I,
16.
„ lo** = Hirth 12
''
18.
I,
17-
„ lo^ = Hirth 13
ig.
I,
18.
„ 11» = Hirth 14
PsGr.
20.
I,
19.
„ 1 1^ oben
Traut
21.
I,
20.
„ 11^ unten
„
22.
I,
21.
„ 12* = Hirth 83
23.
I,
22.
„ i2f
„
24.
I,
23-
„ 13^
„
25.
I,
24.
„ 14* (Dij)
,,
26.
I,
25-
., 14^
„ (V.
Tdrey: fehlt)
27.
I,
26.
„ 15^
„
28.
I,
27.
„ 15^
,,
29.
I,
28.
„ 16^ oben = Hirth 16
PsGr.
30.
I,
29.
„ 16* unten
Traut
31-
11
I.
Bl. 17b = Hirth 84
Traut
32.
n,
2.
„ 18^ = Hirth 70
„
33.
n,
3.
„ i8b = Hirth 20
34-
II,
4-
„ 19** = Hirth 21
,,
35-
II,
5-
„ 20^
„
36.
II,
6.
„ 20b
„
37-
n,
7.
„ 2 ja (F) = Hirth 18
PsGr.
38.
II,
8.
„ 22^ = Hirth 81
„
39.
II,
9-
„ 22^ = Hirth 24
Traut
II.
lO.
BI. 2^^
!Fi.j) =
Hirth 69
11,
1 1.
„ 21^
n,
12.
„ 24*^
= Hirth
19
II,
13-
„ 24''
II.
14.
,. 25*^
u,
'5-
„ 25^
= Hirth
71
II,
16.
„ 26'^
= Hirth
11
n,
17-
„ 2b^
= Hirth
29
n,
18.
„ 27a
(G)
n,
19.
„ 27^
II,
20,
„ 28a
(Gij)
II.
21.
„ 29*
(Giij)
II,
22.
„ 29^
II,
23-
„ 30"^
II,
24.
„ 30^
n,
25-
„ 31*
11,
26.
„ 3'^
II,
27-
,. 32"^
II,
28.
„ }>2'^
u,
29.
„ ^»l^''
(Hl)
II,
30.
„ 33^
11,
31-
„ 34^
(Hij)
II.
32..
,. 34^
II,
33-
„ 35«^
(Hiij)
m,
I.
BI. 36*
= Hirth
67
III,
2.
„ 30^
lU,
3-
,. 37*^
= Hirth
?i^-
III,
4-
„ 37^
III,
5-
M 38-
III,
6.
„ 38^
III.
7-
„ 39"
G)
in,
8.
., 39^^
iii,
9-
„ 40«^
(Jij)
Traut
PsGr.
Traut
f,
Ps Gr. (v. Tdrey: KĂĽnst-
ler B)
Traut
PsGr.
Ps Gr.
Traut
IV, I. BI. 41* (Jiij) PsGr.
IV. 2. „41^ Traut
86
,. IV.
3-
Bl. 42'^
PsGr.
). IV,
4-
„ 42^
,,
. IV,
5.
» 43"
Traut
l. IV,
6.
„ 43^
PsGr.
)• IV,
7-
., 44"
Traut
). IV,
8.
„ 44^
,,
• IV,
9-
,. 45"
(Ki)
„ (V.
Terey:
KĂĽnst-
ler B)
• IV,
10.
„ 45^
V
.. IV,
1 1.
., 46*
(t^ij)
n
l. IV,
12.
„ 46^
= Hirth
78
PsGr.
). V,
I.
Bl. 47"^
^ Hirth
27
Traut
>â– V,
2.
„ 48-
V,
3-
,. 48^
5. V,
4-
,. 49"
h V,
5-
,. 49^
= Hirth
26
). V,
6.
,. SO'^
V,
7-
„ 50^
V,
8.
. si'-^
(L)
;. V,
9-
., 51^
[â– V,
lO.
„ 52^^
(Lij)
,. V,
1 1.
„ 52^
). V,
12.
,. 53"
(Liij)
V,
13-
. 53^
l. V,
14.
,- 54"
. V,
15-
„ 54^
). V,
16.
» 55"
V,
17-
,. 55^
. VI,
I.
Bl. 56^
PsGr. (v
Tdrey:
Traut)
. VI,
2.
., 57"
(Mi) =
ffirth 72
Traut
. VI,
3-
„ 57*^
= Hirth
23
PsGr.
. VI,
4.
., 58-
(Mij) =
Hirth 35
Traut
. VI,
5-
„ 58^
„
. VI,
6.
„ 59"
(Miij) =
Hirth 31
PsGr. (v
Terey:
Traut)
• VI,
7-
., 59^
^ Hirth
34
Traut
). VI,
8.
„ 60»^
»
i87
I lO
VI.
9
Bl. 60^
= Hirth
30
PsGr.
1 1 1
VI.
10
„ 61"
_ Hirth
15
„
1 I 2
VI,
1 1
„ tx^
- Hirth
40
Traut
>'3
VI,
12
„ 62»
-= Hirth
36
,,
1 14
VI.
«3
.. 62^
„
115
VI,
14
,. Ö3»'
»
IIb
VI,
'5
., 64'^
(Nij)
j»
« '7
VI,
10
„ 04»'
„
1 18
VI,
17
„ 95*
(Niij)
„
119
VI,
18
.. 65^
rechts
>i
120
VI,
•9
„ 65^
links
PsGr.
12 1
VI,
20
„ 66*
Traut
122
VI,
21
„ 66^
,,
1^3
VI,
22
„ 67-
links
„
1-4
VI,
23
„ 67*^
rechts
,,
125
VI,
24
. „ 07b
:= V. lĂ–. Hl. 55*
,,
120
VI,
25
„ 68*
„
127
VI,
2t
. „ 68^
»
128
VI,
21
M 6g»
(Oi)
,,
129
VI,
28
. . 69^
„ (V. T^rey: fehlt)
130
VI,
29
,. 7^='
(Oij)
,,
131
VI,
30
„ 70''
,,
132
VI,
3'
- j a
(Oiij)
,,
133
VI,
7^2
- 1**
M
134
VI,
11
„ 12-
,,
r^5
VI,
34
„ 12^
,,
136
VI,
35
â– ', W
„
137
VI.
36
.. 13'^
,.
u»
. VI,
37
.. 74'^
links
„
139
VI,
38
.. 74*^
rechts
,.
140
VI,
39
. 74^^
links
.,
141
VI,
40
., 74^
rechts
M
142
VI,
4«
.. 75*
(PI)
„
143
VI,
42
.. 75''
= Hirth
6
I's Gr.
144
VI,
43
n 76*
(l'ij)
,,
145
VI,
44
„ 76''
= Hirth
74
>>
146
VI,
45
.. 77"
(Pnj) ^-.
Hirth 55
„ (v. Tcrey: Traut)
M7
Vi.
46
= Hirth
39
Traut
VI, 47. Bl. 78» = Hirth 22 PsGr.
VI, 48. „ 78^- Traut
VI, 49. „ 79^ = Hirth 65 PsGr.
VI, 50. „ 80* oben = Hirth 79 „
VI, 51. „ So"* unten = Hirth 37 Traut
VI, 52. „ 80^ PsGr.
VI, 53. » 81* (Qi) Traut
VII,
VII,
VII,
VII,
VII,
VII,
VII, 7
VII, 8
VII, 9
VII, 10
VII, II,
VII, 12
VII, 13
VII, 14
VII, 15
VII, 16
VII, 17
vu, ir
VII, 19.
VII, 20.
VII, 21.
VII,
vn, 23.
VII, 24.
vn, 25.
VII, 26.
VII, 27.
vn, 2i
Bl. 82^^ = Hirth 57
83^
84*
84^
85^-^
85^^
86«
86» unten = Hirth 62
86^
87a
87b
= Hirth 48
= Hirth 25
= Hirth 54
oben = Hirth 63
unten = Hir '
= Hirth 17
(Ri) = Hirth 47
88* (Rij) links
88* (Rij) rechts
88^
89* (Riij) links =
89«' (Riij) rechts =
89t
Traut
PsGr.
Traut
Ps Gr. (v. Tdrey : Traut)
Traut
Hirth 56
: Hirth 88
(v. Tdrey: KĂĽnst-
ler B)
oben
unten
links
rechts
90^^
90^
90^
91*
91*
92*
92^
93^ (Si) = Hirth 53
93^ links ^=: Hirth 40
93^ rechts = Hirth 41
94a (Sij) = Hirth 4
189
i83-
VII.
2g. Hl.
94^
Traut
184.
VII.
30. „
95* (Siij)
»f
.85.
VIII,
1. 131.
96* = Hirth 82
Traut
186.
VIII,
2. ,,
96^' = Hirth 64
PsGr.
187.
VIII,
3. M
97» = Hirth 61
„
188.
vm,
4- ..
97^ links = Hirth
76
Traut
189.
vni,
5. M
97^ rechts = Hirth 77
,.
190.
VIII,
6. „
98* = Hirth 44
„
191.
192.
\iii,
vni,
7- M
8. „
98^ links \ ,,. , „
Ob u 1= Hirth 38
98^ rechts j
"
193-
vm,
9- »
99a (Ti) = Hirth
58
,,
194.
vm.
10. „
99^
PsGr. (v. Tdrey: Traut)
195-
vm.
1 1. „
100* (Tij) = Hirth
50
Traut
196.
vm,
12. „
100^ Hnks = Hirth
42
„ (v. Tdrey: Künst-
ler A, also PsGr.)
197.
VIII,
13- .,
100^ rechts
^»
ig8.
VIII,
14- ..
101^ (Tiij) = Hirth
73
„
199.
vm.
15- .,
loi^ = Hirth 45
>»
200.
VIII,
16. ,.
102* rechts
V
201.
VIII,
17- M
102*^ links =; Hirth
52
,,
202.
VIII,
18. „
I02»' hnks
»
203.
VIII,
19- M
102'' rechts
ft
204.
vm.
20. „
103*
»»
205.
vm,
2 1. „
103b
»
206.
vm,
22. „
104* links
»>
207.
vm,
23. „
I04'*' rechts
1»
208.
vm,
24- M
104^
„
209.
VIII,
25. .,
105- (V)
l>
210.
vm.
26. „
105''
l>
211.
VIII,
27- .,
106* (Vij) links
II
212.
VIII,
28. „
106* (Vij) rechts
tf
2 13-
VIII,
29. „
loö** = Hirth 75
II
214.
VIII,
30. „
107- (Viij)
>»
215-
VIII,
31- n
107^
II
216.
VIII,
32. „
108*
1»
217.
VIII.
33- .,
108^'
„ (v. Tdrey: Künst-
ler B)
2 1 8.
VIII, 34- BI. log*
— 190 —
Traut
219.
VIII,
35-
„ 109^
,,
220.
VIII,
36.
„ I lo"' = Hirth 49
„
221.
VIII,
2>7-
„ I 10^ = Hirth 43
,,
2 2 2,
VIII,
38.
„ iii-(Xi) = VI,53.
Bl. 81*
,,
223.
VIII,
39-
„ iiit
PsGr. (v
Tdrey:
Traut)
224.
VIII,
40.
„ ii2MXij) = VI,53.
BI.81*
Traut
*
225.
IX,
I. Bl. 113^ = Hirth 60
Traut
226.
IX,
2.
. 1.4^
„
227.
IX,
3.
, 115b = Hirth 51
,,
228.
IX,
4.
, iiö*^ = Hirth 85
,,
229.
IX,
5.
, 11 6^ = Hirth 66
^,
230.
IX,
6.
, 117a (Yi) = Hirth
68
„
231-
IX,
7-
, 118» (Yij) = Hirth
80
PsGr.
2^2.
IX,
8.
, ir8^ = Hirth 59
Traut
22,3-
IX,
9.
, 119a (Yiij) links
„
234-
IX,
10.
, 119* {Yiij) rechts
„
235.
IX.
1 1.
, 119^
„
236.
, i2ob = Hirth 87
PsGr. (v.
Tdrey:
Traut)
237-
, 121» = Hirth 86
„ (V.
T^rey:
Traut)
Wohl
nur \
venige Forscher werden einen
Urdruck
des Hallischen
Heili
gtumsb
uches
zu Gesicht bekommen.
Die me
isten werd
en sich
mit der
von G. Hirth veröffentlichten Auswahl begnügen. Für diese diene folgende
Liste. Die in Klammern stehende Ziffer bedeutet die Ordnungsnummer
im Verzeichniss sämtlicher Holzschitte.
Hirths Liebhaber-Bibliothek alter Illustratoren,
13. Bändchen.
I. = Bl. I» (Titelblatt)
= leer.
= Bl. 2» (i) PsGr.
^^ VII, 28. Bl. 94a (182) Traut
= I, 2. „ 3b (3) PsGr.
= VI, 42. „ 75b {143)
= I, 5- „ 4^ (6)
= I, 7. „ 6» (8) Traut
igi —
. = I, 8.
Hl. 6'- (9)
Traut
. = I. lO
„ 7^' (n)
PsGr.
. = I. M.
„ 8" (12)
Traut
. = 1, i6.
„ iC* (17)
„
. - I, 17-
.. lob (18)
,,
. = I. i8.
M ii** (19)
Ps Gr.
. = VI, lo.
„ 61* (iii)
„
. -= I, 28.
„ lö* (29)
),
. = VIJ, 9.
„ 86»' (lös)
Traut
. =. II. 7.
.. 21- (37)
PsGr.
. = II, 12.
„ 24* (42)
Traut
. = 11, 3-
„ 18t (33)
V
. = II, 4.
„ 19* (34)
„
. = VI. 47-
„ 78*^ (m8)
PsGr.
. = VI, 3-
M 67t (104)
„
. = II, 9.
.. 2 2^ (39)
Traut
. = VII, 4.
„ 84^ (158)
,,
. = V, 5.
,. 49^ (89)
,,
. = V, I.
., 47^ (85)
„
. = I, 6.
„ 5^ (7)
„
. = 11, 17-
,. 26^ (47)
„
= VI, 9.
„ 60^ (iio)
PsGr.
. =- VI, 6.
„ 59" (107)
„ (v. Terey: Traut)
. = III, 3.
.. 37*^ (6ö)
Traut
. = II, 16.
„ 26^ (46)
„
. - VI, 7.
.. 59^ (108)
„
. = VI, 5.
„ 58" (105)
,,
. = VI, 12.
„ 62» (1.3)
,,
. = VI, 51.
„ 80* 152)
,,
. = VIII, 7.8.
„ 98^ (191.
.92)
,,
. = VI, 46.
., 77'' {'47)
,,
. = VII, 26.
„ 93^ links (180)
„
. = VII, 27.
„ 93^ rechts
(181
) „
. = VIII, 12.
,, 100^ links
(196) „ (v. T^rey: Künstler A,
d.h. PsGr.)
. = VIII, 37.
„ I 10^ (221)
,,
. = VIII, 6.
„ 98* (190)
. = VIII, 15.
„ loi»' (199)
„
— 192
46. = VI, II.
Bl.
61'' (IJ2)
Traut
47. = VII, 10.
»
87- (164)
„
48. = VII, 3.
„
84" (157)
„
49. = VIII, 36.
„
110* (220)
„
50. = VIII, II.
)>
loo^ (195)
„
51. = IX. 3-
»
115^^ (227)
,,
52. = VIII, 17.
,,
102* links (201)
»
53. = VII, 25.
,,
93* (179)
j>
54. = vn, 6.
„
85b (160)
„
55. = VI, 45.
n
77* (146)
Ps Gr. (v. T^rey:
Traut)
56. == VII, 15.
»j
89a (169)
Traut
57. = VII, I.
,,
82^ (155)
„
58. = VIII, 9.
M
99^ (193)
,,
59. = IX, 8.
>l
Il8b (2i2)
,,
60. = IX, I.
„
113^ (225)
„
61. = VUI, 3.
)I
97* (187)
PsGr.
62. = VII, 8.
„
86** unten (162)
Traut
63. = VII, 7.
„
86* oben (161)
>»
64. = VIII, 2.
„
96^ (186)
PsGr.
65. = VI, 49.
„
79b (150)
,,
66. = IX, 5.
,,
116^ (229)
Traut
67. = III, I.
»»
36- (64)
PsGr.
68. = IX, 6.
f»
117* (230)
Traut
69. = II, 10.
„
23* (40)
„
70. = II, 2.
11
18- {S2)
M
71. = n, 15.
„
25^ (45)
,,
72. = VI, 2.
„
57* (103)
,,
73- = VIII, 14.
„
loi* (198)
»
74. = VI, 44-
„
70^ (145)
PsGr.
75. = VIII, 29.
5'
Jo6^ (213)
Traut
76. = VIII, 4.
»
97^ links (188)
„
77. = VIII, 5.
„
97^ rechts (189)
>»
78. = IV, 12.
„
46^ (84)
PsGr.
79. = VI, 50.
„
80- (151)
„
80. = IX, 7.
„
118* (231)
„
81. ^ II, 8.
„
22^ (38)
„
82. = VIII, I.
»
96* (185)
Traut
83- = I, 21.
„
12a (22)
„
- iL>3 —
i>4. ' 11, I. 1)1. 17** (31) Traut
85. = IX, 4. ,. n6» (228)
86. = „121» (237) PsGr. (v. Törey: Traut)
87. = „ 120'' (236) „ (v. Terey: Traut)
88. — VII, 16. „ 8q* rechts (170) Traut
Wie aus diesen beiden Listen zu ersehen ist, teile ich eine Anzahl von
Holzschnitten einem anderen Zeichner zu, als v. Terey. Eine Veranlassung,
ausser Wolf Traut und dem PseudogrĂĽnewald noch einen dritten Zeichner
anzunehmen, wie dies v. Tdrey fĂĽr nur 4 minderwertige Holzschnitte
gethan hat, hat fĂĽr mich nirgends vorgelegen. Eine solche Annahme
wäre doch schon an und für sich höchst unwahrscheinlich. Bei genauerer
Betrachtung ergiebt sich einer der vier Holzschnitte als das Werk des
PseudogrĂĽnewald, die anderen drei als das Wolf Trauts. Im folgenden
begründe ich meine abweichenden Ansichten näher.
I, 3. El. 4* oben, Kasten mit flachem Deckel, fehlt bei T^rey,
ist von derselben Hand wie VI, 8. Bl. 60*, also von W. Traut.
I, 4. Bl, 4* unten, Kasten mit steilem Deckel, nach Terey vom
KĂĽnsder A (= PsGr.), ist von Traut, da sich bei dem PseudogrĂĽnewald
eine solche Zeichenweise nirgends findet; man vergl. dagegen von Traut
II, 2. Bl. 18». — III, 6. Bl. 38^ — V, 12. Bl. 53a. — VI, 16.
Bl. 04^ — VI, 13. Bl. 62^. — VUI, 16. Bl. 102* rechts. — VTII, 23.
Bl. 104» rechts. — VIII, 31. Hl. 107^.
I, 1 2. Bl. 8^, grosses Kreuz zum Umhängen, fehlt bei Tdrey, ist
selbstverständlich von Traut.
I, 25. Bl. 14^, dreiteilige Tafel mit Knochen, fehlt bei Terey, ist
ebenso von Traut.
II, 26. Bl. 31^, zweiteilige monstranzähnliche Tafel mit Kelchfuss,
nach Terey vom KĂĽnstler B, ist vom PseudogrĂĽnewald, denn es kommen
hier dieselben ornamentalen Motive vor, wie bei I, 2. Bl. 3^ und U, 31.
Bl. 34*, die auch Tdrey dem PseudogrĂĽnewald (KĂĽnstler A) zuschreibt.
VI, 9. Bl. 45*, Monstranz, nach Tdrey vom KĂĽnstler B, ist von
Traut, denn wir haben hier dieselbe Hand wie bei VI, 8. Bl. 60*, das
auch nach Terey von Traut ist, und VI, 28. Bl. 69^.
VI, I. Bl. 56^, der h. Moritz, nach Terey von Traut, ist selbst-
verständlich von derselben Hand, wie der h. Joachim IV, i. Bl. 41*-,
der auch nach Terey nicht von Traut, sondern vom PseudogrĂĽnewald
(KĂĽnstler A) ist.
13
— 194 —
VI, 6. Bl. sg"' = Hirth 31, Arm mit gepanzerter Hand, nach
Törey von Traut, ist vom Pseudogrünewald, weil nur bei diesem die
Verzierung mit den zwei sich durchschneidenden Ellipsen so vorkommt.
VI, 28. Bl. 69^, Monstranz, fehlt bei Terey, ist von Traut, weil
von derselben Hand auch IV, 9. Bl. 45<\ — VI, 8. Bl. 60*. — I, 17.
Bl. 10^ ist.
VI, 45. Bl. 77* = Hirth 55, Brustbild eines bartlosen Mannes,
nach Terey von Traut, ist vom PseudogrĂĽnewald, weil jede Einzelheit
in diesem Gesichte mit der Formenauffassung und Zeichenweise des
PseudogrĂĽnewald im Einklang, mit der Trauts im Widerspruch steht.
VII, 12. Bl. 88* links, Chorhemd, nach Terey von Traut, ist
vom PseudogrĂĽnewald. Doch ist gerade hier, wo jeder Anhaltspunkt
fehlt, der mit Sicherheit auf den einen oder den anderen KĂĽnstler hin-
weist, die Entscheidung ziemlich schwierig. Traut wĂĽrde ruhiger, sorg-
fältiger, auch kleinlicher gezeichnet haben. Die flotte Behandlungsweise,
sowie das Muster der beiden Ärmelborten lassen mich nur an den Pseudo-
grĂĽnewald denken.
VII, 17. Bl. 89^, dreiteilige Tafel, nach Terey von dem KĂĽnstler
B, ist trotz der etwas rohen und ungeschickten AusfĂĽhrung von Trau'.;
man vergl. nur VI, 8. Bl. 60*. — IV, 9. Bl. 45^ — VI, 28, Bl. 69^\
VIII, 10. Bl. 99^, Arm mit Knochen gefĂĽllt, in der Hand ein
Pfeil, nach Terey von Traut, ist vom PseudogrĂĽnewald, denn von dem-
selben Zeichner ist auch, wie sofort zu erkennen ist, der Arm mit einem
Schwert VI, 9. Bl. 60^ (Hirth 30).
VIII, 12. Bl. 100^' links =1 Hirth 42, Pokal, nach Terey vom
KĂĽnstler A (PseudogrĂĽnewald), ist von Traut, der sehr oft derartige
Schmuckformen verwendet; nur einige von ihnen finden sich auch beim
PseudogrĂĽnewald, andere aber sind seiner Weise ganz fremd.
VIII, ^^. Bl. 108^, Deckelglas, nach Terey vom KĂĽnstler B, ist
von Traut, wie ohne weiteres aus einer Vergleichung mit V'III, 25.
Bl. 105* und VIII, 34. Bl. 109* hervorgeht.
VIII, 39. Bl. iii^, schlauchartiges Gefäss, nach Terey von Traut,
ist vom PseudogrĂĽnewald, da Traut nicht mit so kurzen Strichelchen
modelliert; man vergl. I, 10. Bl. 7^ — II, 8. Bl. 22*. — VI, 44.
Bl. jö^.
Bl. 120^ (Hirth 87) und Bl. 121» (Hirth 86), die beiden Wappen
am Schluss, nach Te'rey von Traut, sind ohne jeden Zweifel vom Pseudo-
grĂĽnewald. Schon der allgemeine Eindruck, die flotte, freie Art, spricht
— IQ5 —
gegen Traut, noch mehr aber jede Einzelheit. Es ist ganz unnötig, hier
noch Beispiele anzufĂĽhren.
Erwähnen will ich noch, dass ich bei einem Holzschnitte, dem h.
Wolfgang \'II, 2, Bl. 83'', sehr lange geschwankt habe. Ich schreibe ihn
mit Terey W. Traut zu. Im Einzelnen erinnert ja manches an den Stil
des Pseudogrünewald, anderes wieder lässt sich bei diesem nicht nach-
weisen; erst wenn man noch mehr Holzschnitte des PseudogrĂĽnewald
kennt, wird man bestimmt sagen können, der h. Wolfgang sei nicht
von ihm.
Ich gehe nunmehr näher auf den Anteil des Pseudogrünewald am
Heiligtumsbuche ein.
Die Holzschnitte des PseudogrĂĽnewald im Hallischen
Heiligtumsbuche.
In dem folgenden Verzeichnis beziehen sich die römischen Ziffern
auf die Gänge, in die die Reliquien eingeteilt sind, die arabischen auf
die Nummern innerhalb eines Ganges. Die in Klammern stehende Ziffer
bedeutet die Ordnungsnummer in der Reihenfolge sämtlicher Holzschnitte,
wie sie in der ersten Liste auf S. 183 — 190 aufgeführt sind. Die Mafse
sind in Millimetern angegeben,
1. Bl. 2» (i) = Hirth 3. Kardinal Albrecht von Brandenburg und Erz-
bischof Ernst von Sachsen halten knieend das Modell der neuen
Stiftskirche in Halle. Hinter ihnen stehen ihre beiden Schutz-
heiligen Johannes der Evangelist und Thomas. DarĂĽber, von einem
Wolkenkranz umgeben, der h. Moritz zwischen Magdalena und
Erasmus. H. löö^/g, Br. 119.
2. I, I. Bl. 3"^ (2). Rosenstrauch (die goldene Rose), H. 152^/3,
Br. 64.
3. I, 2. Bl. 3^' (3) = Hirth 5. Schwert mit: LEO PP'X" A-V.
H, 156, Br, 52.
4. I, 5. Bl. 4*^ (6) = Hirth 7. Buch, auf dem Deckel ein lang-
bärtiger älterer Mann auf einer Truhe nach links sitzend, über ihm
ein leeres Spruchband. H, 108, Br, 82.
5. I, 10. Bl. j^ (11) = Hirth 10. Johannes der Täufer und Maria
einen Kasten haltend, in der Mitte hinter ihnen die sie hoch ĂĽber-
ragende Mutter Anna mit dem Christkind. Am Sockel vier Wappen
des Kardinals Aibrecht. H. 157V2' ^^- ^5-
13*
— igö —
6. I, i8. Bl. 11-'' (ig) n^ Hirth 14. Rundes Kusstäfelchen mit dem
h. Georg, der auf den Drachen losreitet. H. 157, Br. 52.
7. I, 28. Bl. 16'^ oben (29) = Hirth 16. Maria, Johannes und
Magdalena mit dem vom Kreuz genommenen Leichnam Christi
beschäftigt. H. 98, Br. 58.
8. JI, 7. Bl. 2 1*^, F (37)^ Hirth 18. Tabernakel, in der Mitte auf
hoher Säule Christus als Schmerzensmann, ringsherum auf niedrigeren
Säulen Engel mit Marterwerkzeugen und die Brustbilder von zwei
Männern des alten Testaments (links Elias?, rechts Moses mit den
Gesetzestafeln), als Bekrönung des Ganzen ein gepanzerter Heiliger
mit Fahne (Moritz?). H. 155, Br. 86.
9. II, 8. Bl. 2 2^^ (38) = Hirth 81. Verklärung Christi. H. 159^2'
Br. 99 ^'g.
10. II, 22. Bl. 29^ (52). Tafel in Form eines Altaraufsatzes in
acht Abteilungen mit folgenden Darstellungen von unten nach oben:
Flucht nach Ägypten, Geburt Christi, h. Moritz, h, Georg gegen
den Drachen kämpfend, h. Magdalena, Himmelfahrt Christi, Kreuz-
tragung; in der im Halbrund geschlossenen Bekrönung die Anbetung
der Könige. H. 172, Br. 113.
11. II, 2^. Bl. 30*^ (53). Schiff, reich verziert, links auf dem hohen
Hinterteil ein Engel mit einer Harfe. H, 70, Br. 76.
12. II, 2Ă–. Bl. 31^ (56). Tafel in Form einer Monstranz mit einem
Kelchfuss; links Christus als Schmerzensmann, umgeben von den
Zeichen seines Leidens. In der Bekrönung links Maria mit dem.
Kinde, rechts Georg mit dem Drachen. H. 114, Br. 51.
13. II, 31. Bl. 34'^, Hij (61). Kreuz, reich mit Steinen geschmĂĽckt
und mit tünf quadratischen Täfelchen. H. 134, Br, 72.
14. II, 32. Bl. 34^ (62). Kreuz, noch reicher als das erste ge-
schmückt, mit fünf quadratischen Täfelchen, auf deren unterstem
zwei Apostel dargestellt sind. H. 138, Br. 74. Abbildung S. 211.
â– 15. II, 33. Bl. 35^ (63). Kruzifix auf einem runden, mit Delphinen
verzierten Sockel. H. 156, Br. 85.
16. III, I. Bl. 36*^ (64) = Hirth 67. Maria mit Kind, der h. Barbara
und Katharina, auf einem geschweiften, mit Fratzen geschmĂĽckten
Sockel. H. 135, Br, 100.
17. IV, I. Bl. 41*^ (73). Brustbild des h. Joachim, an dem mit Del-
phinen verzierten Sockel das Brandenburger Wappen, H. 134»
Br. 72.
— 197 —
i8. I\', 3. Bl. 42* (75). Kasten, auf der Vorderseite von links
nach rechts Andreas, Petrus, Christus, Johannes, Paulus. H. 64,
Br. 9Q.
lu. 1\', 4. Bl. 42^ (76). Johannes der Taufer zwischen zwei Säulen
sitzend, neben ihm links der h. Moritz, rechts die h. Ursula.
In der reichen Bekrönung Maria mit dem Kind, zu ihren Seiten
Barbara und Katharina. H. 156, Br. 72 (= Heller, Cranach S. 167,
Nr. 88 (229). Schuchardt II, 227 Nr. 81).
20. IV, 6. Bl. 43'' (78). Brustbild eines bJlrtigen gekrönten Mannes,
darunter KugelfĂĽsse. H. 121, Ik. 72.
21. IV, 12. Bl. 46^ (84) = Hirth 78. Kasten mit schuppigem Dache,
gehalten von zwei Gepanzerten, IL 64, Br. 82.
22. W, I. Bl. 56^ (102). Der h. Moritz, Halbtigur nach links. H. 120,
Br. 73.
2:^. W. 3. Bl. 57b (104) = Hirth 23. Der h. Erasmus, Halbligur.
H. 156, Br. 68.
24. VI, 6. Blatt 59a, Miij (107) = Hirth 31. Arm als Behälter
eines Knochens, die Hand in eisernem Handschuh. H. 158,
Br. 50.
25. VI, 9. Bl. 60'' (iio) -= Hirth 30. Arm als Behälter von mehreren
Knochen, die Hand hält ein Schwert. H. 154, Br. 51.
2b. VI, 10. Bl. öl"* (111)^=: Plirth 15. Monstranz mit einem Knochen
in der Mitte, um den ein Band lose gewunden ist, links der
Engel Gabriel, rechts Maria (VerkĂĽndigung), ganz am Rande links
Katharina, rechts Barbara. In der Bekrönung Christus als
Schmerzensmann. H. 1 56, ?>x. 50.
27. VI, 19. Bl. 65^ links (120). Ein h. Papst (Fabian) auf hohem,
mit Widderköpfen geschmücktem Sockel. H. 157, Br. 51.
28. VI, 42. Bl. 75'' (143) ^= Hirth 6, Schwert in reich verzierter
Scheide. H. 157, Br. 4472.
29. VI, 43. Bl. 76% Pij (144)- Ein h. Bischof (Friedrich) mit
dem Schwert in der Rechten, dem Krummstab in der Linken.
Am Sockel das sächsische Wapjien mit den Kurschwertern.
H. 157, Br. 56.
30. VI, 44. Bl. 76^ (145) = Hirth 74. Der h. Victor, gepanzert,
barhäuptig, in der Rechten das Schwert, in der Linken die
Lanze mit kurzem Wimpel. H. 152, Br. 50.
31. VI, 45. Bl. 77*, Piij (146) := Hirth 55. Brustbild eines bartlosen
Mannes mit reichem, gelocktem Haar. H. 92, Br. 61.
32. VI, 47. Bl. 78* (148) =z Hirth 22. Brustbild des h. Ignaz nach
rechts, vor seiner Brust das Monogramm Christi, H. 133,
Br. 73.
33. VI, 4g. Bl. 79^ (150) = Hirth 65. Sarg, ringsum mit gekerbten
Kugeln verziert, im Innern eine Kinderleiche. H. 79, Br. loi.
34. VI, 50. Bl. 80* oben (151) = Hirth 79. Kasten mit gerundetem
Deckel, von zwei Seiten sichtbar, mit drei gekerbten Kugeln als
FĂĽssen und wenig Rankenschmuck. H. 63^/2, Br. 105.
35. VI, 52. Bl. 80^ (153)- Kasten mit vorspringenden Eckpfeilern,
von zwei Seiten sichtbar. Vorn vier männliche Heilige unter
spitzbogigen Arkaden, oben an den Ecken auf dem Sims drei
männliche Brustbilder (links Moses), auf der Spitze ein Engel mit
einem Schild. H. 103, Br. 93.
36. VII, 5. Bl. 85^ (159). Der h. Antonius. H. 156, Br. 50.
37. VII, 12. Bl. 88% Rij, links (166). Ein Chorhemd (Alba des
h. Ulrich) an einer Stange hängend. H, 154, Br. 65.
38. VIII, 2. Bl. 96^ (186) = Hirth 64. Sarg von zwei Seiten ge-
sehen, im Innern ein Totengerippe, oben auf dem Sims Engel
mit Wappen, der Deckel auf der Schmalseite von kleeblatt-
förmigem Durchschnitt. H. 78, Br. 132.
39. VIII, 3. Bl. 97a (187) = Hirth 61. Die h. Martha, Brustbild
ganz von vorn, mit dem Weihwedel in der Linken, zu ihrer
Rechten der Drache. H. 128, Br. 91.
40. VIII, 10. Bl. 99^ (194). Arm als Knochenbehälter; die Hand
hält einen Pfeil. H. 153, Br. 50.
41. VIII, 39. Bl. iii^ (223). Schlauchartiges Gefäss (Glas der
1 1 000 Jungfrauen). H. 81^/3, Br. 65.
42. IX, 7. Bl. 118*, Yij (231) = Hirth 80. Polygonales Kästchen
mit abgeschrägtem Deckel, an der Vorderseite unten ein Mann auf
einem Fisch. H. 71, Br. 76.
13. Bl. 120^ (236) ^ Hirth 87. Grosses Wappen des Kardinals
Albrecht von Brandenburg. H. 163, Br. 104.
-1-4. Bl. 121* {2^"/) =^ Hirth 86. Grosses Wappen des Erzbischofs
Ernst von Magdeburg. H. 161, Br. 103.
~ 1 00 —
unter den von (ieorj; Ilirth im 13. Bändchen seiner Liebliaber"
Hililiothek verotTenilichten Holzschnitten aus dem Hallischen Heiligtums-
biiche sind folgende 25 vom PseudogrĂĽnewald:
3. 5. o. 7. 10. 14. 15. 16. 18. 22. 2^. 30. 31. 55.61. 64. 65.
Ă–7. 74. 78. 79. 80. 81. 86. 87.
Es darf als sicher gelten, dass die 44 Holzschnitte im Hallischen
Heiligtumsbuche, die nicht auf Wolf Traut zurückgehen, sämtlich von
ein und derselben Hand gezeichnet sind. Ich habe bisher nur be-
hauptet, dass der Zeichner der PseudogrĂĽnevi'ald sei, aber noch keinen
Beweis dafĂĽr vorgebracht. Das soll jetzt geschehen.
Die 44 Holzschnitte sind wahrscheinlich erst im letzten Viertel des
Jahres 15J0 gezeichnet worden (vergl. S. 181 — 183). Sind sie vom
PseudogrĂĽnewald, so mĂĽssen sie im Stil mit dessen Tafelbildern
übereinstimmen, die um diese Zeit, sagen wir in den Jahren 15 19 — 21,
entstanden sind. In Betraclit kämen also hierbei vor allem die Bilder
der zweiten Gruppe.
Ein gewichtiges Wort wird hier zunächst die Ornamentik zu
sprechen haben. In der That sind diese 44 Holzschnitte eine wahre
Muslerkarte aller der Ornamentformen, die auf den Bildern des Pseudo-
grĂĽnewald vorkommen. Es sind dieselben Steine in derselben elliptischen
Fassung von denselben vier Perlen umgeben, die auf den Borten oder
der Spitze der Mitren, den Borten und Schliessen der Bischofsmäntel
immer wiederkehren, es ist dieselbe hörnerartige Verzierung an der
Schliesse des Mantels, dieselbe Grundform des Krummstabes, wie sich
alles das auf dem Pflockschen Altar in Annaberg (Valentin und Petrus),
dem Rosenkranzbild und dem h. Wilibald in Bamberg findet. Man ver-
gleiche z. B. folgende Holzschnitte (ich ordne sie nach ihrer Wichtig-
keit): Hirth 2^. 7. 3; ferner nicht bei Hinh: die drei Kreuze 11,
31. 32. y^,. Bl. 34^ 34»'. 35'^; den h. Papst (Fabian) VI, 19.
Bl. 65^ links; den h. Friedrich VI, 43. Bl. 76* (Papst Leo auf
dem Bamberger Rosenkranzbild hat ganz dieselbe Mantelborte!).
Ich verweise ferner auf die Heiligenscheine. Man betrachte
den h. Ignaz, Hiith 22; den h. Joachim IV, i. Bl. 41*; den h. Moritz
VI, I. Bl. 56^; den h. Antonius VII, 5. Bl. 85*. Diese Heiligenscheuie
sind von derselben Art, wie auf den Bildern der vierten Gruppe, nur
dass die Holzschnitte anstatt zweier konzentrischer Kreise deren 4 — 5
haben. Die Namen sind in denselben Antiquamajuskeln geschrieben,
und der Zwischenraum zwischen ihnen ist in derselben Weise mit Orna-
menten ausgefĂĽllt, wie auf den Bildern.
Das Kapital der Säule auf dem Wilibaldsbild in Bamberg finden
wir mit derselben Ausschweifung der Deckplatte und demselben perspek-
tivischen Fehler bei Hirth i6 und auf IV, 4. Bl. 42^ (Johannes d. T. mit
Georg und Ursula) und dieselben Voluten des Kapitals bei Hirth 15.
Besonders wichtig ist der Holzschnitt Hirth 67 (III, i, Bl. 36*),
Maria mit dem Kind, Barbara und Katharina. Die Menschenfratze, die
am Sockel, besonders deutlich vorn in der Mitte, angebracht ist, ist nichts
anderes als eine Weiterbildung des Fratze in der Fruchtschnur auf dem
h. Sebald des Pflockschen Altars, Haar und Mieder der h. Barbara
mit der eigenartigen Ärmelform findet sich genau so bei der h. Bar-
bara, der aufgenommene Rock bei der h. Dorothea in Annaberg. Bei
der b. Katharina sehen wir, wie vorn am enganliegenden Ärmel
noch ein weiter Überärmel befestigt ist, der sackartig herabhängt.
Diese ungewöhnliche Mode finden wir auf dem Rosenkranzbild in Bam-
berg gleichfalls bei der h. Katharina, die in derselben Weise wie auf
dem Holzschnitt die Linke auf das grosse RadbruchstĂĽck vor ihr legt
und ganz dasselbe lange Schwert hat. Denselben schneckenförmigen
Schmuck, der das Ohr der Barbara bedeckt, hat auf dem Bamberger
Bilde die h. Magdalena, und die Kronen der drei Frauen entsprechen
genau den Kronen der heiligen Frauen dort und der h. Barbara in
Annaberg. Die Ăśbereinstimmungen gerade zwischen diesem Holzschnitt
und den erwähnten Bildern sind derartig, dass sie nur durch die An-
nahme eines gemeinsamen Urhebers, nicht aber durch Zufall erklärt
werden können. Schon auf Grund dieses einen Holzschnittes müssten
die 43 ĂĽbrigen dem PseudogrĂĽnewaid zugeschrieben werden.
Der Kopf der Maria in Profi' auf Hirth 10 (I, 10. Bl, 7^) ist
ganz derselbe, wie der Kopf der zum Himmel emporschwebenden Maria
auf dem Mittelbild des Pflockschen Altars.
Der h. Ignaz, Hirth 22 (VI, 47. Bl. 78^) hat im Gesichtsschnitt,
namentlich in der Form der grossen überhängenden Nase und des
Unterkiefers die grösste Ähnlichkeit mit dem h. Wilibald in Bamberg^
Femer erinnert der langbärtige Kopf auf Hirth 7 (I, 5. Bl. 4^)
stark an den mit dem Turban Bekleideten hinler Johannes dem Täufer
auf dem Bamberger Rosenkranz (linke obere Reihe) und der Kopf Hirth
55 (VI, 45. Bl. 77*) an den des h. Chrysostomus in MĂĽnchen und den
des h. Stephan in Aschaffenburg.
Auf lier Ücwciimng Christi Hirth lö (I, 28. Bl. 16*) hat Magda-
lena wieder den von den Bildern her bekannten Schulterumhang, die
Äimel mit Puffen, die Haube mit der Schnecke, auf die ich schon hin-
gewiesen habe (vergl. auf dem Rosenkranz in Bamberg die h. Magda-
lena); Johannes hat den Kopf des h. Stepiian in Aschaffenburg.
Auf dem Holzschnitt IV, 4. Bl. 42^, Joliannes der Täufer mit
Moritz und Ursula (nicht bei Hirth = Schuchardt II, 227, Nr. 81), ent-
spricht Johannes vollkommen dem des Bamberger Rosenkranzbildes.
Diese Beispiele mögen genügen zum Beweis, dass der zweite
Zeichner am Hallischen Heiligtumsbuche der Maler der Bilder in Bam-
berg und Annaberg, somit der PseudogrĂĽnewald ist. Die Ăśbereinstimmung
zwischen den Holzschnitten und den Tafelbildern wĂĽrde noch viel
grösser sein, wenn der Zeichner nicht an bestimmte Vorlagen gebunden
gewesen wäre (obwohl er sich immerhin grosse Freiheiten ihnen gegen-
ĂĽber erlaubt zu haben scheint).
Die 44 Holzschnitte im Hallischen Heiligtumsbuche sind aber
nicht die einzigen, zu denen unser KĂĽnstler die Zeichnungen geliefert
hat. Eine Menge anderer rĂĽhrt von ihm her, von denen ich jedoch
hier nur wenige anfĂĽhre und noch weniger genauer bespreche, da ich
seine gesamte Thätigkeit für den Holzschnitt in einem späteren Teile
dieser Studien ausfĂĽhrlich zu behandeln gedenke.
An die 44 im Hallischen Heiligtumsbuche enthaltenen Holzschnitte
muss zunächst einer angeschlossen werden, der auf jeden Fall ursprüng-
lich das Titelblatt zum Heiligtumsbuch bilden sollte, aber dann
verworfen worden ist. Er befindet sich in der Kupferstichsammlung in
Gotha; sonst habe ich ihn nirgends gefunden. Mit Ausnahme des
oberen Teiles ist die Darstellung so ziemlich dieselbe, wie auf dem
Titelholzschnitt im Buche: Kardinal Albrecht und Erzbischof Ernst
halten das Modell der Stiftskirche, hinter ihnen stehen ihre Schutz-
heiligen Johannes der Evangelist und Thomas. Ăśber der Kirche ist
die Himmelfahrt der Magdalena dargestellt. H. 158, Br, 10 1.
Es war also hier auf die beiden anderen Schutzheiligen der Stifts-
kirche, Moriu und Erasmus, von denen Moritz der Vorrang gebĂĽhrte,
keine Rücksicht genommen. Man könnte daraus schliessen, dass die
Reliquien anfangs in der Kapelle der h. Magdalena auf der Moritzburg
ausgestellt werden sollten und dass der Kardinal Albrecht vielleicht mit
dem Bau der Stiftskirche noch gar nicht begonnen hatte, als dies erste
Titelblatt gezeichnet wurde.
Kurz erwähnen will ich hier nur, dass auch die grosse Krönung
der Maria, die bisher unbedenklich Lucas Cranach d. Ă„. zugeschrieben
worden ist (L. 50), vom PseudogrĂĽnewald gezeichnet ist, aber mindestens
zwei Jahre später, als die Holzschnitte des Hallischen Heiligtumsbuchs.
Es ist hier nicht der Ort. dies näher zu begründen.
Am wichtigsten aber ist seine Thätigkeit für Leipziger und Witten-
berger Drucker. Eine Anzahl der schönsten
Titelein fassun gen
rührt von ihm her. Ich greife hier zunächst nur diejenigen heraus, die
zur Ermittelung seiner Persönlichkeit dienen können. Die meisten sind
aufs genaueste von A. von Do mm er in seinen ,, Lutherdrucken auf der
Hamburger Stadtbibliothek" (Leipzig, Grunow, 1888) beschrieben, einige
in Butschs BĂĽcherornamentik der Renaissance (i. Band, Leipzig
1878) nachgebildet. Ich bespreche sie nicht nach der chronologischen
Reihenfolge, sondern nach ihren formalen Zusammenhängen. Die Holz-
schnitte des Hallischen Heiligtumsbuchs ziehe ich dabei immer zum
Vergleich mit heran.
I. Titel einfass ung mit dem Klausner und der Nonne,
das Schriftfeld oben abgerundet.
V. Dommer, S. 238, Nr. 77. Nachbildung bei Butsch, Tafel go.
Nachweisbar zuerst 1520 in Drucken Melchior Lotters in Witten-
berg (nicht Johann Grunenbergs , wie Butsch im Text S. 57 fälsch-
lich sagt).
Charakteristisch ist vor allem die Form der Blätter, Sie sind ge-
lappt, meist fĂĽnffach, aber nicht rein naturalistisch gebildet, sondern
plastisch stilisiert, die Mitte jedes einzelnen Lappens meist stark heraus-
getrieben, wie in der Metalltechnik, und zwar ganz in der Art, wie bei
den FruchtschnĂĽren auf den vier FlĂĽgelbildern des Pflockschen Altars.
Die Spitzen sind in der Regel ausgekerbt. Man betrachte hier vor
allem die beiden grossen Blätter, die aus den Füllhörnern herauskommen,
und vergleiche dazu das grosse Blatt am Schaft der Monstranz im
Hallischen Heiligtumsbuch, Hirth 15 (VI, 10. BL 61*).
Äusserst kennzeichnend ist unten in der Mitte die menschliche
Fratze, die in Blattwerk ausläuft. Wir haben sie genau so schon
kennen gelernt; man vergleiche nur im Heiligtumsbuch: Hirth 67 (III, i.
BI. 36 ), 2S {\l, 3. Bl. bf'), II, 32. BI. 34b (Abbildung S. 211) und
die Fruchtschnur auf dem Bilde des h. Sebald am Pdockschen Altar.
Aus dem Fruchtkorb oben und den beiden Füllhörnern unten
quellen hinter den grossen Blättern Weintrauben und Birnen hervor,
auch ein vereinzelter Apfel ist dazwischen; ebenso hinter der Fratze.
Genau so finden wir dies bei den vier FruchtschnĂĽren des Pflock-
schen Altars.
Das linke FĂĽllhorn ist mit einem durchbrochenen Bande verziert,
ebenso wie der Schaft der beiden Säulen im Heiligtumsbuch IV, 4. Bl. 42''
(Johannes d. T. mit Moriz und Ursula). Hierzu vergleiche man die
durchbrochenen Bänder, die sich um die Fruchtschnüre auf zwei Flügel-
bildern des Pflockschen Altars (Valentin und Barbara) winden. Die
Nonne hat fast dieselbe Gesichtsbildung (man vergleiche namentlich die
Nasel), wie die drei Frauen, und ganz dieselbe Beinstellung, wie die h.
Katharina im Heiligtumsbuche Hirth 67 (III, i. Bl. 36'^).
2. T iteleinfassung mit dem dicken iMann mit Flasche
und Schöpflöffel und dem gehörnten Wilden, das Schriftfeld
oben gerundet.
v. Dommer, S. 239, Nr. 78. Nachbildung bei Butsch, Tafel 91. In
Drucken von Melch. Lotter in Wittenberg (nicht Joh. Grunenberg,
wie Butsch, Text S. 57, irrtĂĽmlich sagt). Obwohl die mir bekannten Drucke,
in denen sich die Einfassung zuerst findet, dem Jahre 152 1 angehören,
scheint es doch, als sei auch dieser Holzschnitt schon 1520 verwendet
worden.
Ein Beweis, dass diese Einfassung von derselben Hand gezeichnet
ist, wie die erste, ist völlig unnötig, ein flüchtiger Blick auf beide ent-
scheidet hier schon. Ausserdem haben beide ganz dieselbe Grösse.
Dieselbe Menschenfratze, die auf jener ganz von vorn zu sehen ist, ist
hier von der Seite dargestellt (auf der linken Randleiste).
Es ist selbstverständlich, dass auch diese zweite Einfassung vom
Zeichner der 44 Holzschnitte des Heiligtumsbuchs sein muss; es bedĂĽrfte
dazu eigentlich keines neuen Beweises. Da man aber bei derartigen stilis-
tischen Untersuchungen mit den Beweismitteln eher zu verschwenderisch,
als zu sparsam umgehen soll, fĂĽhre ich noch einige Ăśbereinstimmungen
mit dem Heiligiumsbuch an.
Das UngetĂĽm unten rechts mit dem weiblichen Antlitz und den
weiblichen BrĂĽsten hat FlĂĽgel, die mit einem halben Vogelkopf beginnen
und in Blattwerk auslaufen. Ganz dieselben Vogelköpfe finden wir auf
2 04 —
Hirth 21, (VI, 3. Bl. 67^) und II, 2>2. Bl. 34b (Abbildung S. 21 1\
Ausserdem sind zu dieser FlĂĽgelforni noch zu vergleichen IV, 3.
Bl. 42» (Kasten) und IV, 4. Bl. 42^ (Johannes der Täufer). Die
schneckenförmigen Ansätze an den Flügeln gleichen dem Kopfschmucke
der Frauen auf Holzschnitten und Bildern, auf den ich schon hinge-
wiesen habe (vergl. z. B. Hinh 67, h. Barbara, und das Rosenkranzbild
in Bamberg).
3. Tit elein fassung mit den zwei in der oberen Leiste
zusammengebundenen Füllhörnern, aus denen Vogel fliegen.
Vergl. die Abbildung S. 205. v. Dommer, S. 246 Nr. gr. 1520 in
Drucken von Melch. Lotter in Leipzig.
Diese dritte Einfassung ist der zweiten äusserst verwandt. An Stelle
der halb menschlichen Bildungen in der Fussleiste dort sind hier rein
tierische Bildungen getreten. Wie dort sind die langen, molchähnlichen
Leiber steil in die Höhe gestreckt und füllen fast die ganze Seitenleiste
aus, unterbrochen von Blätterwerk und menschlichen Fratzen, von denen
die ganz von der Seite dargestellte in der rechten Leiste der in der
zweiten Einfassung rechts fast genau entspricht. In der Behandlung der
Ranken und Blätter ist nicht der geringste Unterschied zu bemerken.
4. Titeleinfassung mit dem Fruchtkorb oben und dem
Schild mit den verschlungenen Buchstaben M L (= Melch.
Lotter) unten.
Vergl. die Abbildung S. 206*). v. Dommer, S. 246, Nr. gi, An-
merkung. In Drucken Melch. Lotters in Leipzig. Der mir vor-
liegende Druck ist von 1522, aber die Einfassung ist wohl schon frĂĽher
verwendet worden.
Den Fruchtkorb kennen wir schon von der ersten Einfassung, den
Schild von der zweiten. In der Behandlung des Ranken- und Blätterwerks,
mit dem der Rahmen angefüllt ist, herrscht völlige Übereinstimmung
mit den drei ersten Einfassungen**).
5. Titeleinfassung mit dem bärtigen Alten, auf dessen
Buckel ein Eichhörnchen sitzt, und dem von Bienen um-
schwärmten nackten Trinker. In der Kopfleiste das Wappen mit
*) Auf der vorletzten Zeile des Titels ist bei der Retouche aus Versehen
das 1 von laude beseitigt worden.
**) Eine Titeleinfassung fĂĽr K.lein-Oktav, ebenfalls in Drucken der Lotterschen
Offiiin in Leipzig, und in derselben Weise gezeichnet, ĂĽbergehe ich hier, weil sie erst
in späterer Zeit vorkommt.
— -^05
tk-n Kurschwertern, in der Fussleiste das Wappen der Stadt Wittenberg.
Vergl. die Abbildung S. 207. v. Uommer, S. 235, Nr. 70 A;
^x/
g>mno iK0x
tmtm\\m Dt pracpa
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Hn f ofrnarulo
tu latmn
nfrfu0.
Lipfi3E,exofFicina Mclchioris Lotcheri,
Ännofalutis.M.D.XX.
^J
-^1
Titelcinfassiing Nr 3.
Leipzig, Melchior Loitcr.
20b —
Bulscli, Text S. 57. Zuerst 1520 in Drucken Joh. GrĂĽnen bergs in
Wittenberg.
Titeleinfassung Nr. 4,
Leipzig, Melchior Lotter.
Diese Einfassung sieht in der Mitte zwischen der dritten und
vierten. Die beiden Ungetüme unten haben denselben geöffneten Rachen,
Titeleinfassung Nr. 5.
Wittenberg, Joh. Grunenber;;.
— 208 —
wie die auf Nr. 3, aber anstatt der Beine eine Art Fischleib, der
in derselben Weise in einer Blätterquaste verläuft, wie die beiden
dicken Ranken unten auf Nr. 4. Während die Behandlung wieder
durchaus der der vier ersten Einfassungen gleicht, weicht die fĂĽnfte von
diesen dadurch ab, dass der Grund nicht weiss gelassen, sondern in der
Hauptsache horizontal gestrichelt ist.
Noch bemerken muss ich, dass es von dieser Einfassung einen
zweiten Zustand giebt, in dem der obere Schild völlig weiss ist und im
unteren das sächsische Wappen mit dem Rautenkranz fehlt (= v. Dommer,
S. 235, Nr. 70 B). Diese Veränderungen wurden innerhalb des Jahres 1522
am Holzstock vorgenommen. Es giebt also Drucke von 1522, die noch die
Einfassung im ersten Zustande, und ebenso welche aus demselben Jahre,
die sie im zweiten Zustande haben.
Hier folgen am besten zwei Titeleinfassungen mit schwarzem
Grunde, nämlich:
6, Titeleinfassung mit dem Wittenberger Stadtwappen
oben, dem von zwei Männnern gehaltenen Schild mit dem
Buchdruckerzeichen Melchior Lotters d. J. (einer sich um ein
Kreuz windenden Schlange) unten und den auf Tieren mi t mensch-
lichen Gesichtern reitenden Knäbchen in den Seitenleisten,
Vergl, die Abbildung S. 20Q. v. Dommer, S. 237, Nr. 75 A.
7. Titel ein fassu n g mit dem nackten schlafenden
Zecher oben, dem von zwei Männern gehaltenen Schild
mit dem Buchdruckerzeichen Melchior Lotters d. J.
unten, dem Schalmeibläser links und dem dicken
Trinker rechts.
V. Dommer, S. 237, Nr. 76. Vergleiche B u t s c h Tafel 92, wo jedoch
nicht das Urbild, sondern ein ziemlich geringer Nachschnitt nach-
gebildet ist.
Beide Einfassungen kommen zuerst 1520 in Drucken Melch. Lot ters
d.J. in Wittenberg vor (Butsch, Text S. 59, hält irrtümlich G. Rhau
fĂĽr den Drucker). Sie sind, soweit ich dies bis jetzt verfolgen kann, die
einzigen Titeleinfassungen des PseudogrĂĽnewald, auf denen sich die
Zeichnung von schwarzem Grunde abhebt. Von Nr. 7 habe ich
bisher nur sehr unreine und unscharfe Drucke ohne tiefe Schwärzen im
Grunde gesehen, während es von Nr. 6 recht schöne scharfe giebt.
Dass beide Einfassungen von derselben Hand sind, bedarf keines
besonderen Beweises. Auch ein ungeĂĽbtes Auge erkennt das sofort.
— 2og
Titeleinfassung Xr. o.
Witlcnbcrj,'. Mcich. Lotler d. J.
14
Beide sind in ihrer gesamten Erscheinung und einer Menge stilistischer
Einzelheiten einander ebenso verwandt, wie die beiden ersten Titelein-
fassungen mit dem oben abgerundeten Schriftfelde.
Nicht auf den ersten Blick erkennbar ist jedoch die Ăśbereinstimmung
mit den fĂĽnf ersten Einfassungen. Daran ist allein der schwarze Grund
schuld. Man braucht ihn nur zuzudecken, und die Verwandtschaft mit
jenen ist sofort da. Ich will nur auf die wichtigsten Ăśbereinstimmungen
hinweisen.
Auf der sechsten Einfassung ist, um vom Äusserlichsten anzu-
fangen, das Wittenberger Stadtwappen im oberen Schild genau so gezeichnet
wie das auf der fĂĽnften Einlassung. Wie dort ist auch hier an den oberen
Ecken der Schildrand eingerollt. Am linken und rechten Rande des
Schildes in der Mitte sind Ringe angebracht, durch die, ähnlich wie
auf der fĂĽnften Einfassung oben und unten, die in Ranken auslaufenden
FlĂĽsel der beiden halb menschlichen Wesen hindurchgesteckt sind (man
vergleiche auch in der dritten Einfassung unten die beiden UngetĂĽme,
die mit ihren spiralförmig eingerollten Schnäbeln an Ringen hängen, es
ist ganz dasselbe Motiv!). Diese beiden Wesen haben nun in ihrer
ganzen Erfindung so unverkennbare Ähnlichkeit mit denen auf der fünften
Einfassung {man beachte nur die aus Blättern bestehenden Flügel und
den in einem Blätterbüschel endigenden Schwanz), dass sie von derselben
Hand gezeichnet sein mĂĽssen. Ein vortreffliches Kennzeichen ist der
Vogel ganz oben in der linken Leiste mit dem weitgeöffneten Schnabel,
aus dem eine lange, haarscharfe, mit einem Widerhaken versehene Zunge
herausragt. Man vergleiche die Vögel auf der dritten Einfassung oben
und auf der vierten rechts, wo allerdings diese Zunge nicht immer
deutlich erkennbar ist.
Links unten in der Ecke an dem Sockel befinden sich drei Vogel-
köpfe, die in Blätter auslaufen, einer von vorn, zwei im Profil; es sind
dieselben, wie im Heiligtumsbuche Hirth 21 (VI, 3. Bl, 67^) und am
Fuss des Kreuzes II, 32. BI. 34^ (man vergleiche die Abbildung S. 211).
Der Köpf des Centauren auf der rechten Leiste mit der hervorgetriebenen
Stirn findet sich sehr ähnlich am Sockel auf Hirth 67 bei den im Profil
gesehenen Fratzen.
Bei der siebenten Einfassung brauche ich nur auf einiges
Wenige aufmerksam zu machen, da ja der Zusammenhang mit den fĂĽnf
ersten Einfassungen und dem Hallischen Heiligtumsbuche schon durch
die eben besprochene sechste Einfassung vermittelt ist. Die vier Männer
oben haben an ihrem Bruslharnisch dieselben langen, lanzettförmi2;en
Streifen hangen, aus denen der Schurz des gehörnten Wilden auf der
Aus dem Hallischen Heiligtumsbuch.
(II, 32. Blatt 34^')
zweiten Einfassung besteht. Auch die Zeichnung der Beine mit Angabe
â– der Muskulatur ist bei ihnen ganz so wie bei diesem. Der Schalmei-
14*
— 2 12 —
bläser links hat seine Hosen an den Knieen zerrissen, wie der Mann
mit dem Eichhorn auf der fĂĽnften Einfassung. Dort finden wir auch
fast dieselben Consolen wie die , auf denen hier die vier geharnischten
Männer stehen. Der dicke Trinker hat in der Beinstellung, ja in den
Umrisslinien des ganzen Körpers die grösste Ähnlichkeit mit dem von
Bienen umschwärmten auf Nr. 5, was noch mehr zu Tage treten würde,
wenn er nackt wäre, wie jener.
8. Titeleinfassung mit dem Kurwappen oben zwischen
zwei halbgepanzerten Engeln und dem Wittenberger Stadt-
wappen unten zwischen einer Gruppe von traubenessenden
und einer Gruppe von bewaffneten schlafenden Engeln.
V. Dommer, S. 234, Nr. 69 A. Zuerst 1520 in Drucken von
Joh. Grunenberg in Wittenberg (Butsch, Text 8,57, mit dem
frĂĽhesten Datum 1521). Im zweiten Zustand, der zuerst 1523 vorkommt,
ist der Schild oben leer und in dem unteren fehlt das Wappen mit dem
Rautenkranz (v. Dommer, S. 234, Nr. 69 B).
Diese Einfassung spielt fĂĽr unsere Zwecke keine Rolle, ich behandle
sie deshalb nur kurz. Sie ist ziemlich roh geschnitten. Das Messer
des Holzschneiders hat viele Feinheiten der ursprĂĽnglichen Zeichnung,
besonders bei den Engeln, zerstört. Sieht man darüber hinweg und
betrachtet man alle Einzelheiten der Zeichnung Strich fĂĽr Strich, so
erkennt man auch hier bald die Hand desselben KĂĽnstlers, von dem
die schon besprochenen Einfassungen herrĂĽhren. Die Art, wie die
Disteln und die Zweige vom Weinstock gezeichnet sind, lässt gar keinen
Zweifel ĂĽbrig.
9. Titeleinfassung mit den beiden hohen Kandelabern,
auf denen links ein Schalmeibläser, rechts ein als
Mönch mit kurzem Mantel bekleideter Wolf steht.
Unten zwei Engel mit einem leeren Schilde.
Vergl. die Abbildung S. 213. v. Dommer, 8,236, Nr. 73. In Drucken
von Joh. Grunenberg in Wittenberg, bis jetzt zuerst 1522
nachgewiesen, aber jedenfalls schon frĂĽher verwandt.
Der Engel links hat denselben enganliegenden Brustharnisch,
wie die vier Männer auf der siebenten Einfassung oben. Gestalt und
Ornamentik des Schildes entspricht der in frĂĽher genannten Einfassungen
beschriebenen. Alles Blätter- und Rankenwerk, das die Kandelaber
umgiebt und die Kopfleiste ausfĂĽllt, ist in derselben Weise gezeichnet.
wie früher. Die drei in Blattwerk auslaufenden Vogelköpfe am rechten
Sockel kommen fast wörtlich im Hallisclien Heiligtumsbuch am Sockel
des Kreuzes II, 32. Bl. 34^' (vergl. die Abbildung S. 211) vor. Die Ver-
Titeleinfassung Nr. <.).
Wittenberg, Joh. Grunenberg.
zierung des oberen Abschlusses der beiden Sockel (ein Rad zwischen
Ranken) tinden wir ebenso im Heiligtumsbuch Hirth 7 (I, 5. Bl. 4^),
- 214 —
64 (VIII, 2. Bl. q6^) und IV, 3. Cl. 42*^ (nicht bei Hirth) als Verzierung der
Kästen. Der Schalmeibläser hat dieselben zerrissenen Hosen und dieselbe
Schalmei, wie der auf der siebenten Einfassung, und der Wolf hat die-
selbe Beinstellung, wie der Wilde auf der zweiten. Von dem Blumen-
korb oben in der Mitte finden wir einzelne Bestandteile schon in der
dritten Einfassung unten in der Mitte. Die beiden Vögel, die aus den
Ranken hervorwachsen, finden wir ähnlich auf der dritten, vierten und
sechsten Einfassung. Auch sie haben den Schnabel weit geöffnet und
eine lange Zunge mit Widerhaken, ein fast untrĂĽgliches Zeichen dafĂĽr,
dass diese Einfassung derselben kĂĽnstlerischen Phantasie entsprungen ist,
wie z. B. die sechste. Die beiden menschlichen Fratzen links und rechts
oben in der Ecke sind ganz ähnlich denen auf der dritten Einfassung
in der Mitte der Seitenleisten.
10. Titeleinfassung mit der Buch d r uckerpresse un d d e m
Monogramm des Joh. Grunenberg.
V. Dommer, S. 235, Nr, 71. Sie kommt 1520 zum ersten Male
in Drucken Joh. Grunenbergs in Wittenberg vor.
Sie ist allgemein bekannt und oft nachgebildet worden, z. B. von
Butsch, Tafel 8g, von Lippmann in seiner Ausgabe der Holzschnitte
Luc. Cranachs, Text S. 16, von G. Hirth im kulturgeschichtlichen
Bilderbuch auf der letzten Seite des ersten Bandes, als Titelurarahmung
von Antiquariatskatalogen von Ludw. Rosenthal in MĂĽnchen u. a.
Dass diese launige Komposition nicht von Luc. Cranach, sondern
von dem zweiten Zeichner des Hallischen Heiligtumsbuches, dem
PseudogrĂĽnewald. herrĂĽhrt, beweist schon die ganze technische Behandlung,
namentlich die Modellierung, die durch ganz kurze feine Strichelchen
erzielt ist. Es giebt keinen einzigen sicheren Holzschnitt Lucas Cranachs
aus dieser Zeit, der technisch in ähnlicher Weise behandelt wäre. Der
Beweis lässt sich auch hier sehr leicht zu Gunsten des Pseudogrünewald
fĂĽhren.
Das Gesicht des jungen Mannes mit dem lockigen, perrĂĽckenartigen
Haar, der hinter dem Buchdrucker an der Presse steht, ist dasselbe, wie im
Heiligtumsbuch das des h. Moritz IV, 3. Bl. 42^ und 11, 22. Bl. 29^;
man vergleiche ausserdem den Kopf des Johannes auf der Verklärung
Christi, Hirth 81, und auf der Beweinung Christi, Hirth 16, und den
des h. Viktor, Hirth 74.
Den von Bienen umschwärmten Dicken in der linken Leiste kennen
wir schon aus der wahrscheinlich gleichzeitig gezeichneten 7. Einfassung.
— :? 1 5 —
Dort lie.izt er oben aul" dem llrett, mit demselben Kranz um den Kopf
lind denselben hölzernen Krug neben sich , den er hier in der rechten
Hand hat; in der rechten Leiste aber ist er fast in derselben Kleidung,
in denselben Körperformen dargestellt, wie hier. Auch dem Schalmei-
blaser auf derselben Einfassung ähnelt er sehr im Gesicht, und wie dieser
hat er die Hosen am Knie zerrissen (man vergleiche auch die zerrissenen
Hosen des Schalmeibläsers auf der neunten Einfassung). Auch mit dem
Nackten auf der fünften Einfassung hat er die grösste Ähnlichkeit.
Dieselben viel zu grossen Bienen, die diesen umschwärmen, umschwärmen
auch ihn (wir finden sie, beiläufig bemerkt, auch auf der achten und neunten
Einfassung). Auch die Vögel, die schon auf den Einfassungen Nr. 3, 4,
6 und 9 vorkamen, haben wir hier ganz ähnlich wieder. Erdboden,
Bäume und Sträucher sind behandelt wie auf Hirth 16 (1, 28, Bl. 16*)
und Hirth 81 (II, 8. Bl. 22"^), die Luft wie auf Hirth 16. Es sind
also eine Menge Ăśbereinstimmungen, auf Grund derer wir auch diese
allgemein fĂĽr ein Werk Lucas Cranachs gehaltene Einfassung dem
PseudogrĂĽnewald zusprechen mĂĽssen.
Von den 10 bis jetzt besprochenen Einfassungen kommen sieben
nachweislich 1520 zum ersten Male vor; eine tritt, soweit bekannt ist, erst
1521 auf, die zwei ĂĽbrigen erst 1522. Aber es scheint, dass auch diese drei
noch gleichzeitig mit den sieben oder wenigstens kurz nach ihnen ent-
standen sind, da die bei ihrem ersten Auftreten zum Teil schon sehr
beschädigten Ränder eine frühere Verwendung annehmen lassen. Alle
haben ein ziemlich einheitliches Gepräge, indem sie hauptsächlich Pflanzen-
und Tierformen, teils getreu nach der Natur, teils in phantastischer
Umbildung, und menschliche Gestalten oft in humoristischer Weise zur
Anschauung bringen.
In den nun zu besprechenden Titeleinfassungen, die nach einer
Pause von 2 — 3 Jahren entstanden sind, da sie (mit einer einzigen
Ausnahme) erst in Drucken vom Jahre 1523 an vorkommen, verschwinden
diese Naturformen fast ganz, und wenn sie vorkommen, sind sie noch
mehr stilisiert, als frĂĽher; dagegen treten architektonische Motive in den
Vordergrund, und auch die Gliederung der Einfassung erfolgt meist nach
architektonischen Grundsätzen, nicht zu ihrem Vorteil. Die Phantasie
des KĂĽnstlers ist dadurch gehemmt, ja geradezu in Fesseln geschlagen.
Nur ab und zu durchbricht sie siegreich die engen Schranken, die sich
der KĂĽnstler selbst gezogen hat.
— 2l6 —
Obwohl d^.ese Einfassungen nun so ganz anders aussehen, als die
frĂĽheren, erkennt man doch an gewissen Einzelheiten noch deutlich die-
selbe Hand, die jene schuf. So namentlich an der Zeichnung der
Blätter, die aber jetzt viel mehr gezackt erscheinen als früher. Es giebt
freilich auch Holzschnitte unseres KĂĽnstlers, die in der Mitte zwischen
der ersten und zweiten Art stehen, aber ich muss darauf verzichten, sie
hier zu besprechen, da ich sie in anderem Zusammenhang in späteren
Untersuchungen behandeln werde.
Ich ordne diese neuen Einfassungen wieder nicht in chronologischer
Folge, sondern nach dem Grad ihrer stilistischen Ăśbereinstimmung.
ii.Titeleinfassungmitdem Schriftfeld zwischen
zwei stark hervorspringenden Pfeilern und drei
Engeln als Schildhaltern darĂĽber.
Vergl. die Abbildung S. 217. v. Doramer, S. 240, Nr. 80. Zuerst
1523 in Drucken von Cranach und Döring in Wittenberg.
Die Männerfratze unter dem Schriftfeld erinnert sofort an die
auf der ersten Einfassung, fast noch mehr an die im Hallischen
Heiligtumsbuche Hirth 23 (VI, 3. Bl. 67^) und 67 (III, i. Bl. 36*^).
Ähnliche Ornamente wie in den PilasterfüUungen hier finden
wir z. B. im Heiligtumsbuch IV, 4. Bl. 42 ^ und auf der Mantelborte
des h. Friedrich VI, 43. Bl. 76 ^ Auch die aneinander gereihten
breiten gezahnten Blätter, die die Deckplatte des Sockels schmücken,
kommen dort äusserst häufig vor, z. B. auf Hirth 14. 15. 16. 18. 61,
64. 65. 81.
Das Kapital ist in seinem untern Teile fast genau so gestaltet, wie
das der Säule auf dem VVilibaldsbild in Bamberg, ähnlich auch auf
Hirth 16 (I, 28. Bl. lö'*). Die hoch aufsteigenden Blätter, die oben
umgeschlagen sind, erinnern sehr an die am Sockel von Hirth 2;^ (VI,
3. Bl. 67^) und, wenn man sie sich umgekehrt denkt, noch mehr an
die Blätter am Fuss des Kreuzes II, 31, Bl. 34^; die niedrigeren aber
an Hirth 14 und 15. Der obere Teil des Kapitals mit der ähnlich wie
Stierhörner geschwungenen Deckplatte ist perspektivisch völlig verfehlt
und gerade dadurch charakteristisch. Die Engelköpfe erinnern an den
Kopf des Christkindes auf Hirth 10 (I, 10. Bl. 7^') und 67 (III, i.
Bl. 36^). Die Ranken, die den Raum ĂĽber den drei schildhaltenden
Engeln ausfĂĽllen, kommen sowohl im Heiligtumsbuche wie in fast jeder
der schon besprochenen Titeleinfassungen öfter vor.
12. Titeleinfassung mit dem grossen Weinblatt als
— 217 —
Träger des Schriftfeldes vor Säulen, deren Sockel mit halb-
menschlichen Wesen umgeben sind.
Tilcleinfassung Nr.
Wittenberg, Cranach und Döring.
— 2l8 —
V. Dommer S. 236, Nr. 72A, Kommt zuerst 1521 in Drucken von
Johann Grunenberg in Wittenberg vor, zunächst als Titel zum
Passional Christi und Antichristi (vergl. Deutsche Drucke älterer
Zeit in Nachbildungen, herausgegeben von Wilhelm Scherer, III. Berlin
Grote, 1885).
Das Weinblatt hat die Form der auf der 1 1. Titeleinfassung verwen-
deten Schilde. Die Fratze oben im Gebälk ist fast dieselbe wie die unten
auf der ii. Einfassung, was man allerdings nur undeutlich erkennt, da
sie mit schrägen Strichlagen überdeckt ist. Die Säulen sind mit geringen
Abweichungen dieselben, wie die Säule auf dem Wilibaldsbild in Bam-
berg. Besonders auffällig aber ist, wie sehr die hörnerartig geschweiften
und perspektivisch falsch gezeichneten Abaken mit denen auf der 12.
Einfassung ĂĽbereinstimmen, was sich sogar auf die kleinen Verzierungen
oben in der Mitte, links eine Art Schmetterling, rechts eine Muschel,
erstreckt. Beide Einfassungen mĂĽssen demnach unbedingt von derselben
Hand gezeichnet sein.
13. Titeleinfassung mit dem grossen Schild in
der Mitte und den beiden Löwen unten in den Ecken.
V. Dommer, S. 240, Nr. 79 B. (Dies ist jedoch nicht ein Nach-
schnitt, wie V. Dommer meint, sondern das Original). Kommt zuerst
1523 in Drucken von Cr an ach und Döring in Wittenberg vor.
Ich erwähne sie nur ganz kurz, da sie für unsere Frage keine Be-
deutung hat und auch kĂĽnstlerisch von geringerem Interesse ist. Die
Herkunft von derselben Hand wie die frĂĽheren ist sicher; sie wird schon
durch das Rankenwerk verbĂĽrgt.
14. Titeleinfassung: zwei Säulen, zwischen denen
eine Tafel mit dem Schriftfeld steht, darĂĽber ein
hohes, mit einem Rankenornament geschmĂĽcktes
Gebälk, darunter eine Männer fr atze, von der nach
beiden Seiten zwei in Blattwerk gehĂĽllte Fisch -
schwänze ausgehen.
Heiland, die Lutherdrucke der Erlanger Universitätsbibliothek,
S. 63 Nr. 28; Heyer, Lutherdrucke auf der Breslauer Stadtbibliothek,
im Centralblatt f. Bibliotheksw. IX (1892) S. 479 Nr. 59. Sie kommt
1523 zum ersten Male in Wittenberger Kleinoktav-Drucken vor
und wird von Nickel Schirlentz, wie Joh. Grunenberg
in demselben Jahr verwendet (es ist beidemale derselbe Holzstock!).
— 219 —
Die Saulenkapitale stimmen in vielen Einzelheiten völlig mit denen
der unter ii und 12 besprochenen Einfassungen überein. Die Männer-
fratze, die Eischschwänze und die Blattranken sind bekannt aus ver-
schiedenen frĂĽheren Einfassungen.
15. 'l'iteleinfassung mit dem nackten Sat}r und
seiner Erau, jedes mit einem nackten Knäbchen
zur Seite.
V. Dommer, S. 242, Nr. 83 A. Abbildung in der Zeitschrift fĂĽr
BĂĽcherfreunde I, 464 Eig. 2 (9. Heft, Dez. 1897). Kommt zum ersten
Male 1523 in Drucken von Nickel Schirlentz in Wittenberg
vor (ein Nachschnitt in demselben Jahre bei Melchior Lotter d. J.).
Diese Einfassung geniesst eine gewisse BerĂĽhmtheit. Die beiden
grossen nackten Gestalten werden gewöhnlich fälschlich als Adam und
Eva gedeutet, was schon deshalb nicht möglich ist, weil der bärtige
Mann durch seine langen Eselsohren ganz deudich als Satyr oder Wald-
mensch, oder wie man ihn sonst nennen will, gekennzeichnet ist. Der
Satyr hat in der Bildung, Haltung und zeichnerischen Behandlung des
Kopfes eine sehr grosse Ähnlichkeit mit Johannes dem Täufer im
Hallischen Heiligtumsbuche Hirth 10 (1, 10. Bl. 7^^). Den Zusammen-
hang mit den schon besprochenen Titeleinfassungen vermittelt die grosse
Blattvolute, die den ganzen untern Teil der Einfassung ausfĂĽllt. Sie
kommt mit nur geringen Abweichungen, dafür aber mit denkbar grösster
Übereinstimmung in der Zeichnung der Blätter, auf der 14. Einfassung
oben vor.
16. Titelein fassung. ĂĽben halten drei nackte Engel,
die auf einem k a t h e d e r a r t i g e n Bau stehen, einen
Zierschild. Die beiden äusseren halten ausserdem
die Enden von zwei EruchtsclinĂĽren, deren andere
Enden unten ein Engel zusammenknĂĽpft. In jeder der
beiden untern Ecken liegt ein Hirsch.
Vergl. die Abbildung S. 220. v. Dommer S. 240, Nr. 8r. Diese Ein-
fassung kommt zum ersten Male 1523 in Drucken von Cranach und
Döring in Wittenberg vor.
Sie bietet nicht viel Einzelheiten zum Vergleich, aber das wenige
Gleichartige, das sich findet, stimmt auch stilistisch mit dem schon bei
den früheren Einfassungen Hervorgehobenen überein. Die Köpfe der
Engel sind dieselben wie auf der i i . Einfassung. Ăśberraschend ist die
Ähnlichkeit namentlioh des unteren Engels mit dem Christkind im Heilig-
tumsbuch Hirth lo (1, lO. BI. 7^), noch mehr aber mit dem Hirth
67 (III, 1. Bl. 36'^).
Titeleinfassung Nr. 16.
Wittenberg, Cranach u. Döring.
Obgleich ich in der Lage wäre, den bisher besprochenen Holz-
schnitten des PseudogrĂĽncwald noch eine Menge anderer anzureihen,
verzichte ich doch darauf, weil ich glaube, dass aus den mitgeteilten
Heispielen schon zur GenĂĽge das hervorgeht, was hier bewiesen werden
sollte: dass diese Holzschnitte auf keinen Fall von Lucas Cranach ge-
zeichnet sind.
Ihr Stil erinnert vielfach an den der Holzschnitte Lucas Cranachs,
ab und zu bemerkt man irgend eine Einzelheit, die ganz gut dort vor-
kommen könnte oder wirklich vorkommt. Das beweist aber nur. was
schon die Bilder bewiesen haben: wir haben den KĂĽnstler in Wittenberg,
in der Werkstatt des Meisters Lucas zu suchen.
Lassen wir die in den Jahren 1520 — 1523 veröffentlichten Holz-
schnitte des PseudogrĂĽnewald, namentlich die Titeleinfassungen, der Reihe
nach noch einmal an uns vorüberziehen, so fällt uns Eines vor allem
auf: die rasche Weiterbildung der Formen in einem verhältnismässig
kurzen Zeitraum. Es ist ganz dieselbe Erscheinung, wie bei den Bildern.
Möglich ist eine solche Entwickelung nur bei einem jungen Künstler,
worauf ich schon S. 175 hingewiesen habe.
Dass wir wirklich einen ziemlich jungen KĂĽnstler vor uns haben,
sagen uns drei Titeleinfassungen, die sich noch vor 1520 in
Drucken Melchior Lotters in Leipzig finden. Ich will sie hier
nur kurz berĂĽhren, verzichte daher von vornherein darauf, zu beweisen,
dass sie wirklich von unserem KĂĽnstler sind. Die erste fĂĽr Folio-
Format stellt unten vier Dichter an der kastalischen Quelle und in
der Kopf- und den Seitenleisten Musikanten aus Blumenkelchen hervor-
wachsend dar. Sie erscheint 15 18 zum ersten Male (vergl. v. Dommer,
S. 245, Nr. 8g Anm.). — Die zweite, kleinere, ist der ersten äusserst
verwandt, unten sind neun Dichter um die kastalische Quelle versammelt
(v. Dommer, S. 245, Nr. 89). Ich habe bis jetzt nur Drucke mit dieser
Einfassung kennen gelernt, deren frĂĽhester aus dem Jahre 15 19 stammt.
Aber nach den beschädigten Randlinien zu schliessen, muss es noch
frühere geben. Ich nehme an, auch diese Einfassung gehört ins
Jahr 15 18. — Die dritte kommt 1519 zum ersten Male in Drucken
Melchior Lotters in Leipzig vor und wandert dann mit nach
Wittenberg. Es ist die bekannte mit dem Engelskonzert zwischen
der h. Familie und der h. Dorothea (v. Dommer, S. 245, Nr. 90,
dort nicht ganz richtig gedeutet; Nachbildung bei Butsch, Tafel 88). Sie
wird jetzt als Titeleiiifassung fĂĽr die grosse, in Weimar ersclieinende
Luther -Ausgabe verwandt und gilt allgemein als Werk Lucas Cranachs.
Diese drei Titeleinfassungen erweisen sich nun bei schärferem
Zusehen als Vorstufen zu den mit dem Jahre 1520 beginnenden Titel-
einfassungen, die ich als Werke des PseudogrĂĽnewald nachgewiesen habe.
Man merkt ihnen die jugendliche Unreife des KĂĽnstlers deutlich genug an.
Der Fortschritt von da bis zu den Holzschnitten von 1520 ist erstaunlich.
Es hiesse allen natĂĽrlichen Entwickelungsgesetzen Hohn sprechen, wollte
man behaupten, der Zeichner dieser Reihe von Holzschnitten, die mit
dem Jahre 15 18 beginnt, sei ein sich dem 50, Lebensjahre nähernder
KĂĽnstler, sei Lucas Cranach.
3. Die Lösung.
Die kritische Untersuchung der Tafelbilder und Holzschnitte des
Pseudogrünewald hat bisher folgende Ergebnisse zu Tage gefördert: Der
dem Namen nach unbekannte KĂĽnstler ist ein ganz bestimmter SchĂĽler
Lucas Cranachs, der die denkbar engsten Beziehungen zu diesem hat
und in seiner kĂĽnstlerischen Ausdrucksweise dem Meister bisweilen so
nahe kommt, dass man die Werke beider bei oberflächlicher, unkritischer
Betrachtung sogar mit einander verwechseln könnte. Wir können uns
demnach den Künstler nur in allernächster Nähe Lucas Cranachs, also
in dessen Werkstatt denken. Das erste bis jetzt nachweisbare Werk,
das er dort schafft, die Marter des Erasmus von 15 16 in Aschaffenburg,
zeigt ihn noch vollkommen unfertig, kaum dem Knabenalter entwachsen,
etwa 15 oder 16 jährig, eine Annahme, die durch die ungeheuer rasche
Entwickelung, die seine Bilder und Holzschnitte bis 1523 zeigen, voll-
kommen bestätigt wird. Er wäre demnach etwa 1500 oder bald da-
nach geboren.
Für die Genügsamen wäre das schon die Lösung der Pseudo-
grünewald -Frage. Ja, sie wären gewiss schon damit zufrieden, wenn
alle dem PseudogrĂĽnewald bisher zugeschriebenen Bilder einfach als
Werkstattarbeiten Lucas Cranachs bezeichnet wĂĽrden. Denn das hiesse
doch eine Wahrheit aussprechen, die nicht mehr bestritten werden kann.
Allerdings, aber eine recht wohlfeile Wahrheit, eine, die man auf der
Strasse findet, eine zu deren Erwerb es keiner besondern geistigen An-
strengung bedarf. Wer sich mit einer solchen Wahrheit begnĂĽgt, der
sieht sicherlich in einem namenlosen holländischen Bilde etwa nur ein
Bild der Rembrandtschen Werkstatt (vielleicht gar Rembrandts selbst),
— 22S —
wahrend es thatsächlich von Salomon Koninck oder Gerbrand van den
Eeckhout gemali ist; der isl sicherlich schon zufrieden, wenn er ein
vlamisches Bild z. B. auf Frans Francken taufen kann, obwohl es doch
drei Kunstler dieses Namens gegeben hat. Die Wissenschaft duldet der-
artige halbe Wahrheiten nur als Durchgangsstationen zur ganzen
Wahrheit. Die Werkstatt Lucas Cranachs, bei der wir im Laufe der
Untersuchung nunmehr angelangt sind, bildet auch nur eine Durchgangs-
station zur endlichen Lösung der Frage: wer ist der Pseudogrünewald?
Als vor einem Jahrzehnt Hubert Janitschek in seiner Geschichte
der deutschen Malerei der Ansicht Niedermayers beigetreten war, der
PseudogrĂĽnewald sei wahrscheinlich der als Hofmaler des Kardinals
Albrecht von Brandenburg nachgewiesene Simon von Aschaffenburg,
da schien für die eine Partei der Forscher die Frage so ziemlich gelöst zu
sein. Nur ein wirklicher Beweis für die Identität beider fehlte noch und
er fehlt noch immer. Wir kommen dabei über eine blosse Möglichkeit
nicht hinaus. Dass Simon von AschafFenburg der PseudogrĂĽnewald
sein kann, ist auch nach meinen Untersuchungen bis hierher
noch nicht ganz ausgeschlossen. Paul Redlich hat kĂĽrzlich in einem
Aufsatze in der Kunstchronik N. Y. X, 436 — 439 (Xr. 28, 15. Juni
1899) die bisher bekannten Nachrichten ĂĽber ihn um einige wichtige
vermehrt. Er ist in den dreissiger Jahren fĂĽr den Kardinal Albrecht
in Halle thätig. 1531 erscheint er zuerst in den Akten. Er wird
aber, solange er in Halle ist, nie Simon von Aschaffenburg, sondern
immer nur Meister Simon oder Meister Simon der Maler genannt. Erst
später ist er in AschafTenburg nachweisbar. Zwischen 1546 und 1550
ist er gestorben. Wäre er der Pseudogrünewald, so müsste er also
schon von 15 16 an bis zum Anfang der dreissiger Jahre in Wittenberg
in der Werkstatt Cranachs gearbeitet haben. DarĂĽber giebt es zwar
nicht die geringste urkundliche Nachricht, aber dies Fehlen beweist noch
nicht, dass es nicht so gewesen sei. Die Möglichkeit ist auf jeden Fall
vorhanden. Aber mit Hilfe derartiger Möglichkeiten lässt sich die Frage:
wer ist der Pseudogrünewald? nie und nimmer endgiltig lösen.
Da die Urkunden schweigen, mĂĽssen die Werke reden. Sie haben
das gethan, sie haben auf unser Drängen wenigstens soviel über den
KĂĽnstler verraten, dass wir ihn ausserhalb Wittenbergs niclit mehr zu
suchen brauchen. Wir brauchen am Anfang der zwanziger Jahre nur
einmal einzutreten in das stattliche Haus an der Ecke der Schloss- und
Eibgasse, um dem Meister Lucas einen Besuch abzustatten, da finden
224 —
wir auch den jungen Gesellen, unsern PseudogrĂĽnewald, fleissig bei der
Arbeit, wenn er nicht etwa für den Meister auswärts beschäftigt oder
vielleicht gerade auf der Wanderschaft ist. Von allen Gesellen Lucas
Cranachs ist er vielleicht der fleissigste, sicherlich der talentvollste, ja,
man könnte ihn genial nennen, wenn man die von ihm gezeichneten
Titeleinfassungen betrachtet, mit denen im grossen Jahre 1520 die von
Johann Grunenberg und Melchior Lotter gedruckten Schriften Luthers
und seiner Freunde in alle Welt gehen. Er ist der geborene Zeichner,
mĂĽhelos folgen Stift und Feder den launigen Eingebungen seiner Phan-
tasie. Aber wenn dieselbe Hand den Pinsel ergreift, da zeigt sichs,
dass die Farbe seine schwächste Seite ist. Er ist kein geborener Maler,
das sagen uns fast alle Bilder seiner ersten Zeit. Ja, es scheint, als
habe der Zwang, eine reichere Komposition in Farben auszufĂĽhren, sogar
seine lebhafte Formensprache bisweilen etwas gelähmt.
Von allen Werken des PseudogrĂĽnewald, die ich bis jetzt besprochen
habe, trägt kein einziges ein Zeichen. Da erhebt sich nun andererseits
die Frage: Sollte denn unter den vielen mit der Schlange bezeichneten
Bildern, die in den zwanziger Jahren die Werkstatt Lucas Cranachs ver-
lassen haben, nicht auch eins oder das andere von der Hand des
Pseudogrünewald gewesen sein? Wir halten Umschau und — wir trauen
unsern Augen kaum: nicht eins oder das andere, nein, die grosse Mehr-
zahl dieser Bilder wirkt pseudogrünewaldisch. Sehen wir näher zu, so
erinnern wir uns plötzlich: genau so flattert ja das Haar auch auf dem
und dem Bilde des PseudogrĂĽnewald, denselben Schmuck, dasselbe
Halsband trägt ja auch die und die Heilige, dieselbe Landschaft haben
wir ja schon auf dem und dem Bilde gesehen, und eine so kĂĽhle
Farbenstimmung trotz der vielen roten Töne ist uns ja nicht bloss ein-
mal auf den Bildern des PseudogrĂĽnewald aufgefallen. Wir fangen nun
an, diese Bilder mit jenen unmittelbar zu vergleichen. Ja, es kann kein
Zweifel sein: alle diese mit der Schlange bezeichneten Bilder, bei deren
Anblick wir bald da, bald dort an den Unbekannten erinnert werden,
sind nicht von dem Meister selbst, sondern von einem Gesellen, dem
Pseudogrünewald, gemalt. Ob wir sie ihm nicht schon längst zugeschrieben
hätten, wenn sie nicht das Schlangenzeichen trügen ? Ganz ohne Zwang
lassen sie sich ja an den ihnen zukommenden Stellen in die Reihe der
Bilder des Pseudogrünewald einordnen. Und nun wird es plötzlich
klar: von den Bildern, die Lucas Cranach selbst bis zu seinem 50.
Jahre gemalt und mit seinem Zeichen versehen hat, fĂĽhrt keine BrĂĽcke
— 225 —
ZU diesen mit der Schlange bezeichneten Bildern der zwanziger Jahre.
Der Stil dieser Bilder entwickelt sich unmittelbar aus dem der frĂĽheren
Bilder des PseudogrĂĽnewald, nicht Lucas Cranachs. Wenn nicht
die unbe zeichneten Bilder des Pseudogrünewald vorhanden wären,
besonders die der 3. und zum Teil der 4. Gruppe, fehlte fĂĽr die Mehr-
zahl der nach 1522 entstandenen bezeichneten Bilder die Voraus-
setzung; sie schwebten ohne jene in der Luft. Die ganze spätere
cranachsche Kunst, so wie sie fast ausschliesslich durch die
Bilder unserer offen tli che n Sammlungen vertreten wird, steht
eigentlich unter dem Zeichen des PseudogrĂĽnewald. Das
sagen uns unsere Augen, noch ehe wir weiter gefragt haben: wer ist
nun eigentlich der PseudogrĂĽnewald? Der Bau, an dem Generationen
gebaut haben, beginnt zu wanken, er muss einstĂĽrzen.
So hätten also Lucas Cranach und der Pseudogrünewald ihre
Rollen getauscht. Hiess sonst die Losung der einen Partei im Pseudo-
grünewald-Streite: „Der angebliche Pseudogrünewald ist in seinen besten
Werken kein anderer als Lucas Cranach d. Ă„.", so spricht jetzt die
Wahrheit, die keine Partei kennt, zu denen, die sie hören wollen : „Der
aus einer Menge von bezeichneten Bildern der zwanziger und der ersten
Hälfte der dreissiger Jahre aller Welt bekannte Lucas Cranach ist kein
anderer, als der namenlose Geselle des Meisters, der PseudogrĂĽnewald,
auf der Höhe seines Schaffens."
Es giebt nun auch aus derselben Zeit eine grosse Anzahl von Holz-
schnitten, die in der Werkstatt Lucas Cranachs entstanden sind und bis-
her dem Meister selbst zugeschrieben wurden. Ob vielleicht auch hier
der PseudogrĂĽnewald seine Hand im Spiele hat? Ob er vielleicht auch
hier Trumpf spielt?
Da fallen uns zunächst zwei Holzschnitte in die Augen, die
Christian IL von Dänemark in halber Gestalt in reicher architek-
tonischer Umrahmung darstellen (vergl. die Abbildungen S. 229 und
232). Sie sind bei Schuchardt II, S. 309 — 10 unter Nr. 177 und 178
beschrieben und scheinen ziemlich selten zu sein. Beide sind mit der
cranachschen Schlange und der Jahreszahl 1523 bezeichnet. Die Ent-
stehungszeit lässt sich noch genauer berechnen.
Im April 1523 war König Christian II. von Dänemark aus seinem
Reiche vertrieben worden. Er wandte sich nach Deutschland. Die
Gemahlin des KurfĂĽrsten Joachim von Brandenburg war seine Schwester,
bei ihr fand er also zunächst Unterkunft. Im September kam er in
226
Berlin an. Am 17. September (Per. V. post Exalt. Crucis) machte er
in Begleitung seiner Schwester und seines Schwagers dem KurfĂĽrsten
Friedrich dem Weisen, der damals auf dem Schlosse Schweinitz weilte,
einen zweitägigen Besuch. Dem ersten Besuche folgte bald ein zweiter.
Am 4. Oktober (Die Dominica Francisci) um Mitternacht traf der König
in Lochau, dem Lieblingsaufenthalt des KurfĂĽrsten, ein, kurz nach dem
Deutschordensmeister Albrecht von Brandenburg. Am nächsten Tage
wurde gejagt. Christian begab sich von da nach dem nur eine Meile
entfernten Schweinitz und hatte dort eine Unterredung, wohl die erste,
mit dem von Melanchthon begleiteten Luther, den er dorthin hatte
rufen lassen. Wenige Tage darauf, am 10. Oktober (Sabbato Gereonis)
1523 kam er nach Wittenberg, um sich das Schloss anzusehen und
Luther zu hören. Dies ist Christians IL erster Besuch in Wittenberg.
Er scheint dort geblieben zu sein, denn es wird berichtet, er sei von der
am 16. Oktober (Die Veneris S. Gallo Abbati sacro) in JĂĽterbog ab-
gehaltenen FĂĽrstenzusammenkunft in Begleitung des Herzogs Heinrich
von Braunschweig, Erzbischofs von Minden und des Grafen Albrecht
von Mansfeld nach Wittenberg zurĂĽckgekehrt (rediit)*). Nach einer
alten Nachricht hat er im Hause Lucas Cranachs gewohnt (vergl.
Schuchardt IH, 253 und Lindau, Lucas Cranach, S. 158, Anmerkung).
Daher erklären sich auch die verschiedenen Bildnisse des Königs, die
aus der Werkstatt Cranachs hervorgegangen sind.
Die beiden Holzschnittbildnisse, um die es sich hier handelt,
mĂĽssen also zwischen dem 10. Oktober und dem Ende des Jahres 1523
entstanden sein.
Beide sind Werke derselben Hand, was auch deutlich werden
müsste, wenn sie nicht ganz dieselbe äussere Beglaubigung trügen.
Die beiden Bildnisse gehen auf dieselbe Vorlage zurĂĽck. Die Wendung
des Gesichts, des ganzen Körpers, die Kleidung ist bei beiden
völlig gleich. Die Veränderungen bestehen nur in folgendem: das eine
Mal hat Christian IL einen breitkrempigen Hut auf dem Kopf und das
goldene VHess an der dazu gehörigen Kette hängen, das andere Mal
ist der Kopf mit einer weichen Kappe bedeckt und das goldene Vliess
hängt an einem einfachen Bande. Das eine Mal ist er gewissermassen
im StaatskostĂĽm, das andere Mal in der bequemen Haustracht dar-
*) Vergl. Chronicon sive Annales Georgii Spalatini a m. Augusto anni
MDXIII usque ad finem fere anni MDXXVI (Mencke, Scriptores rerum germani-
arum II, 629 — 631).
— 227 —
gestellt. Ferner ist (.iie Haltung der Hände beidemal verschieden von
einander.
Dagegen haben beide Bildnisse einen in der Komposition ver-
schiedenen architektonischen Rahmen, doch herrscht in Einzelheiten der
Konstruktion und des Schmuckes wieder die grösste, zum Teil sogar
wörtliche Übereinstimmung. Sogar die nicht gewöhnliche Form der
ZilYern der Jahreszahl 1523 ist beidemal völlig gleich.
Beide Holzschnitte haben bisher unbedenklich als echte Werke
Lucas Cranachs gegolten, obwohl doch dem prĂĽfenden Blick so vieles
an ihnen autTallen mĂĽsste, was mit der bekannten Weise Lucas Cranachs
nicht in Einklang gebracht werden kann. Sie sind auch thatsächlich nicht
von ihm, sondern von dem PseudogrĂĽnewald. Zum Beweise dessen
fĂĽhre ich noch folgende, etwa gleichzeitig entstandene Titeleinfassung an.
17. Titeleinfassung. Vier Säulen tragen ein Tonnen-
gewölbe, das oben in der Mitte eine kreisrunde Öffnung hat.
Aus dieser hängt an einem Laubgewinde mit Ringen befestigt
eine quadratische Tafel herab, die das Schriftfeld enthält.
Unten halten zwei bekleidete Engel eine Scheibe mit Luthers
Wappen, ĂĽber der die Buchstaben ML stehen.
Knaake, Ăśber Cranachs Presse, im Centralbl. f. Bibliotheksw. VII
(1890) S. 203 — 204. Diese Einfassung (vergl. die Abbildung S. 228)
kommt von 1524 an in einer grossen Anzahl verschiedener Lutherscher
Schriften aus der Druckerei von Cranach und Döring in Witten-
berg vor.
Sie ist von derselben Hand gezeichnet, wie die 44 Holzschnitte
des Hallischen Heiligtumsbuchs und die schon erwähnten Titel-
einfassungen. Da zwischen der Entstehung dieser Titeleinfassung
und der Vollendung des Hallischen Heiligtumsbuches drei Jahre
liegen, ist natĂĽrlich die Ăśbereinstimmung mit jenen Holzschnitten nicht
mehr so gross, aber vorhanden ist sie trotzdem noch. Man vergleiche
nur die beiden Engel unten mit dem Christkind Hirth 10 (I, 10. Bl. 7^)
und 67 (III, I. Bl. 36*), die Rosetten in der Laibung des Bogens mit
denen auf Mitra und Mantel des h. Ignaz Hirth 22 (VI, 47. Bl. 78*)
und mit den FĂĽllungen der Heiligenscheine bei Hirth 22 (VI, 47.
Bl. 78»), ferner IV, i. Bl. 41" (h. Joachim) und VI, i. Bl. 56^ (h. Moritz).
Zu dem Rankenornament ĂĽber der quadratischen Tafel und an den Schmal-
seiten der rechteckigen Tafel unten vergleiche man die Verzierung des
15*
— 228 —
Kreuzstammes auf II, 32. Bl. 34^ (abgebildet S. 21 1) und Hirth 64 (VIII, 2.
Bl. 96^) unten.
Viele Einzelheiten hat diese Einfassung mit der 11. gemeinsam
Titeleinfassung Nr. 17.
Wittenberg, Cranach u. Döring.
(vergleiche die Abbildung S. 217). So kommen dort, wie auf der
16., fast dieselben Engel vor. Die vier schmetterlingsartigen Sterne, die
— 22q
die Öffnung im Gewölbe umgeben, haben ganz dieselbe Form, wie dort
die Verzierung oben an der Deckplatte des linken Kapitals. Dieselben
Ranken, die sich hier um die Rosetten schlingen, haben wir dort ĂĽber
ChRJSTTERNVS -zP DH QU CKNIE
S\tni: NORVTGIEZCREX DVA
SLF5V1CĂśM HCHĂ„^IE STOFM^PIE ET
1/
^
^.
l
Christian II. von Dänemark.
Schuchardt II, 309 Nr. 177.
230
den drei Engeln mit Wappen, Die drei Blätter, die den bauchigen
Fuss der beiden vorderen Säulen umgeben, finden wir ähnlich an den
Kapitalen der ii. Einfassung, fast genau so am Kapital der rechten
Säule der 12. Einfassung und an der linken Fruchtschnur der 16. Ein-
fassung, wenn man bei dieser das Unterste zu oberst kehrt. Ferner
stimmen die Kapitale in ihren einzelnen Teilen fast vollständig mit den
Kapitalen der 12. und 14. Einfassung ĂĽberein.
Es sind dies alles wieder Übereinstimmungen, die unmöglich auf
Zufall beruhen können. Also rauss diese 17. Einfassung von derselben
Hand gezeichnet sein, wie die 16 frĂĽheren Einfassungen und die 44 Holz-
schnitte des Hallischen Heiligtumsbuches.
Vergleicht man nun mit dieser 17. Titeleinfassung, also einem
sicheren Werke des PseudogrĂĽnewald, die beiden Bildnisse Christians II,
von Dänemark, so ergiebt sich, da?s auch sie von diesem Künstler ge-
zeichnet sein müssen. Ein wissenschaftlicher Beweis dafür wäre eigentlich
kaum nötig, die Übereinstimmung zwischen den drei Holzschnitten fällt
jedem, auch dem Laien, sofort in die Augen. Doch die ganze Pseudo-
grĂĽnewald-Frage findet durch eine blosse Zusammenstellung dieser drei
Holzschnitte rascher, einfacher, mĂĽheloser als auf anderem Wege die
lange ersehnte Lösung. So erhalten sie eine bisher ungeahnte Bedeutung,
wodurch dem Forscher geradezu die Pflicht erwächst, auf die für die
Augen sofort erkennbaren Zusammenhänge zwischen ihnen auch mit
Worten nachdrĂĽcklich hinzuweisen.
Diese drei Holzschnitte, die beiden Bildnisse Christians II. und die
Titeleinfassung, sind wohl fast zu gleicher Zeit oder in ganz kurzen
Zwischenräumen nach einander entstanden. Schon daraus erklärt sich
ihre grosse Ähnlichkeit. Die Entstehungszeit der Bildnisse fällt zwischen
den 10. Oktober und das Ende des Jahres 1523. Und auch die Titel-
einfassung ist aller Wahrscheinlichkeit nach noch in diesem Jahre
gezeichnet, da von den vielen Drucken des Jahres 1524, in denen
sie verwendet worden ist, gewiss einige schon Anfang 1524 die
Presse verlassen haben.
Ich bespreche zunächst das auf S. 229 abgebildete Bildnis Chris-
tians II. mit den neun einzelnen Wappen (Schuchardt II, 30g,
Nr. 177). Das Bildnis nimmt hier ungefähr dieselbe Stelle innerhalb der
Architektur ein, wie das Schriftfeld auf der 17. Einfassung. Diese Archi-
tektur stimmt bei beiden Holzschnitten schon in der allgemeinen Anlage in
ĂĽberraschender Weise ĂĽberein. Der Hauptunterschied besteht eigentlich
— 23< —
nur darin, dass auf der Titeleinfassung das Gewölbe von vier Säulen
getragen wird, auf dem Bildnis von zwei Mauern, denen allerdings noch
zwei Silulen vorgesetzt sind. Der Sockelbau auf dem Bildnis hat
die grösste Ähnlichkeit mit dem auf der ii. Einfassung S, 217
(vergl, auch die Säulensockel der 17. Einfassung). Die Säulenschäfte
sind kanneliert und im oberen Teil mit einer Art von weitmaschigem
Netz überzogen, in derselben Weise, wie die Säulen der i 7. Einfassung.
Die Kapitale sind wie die der 12., 14., besonders aber 17. Einfassung
gestaltet. Um das Gesims zieht ^ich ein aus Halbkreisen gebildeter
Fries, genau wie auf der 17. Einfassung. Die grösste Übereinstimmung
mit dieser zeigt aber das Tonnengewölbe: man vergleiche nur den
Blätterfries der äusseren Ränder und den Schmuck der Laibung, der
aus Rosetten besteht, die durch Ranken verbunden sind. Besonders
kennzeichnend aber ist derselbe starke perspektivische Fehler in der
Zeichnung des Gewölbes, namentlich des kleinen hintern Bogens mit
seinem Blätterfries, der ja in Wirklichkeit von vorn gar nicht sichtbar
sein könnte, da er dem grossen vorderen Bogen entspricht, es müsste
denn sein, dass sich der KĂĽnstler die Laibung vertieft und den Bogen
innen ebenso geschmĂĽckt gedacht hat wie aussen, was jedoch die Zeich-
nung nicht erkennen lässt.
Um noch einige Einzelheiten zu erwähnen, so kommt der auch
sonst noch verwendete Blätterfries über der die Inschrift tragenden
Tafel genau so schon im Hallischen Heiligtumsbuch an dem Schiff II,
23. Bl. 30* vor. Die Fratze am rechten Sockel erinnert uns sofort
an die Fratze auf Hirth 23 (VI, 3. Bl. 67^), 7 (I, 5 Bl. 4^), 67 (III, i.
Bl. 36") und am Mantelsaum des h. Friedrich (VI, 43. Bl. 76*).
Endlich die Bekrönungen der Wappen linden wir genau so gezeichnet
wie die Kronen auf Hirth 67 (111, i. Bl. 36"), 86 und die Verzierung
des Simses an dem Kasten Hirth 78 (IV, 12. Bl. 46^').
Da nun das auf S. 232 abgebildete zweite Bildnis des dänischen
Königs mit dem von zwei nackten Männern gehaltenen
Wappen (Schuchardt II, 310, Nr. 178) unbedingt von derselben Hand
ist, wie das erste, wäre es eigentlich überflüssig, auch für dieses noch
den Zusammenhang mit den Holzschnitten des PseudogrĂĽnewald her-
zustellen. Trotzdem kann ich es mir nicht versagen, auf einiges Be-
sondere hinzuweisen.
Man vergleiche den nackten Mann links oben mit Christus im
Heiligtumshuche Hirth 81. Die Ähnlichkeit im Gesicht und in der
— 232 —
Haltung des Kopfes ist geradezu verblĂĽffend, noch dazu, wenn man
bedenkt, dass zwischen beiden Holzschnitten drei Jahre liegen. Die
I
Christian II. von Dänemark.
Schuchardt II, 310 Nr. 178.
— 2i3 —
gegenĂĽberstehende nackte Frau mit dem Kinde fmden wir auf der 1 5. Ein-
fassung, und zwar mit derselben Beinstellung und fast demselben Körper
(im Gegensinne). Die Säulen haben eine Fussplatte mit fast denselben
Profilen wie im Hallischen Heiligtumsbuche VI, 52. Bl. 80^. Der
ganze Säulenbau hat dieselbe Anlage, wie der der 17, Einfassung. Der
bauchige Teil der Säulenschäfte mit den drei aufstrebenden Blättern
entspricht fast genau dem Säulenfuss der 17. und dem unteren Teil der
linken Fiuchtschnur der 16. Einfassung. Dieselben Engelsköpfe finden
wir auf der 11. wie auf der 17. Einfassung. An den Kapitalen wieder-
holen sich die schon von der 12., 14. und 17. Einfassung bekannten
Einzelheiten. Das Tonnengewölbe ist wieder mit demselben perspekti-
vischen Fehler gezeichnet, wie auf der 17. Einfassung. Der Blattschmuck
des äussersten Bogens ist ganz so wie dort. Die Laibung ist mit dem-
selben Ornament verziert, wie das Halsband heiliger Frauen auf so vielen
Bildern des PseudogrĂĽnewald (vergl. die h. Magdalena in Wiesbaden
S. 161); teilweise fmdet es sich auch in den PfeilerfĂĽllungen der ii. Titel-
einfassung (S. 217).
Aus dieser Vergleichung geht also mit untrĂĽglicher Sicherheit her-
vor, dass die beiden mit der Schlange bezeichneten Bildnisse Christians II.
von Dänemark aus dem Jahre 1523 von demselben Künstler gezeichnet
worden sind, wie die bisher besprochenen Titeleinfassungen von Leipziger
und Wittenberger Drucken und die 44 nicht von Wolf Traut her-
rĂĽhrenden Holzschnitte im Hallischen Heiligtumsbuch. Dieser KĂĽnstler
ist aber, wie die bisherige Untersuchung zur GenĂĽge dargelhan hat,
nicht Lucas Cranach.
So giebt es also nicht nur Tafelbilder, sondern auch Holzschnitte,
die zwar mit der cranachschen Sclilange bezeichnet sind, aber thatsächlich
nicht von Lucas Cranach selbst, sondern von einem ganz bestimmten
seiner SchĂĽler in seiner Werkstatt geschaffen worden sind.
Was die Tafelbilder betrifft, so hat man schon immer an-
genommen, dass der Meister auch auf solche Bilder sein Zeichen gesetzt
habe, die in seiner Werkstatt entweder ganz oder zum grössten Teil von
Gesellenhand ausgefĂĽhrt worden sind. Sie waren bei dem Meister bestellt
und als seine Werke verliessen sie die Werkstatt, auch wenn er selbst
nur wenig oder gar nichts daran gearbeitet hatte. Wer so wie er
begehrt und von allen Seiten mit Aufträgen überhäuft war, der konnte
selbstverständlich nur auf diese Weise allen an ihn gestellten Anforderungen
nachkommen. Aber man könnte sich auch denken, dass sein hervor-
— 234 —
ragendster SchĂĽler und Geselle, der PseudogrĂĽnewald, auf Bilder, die
er im Auftrag des Meisters, aber von Anfang bis zu Ende ohne dessen
Mitwirkung geraalt hatte, schliesslich auch noch das Zeichen des
INIeisters gesetzt habe.
Wie steht es nun aber bei den Holzschnitten? Wenn ein
Holzschnitt in der ersten Hälfte des 1 6. Jahrhunderts irgend ein Zeichen
trägt, so sind immer nur zwei Fälle möglich: entweder es ist das des
erfindenden KĂĽnstlers, des Zeichners, oder das des reproduzierenden,
des Holzschneiders. Adressen von Verlegern kommen hier nicht in
Betracht. Ebenso sind von vornherein solche Fälle ausgeschlossen, wo
es sich um eine Täuschung des Käufers, eine Fälschung handelt, wo
also das Zeichen eines grossen, berĂĽhmten Meisters auf Holzschnitten
steht, an denen er nicht den geringsten Anteil gehabt hat. In der Regel
haben wir es in dieser Zeit nur mit dem Zeichen des erfindenden
KĂĽnstlers zu thun. Dieser setzt sein Zeichen auf einen Holzschnitt, um
ihn als sein geistiges Eigentum zu stempeln.
Die beiden Bildnisse Christians II. von Dänemark sind, wie die
stilistische Untersuchung ergeben hat, das geistige Eigentum des Pseudo-
grĂĽnewald, demnach ist das Zeichen, das sie tragen, sein Zeichen.
In dieser Hinsicht stehen also Tafelbilderund Holzschnitte nicht auf gleicher
Stufe mit einander. Es ist nun psychologisch nicht möglich, dass
Lucas Cranach seine Schlange auf zwei Holzschnitte gesetzt habe,
deren Urheber nicht er, sondern sein SchĂĽler war, ebenso wie es nicht
möglich ist, dass der Schüler das Zeichen des Meisters verwendet
habe, um damit sich als geistigen Urheber zu erkennen zu geben.
Ausgeschlossen ist auch von vornherein der Fall, dass durch die
Schlange der Anschein erweckt w^erden sollte, als seien diese beiden
Bildnisse Werke Lucas Cranachs. Eine solche Fälschung wäre nur
möglich, wenn der Zeichner ausserhalb Wittenbergs gelebt hätte.
Aber man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, dass die beiden Holz-
schnitte in Wittenberg entstanden sind, dass auch der Dargestellte damals
in Wittenberg lebte, sogar im Hause Lucas Cranachs, dass er genau
wusste, und mit ihm doch wohl noch mehr Leute in Wittenberg, wer die
beiden Bildnisse gezeichnet hatte. Darum ist das, was schon psychologisch
nicht möglich erscheint, in unserem Falle auch den thatsächlichen Ver-
hältnissen nach unmöglich.
Es steht also nunmehr fest : Der PseudogrĂĽnewald be-
dient sich zur Bezeichnung seiner Werke der cranach-
— 235 —
sehen Schlange, dies Zeiclien gehört also dem Schüler ebenso
eigentĂĽmlich an, wie seinem Meister.
Siebzehn Jahre später, 1540, machen wir ganz dieselbe Erfahrung
bei einem anderen SchĂĽler Lucas Cranachs, Es handelt sich um einen
Holzschnitt, der dön Evangelisten Johannes schreibend darstellt und der
mit der Jahreszahl 1540 und der Schlange mit liegenden VogelflĂĽgeln
bezeichnet ist, wie sie Lucas Cranach d. A. seit etwa der Mitte des
Jahres 1537 anwendet. Dieser Holzschnitt gehört mit den Evangelisten
Mathäus, Marcus, Lucas und den Aposteln Paulus, Petrus und Jakobus
zu einer Folge, die sich zum ersten Male in der 1541 von Nikolaus
Wolrab in Leipzig gedruckten Bibel findet. Ausser Johannes ist nur
noch Paulus mit der Schlange bezeichnet. Diese 7 Holzschnitte stimmen
nicht nur in der Grösse, sondern auch im Stil vollkommen überein.
Bartsch (VII, 282 Nr. 49 — 55) hat sie unbedenklich Lucas Cranach d. Ä.
zugeschrieben, ebenso Heller (2. Aufl. S. 161, Nr. 70 — 76). Thatsächlich
aber sind sie nicht von dem Meister, sondern von einem seiner SchĂĽler,
und dieser SchĂĽler ist sein jĂĽngerer Sohn Lucas. Schuchardt {II, 219
Nr. 63 — 69) hat dies zuerst erkannt und spätere Forscher haben es
bestätigt (vergl. P. IV, 30—31 Nr. kk — qq). Nun wird aber gewiss
niemand im Ernst behaupten, die Schlange auf zweien der Holzschnitte
sei nicht das Zeichen des jĂĽngeren Lucas Cranach, sondern das des
älteren oder allgemeiner, das der cranachschen Werkstatt. Wir wissen viel-
mehr jetzt ganz genau, dass Sohn wie Vater ihr eigenes Zeichen fĂĽhrten;
beide Zeichen stimmen in der Grundform fast ĂĽberein und unter-
scheiden sich nur in gewissen Einzelheiten von einander, die freilich
nur der Kenner sofort wahrzunehmen im stände ist. Nun glaubt man
allgemein, der Sohn habe die Schlange in dieser Form vom Vater als
KĂĽnstlerzeichen ĂĽbernommen, sobald er in der Werkstatt eine mehr selb-
ständige Stellung eingenommen habe. Dies ist ein grosser Irrtum; denn
der jĂĽngere Lucas Cranach hat schon von seiner Geburt ab ein Recht
auf dieses Zeichen gehabt, gleichviel, welchen Beruf er später ergreifen
wollte. Die Schlange ist ja ursprĂĽnglich gar kein KĂĽnstlerzeichen.
In erster Linie ist sie das Wappenbild der Familie Cranach, das Fried-
rich d. W. am 0. Jan. 1508 dem Haupt der Familie und seinen ehelichen
Leibeserben verliehen hat. Zugleich, jedoch erst in z weiter Linie,
dient sie auch noch als KĂĽnstlerzeichen fĂĽr diejenigen Glieder der
Familie, die den Künstlerberuf ausüben. Der jüngere Lucas hätte ja auch
anders, z. B. mit den Anfangsbuchstaben seines Namens, zeichnen können.
— 236 —
das wäre ihm nicht verwehrt gewesen. Aber er folgt einfach dem Bei-
spiele seines Vaters.
Im Jahre 1540 giebt es in ganz Deutschland nur zwei, die das
Recht haben, die cranachsche Schlange als KĂĽnstlerzeichen zu fĂĽhren:
Lucas Cranach den Älteren und seinen Sohn Lucas.
Auch der noch unbekannte KĂĽnstler, der im Jahre 1523 zwei
in Wittenberg, in der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ă„. entstandene Holz-
schnitte als sein geistiges Eigentum mit der Schlange bezeichnet, darf
dies nur dann thun, wenn er zur FĂĽhrung dieses KĂĽnstlerzeichens
dasselbe Recht hat, wie Lucas Cranach selbst. Im Jahre 1523 hat in
ganz Deutschland ausser Lucas Cranach nur Einer dieses Recht: sein
ältester Sohn Hans. Hans Cranach muss also der Zeichner der
beiden Holzschnittbildnisse Christians IL von Dänemark sein. Demnach
ist er auch der Zeichner der vielen Titeleinfassungen in Leipziger und
Wittenberger Drucken aus dem Anfang der 20er Jahre, der Vollender
des Hallischen Heiligtumsbuches und der Maler der Bilder, die frĂĽher
unter dem Namen des PseudogrĂĽnewald gegangen sind.
Hans Cranach, der am 9. Oktober 1537 in Bologna
verstorbene älteste Sohn Lucas Cranachs, ist somit
der lange gesuchte PseudogrĂĽnewald.
Da ich Hans Cranach später in einem besonderen Teile dieser
Studien ausfĂĽhrlich zu behandeln gedenke, fasse ich hier nur das Wichtigste
von dem, was ich ĂĽber ihn zu sagen habe, kurz zusammen.
Nichts beweist mehr die Kritiklosigkeit, ja ich darf wohl sagen, auch
die Leichtfertigkeit der bisherigen Forschung, als die Art und Weise, wie
sie die erhaltenen Quellen über diesen ältesten Sohn Lucas Cranachs
benĂĽtzt und ausgelegt hat.
Die wichtigste Quelle ist das aus 182 lateinischen Distichen be-
stehende Trauergedicht
„In immaturum obitum Johannis
Lucae F. Cranachii",
das der Dichter Johann Stigel, ein Freund des KĂĽnstlers, bald
nach dem Eintreffen der Todesnachricht verfasst hat.*) Es ist wahr-
scheinlich, wie in der Regel derartige Gelegenheitsgedichte, zuerst fĂĽr
sich, als Einzeldruck, veröffentlicht worden. Aber nachweisen lässt es
*) Die Ăśberschrift ist in der Ausgabe der Gedichte Stigels von 1577, die
mir gerade zur Hand war, in derselben Weise in zwei Zeilen abgesetzt, wie es oben
zu sehen ist.
- 237 —
sich vorläufig nur in den gesammelten Gedichten Stigels, von denen es
verschiedene Auflagen giebt. Die späteste ist die von 1600, die
Schuchardt benĂĽtzt hat, die frĂĽheste die von 1572, die Lindau in der
Anmerkung auf S. 300 seiner Cranachbiographie anfĂĽhrt. Schuchardt
hat einen grossen Teil des Gedichtes veröffentlicht (I, 98 — 114) und
leider auch im Versmass des Originals ĂĽbersetzt. Er scheint nur eine
geringe Kenntnis der lateinischen Sprache besessen zu haben, denn der
Sinn vieler Wörter, ja ganzer Sätze , ist ihm unklar geblieben. Seine
deutschen Verse aber kann man nicht anders als eine Vergewaltigung
unserer Muttersprache nennen ; vieles in dieser Ăśbersetzung ist barer
Unsinn. Leider hat aber Schuchardt auch Teile des Gedichtes weg-
gelassen, die entweder zum Verständnis des Ganzen unbedingt nötig
sind oder wichtige Hinweise auf Beziehungen des KĂĽnstlers zu befreundeten
Zeitgenossen enthalten. Ich werde das ganze Gedicht Stigels nebst eine
möglichst wort- und sinngetreuen prosaischen Übersetzung in wirk-
lichem Deutsch veröffentlichen, damit die tief eingewurzelten Irrtümer
ĂĽber Hans Cranach die Forschung nicht noch weiter aufhalten.
Ein jeder, der seit Schuchardt ĂĽber Lucas Cranach geschrieben
hat, hat ja wenigstens mit einigen Worten auch des ältesten Sohnes
gedacht. Ob wohl auch nur einer von ihnen, ausser Lindau, sich die
MĂĽhe genommen hat, das Gedicht Stigels unverkĂĽrzt im Original zu
lesen? Haben sie nicht fast alle ohne eigenes Nachdenken einfach nur
das nachgeschrieben, was entweder Heller oder Schuchardt mit ihrem
Mangel an Kritik über den ältesten Sohn Lucas Cranachs geäussert
haben? Oder wäre es etwa sonst möglich gewesen, dass sich der Doppel-
name Johannes Lucas, von dem keine einzige Quelle etwas weiss, der
vielmehr nur eine Erfindung des schlechten Lateiners Schuchardt ist
anstatt des allein richtigen Hans in allen kunstgeschichtlichen HandbĂĽchern
festgesetzt hätte? Wäre es ferner möglich gewesen, dass es auch Leute
geben konnte, die an jene angebliche Entdeckung des altersschwachen
Schuchardt glaubten, dass Lucas Cranach ausser dem sogenannten Johann
Lucas und dem jĂĽngeren Lucas noch einen dritten Sohn Hans gehabt
habe? Wer hätte denn als getreuer Nachschreiber Schuchardts ausser dem
falschen Vornamen nicht auch das falsche Todesjahr Hans Cranachs
noch weiter verbreitet? Wer hätte so viel kritischen Sinn gehabt, um zu
erkennen, dass die von Schuchardt benĂĽtzte Ausgabe der Tischreden Luthers,
in der Luthers Trostrede an die Eltern beim Eintreffen der Todesnachricht
unter dem Jahr 1536 (statt 1537) steht, niclit nur wegen dieser falschen
— 238 -
Zeitangabe eine Quellenschrift von höchst zweifelhaftem Werte ist r Nur
ein einziger, Lindau, hat sich gegen die Autorität Schuchardts aufge-
lehnt. Das, was er auf S. 292 — 304 seiner Cranachbiographie (Leipzig
1883) über Hans Cranach sagt, gehört zu dem Besten in dem Buche,
das leider alles andere, als eine KĂĽnstlerbiographie ist.
Auch wenn wir das, was Stigel in seinem poetischen Nachruf ĂĽber
die Kunst Hans Cranachs berichtet, nicht alles fĂĽr bare MĂĽnze nehmen
dürfen, auch wenn uns sein Lob bisweilen allzu überschwänglich erscheint,
so geht doch aus seinen t h at sä c h 1 ic h e n Angaben mit unbedingter
Gewissheit hervor, dass Hans Cranach eine reiche Thätigkeit entfaltet
hat und ein hervorragender Künstler — wenigstens in den Augen seiner
Landsleute — gewesen ist.
Bisher war nur ein einziges sicheres Werk Hans Cranachs bekannt,
sein Skizzenbuch, das sich jetzt im Kestnermuseum in Hannover
befindet. Es ist mehr ein Merkbuch, ein Tagebuch, wie man es
auf der Reise benützt. Künstlerische Entwürfe enthält es nicht, wohl
aber eine Menge Dinge, die für jeden gewöhnlichen Wanderer wichtig
waren. Dazu kommt, dass vieles in dem Buche gar nicht von Hans
Cranach, sondern von einer fremden Hand gezeichnet ist, wohl der
seines Reisegefährten oder dessen, der später in den Besitz des Buches
gekommen ist. Sicher von Hans Cranach ist die eine Seite, die Friedr.
Lippmann im Text (S. 5) zu seiner Ausgabe der Holzschnitte und
Kupferstiche Lucas Cranachs d. Ă„. hat nachbilden lassen. Wir sehen
da sechs Affen in verschiedenen Stellungen. Einer hockt einem jĂĽngeren
Manne, der bei einem Glase Wein sitzt, auf der Schulter. Zwischen
den Affen steht in der oberen Hälfte des Blattes von derselben Hand
geschrieben: „hans maller von Crannach". In der unteren Hälfte lesen
wir folgende Worte:
,,det liegen Alls we als staindragen
wur oft maniger maller sein
15 mauel zue haben 36
Der Sinn dieser Worte ist gar nicht so rätselhaft, wie Lippmann
meint; von Affen ist ĂĽberhaupt nicht die Rede, denn die Stelle heisst
einfach auf Neuhochdeutsch: ,,Thäte Lügen so weh, wie Steinetragen,
wĂĽrde oft mancher Maler sein Maul halten."*) Die letzte Zeile wird
*) Der Spruch stimmt dem Sinne nach (im Vordersatz sogar wörtlich) mit
einem Spruch auf einem Chorstuhle im Merseburger Dom ĂĽberein, der etwa aus dem
2, Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammt.
— -\S<-) —
von den beiden Hallten ck-r Jiihreszahl 1536 eingefasst, woraus ftjlgt,
dass diese Worte nicht auf der Reise nach Italien geschrieben sind,
die Hans Cranach erst 1537 antrat.
Es ist gar nicht möglich, aus den flüchtigen Skizzen des Buches
irgend einen Schluss auf die Begabung und das Können Hans Cranachs
zu ziehen, ebensowenig wie sich Goethes Dichtergrösse nach seinen Wasch-
zetteln bemessen lĂĽsst. Doch wĂĽrde z. B. der Mann mit dem Affen auf
der Schulter auch einem grossen KĂĽnstler keine Schande machen, so
sicher ist er gezeichnet.
Wir wissen jetzt, wie Hans Cranach gemalt hat. Aber wenn wir
es noch nicht wĂĽssten, wenn wir nur die litterarische Ăśberlieferung
hätten, und wir fragten uns: wie mögen wohl seine Bilder ausgesehen,
wie mag er sie bezeichnet haben ? so brauchen wir bloss zum Vergleich
die Bilder seines jĂĽngeren Bruders heranzuziehen. Wie der jĂĽngere
Lucas namentlich in seiner ersten Zeit ganz naturgemäss in der Art
seines Vaters gemalt, allmählich aber einen eigenen Stil ausgebildet hat,
der sich von dem des Vaters deutlich unterscheidet, so hat aller Wahr-
scheinlichkeit nach auch Hans Cranach anfangs ganz unter dem Einfiu.ss
Lucas Cranachs gestanden, später aber ebenfalls eigene Wege eingeschlagen.
Und wie der jĂĽngere Lucas zur Bezeichnung seiner Werke dasselbe
Schlangenzeichen benĂĽtzt hat, wie sein Vater, ebenso wird es schon sein
älterer Bruder Hans gethan haben, wenn er überhaupt seine Bilder
bezeichnet hat. Wie aber trotz aller Ähnlichkeit im allgemeinen die
Schlange des jüngeren Lucas sich von der des älteren doch durch
einige ganz bestimmt ausgeprägte Einzelheiten (die nicht einmal
beabsichtigt zu sein brauchen) unterscheidet, sodass wenigstens der
Kenner sofort weiss, dies Zeichen hat der Vater, dies sein gleichnamiger
Sohn gemacht, so wird sich auch Hans Cranach gewöhnt haben, seine
geflĂĽgelte Schlange zwar in der vom Wappenbrief bestimmten Form, an
die ja auch sein Vater gebunden war, aber doch in einer ihm zusagenden
besonderen Weise zu zeichnen.
Dies ist in der That der Fall gewesen. Sehen wir uns nur ein-
mal die beiden Schlangen auf den Holzschnittbiidnissen Christians IL
von Dänemark an, von denen die auf dem Bildnis mit den neun
W^appen ja besonders gross und deutlich gezeichnet ist. Das ist nicht
die Schlange, mit der Lucas Cranach d, Ă„. so viele seiner Holzschnitte
in der Zeit bis zu seinem 50. Jahre (1522) bezeichnet hat. Namentlich
die Form der FlĂĽgel wirkt fremdartig; ja man weiss eigentlich nicht, ob
240 —
man hier noch von zwei FlĂĽgeln und nicht eher nur von einem sprechen
darf. Auch die Ziffern der Jahreszahl, besonders die 2 und 3, machen
einen ungewöhnlichen Eindruck. Bei den mit der Schlange bezeichneten
Tafelbildern, die sich durch die stilistische Untersuchung als Werke
des PseudogrĂĽnewald, also Hans Cranachs, herausgestellt haben, tritt
diese Abweichung von der Schlange, wie sie auf gesicherten Bildern
Lucas Cranachs vorkommt, noch viel mehr zu Tage. Die Unterscheidung
ist hier freilich noch schwieriger, als bei den Bildern Lucas d. J., und
erfordert einen sicheren Blick, der erst durch langjährige Übung er-
worben sein will.
Es ist noch nicht lange her, da galten eine grosse Anzahl von
Bildern aus der Zeit von 1537 — 1553, ^^^ jetzt allgemein als Werke
Lucas Cranachs des JĂĽngeren anerkannt sind, noch als solche seines
Vaters. Das genauere Studium der mit der Schlange bezeichneten Bilder,
die nach 1553, d, h. nach dem Tode Lucas Cranachs d. Ă„. gemalt
sind, die also von dem jĂĽngeren Lucas sein mĂĽssen, hat zur Folge
gehabt, dass man auch unter der Masse der vor 1553 gemalten bald
da, bald dort dessen Hand erkannte. Der leichter erkennbare Unter-
schied im Stil schärfte die Augen, die dann auch die feineren Unter-
schiede in der Zeichnung der Schlange auf den zwischen 1537 und
1553 entstandenen Bildern wahrnahmen.
Wie nun aber, wenn der jĂĽngere Lucas noch vor seinem Vater
gestorben wäre? Ich bin überzeugt, dann wäre die Forschung in der-
selben misslichen Lage, wie sie dem ältesten Sohn Hans gegenüber bis-
her gewesen ist. Dann wäre eine kritische Scheidung zwischen den
Bildern des älteren und jüngeren Lucas Cranach wohl heute noch ein
frommer Wunsch, an dessen ErfĂĽllung einige Generationen zu arbeiten
hätten. Weit sind wir übrigens auch hier noch nicht fortgeschritten; ja
mir scheint, wenn ich die Lebensarbeit Lucas Cranachs d. J. annähernd
abschätze, dass wir in der Kenntnis seiner Entwickelung und der
Würdigung seiner künstlerischen Persönlichkeit eben knapp nur über die
Anfänge hinausgekommen sind.
Anhaltspunkte, wie wir sie haben, um auch in solchen Bildern, die
noch zu Lebzeiten des älteren Lucas Cranach entstanden sind, Werke
des jĂĽngeren Lucas zuerkennen, giebt es bei Hans Cranach, dem
lange vor seinem Vater Gestorbenen, nicht. Darum ist die Scheidung
zwischen den Werken des Vaters und des ältesten Sohnes um vieles
schwieriger. Allmählich wird man jedoch auch hier zum Ziele kommen.
— 241 —
Es giebt ja verschiedene Wege, die dahin fĂĽhren. Mag man die Y.nl-
wickelung Lucas Cranachs von den Anfängen bis zu seinem Tode ver-
folgen oder mag man den ganzen Weg rückwärts gehen, immer wird
man in der Zeit von etwa 1520 — 1537 auf die Thätigkeit eines Künstlers
siossen, der sich ebenso deutlich von Lucas Cranach d. Ă„. unterscheidet,
wie später Lucas d. J. Der sicherste Beweis, dass dieser Künstler
Hans Cranach ist, ist wohl der Umstand, dass es nach dem Jahre 1537
kein einziges Bild, keinen einzigen Holzschnitt giebt, in dem sich der von
ihm ausgebildete Stil fortsetzt. Spätere Untersuchungen werden dies lehren.
Aber wie es scheint, giebt es noch grössere Schwierigkeiten zu
ĂĽberwinden, als vom Beginn der zwanziger Jahre bis 1537 *^'^ Werke
des Vaters von denen des ältesten Sohnes zu scheiden. Man hat bisher
angenommen, 1537 beginne die selbständige Thätigkeit Lucas Cranachs
des Jüngeren. Er wäre damals also 22 Jahr alt gewesen. Das dürfte
viel zu spät sein, wenn man bedenkt, dass er ja von Kindheit auf
Gelegenheit hatte, sich fĂĽr den KĂĽnstlerberuf vorzubereiten. Es ist ganz
undenkbar, dass er nicht schon als Knabe in der väterlichen Werkstatt
beschäftigt worden wäre. Sein Lehrmeister war selbstverständlich der
Vater, aber ebenso selbstverständlich zugleich der ältere Bruder. Im
Alter von etwa 15 Jahren, also um 1530, wird er schon so weit entwickelt
und namentlich technisch ausgebildet gewesen sein, dass er Aufträge, die
der Vater bekam , selbständig ausführen konnte. Es giebt Bilder aus
den Jahren 1530 — ^y, die ihrem Stil nach weder von Lucas Cranach d. A.,
noch von Hans Cranach sein können und die mit der Schlange in einer
Form bezeichnet sind, die wieder auf eine andere Hand, als die jener
beiden hindeutet. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind dies die frĂĽhesten
Bilder Lucas Cranachs d. J. Dann hätten also der Vater und seine
beiden Söhne eine Reihe von Jahren hindurch dasselbe Künstlerzeichen
zugleich mit nur geringfügigen Abweichungen geführt — für sie, wenn man
sich der ursprĂĽnglichen Bedeutung der Schlange erinnert, fast etwas
Selbstverständliches. Die Nachwelt aber und wohl auch schon die Zeit-
genossen insgesamt, mit Ausnahme nur weniger näherer Freunde des
cranachschen Hauses, hätten in diesen drei immerhin verschiedenen Zeichen
immer nur ein einziges Zeichen, das Lucas Cranachs d. A., gesehen.
Ein Rätsel ist es nun aber, warum etwa um die Mitte des Jahres
1537 mit dem in aller Welt bekannten Künstlerzeichen eine \'eränderung
stattgefunden hat, warum die beiden FledermausflĂĽgel mit liegenden
VogeltlĂĽgeln vertauscht worden sind. Ein fĂĽr uns erkennbarer
— 242 —
Grund hat nicht vorgelegen; aber ohne einen triftigen Grund ist die
Änderung auf keinen Fall erfolgt. Es fragt sich vor allem: ist die
Schlange als Wappentier oder nur als Künstlerzeichen verändert worden?
Ua sie nach dem Jahre 1537 ĂĽberhaupt nicht mehr mit Fiedermaus-
flügeln vorkommt, möchte man glauben, dass eine offizielle Veränderung
des Wappens stattgefunden habe. Vielleicht lässt. sich dies noch durch
archivalische Forschungen genau ermitteln. Freilich möchte man noch
lieber einen inneren Zusammenhang zwischen dieser Änderung und einem
Ereignis annehmen , das so tief in das Leben und den Kunstbetrieb
Lucas Cranachs d. Ä. einschnitt, wie der Tod seines ältesten Sohnes,
ja, schon dessen Abreise nach Italien. Oder sollte es wirklich nur ein
Zufall sein, dass etwa zu derselben Zeit, wo Hans Cranach das Eltern-
haus verlässt, wo die Werkstatt ihre hervorragendste Kraft, ja man darf
sagen, ihren thatsächlichen Leiter verliert, auch das Künstlerzeichen in
seiner bisherigen Form geändert wird?
Es wird sich zeigen, dass Hans Cranach der Hauptvertreter, die
eigentliche Seele der cranachschen Kunst in den zwanziger und in der
ersten Hälfte der dreissiger Jahre gewesen ist. Überall hat er seine
Hand im Spiele, mag es sich um den Schmuck der Lutherschen Bibel-
ĂĽbersetzung mit Holzschnitten oder die Herstellung von grossen Altar-
werken handeln. Man ist erstaunt ĂĽber die Bilderproduktion , die um
die Mitte der zwanziger Jahre in der cranachschen Werkstatt beginnt,
,man kann nicht recht begreifen, dass der Meister, der schon das 50. Lebens-
jahr ĂĽberschritten hat, auch nur das Beste von allem selbst gemalt haben
sollte. Und doch findet dieser Aufschwung, den die Werkstatt nimmt,
seine natürliche Erklärung in der Thätigkeit einer jüngeren Kraft, die an
die Stelle des alternden Meisters tritt. Gewiss hat Meister Lucas den
Pinsel nicht ganz bei Seite gelegt, aber die Pflichten und Interessen, die
mit Beginn der zwanziger Jahre an ihn herantraten, verhinderten von
selbst eine rein künstlerische Thätigkeit in der Art, wie er sie früher
ausgeĂĽbt hatte. Nicht etwa die Erwerbung von Apotheke und Buch-
handlung und der Betrieb einer Buchdruckerei, sondern vor allem sein
Eintritt in den Rat der Stadt Wittenberg gab seinem Leben eine andere
Richtung. Und dann eines noch: der Meister wird doch immer älter, 1532
vollendet er sein 60. Lebensjahr, es wäre ein Wunder gewesen, wenn er
trotzdem den Pinsel noch so eifrig gehandhabt hätte , wie in seinen
jĂĽngeren Jahren, wenn sich nicht auch bei ihm mit der Zeit das Be-
dürfnis nach Ruhe geltend gemacht hätte.
— ^43 —
Wir haben uns den Betrieb der cranachschen Kunst in dieser Zeit
genau so vorzustellen, wie heutzutage den Betrieb eines kĂĽnstlerischen
Handwerks, bei dem einem Vater zwei Söhne, ein älterer und ein jüngerer,
/ur Seite stehen. Während der Vater in früheren Jahren die Haupt-
arbeit in der Werkstatt selbst gethan hatte, nimmt allmählich der heran-
gewachsene älteste Sohn seine Stelle ein, und während der Vater das
Geschäft nach aussen vertritt, die Aufträge in Empfang nimmt und für
die GĂĽte der Arbeit allein mit seinem Namen einsteht, leitet der Sohn
thatsächlich das Geschäft, gewissermassen als Altgeselle, und führt mit
den Gesellen, unter denen sich auch der jĂĽngere Bruder befindet, und
mit Lehrjungen die Aufträge aus. Eine solche Auffassung der Kunst
widerspricht zwar unseren heutigen Anschauungen, aber sie ist in den
\'erhältnissen jener Zeit wohl begründet.
Die Pseudogrünewald-Frage hat eine verhältnismässig einfache Lösung
gefunden durch den Nachweis, dass der unbekannte Künstler der älteste
Sohn Lucas Cranachs gewesen ist. Durch diesen Nachweis ist nun freilich
die Forschung vor eine neue, bedeutend schwierigere Aufgabe gestellt,
von der sie bisher nichts geahnt hatte: alle mit der Schlange bezeichneten
Werke, die etwa seit dem Anfang der zwanziger Jahre bis 1537 ent-
standen sind, namentlich alle jene „echtesten" Lucas Cranachs, die zum
eisernen Bestände der öffentlichen Sammlungen, der photographischen
Kunstanstalten, der illustrierten Kunstgeschichten gehören, sind einer
scharfen, kritischen PrĂĽfung zu unterziehen. Vor einem jeden dieser nach
Hunderten zählenden Bilder und Holzschnitte muss die Frage erhoben
werden: Lucas oder Hans Cranach? Und nicht genug damit: auch der
jĂĽngere Lucas macht schon Eigentumsrechte geltend. Des Zweifels wird
zunächst kein Ende sein. Aber auch nur durch Zweifel wird eine
Gewissheit darüber zu erlangen sein, ob Lucas Cranach in seinen späteren
Jahren derjenige war, fĂĽr den er bisher gehalten worden ist: ein KĂĽnstler,
der sich frühzeitig erschöpft hat und der sich nun, um den an ihn ge-
stellten Anforderungen zu genügen, unablässig selbst wiederholen muss.
Was mich betrifft, so wage ich nicht, in das allgemeine Urteil ĂĽber ihn
einzustimmen und den Stab ĂĽber ihn zu brechen, solange ich noch in
so vielen Fällen im Zweifel bin , ob ich ein Werk seines Alters oder
ein Werk eines der beiden Söhne vor mir habe.
Hans Cranach muss fortan im Mittelpunkt der Cranachforschung
stehen. Ich hoffe, dass schon in einigen Jahren mit ihm nicht mehr wie
mit einer unbekannten Grösse gerechnet zu werden braucht. Über sein
i6*
— 244 —
Leben, über seine Persönlichkeit wird sich in der zeitgenössischen Litteratur
und in den Archiven vielleicht noch manches finden lassen. WĂĽnschens-
wert wäre es vor allem, festzustellen, wann und wo er geboren ist.
Schuchardt setzt seine Geburt um das Jahr 1503 an, doch fehlt hierĂĽber
jedes urkundliche Zeugnis. Wir wissen nicht einmal, wann Lucas Cranach
geheiratet hat. Man darf es nur als ziemlich sicher annehmen, dass er
schon als verheirateter Mann nach Wittenberg gekommen ist. Wer die
Kunst selbständig betreiben und in seiner Werkstatt Gesellen und Lehr-
jungen beschäfdgen wollte, der musste zunächst im Besitz eines Weibes
sein, das den Haushalt besorgte. War doch in manchen Städten die
Verheiratung Vorbedingung fĂĽr die Aufnahme als Meister in die Zunft.
Darum heirateten die Künstler jener Zeit verhältnismässig früh, in der
Regel etwa mit 25 Jahren. Lucas Cranach wird kaum eine Ausnahme
von der Regel gebildet haben. So spricht also die Wahrscheinlichkeit
dafĂĽr, dass er schon um das Jahr 1500 verheiratet gewesen ist. Vielleicht
ist er damals auch eine Zeit lang in Gotha, der Heimat seiner Frau,
sesshaft gewesen, vielleicht hat ihn die Frau auch auf den Fahrten be-
gleitet, die er unternommen haben muss, ehe er festen Fuss in Witten-
berg gefasst hat. Uns erscheint das jetzt undenkbar, dass die Frauen der
Künstler an dem Wanderleben ihrer Männer teilgenommen haben, und
doch wird diese längst bekannte Thatsache durch archivalische Funde
immer von neuem bestätigt.
Wir wissen nicht, ob Lucas Cranach ausser den uns bekannten
zwei Söhnen und drei Töchtern noch mehr Kinder gehabt hat, die viel-
leicht bald nach der Geburt gestorben oder nicht ĂĽber das frĂĽhe Kindes-
alter hinausgekommen sind. Doch wäre es bei dem Kinderreichtum der
damaligen Ehen und der grossen Kindersterblichkeit sehr leicht möglich.
Ob wir wohl wĂĽssten, dass DĂĽrer siebzehn Geschwister gehabt hat, wenn
die von seinem Vater angelegte Familienchronik nicht erhalten wäre?
Fehlt doch auch in den Geschlechtstafeln so mancher Fürstenhäuser
jener Zeit die Erwähnung von Prinzen und Prinzessinnen, die wirklich,
wenn auch nur fĂĽr kurze Zeit, gelebt haben.
Hans Cranach nun mag in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts
geboren worden sein, vielleicht nicht einmal als erstes Kind, sicher aber
als ältestes der am Leben gebliebenen. Bei seinem Tode würde er also
etwa 35 Jahre alt gewesen sein.
Das stimmte nun allerdings nicht zu dem, was sich aus Stigels
Trauergedicht ĂĽber das Alter des Verstorbenen ergiebt, wenn wir nur
— 245 —
Schuchardts Ăśbersetzung folgen wollten. Da wird Hans Cranach immer
nur mit ,, JĂĽngling" angeredet; das wĂĽrde also im klassischen Latein einem
„adolescens" entsprechen, und Stigel schreibt nur klassisches Latein.
Aber adolescens kommt auch nicht ein einziges Mal in dem Gedichte
vor, obgleich es sich nach der Quantität der Silben hätte vortrefflich
im Verse verwenden lassen. Stigel nennt den Freund immer nur
juvenis, sein Alter ju venta; diese beiden Worte bezeichnen aber nicht
das, was w i r unter JĂĽngling und Jugend verstehen,*} sondern den jungen
Mann und die „besten Jahre" des Mannes, die Zeit etwa vom 25. bis
40. Jahre. Ja, juvenis wird bisweilen sogar von noch älteren Männern
gebraucht, wenn sie noch Junggesellen sind. Stigel ruft nun freilich dem
Freunde auch nach, er sei ,,vere aetatis", im FrĂĽhling seines Lebens,
und „tenero sub flore juventae", nach Schuchardts falscher Übersetzung
„in der zartesten Blüte der Jugend", richtiger: im blühenden Alter ge-
storben, aber ähnliches hat man auch immer und immer wieder von
dem 37 jährigen Raffael gesagt, der darum auch als „Jüngling" im Ge-
dächtnis der Menschen fortlebt.
Derartige dichterische Phrasen sind noch keine geschichtlichen
Urkunden; wollte man sie wörtlich nehmen, so ergäbe sich sofort ein
direkter Widerspruch zu den ganz bestimmten, nicht zu bezweifelnden
Angaben, die Stigel über die reiche künstlerische Thätigkeit Hans Cranachs
macht. Aus diesen geht vielmehr hervor, dass Hans Cranach ein fertiger
KĂĽnstler war, dessen Entwickelung allerdings noch lange nicht abge-
schlossen war (bei welchem Künstler wäre das mit 35 Jahren schon der
Fall gewesen?), und von dem man noch viel Grösseres hoffte, als er
bisher geleistet hatte. Stigel sagt aber ausdrĂĽcklich, dass er in der
malerischen Technik (ars) seinen Vater nicht erreicht habe, dass er
von diesem noch vieles habe lernen können, dass er dagegen in der
Erfindung (ingenium) grösser gewesen sei, als der Vater.**) Die
PseudogrĂĽnewaldbilder und die mit der Schlange bezeichneten, die sich
an sie anschliessen, auf der einen Seite, die Holzschnitte auf der
anderen Seite bringen den Beweis fĂĽr die Wahrheit dieses Urteils. In
seiner Art zu zeichnen liegt etwas Geistreiches, ein moderner Zug, den
*) In manchen deutsch-lateinischen Schulwörterbüchern findet sich unter Jüngling
und Jugend ĂĽberhaupt nicht juvenis und juventa, sondern nur adolescens und adolescentia !
**) ,,Tu plus ingenii, genitor plus artis habebat" sagt Stigel und bezeichnet mit
diesem kurzen Satze vortrefflich den ganzen Unterschied zwischen der Kunst des
Vaters und der des Sohnes.
— 246 —
wir bei Lucas Cranach nicht finden. Die Dichter, deren Freundschaft
er genoss, lauter SchĂĽler Melanchthons, verehrten in ihm deshalb den
verwandten Geist. Lucas Cranach ist dagegen entschieden der
grössere Techniker, der grössere Farbenkünstler.
Man braucht z. B. nur dessen Marienbilder, die um 15 18 ent-
standen sind, mit einigen sicheren Bildern Hans Cranachs
aus dem Jahre 1525 zu vergleichen. Die violettgrauen, aufdring-
lichen Schatten im Fleisch, die lackartigen Farben der Gewänder,
namentlich das Zinnoberrot, das in den Schatten in Schwarz ĂĽbergeht,
der kĂĽhle Gesamtton , der dem vielen Rot die ihm nur in geringem
Masse eigene Wärme noch vollends nimmt, die Nüchternheit der Land-
schaft, das alles sind Eigenschaften, die einen mangelhaften Farbensinn
verraten. Ein längerer Aufenthalt in Italien hätte wahrscheinlich diesen
Mangel in der Kunst Hans Cranachs völlig ausgeglichen. Doch hat
ihn wohl kaum das BedĂĽrfnis zu lernen nach Italien getrieben. Stigel
sagt ja deutlich genug, dass es Ruhmbegierde gewesen sei, die Hans
Cranach gedrängt habe, die Heimat zu verlassen. Die väterliche Werk-
statt, in der er immer nur der Sohn seines Vaters, nicht er selbst war,
aus der seine eigenen Werke immer nur als die seines Vaters in die
weite Welt gingen, wurde ihm zu eng. Die Anerkennung, die ihm im
Kreise der Freunde, im kleinen Wittenberg zuteil wurde, genĂĽgte ihm
nicht mehr.
Die Reise nach Italien ist sicherlich nicht die einzige, die Hans
Cranach unternommen hat. Wie jeder junge KĂĽnstler damals, muss
auch er auf die Wanderschaft gegangen sein, bevor er an die Spitze
der Gesellen in der väterlichen Werkstatt trat. Diese Wanderschaft fällt
möglicherweise ins Jahr 1520 und führt ihn in die Heimat seines Vaters,
nach Franken, wahrscheinlich bis nach Eichstätt. Ich habe schon S. 144
darauf aufmerksam gemacht, dass das Willibaldsbild der Bamberger Galerie
den Umständen nach gar nicht 1520 in Wittenberg entstanden sein
kann. Dann hätte Hans Cranach auch das Rosenkranzbild des Bamberger
Domes in Bamberg selbst gemalt, wenn es sich wirklich von Anfang an im
Dom befunden hat und nicht etwa erst in späterer Zeit dorthin ge-
kommen ist. Auf jeden Fall muss man fĂĽr die Bilder der zweiten Gruppe
eine nähere Berührung mit fränkischer Kunst annehmen. Gewiss kann
dies durch die Kenntnis namentlich DĂĽrerscher Holzschnitte schon ver-
mittelt worden sein. So haben die Fratzen, die unser KĂĽnstler zuerst
am Pflockschen Altar, dann in seinen Holzschnitten mit Vorliebe an-
— -M7 —
bringt, wie seine ganze Ornamentik, die von da ab rein renaissance-
mässig ist, wohl ihr Vorbild in Kaiser Maximihans Ehrenpforte. Aber
es fragt sich, ob schon damals einzelne Blätter der grossen, vielteiligen
Komposition an die Ă–ffentlichkeit gelangt sind. Ist dies vielleicht auch
der Fall gewesen, so war der Kreis, der sie kennen lernte, doch wohl
nur klein und auserwählt. Es steht jetzt fest, dass Wolf Traut bei
der Herstellung der Zeichnungen zur Ehrenpforte beteiligt gewesen ist.
Hat nicht vielleicht Hans Cranach zu diesem besondere Beziehungen
gehabt? Oder ist es blosser Zufall, dass Hans Cranach die Arbeit
am Hallischen Heiligtumsbuche, die Wolf Traut bei seinem Tode un-
fertig hinterlassen hatte, zu Ende gefĂĽhrt hat ? Ist es vielleicht der Ein-
fiuss Wolf Trauts gewesen, dass eine besondere Gruppe von Bildern des
jungen Wittenberger Künstlers viel mehr an die fränkische, als an die
sächsische Kunstweise erinnert ?
Es sind nur Vermutungen, die ich hier ausspreche, aber doch
solche , die einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit beanspruchen.
Wie schon gesagt, soll die ganze Thätigkeit Hans Cranachs in
einem besonderen Teile dieser Studien behandelt werden. Ich bin gegen-
wärtig noch nicht im stände, die Scheidung zwischen den Werken Hans
Cranachs und seines "Vaters vollkommen durchzufĂĽhren; ich bin schon
froh, dass ich aus der ungeheuren Menge von Bildern, die dabei in
Frage kommen, wenigstens eine kleine Anzahl anfĂĽhren kann, die sich
durch genaue kritische Vergleichung mit den von mir besprochenen
PseudogrĂĽnewaldbildern als Arbeiten derselben Hand nachweisen lassen.
Es werden in der Hauptsache diejenigen Bilder sein, von denen wahr-
scheinlich Meyer, Bode und namentlich Scheibler ausgegangen sind, als
sie die Behauptung aufstellten, der PseudogrĂĽnewald sei niemand anders
als Lucas Cranach d. A. Ihre Beobachtung war durchaus richtig, aber
die Schlussfolgerung war logisch falsch ; denn sie stĂĽtzte sich auf eine
Voraussetzung, die noch nicht bewiesen war, dass nämlich die Schlange
mit FledermausflĂĽgeln nur das Zeichen Lucas Cranachs d. Ă„. gewesen
sei. Hätten sie schon gewusst, dass es zwei Künstler gab, die sich zu
derselben Zeit desselben Zeichens bedienten, so hätten sie ihre Behauptung
etwa in den Satz zusammengefasst: der PseudogrĂĽnewald ist niemand
anders, als derjenige KĂĽnstler, der mit Lucas Cranach zusammen bis
zum Jahre 1537 dasselbe Zeichen fĂĽhrt, ohne doch wesenseins mit
ihm zu sein.
Bevor ich eine Anzahl von Bildern Hans Cranachs aufzähle,
— 248 —
die mit der Schlange bezeichnet sind, muss ich noch auf Eines auf-
merksam machen. Wie es gar nicht anders sein kann, wenn Vater und
Sohn in einer Werkstatt zusammenarbeiten, sind die Unterschiede in
ihren Bildern bisweilen ziemlich gering, sodass ein im Sehen ungeĂĽbtes
Auge womöglich zunächst gar keine Unterschiede bemerkt. Beide ar-
beiten selbstverständlich mit denselben Farbstoffen, auch ihre Technik
ist naturgemäss nicht sehr von einander verschieden, wenigstens so lange
der Sohn noch ganz unter dem EinflĂĽsse des Vaters steht. Die Menschen,
die sie beide darstellen, haben dieselbe Zeittracht, beide benĂĽtzen sie
vielleicht dieselben Modelle. Der Sohn führt auf einem grösseren Ge-
mälde, das der Vater in der Hauptsache selbst malt, die Nebendinge
aus, oder der Vater entwirft nur die Komposition und überlässt dem
Sohn die vollständige Ausführung. Bei Bildnissen bekannter Persönlich-
keiten, wie der LandesfĂĽrsten, Luthers, und seiner Frau, Melanchthons,
die in Masse bestellt werden, malt der Vater immer das erste, der
Sohn nach diesem Vorbilde alle ĂĽbrigen. So werden sich die Bilder
beider im AI Igemeinen oft äusserst ähnlich sehen. Aber jeder wird
auch wieder seine Besonderheiten haben. Der Sohn benĂĽtzt zwar
dieselben Farben wie der Vater, aber er mischt sie anders, er liebt
andere Verbindungen; er malt zwar dieselben Kleider wie der Vater,
aber er schmĂĽckt sie in seiner Weise mit irgend einem Ornament, das
ihm besonders Freude macht und an das sich seine Hand so gewöhnt
hat, dass er gar nicht von ihm lassen kann. Auf diese Eigenheiten hat
man besonders zu achten, wenn man zwischen den Bildern Lucas
Cranachs d. A. und seines ältesten Sohnes zu scheiden sucht.
Man geht dabei am besten von den PseudogrĂĽnewaldbildern
der dritten und vierten Gruppe aus, namentlich denen mit kleinen
oder mittelgrossen Gestalten, wie der Maria in der Glorie, der h. Sippe
und den sechs kleinen AltarflĂĽgeln in der Aschaffenburger Galerie, der
h. Magdalena in Wiesbaden, der Beweinung Christi in Augsburg, den
Kopien nach Hieronymus Bosch im Vorrat der Berliner Galerie.
Als Werke derselben Hand, also Hans Cranachs, erweisen sich
dann folgende Bilder, von denen die meisten in guten Photographien
vorliegen.
1522 Der lĂĽsterne Alte. Budapest, Nationalgalerie. CrA. 16. Dazu die
gleichartigen undatierten Darstellungen in dieser und anderen
Sammlungen.
1524 Lucretia. MĂĽnchen, Pinakothek.
— 249 —
1525 Die l). Magdalena. K()In, Wallraf-Richartz-Museum.
Die h. Helena. Wien, Liechtenstein-Galerie. CrA. 18.
„ Kleines weibliches Bildnis. Tübingen, Universitätssamnolung (nicht
von 1527!). CrA. 38.
,, Kardinal Albrecht von Brandenburg als h. Hieronymus im Zimmer.
Darmstadt, Museum. CrA. 22.
152t) Kardinal Albrecht von Brandenburg als h. Hieronymus im Zimmer.
Potsdam, Oberst v. Natzmer, früher in der Holländischen Samm-
lung in Braunschweig.
Sibylle von Cleve. Petersburg, Ermitage. CrA. 25. (Das Bildnis
aus demselben Jahr in Weimar jedoch von Lucas Cranach d. Ă„.)
1527 Kardinal Albrecht von Brandenburg als h, Hieronymus in der
Landschaft. Berlin, Galerie. CrA. 37.
„ Venus und Amor als Honigdieb. Schwerin, Museum. CrA. 39
„ Wirkung der Eifersucht. Weimar, Museum. CrA. 40. (Vergl.
die h. Sippe in Aschaffenburg, CrA. 132). Dazu die beiden andern
Darstellungen in der frĂĽheren Sammlung Habich in Kassel und
der frĂĽheren Sammlung Lippmann in Wien.
1528 Parisurteil. Darmstadt, Geh. Hofrat Dr. Schäfer. CrA. 42.
1529 Sündenfall und Erlösung. Gotha, Museum. CrA. 44.
1530 Das Paradies. Wien, Hofmuseura (vergl. die Kopie nach Bosch
im Vorrat der Berliner Galerie).
,, Untergang der Ägypter. Augsburg, Galerie.
1532 Venus. Frankfurt, Städelsches Institut. Cr.A. 57.
o. J. Maria in der Glorie. Lauban, Kloster der Magdalenerinnen
(vergl. den Aufsatz von Richard Förster, Neue Cranachs in
Schlesien, in der Zeitschrift Schlesiens Vorzeit, Bd. VH, S. 266
mit Lichtdruck).
,, Die Satyrfamilie. Donaueschingen, Galerie. Cr.\. 85.
Christus und die Ehebrecherin (ohne Bezeichnung). Aschaffen-
burg, Galerie.
Wollte ich alle die Bilder nennen, die nun wieder von derselben
Hand sind, wie die eben aufgezählten, so würde sich die Liste schnell
verdoppeln und verdreifachen. Ich will aber auch meinen Fachgenossen
etwas zu thun ĂĽbrig lassen und ihnen die Freude nicht vorwegnehmen, die
das Selbstfmden verursacht. Es handelt sich doch zugleich um eine Auf-
gabe, die nur in gemeinsamer Arbeit vollkommen gelöst werden kann.
Von den mit der Schlange bezeichneten Holzschnitten halte
— 250 —
ich den nach links reitenden geharnischten Ritter mit der Ăśberschrift
„Der Adel" L. 35 (B. 123. Seh. II, 278 Nr. 125) für eine ganz frühe
Arbeit Hans Cranachs. AusfĂĽhrlich habe ich ĂĽber ihn auf S. 53 ge-
handelt. Ausserdem nenne ich hier noch den auf S. 54 besprochenen
Titelholzschnitt zur deutschen Theologie von 15 18: Der auferstandene
Christus in den Wolken und das Begräbnis des alten Adam (Seh. II, 2^^
Nr. 94).
Von Kupferstichen gehören Hans Cranach drei an, von denen
zwei bisher fĂĽr Werke Lucas Cranachs gehalten worden sind.
1. Bildnis Luthers als Mönch in einer Nische, von 1520, L. 63 (Seh. II,
190 Nr. 7 und III, 211. P. IV, 6 Nr. 8). Vergl, dazu meine Be-
merkungen auf S. 57 — 59.
2. Bildnis des Kardinals Albrecht von Brandenburg von 1520, L. 64
(B. 4, Seh. II, 188 Nr. 5). Vergl. dazu meine Bemerkungen auf
S. 59.
3. Kleine Hochfüllung mit Blatt- und Rankenwerk, aus späterer Zeit;
wie es scheint, noch unbeschrieben. Sie befindet sich im Berliner
Kupferstichkabinet. Die Platte ist zusammen mit der des eben er-
wähnten Bildnisses des Kardinals Albrecht im zweiten Zustand ohne
den Stichelglitscher auf einem Blatte abgedruckt.
IV.
Die Cranach-Ausstcllung in Dresden.
Die Cranach-Ausstellung in Dresden wird wohl fĂĽr absehbare
Zeiten die einzige dem Meister Lucas gewidmete bleiben. FĂĽr die
Wissenschaft hat sie unzweifelhaft eine grosse Bedeutung erlangt. Soll
aber ihre Wirkung nachhaltig sein, so wäre es Pflicht eines jeden
Forschers, seine Beobachtungen und Ansichten ĂĽber Bilder der Ausstellung,
insofern sie neu sind und von den bisherigen abweichen, auch der All-
gemeinheit zugänglich zu machen und sich nicht, wie es gewöhnlich
geschieht, damit zu begnĂĽgen, sie im Notizbuch schwarz auf weiss zu
besitzen. Gerade hier gilt das Wort: Man soll das Eisen schmieden, so-
ange es warm ist.
Weitaus die meisten Bilder sind mir schon lange vor der Aus-
stellung aufs genaueste bekannt gewesen. Ich hatte mir ĂĽber jedes
einzelne längst ein Urteil gebildet, bevor ich sie in der so lehrreichen Ver-
einigung wiedersah. Ăśberraschungen also, wie fĂĽr andere, hat es fĂĽr
mich eigentlich keine gegeben. Ich habe auch nicht umzulernen
brauchen, abgesehen von einigen wenigen Bildern, die ich bisher fĂĽr
echte Werke Lucas Cranachs gehalten hatte, die ich aber doch als
solche streichen und seinem ältesten Sohn Hans zuweisen rausste.
Wichtig war fĂĽr mich die Ausstellung insofern, als sie mir erwĂĽnschte
Gelegenheit bot, diese und jene Frage noch weiter zu verfolgen, als es
mir bis dahin möglich gewesen war, meine Ansichten über dies und
jenes Bild, diese und jene Gruppe in eine noch bestimmtere Form zu
fassen, Zusammenhänge festzustellen, die ich bisher übersehen hatte.
An der Hand des wissenschaftlichen Verzeichnisses von Karl
— 252 —
Woermann gehe ich nun die Ausstellung noch einmal Bild fĂĽr Bild
durch und teile von meinen Beobachtungen alles das mit, was ich zu
Nutz und Frommen unserer Wissenschaft fĂĽr notwendig halte. Bei
allen Bildern, von denen es einzeln käufliche Photographien giebt, habe
ich wenigstens dies angegeben, wenn ich sonst nichts weiter zu bemerken
hatte. Die meisten Photographien sind im Verlag von R. T a m m e
(F, u. O. Brockmanns Nachfolger) in Dresden-A., Waisenhausstr. 31,
erschienen.
I. Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. München,
Generalmusikdirektor Hermann Levi. Von 1504. Phot. von Tamrae. Es
ist das erste Werk, das L. Cranach mit seinem Zeichen versehen hat.
Hat er wirklich kurz vor seiner Ăśbersiedelung nach Wittenberg in NĂĽrn-
berg eine Zahlung von 50 fl. erhalten, wie Corn. Gurlitt im Repert.
f. Kunstw. XVIII (1895) S. 1 1 3 mitgeteilt hat, so liegt es nahe, anzu-
nehmen, dass das Bild in NĂĽrnberg entstanden ist.
2 — 3. Flügelaltar mit der Hinrichtung der h, Katha-
rina und weiblichen Heiligen. Dresden, Galerie. Von 1506.
Phot. von Tamme. Vergl. S. 82 — 83.
4. Bildnis des Christoph Scheurl. NĂĽrnberg, Theodor
Freiherr von Scheurl. Von 1509. Phot. von Tamme. Vergl. S. 86.
5. Venus und Amor. Petersburg, Ermitage. Phot. von Tamme
und Braun. Von 1509. Vergl. S. 86.
6 — 7. Bildnis Herzog Heinrichs des Frommen und
seiner Gemahlin Katharina. Dresden, histor. Museum. Phot.
von Tamme. Von 15 14. Vergl. S. 37 und 89.
8. Christus an der Säule. Dresden, Galerie. Phot. von
Tamme. Von 15 15.
9. Christus am Kreuz zwischen den Schachern. Berlin,
Frau Mathilde Wesendonck. Phot. von Tamme. Voni5l5,
10. Die Vermählung der- h. Katharina. Wörlitz, Gotisches
Haus. Von 15 16. Phot. von Tamme. Zu der jetzt ĂĽblichen Benennung
derartiger Bilder vergleiche man S. 80, zu dem Bilde selbst S. 95.
II. Der Sterbende. Leipzig, Städtisches Museum. Phot. von
Tamme. Von 1518.
12. Maria mit dem Kinde, das einen Apfel hält.
Glogau, Dom. Phot. von Tamme. Von 15 18. Vergl. S. 103.
13. Ruhende Quellnymphe. MĂĽnchen, Dr. Martin Schubart.
Phot. von Tamme. Von 15 18 (?). Vergl. S. 103.
— -53 —
14- Die Kreuz tragung Christi. Donauuschingcn, Galerie.
IMiot. von Hölle in Augsburg. Die Bezeichnung gefälscht, angeblich
von 1520. Vergl. S. 107.
15. Bildnis eines jungen Mannes. Schwerin, Galerie.
Phot. von Tamme, Von 152 1. Die Schlange hat doppelte FlĂĽgel;
der Leib macht jedoch einen befremdlichen Elindruck, als ob er von
späterer Hand nachgezogen wäre (vielleicht die 22 darunter auch). Die
echten Schlangen Lucas Cranachs haben andere Schwanzspitzen.
16. Ein verliebter Alter. Budapest, Nationalgalerie. Phot.
von Tamme und von Weinwurm in Budapest. Von 1522. Nicht von Lucas
Cranach d. A., sondern von Hans Cranach. Dies lehrt eine Ver-
gleichung mit Gestalten auf verschiedenen PseudogrĂĽnewaldbildern, von
denen ich besonders zwei nenne: Wilibald und Walburg in Bamberg
(Cr.\. loi) und die Beweinung Christi in Augsburg (CrA. 143). Die
Dirne in Budapest ist nur eine malerisch verfeinerte Wiederholung der
Magdalena in Augsburg.
17. Bildnis eines jungen IMannes. Schleissheira, Galerie.
Von 1526, nicht 1524. Hat stark gelitten und ist deshalb kaum richtig
zu beurteilen. Einen Vergleich mit den ĂĽbrigen Bildnissen des Jahres
1526 hält es nicht aus.
18. Die h. Helena. Wien, Liechtensteinsche Galerie. Phot.
von Tamme. Von 1525. Nicht von Lucas Cranach d. Ă„., sondern
ganz sicher von Hans Cranach. Ich denke, die Zeit ist nicht mehr
ferne, wo man den Kopf darĂĽber schĂĽtteln wird, dass man Bilder wie
dieses für vortreffliche Werke derselben Hand hat erklären können,
die 15 18 und danach die Marienbilder in Weimar, Grossglogau
(CrA. 12), Karlsruhe (CrA. 79), Budapest (CrA. 73), Frankfurt a. M.
(CrA. 83) gemalt hat. Der Irrtum wird noch augenfälliger, wenn man
den eben angefĂĽhrten Bildern des Meisters Lucas, zugleich mit dieser
h. Helena, noch andere Bilder derselben Hand, d. h. Hans Cranachs,
aus demselben Jahre gegenĂĽberstellt, wie das kleine runde Bildnis
Nr. 38 (Tübingen, Universitätssammlung), namentlich aber die h. Magda-
lena des Kölner Museums. Diese Bilder von 1525 müssten doch den
Stil jener frĂĽheren Bilder Lucas Cranachs weiter fĂĽhren, oder sie mĂĽssten
— da Lucas Cranach in seiner Formensprache und Farbengebung
immer bewahrsamer wird, je mehr er sich dem 50. Lebensjahre (1522)
nähert — jenen im Stile fast gleichen. Von alledem ist hier nichts
zu bemerken. Im allgemeinen eine gewisse Ähnlichkeit, in jeder
— 254 —
Einzelheit dagegen ein grosser Unterschied. Man braucht gar nicht
die Bilder im Original gesehen zu haben, man braucht nur die Photo-
graphien neben einander zu legen, um sich der Kluft bewusst zu werden,
die beide Gruppen von einander trennt. Auch der Anfänger muss
sofort erkennen, dass z. B. das Marienbild in Karlsruhe (CrA. 79,
Phot. vonTamme) und die h, Magdalena in Köln (Phot. vonjoh. Nöhring,
LĂĽbeck), beide in ihrer Art sehr charakteristische Werke, sich nicht bloss
deshalb so gewaltig von einander unterscheiden, weil ein Zeitraum von
etwa 7 Jahren (vielleicht noch weniger) zwischen ihnen liegt, sondern
weil sie der Ausfluss zweier ganz verschieden gearteter KĂĽnstler-
persönlichkeiten sind. Beide als Werke desselben Künstlers aufzufassen,
ist auch psychologisch unmöglich. Wir wollen doch ja nicht ver-
gessen, dass Lucas Cranach 1525 schon im 53. Lebensjahre stand!
Er mĂĽsste, nachdem er das Karlsruher Marienbild gemalt hat, noch
einmal von vorn angefangen haben, gewissermassen geistig und kĂĽnst-
lerisch neu geboren worden sein, um die h, Magdalena in Köln malen
zu können. Man braucht nur dieses Bild nach seiner Forraensprache
und seinem geistigen Gehalte, der Auflfassungsweise , genauer zu
analysieren und mit dem Karlsruher Bilde zu vergleichen: in dem
späteren spricht sich eine noch etwas naive, in der Entwickelung be-
griffene, in dem früheren eine völlig gereifte Künstlerschaft aus. Wären
beide von derselben Hand, so müsste doch das Verhältnis gerade um-
gekehrt sein. Ich habe wie oft bedauert, dass die Kölner Magdalena
auf der Ausstellung fehlte. Wer von den Kennern sie z. B. in un-
mittelbarer Nachbarschaft des Karlsruher Marienbildes gesehen hätte
(ich räume diesem vor den anderen dieser Zeit den Vorrang ein wegen
seiner verhältnismässig vortrefflichen Erhaltung), wer nur die Landschaft
auf beiden genauer verglichen hätte, der hätte unbedingt irre werden
müssen an der längst zum Glaubenssatz gewordenen Ansicht, in Bildern
wie der h. Magdalena in Köln oder der h. Helena in Wien sei der
spätere persönliche Stil Lucas Cranachs d. Ä. verkörpert. Nach allem,
was ich im vorhergehenden Abschnitte dargelegt habe, kann nur Hans
Cranach der Schöpfer derartiger Bilder sein.
IQ. Lucrezia. Wartburg, Schlosshauptmann v. Cranach. Phot.
von Tamme. Von 1525. Wohl eher von Hans Cranach, als von
Lucas Cranach d. Ă„. Bei dem traurigen Zustande des Bildes ist diese
Frage jedoch noch nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
20. Altersbildnis Kurfürst Friedrichs des Weisen. Wör-
I
I
— ''55 —
litz, Gotisches Haus. l'hĂĽt. von Tainnie. Von 1525. b'riedrich starb
am 5. Mai 1525. Sein Tod gab Anlass zur Herstellung einer Anzahl
von Hildnissen mit grĂĽnem Hintergrund, zu denen das vorliegende und
das unter Nr. i 1 9 aufgeführte (Dresden, Prinz Georg) gehört. Wahr-
scheinlich ist kein einziges von ihnen von Lucas Cranach gemalt, sondern
lalle von den Gesellen in seiner Werkstatt, einige ganz sicher von Hans
Cranach, so z. B. das in Darmstadt Nr. 251, das mit der Schlange
und 1525 (nicht 1527!) bezeichnet ist. Auch das vorliegende, ebenso
bezeichnete Wörlitzer Bild könnte von ihm sein; man müsste beide
einmal genau vergleichen. Von dem unbezeichneten und undatierten
Bilde des Prinzen Georg (Nr. 1 1 9) unterscheidet es sich fast nur durch
einen etwas dunkler grĂĽnen Hintergrund und dadurch, dass es nach
unten zu kleiner ist; es ist etwa in der Mitte der Brust abgeschnitten,
also ohne Hände, während Friedrich auf jenem (und auch auf dem
Darmstädter) mit Händen dargestellt ist. Das Gesicht und die Kleidung
ist auf beiden ganz gleich. In der Qualität ist jenes beim Prinzen Georg
noch etwas besser, als das Wörlitzer. Das Bildnis Friedrichs des Weisen
in der Petersburger Ermitage (Phot. von Braun) ist sicher nicht einmal in
der cranachschen Werkstatt entstanden, sondern eine ausserhalb Witten-
bergs gemalte Kopie nach einem der Bilder des Jahres 1525 oder gar
nach einem noch späteren Holzschnitt.
Diese nach dem Tode Friedrichs des Weisen gemalten Bildnisse
von 1525 gehen auf ein Bildnis von 1522 zurĂĽck. Wie es scheint,
änderte Friedrich d. W. in diesem Jahre die bis dahin übliche Kopf-
und Haartracht, worauf ich schon auf S. 106 hingewiesen, wenigstens
kenne ich bis jetzt kein nachweisbar vor 1522 entstandenes Bild, auf
dem er mit Schnurrbart, längerem Haupthaar und dem weichen Barett
anstatt des Haarnetzes dargestellt wäre. So zeigt ihn uns ein Bild in
Gotha (Katal. Nr. 352), das mit der Schlange und 1522 bezeichnet
ist. Dieses im ganzen vortreffliche Bildnis ist nicht von Lucas, sondern
von Hans Cranach; man braucht es nur mit den männlichen Bild-
nissen in Berlin (von 15 15), in Sigmaringen bei Hofrat Gröbbels (von
1518J, dem des Gerh. Volk im Leipziger Museum (von 15 18), dem
Luthers als Junker Jörg in der Leipziger Stadtbibliothek (von Ende 152 1),
besonders aber mit dem hervorragenden Bildnis eines jungen Mannes
in Schwerin von 152 1 zu vergleichen. Alle diese Bildnisse haben eine
durchaus warme Färbung, das Gothaer von 1522 wirkt durchaus kühl. Wäre
es von dem damals 50jährigen Lucas Cranach, so hätten wir hier ein
- 256 —
Rätsel, wie es in der Psychologie der Kunst nicht wieder vorkommt.
Es wäre das kein allmählicher Übergang zu einem neuen Stil, sondern
ein plötzlicher, gewaltsamer Bruch mit der ganzen Vergangenheit, bei
einem Fünfzigjährigen, namentlich aber bei einem Lucas Cranach etwas
ganz Unmögliches. Die Bezeichnung des Bildnisses ist echt cranachisch,
d. h. keine Fälschung irgendwelcher Art, aber sie ist so zart, fast energie-
los hingesetzt, eher mit einer feinen Feder, als mit dem Pinsel ge-
zeichnet, wie es so bei Lucas Cranach bis dahin nicht vorgekommen
ist. Es fragt sich, ob Hans Cranach hier den KurfĂĽrsten nach dem
Leben gemalt oder ob er, wie es wahrscheinlicher ist, ein Bild seines
Vaters aus diesem Jahre wiederholt hat. Ein solches Bild Lucas Cra-
nachs ist bis jetzt freilich noch nicht bekannt. Es wĂĽrde zugleich das
Urbild fĂĽr die Bildnisse von 1525 sein.
Diese Bildnisse Friedrichs des Weisen sind noch nicht die letzten,
die aus der cranachschen Werkstatt hervorgegangen sind. Zunächst
habe ich aus dem Jahre 1525 noch ein Rundbildchen zu erwähnen, zu
dem als Gegenstück das Bildnis Johanns des Beständigen gehört: der
verstorbene und der zur Regierung gelangte KurfĂĽrst. Ich kenne nur
die beiden Bilder in Karlsruhe (Kat. Nr. 120 u. 119); vielleicht sind sie
wirklich nur einmal so gemalt, ob von Lucas Cranach selbst, wage ich
nicht zu entscheiden, da ich sie längere Zeit nicht gesehen habe. Beide
sind bezeichnet und datiert (im Karlsruher Katalog ist bei Nr. 120,
Friedrich d.W., statt 1525 fälschlich 1535 angegeben).
Die Hauptbestellung derartiger Bildnisse der LandesfĂĽrsten erfolgte
aber erst 1532. Am 16. August war Johann der Beständige gestorben.
Sein Sohn und Nachfolger, KurfĂĽrst Johann Friedrich, bestellte nun bei
Lucas Cranach 60 Paar kleine Brustbildnisse seiner beiden Vorgänger,
Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen. Sonnabend nach
Jubilate, am 10. Mai 1533, erhielt der Meister 109 Gulden als Be-
zahlung dafür (vergl. Schuchardt I, 88 — 90). Sie sind also zwischen dem
16. August 1532 und dem 10. Mai 1533 entstanden. Es giebt kaum
eine grössere Sammlung, die nicht wenigstens eins dieser Bildnisse, die
die Jahreszahl 1532 oder 1533 tragen, besässe. Oben in der Ecke,
bei Friedrich rechts, bei Johann links, befindet sich der Name des Dar-
gestellten, unten deutsche Reime („Fridrich bin ich billich genand"
und ,,Nach meines lieben bruders end"), die von Luther herrĂĽhren
(vergl. Spalatin bei Mencke, Scriptores rer. germ. 11, 11 30). Beides ist
mit Lettern auf Papier gedruckt. Die Bildnisse, von vornherein als
— 257 —
GegenstĂĽcke gedacht, sind auf jeden Fall auch paarweise verschenkt
worden ; erst später hat man sie getrennt. Selbstverständlich rühren sie
nicht von einem Einzigen her, am wenigsten von Lucas Cranach d. Ă„.,
dazu sind sie viel zu ungleich behandelt. Aber man darf wohl als
sicher annehmen, dass der Meister wenigstens ein Paar dieser kleinen
Bildnisse mit eigener Hand gemalt hat, das dann als V'orbild fĂĽr die
ĂĽbrigen 59 Paare diente. Den Hauptanteil an der Arbeit hat auf jeden
Fall der älteste Sohn Hans, nächst ihm der 17jährige jüngere Lucas
gehabt, auch andere Gesellen mögen mitgearbeitet haben. Mit der Zeit,
wenn sich unsere Augen immer mehr für die Eigenart beider Söhne
geschärft haben, werden wir auch imstande sein, die Bildnisse zu be-
zeichnen, die jeder von ihnen gemalt hat. Nötig ist aber eine solche
Scheidung nicht gerade, der Gewinn dabei ist doch zu gering.
21. Bildnis Luthers. Wittenberg, Lutherhalle. Phot. von
Tamme. Von 1525, die letzte Ziffer ist vollkommen deutlich sichtbar.
Ich will hier nur ĂĽber die verschiedenen bis 1533 entstandenen
gemalten Bildnisse Luthers und seiner Frau und ihr Verhältnis zu ein-
ander handeln, ĂĽber das noch keine Klarheit zu herrschen scheint, so
einfach es auch ist.
Vor 1525 haben wir, mit Ausnahme des Ende 1521 entstandenen
Junkers Jörg in der Leipziger Stadtbibliothek (CrA. 114), kein gemaltes
Bildnis Luthers von der Hand Lucas Cranachs. Die beiden Kupfer-
stiche von 1520 und 152 1 erfüllten den Zweck, die äussere Gestalt
des mutigen Mönches aller Welt bekannt zu machen, viel besser, als
es Tafelbilder vermocht hätten. Dazu kam dann noch der Holzschnitt
des Junkers Jörg (vergl. S. 63).
Es bedurfte eines äusseren Anlasses, bis Lucas Cranach zum Pinsel
griff, um den Freund zu malen. Dies war Luthers Verheiratung mit
Katharina von Bora am 13. Juni 1525. Ein eigentlicher Brautstand
war nicht vorangegangen. So liessen sich also erst die Neuvermählten,
nach der Sitte der Zeit, malen. Von diesen Bildnissen wurden mehrere
Exemplare hergestellt. Es sind Rundbildchen von 10 — 1 1 cm Durch-
messer. Gewöhnlich ist von jedem zusammengehörigen Paar immer nur
das eine Bildnis, entweder Luther oder Katharina, bezeichnet und datiert.
Bekannt sind von diesen frĂĽhesten Bildnissen nur wenige. Ich nenne
ein Paar in der öffentlichen Kunstsammlung in Basel Nr. 102 a u. b.
Die Bezeichnung steht auf dem Bildnis Katharinas, die letzte Ziffer der
Jahreszahl ist undeutlich, diese darf aber auf keinen Fall 152g gelesen
17
— 258 —
werden, sondern nur 1525, wie die weiteren Erörterungen ergeben werden.
Der blaugrüne Grund ist eine Übermalung neuerer Zeit, die Köpfe da-
gegen sind ziemlich unversehrt. Ferner stammt aus dem Jahre 1525
ein Paar in der Sammlung Ugglas in Forsmark in Schweden (vergl. Olav
Granberg, Catalogue raisonne de tableaux anciens dans les coUections
privees de la Suede. I. Bd. Stockholm, 188O, S. 104 Nr. 200 u, 201).
Hier trägt das Bildnis Luthers die Bezeichnung. Granberg giebt keine
Mafse an, sagt auch nicht, ob diese beiden Bildnisse rund sind. Ich
nehme an, dass dies der Fall ist und ziehe nur unter dieser Voraus-
setzung die Schlussfolgerungen.
Dem Bildnis Luthers in der Lutherhalle in Wittenberg fehlt sein
GegenstĂĽck, ebenso dem nicht datierten seiner Frau in der Berliner
Galerie (Phot. von Hanfstängl). Es fragt sich, ob auch dieses im Jahre
1525 entstanden ist. Ich glaube, darĂĽber kann kein Zweifel herrschen.
Zunächst sind aus der Zeit nach 1525 keine runden Bildnisse Luthers
und seiner Frau vorhanden oder wenigstens nachgewiesen, und andere als
Rundbildnisse sind von beiden aus dem Jahre 1525 nicht bekannt. Das
Jahr 1525 ist ĂĽberhaupt das der kleinen Rundbilder. Ich erinnere hier
an die beiden schon erwähnten Bildnisse Friedrichs des Weisen und
Johanns des Beständigen in Karlsruhe Nr. 120 u. 119 (Durchmesser
0,10^/2 u. 0,11 m), an das Marienbild in der MĂĽnchener Pinakothek
(Durchmesser 0,13 m) und an das weibliche Bildnis der Universitäts-
sammlung in TĂĽbingen (CrA. 38, Durchmesser 0,14^/2 m), dessen
Jahreszahl ursprĂĽnglich 1525 lautete (die letzte Ziffer, undeutlich ge-
worden, wurde später in eine 7 verwandelt). Aus diesem Zusammen-
treffen verschiedener Umstände darf man wohl schliessen , dass
sowohl das undeutlich datierte Paar in Basel, wie das nicht datierte
Einzelbildnis in Berlin im Jahre 1525 gemalt ist, und zwar diese, wie
alle anderen nicht vor dem 13. Juni, dem Tag der Vermählung.
Bei diesen kleinen runden Bildnissen des jung verheirateten Luther
und seiner Frau aus dem Jahre 1525 darf wohl als sicher gelten, dass
wenigstens ein Paar, und zwar das frĂĽheste, von Lucas Cranach selbst
gemalt worden ist, als wahrscheinlich ferner, dass nur Hans Cranach,
sonst keiner der Gesellen, an den Wiederholungen des Urbildes be-
teiligt gewesen ist, denn kein einziges ist schlecht oder mittelmässig.
Wo aber ist das Urbild?
Was nun das Wittenberger Lutherbildnis betrifft, so hat es leider
sehr gelitten, ist aber wenigstens vor stärkeren Übermalungen im Gesicht
— -\59 —
bewahrt geblieben. Der jetzt dunkelgrĂĽne Grund sah wohl ursprĂĽnglich
etwas anders aus. Die orangefarbene Bezeichnung ist durchaus echt,
aber doch etwas zu klein, als dass man danach die Frage: Lucas oder
Hans Cranach? schon jetzt mit Sicherheit entscheiden könnte. Aber
die Zukunft wird uns gewiss noch schärfer sehen lehren. Jetzt sehen
wir an den cranachschen Schlangen ĂĽberall noch Ăśbereinstimmungen,
später werden wir überall Unterschiede bemerken.
Die kleinen runden Bildnisse des Jahres 1525 waren wahrscheinlich
nur für die Verwandten und die nächsten Freunde des neuvermählten Paares
bestimmt. Aber Luther war ein Mann, der nicht dem kleinen Witten-
berg, sondern dem ganzen deutschen Lande angehörte, soweit es nicht
römisch gesinnt war. Die Kunde, dass der frühere Mönch in den Ehe-
stand eingetreten sei, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Katharina
von Bora begann die Welt zu beschäftigen. Das natürliche Interesse,
zu wissen, wie die Frau des Reformators aussehe, rief nun auch bei
Fernerstehenden die Frage nach Bildnissen von ihr hervor. So sehen wir
denn im Jahre 1526 Lucas Cranach, den vertrauten Freund des
Lutherschen Hauses, beschäftigt, dieser sich mehrenden Nachfrage zu
genĂĽgen.
Diese Bildnisse des Jahres 1526, wie die von 1525 als Gegen-
stĂĽcke aufgefasst, sind nichts anderes als Wiederholungen der von 1525,
die nur in der Grösse und der äusseren Form von diesen abweichen.
Es sind rechteckige Tafeln in zwei sehr verschiedenen Grössen. Von
den kleineren (h. 0,19^/2, br. 0,13^3 ^™) nenne ich Nr. 28 u. 29
(Schwerin, Galerie 157 u. 158, Phot. von Tamme) und die der Wolfen-
bĂĽtteler Bibliothek, von den anderen, doppelt so grossen (h. 0,37^/2,
br. 0,24^/2 cm) Nr. 30 u. 31 (im Besitz des Geh. Regierungsrats Prof.
Dr. V. Kaufmann in Berlin).
Die kleineren Bildnisse von 1526 stimmen in den Köpfen so voll-
kommen mit den Rundbildern von 1525 ĂĽberein, dass man eine mecha-
nische Ăśbertragung der Vorbilder mittels Pause annehmen muss.
Sie sind nur nach unten bedeutend vergrössert (in entsprechender Weise
auch nach den übrigen Seiten), was ja schon das veränderte Format
mit sich bringt. So sind aus den Köpfen von 1525 halbe Gestalten
geworden. Schlägt man um die Köpfe in diesen kleineren Bildnissen
von 1526 einen Kreis mit demselben Mittelpunkt und demselben Radius,
wie ihn die Rundbildnisse von 1525 haben, so hat man ohne Unter-
schied diese Bildnisse von 1525 wieder vor sich.
17*
— 2ÖO —
Auch bei diesen Bildern, die ja, abgesehen von den Zusätzen,
nichts als Wiederholungen eines nicht lange vorher entstandenen Ur-
bildes sind, möchte man von vornherein annehmen, dass höchstens ein
Paar von Lucas Cranach selbst gemalt worden sei, die ĂĽbrigen von
Hans Cranach. Die Wolfe nbĂĽtteler Exemplare zeigen sicherlich
nicht die eigene Hand Lucas Cranachs, die Schweriner sind zwar
besser, machen aber schon durch den Zustand, in dem sie sich jetzt
befinden, eine sichere Entscheidung fast unmöglich. Nr. 28 (Luther)
ist vollständig übermalt, Nr. 29 (Katharina) zum grössten Teil, nur
im Gesicht ist noch vieles unversehrt.
Die grösseren Bildnisse des Jahres 1526, die durch die Nrn. 30
u. 31 im Besitz des Geh. Regierungsrats Prof. Dr. v. Kaufmann in Berlin
vertreten werden, sind nichts anderes, als getreue Wiederholungen der
kleineren aus demselben Jahre in doppelter Grösse. Die vorliegenden
Exemplare haben den Vorzug, dass sie ausgezeichnet erhalten sind, was
sich von den bisher genannten nicht behaupten Hess. Auch ihre kĂĽnst-
lerischen Eigenschaften sind derart, dass sie es verdienten, weiteren
Kreisen bekannt zu werden. Auffällig ist das bleiche, etwas krankhafte
Aussehen Luthers (eine ähnliche Gesichtsfarbe haben die Bildnisse
Nr. 24, ^^ u. 34), zu dem der ein wenig kĂĽhl gehaltene saftgrĂĽne
Hintergrund passt. Jedenfalls liegt aber kein Grund vor, die beiden
Kaufmannschen Bildnisse nicht für eigenhändige Arbeiten Lucas Cranachs
selbst zu erklären. Auch die Bezeichnung macht ganz den Eindruck,
als rĂĽhre sie von ihm selbst her.
Nach dem Jahre 1526 ist das Urbild von 1525 nicht wieder-
holt worden.
Aus dem Jahre 1527 giebt es keine Bildnisse von Luther und
seiner Frau. Schuchardt (II, 41 Nr. 226) fĂĽhrt zwar ein Paar in Darm-
stadt an, aber er hat sich mit der Jahreszahl versehen, wie öfter gerade
bei Bildnissen. Sie lautet dort nicht 1527, sondern 1529.
1528 geht ein ganz neues Bildnis Luthers und seiner Frau aus
der cranachschen Werkstatt hervor: er im schwarzen Priesterrock, aber
nicht mehr barhäuptig, sondern mit der schwarzen barettartigen Kappe auf
dem Kopf als protestantischer Pfarrer, sie als seine ehrbare Hauswirtin,
den Kopf in eine weisse, fast die ganze Stirn bedeckende Haube ge-
steckt und den Hals von einem weissen, nach dem Hinterkopf gehenden
Tuche verhĂĽllt. Meist sind die beiden Bildnisse zu einem Diptychon
verbunden, so in Nr. 41 (Hamburg, Familie Arnemann). FĂĽr die
26l
\orchrer Luthers und des Meisters Lucas kann es keine grossere Ent-
täuschung geben, als diese Bildnisse von 1528 nach denen von 1525
und 1526. Das ist nicht der gewaltige Reformator, das ist ein Weich-
ling, dem nie eine grosse Tiiat gelungen ist, gegen den die Frau
ein Mann ist. Das sieht man deutlich an den beiden Gesichtern.
Und nun erst die kĂĽnstlerische Leistung! Diese abgeschnittenen
Schultern bei dem Manne, dieser grosse Kopf auf dem schmalen Rumpf,
diese nichtssagenden, leeren ZĂĽge im Gesicht! Fort mit diesen beiden
Bildnissen aus dem Werke Lucas Cranachs und fort mit ihnen aus den
Biographien Luthers! So hat der Reformator nie ausgesehen und so
hat ihn der Pinsel des Meisters Lucas nie verewigt. Wir haben hier eine
ganz gewöhnliche Fabrikware vor uns, und dass sie das ist, dafür ist
auch noch der Beweis vorhanden. Die Vorzeichnung zu diesen Bild-
nissen des Jahres 1528 besitzt das Weimarer Museum. Sämtliche Um-
risse sind mit der Nadel durchstochen, auch die Schlange und die
Jahreszahl, die beide rückwärts geschrieben sind. Die ganze Zeichnung
ist also mechanisch auf die Bildtafel ĂĽbertragen worden, sogar mit
Schlange und Jahreszahl. Sämtliche Entfernungen auf der Zeichnung
stimmen mit denen auf den Bildern ĂĽberein. Die Aufgabe des soge-
nannten Künstlers hat nur noch darin bestanden, die Flächen innerhalb der
Linien mit Farbe auszufĂĽllen. Es fragt sich nun: wer hat die Zeichnung
gemacht? Ich bin noch nicht in der Lage, eine bestimmte Antwort
darauf zu geben. Die Zeichnung wirkt durchaus nicht so schlimm, wie
die nach ihr ausgefĂĽhrten Tafelbilder. Ist sie nicht von Lucas Cranach
selbst, dann kann sie nur von Hans Cranach sein. Die Tafelbilder
dagegen zeigen weder die Hand des Vaters, noch die des ältesten
Sohnes, sondern die unbekannter Gesellen.
Aus dem Jahre 15 28 scheinen nur wenige von diesen unerfreu-
lichen Bildnissen vorhanden zu sein, dagegen tragen eine grössere An-
zahl von ihnen die Jahreszahl 1529. Auch diese gehen selbstverständlich
auf die Zeichnung in Weimar zurück. Während aber das Bildnis Luthers
ganz in derselben Weise, wie 1528, weiter kopiert wurde, wurde das
Katharinas geändert und zwar nicht unwesentlich. Die Augen, die ur-
sprĂĽnglich gerade auf den Beschauer gerichtet waren, folgen jetzt der
Richtung des nach links gewendeten Kopfes. Haube und Halstuch, die
das Gesicht wahrscheinlich etwas zu alt gemacht hatten, fehlen jetzt,
dafür trägt sie, wie auf den Bildnissen von 1525 und 26, das Haar in
einem einfachen Netz. Ausserdem ist ihre Jacke jetzt mit Pelz aus-
202 —
geschlagen, und auch sonst noch finden sich an der Kleidung kleine
Verschiedenheiten. Das Gesicht aber und die ganze Haltung ist die-
selbe, wie im Jahre vorher. In dieser Gestalt sehen wir Katharina auf
dem Diptychon Nr. 43 im Besitz des Universitätsprofessors D. Dr. Nik.
MĂĽller in Berlin.
Nach dem Jahre 152g sind keine neuen Bildnisse Katharina
Luthers aus der cranachschen Werkstatt hervorgegangen , es sind mir
wenigstens keine bekannt geworden. Nur der Reformator ist noch öfter
dargestellt worden und zwar zugleich mit ihm, als GegenstĂĽck, sein Freund
Melanchthon. Aus den Jahren 1530 und 1531 giebt es keine Bildnisse
von ihnen, dagegen sind sie in den Jahren 1532 und 1533 gleich massen-
haft hergestellt worden, ebenso wie die Bildnisse der beiden verstorbenen
Kurfürsten, Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen. Die
Höhe der Täfelchen beträgt ungefähr 18, die Breite 15 cm. Fast jede
Sammlung besitzt ein Paar oder wenigstens eines dieser Bildnisse von
1532 oder 1533. Bezeichnet und datiert ist immer nur das eine, die
Bezeichnung gilt zugleich fĂĽr das GegenstĂĽck. Der Grund ist in der
Regel hellblau. Es giebt aber auch Exemplare, die kein Zeichen tragen,
sondern nur die Jahreszahl, wie z, B. Nr. 121A u. 121 B des Nachtrags
(Dresden, Galerie, beide von 1532, mit grĂĽnem Grunde). Man muss
annehmen, dass allen diesen Bildnissen ein Urbild von der Hand Lucas
Cranachs zu Grunde liegt, das dann von den Gesellen getreu verviel-
fältigt worden ist. Aber wo ist dieses Urbild? Die verschiedenen
Exemplare sind sehr ungleich ausgefallen, einige hervorragend, andere
minderwertig. Dass Hans Cranach einen grossen, vielleicht den grössten
Teil ausgeführt hat, ist fast selbstverständlich, ebenso, dass der jüngere
Lucas schon bei der Arbeit beteiligt gewesen ist. Es wird vielleicht
schon in 10 Jahren möglich sein, die Exemplare deutlich zu bezeichnen,
die von der Hand eines jeden der beiden Söhne gemalt worden sind.
Freilich, wie ich schon bei den Bildnissen der beiden KurfĂĽrsten be-
merkte, nötig ist diese Scheidung nicht, unsere Erkenntnis wird nicht
in ungeahnter Weise dadurch bereichert und erweitert.
Ausser diesen vielen kleinen, in den Mafsen ĂĽbereinstimmenden
Bildnissen Luthers und Melanchthons von 1532 und 1533 giebt es nun
noch welche in einem viel grösseren Mafsstabe, die jedoch nicht
massenhaft hergestellt worden zu sein scheinen, wie die anderen. Ich
kenne wenigstens nur die beiden unter Nr. 58 u. 59 ausgestellten Bild-
nisse des städtischen Museums in Frankfurt a. M. (im Archivgebäude).
— 203 —
Sie sind beide mit der Schlange bezeichnet und 1532 datiert. Ab-
gesehen von der Grösse unterscheiden sie sich nicht wesentlich von
den kleineren Bildnissen, wiederholen also dasselbe Urbild. Von
Lucas Cranach d. Ă„. selbst sind sie keinesfalls, eine Schlange, wie wir
sie hier sehen, mit merkwĂĽrdig breit gespreizten FlĂĽgeln, hat er nie ge-
zeichnet. Auch die Färbung, besonders der ganz hellblaue Grund, und
der etwas energielose Vortrag spricht gegen ihn. Ebenso darf man
nicht an Hans Cranach denken. Ein männliches Bildnis von derselben
Hand, wie die beiden Frankfurter, sah ich im August 1897 bei Herrn
Hofrat Gröbbels in Sigmaringen. Es hat ebenfalls hellblauen Grund,
is^t mit einer Schlange in derselben eigenartigen Form bezeichnet und
1533 datiert. Es ist nicht unmöglich, dass diese drei Bildnisse Jugend-
arbeiten des jĂĽngeren Lucas Cranach sind, der im Jahre 1532 1 7 Jahre
alt war (vergl. S. 241).
22. Kardinal Albrecht von Brandenburg als h. Hierony-
mus im Gemache. Darmstadt, Museum. Phot. von Tamme. Von
1525. Nicht von Lucas Cranach d. Ă„., sondern von Hans Cranach.
Es ist das erste der Bilder, auf denen sich der Kardinal als Hieronymus
hat darstellen lassen. Das zweite, von 1526, dem von 1525 sehr ver-
wandt, befindet sich jetzt im Besitz des Obersten von Natzmer in Pots-
dam; frĂĽher war es in der Hollandtschen Sammlung in Braunschweig
(Schuchardt II, 35 Nr. 60). Ich hatte Gelegenheit, es eine Woche lang
aufs genaueste zu studieren. Das dritte, von 1527, ist das oft ab-
gebildete der Berliner Galerie. Die Szene ist hier aus dem Gemach
ins Freie verlegt. Diese 3 Bilder sind ohne Zweifel von ein und der-
selben Hand gemalt. Bemerkenswert ist an ihnen das Ăśberwiegen
kühler und stumpfer Töne, der Mangel an Harmonie in der Färbung;
die einzelnen Farben sind nicht gegeneinander abgestimmt, sondern
springen fast grell aus dem Bilde heraus, namentlich die roten Stoffe
und die hellen Farben des Holzes (besonders auf den beiden ersten
Bildern). Eine solche Farbenanschauung ist Lucas Cranach ganz fremd.
Dieser hat vielmehr ein fein entwickeltes FarbengefĂĽhl und stimmt seine
Bilder immer auf einen warmen, bei kleineren Massverhältnissen
sogar tiefen brĂĽunlichen Ton, wie seine bis 1522 entstandenen Bilder
beweisen.
Von derselben Hand wie das Uarmstädler Bild (mit ihm also auch die
beiden andern Darstellungen des Kard. Albrecht als h. Hieronymus) ist
nun aber auch die h. Helena Nr. iS (Wien, Liechtensteingalerie), di^*
204 —
h. INIagdalena im Wallraf-Richartz-jMuseum in Köln und das kleine runde
weibliche Bildnis Nr. 38 (Tübingen, Universitätssaramlung), alle drei von
1525. DarĂĽber werden alle Kenner miteinander ĂĽbereinstimmen: ein
Irrtum über die Zusammengehörigkeit dieser Bilder ist nicht möglich.
Erweist sich also eins von ihnen nicht als Werk Lucas Cranachs,
so muss dies ohne weiteres von den anderen gelten. Die h. Helena
Nr. 18 ist nicht von Lucas Cranach, sondern, wie ein Vergleich mit den
PseudogrĂĽnewaldbildern zeigt, von Hans Cranach, folglich auch die drei
Darstellungen des Kardinals Albrecht als h. Hieronymus.
23. Bildnis Johann Friedrichs I. als Bräutigam. Weimar,
Museum. Phot. von Tamme. Von 1526. Dazu als GegenstĂĽck das
folgende Bild.
24. Bildnis der Prinzessin Sibylle von Cleve als Braut
Johann Friedrichs I. von Sachsen. Weimar, Museum. Phot. von
Tamme. Von 1526. Der Kurprinz Johann Friedrich verlobte sich mit
Sibylle am 8. Sept. 1526 (die natali Divae INIariae Virg. perpetuae) in
Burg a. d. Wupper. Spalatin, dessen Annalen ich diese Angabe ent-
nehme (bei Mencke, Scriptores rerum germanicarum II, 661), berichtet
dann weiter: „Jnde reversus Wimariam incolumis die XI. Octobr. quae
(qui?) fuit V. post Gereonis." Hier ist der ursprĂĽngliche Wortlaut auf
jeden Fall verderbt, ganz abgesehen von dem quae; die Zeitangabe
enthält einen Widerspruch, wahrscheinlich infolge eines Druckfehlers.
Der Gereonstag war der 10. Oktober. Entweder ist also der Kurprinz
am II. Oktober, einen Tag nach Gereonis, oder am 15. Oktober, dem
5. Tag nach Gereonis, nach Weimar zurĂĽckgekehrt. Doch dieser Unter-
schied ist fĂĽr uns von keiner Bedeutung. Wichtig ist nur die Thatsache,
dass das Bildnis des Bräutigams nicht vor dem Tag seiner Rückkunft,
also nicht vor dem 11. oder 15. Oktober gemalt worden sein kann.
Denn dass Lucas Cranach als Begleiter des Prinzen mit am Hofe des
Herzogs von JĂĽlich, Cleve und Berg gewesen sei, ist nicht ĂĽberliefert^
es ist ausserdem höchst unwahrscheinlich. Das Bildnis der Braut ist
sicherlich nicht nach dem Leben gemalt. Vor ihrer Hochzeit, die
am 3. Juni 1527 in Torgau stattfand, ist Sibylle auch nicht nach Sachsen
gekommen. Die beiden Bildnisse sind nur in der Grösse der Tafeln
GegenstĂĽcke, nicht aber in der Haltung und Auffassung der Dargestellten.
Sibylle ist als Kniestück, ihr Bräutigam als Halbfigur dargestellt. Nur
Kleidung und Schmuck sind echt cranachisch an ihr, nicht aber ihre
Haltung. Man muss daher annehmen, dass Lucas Cranach die Braut
— 205 —
nach einem fremden Vorbild gemalt hat, das der Bräutigam vielleicht
selbst mitgebracht hatte. Daher auch der Mangel an Leben in diesem
Bildnis im Vergleich zu dem des Kurprinzen. Es wäre dies übrigens
nicht der einzige Fall, dass bei Lucas Cranach ein Bildnis bestellt worden
wäre, zu dem ihm ein anderer die Vorlage geliefert hatte. Dass dies
vorgekommen ist, geht mit vollkommener Sicherheit aus mehreren
urkundlichen Ăśberlieferungen hervor.
\'on den erhaltenen Bildnissen Johann Friedrichs und Sibyllens
sind die Weimarer, soviel ich weiss, die frĂĽhesten. Der Prinz hatte am
30. Juni 1526 sein 23. Jahr, die Prinzessin am 17. Juli ihr 14. Jahr
vollendet. Aus späterer Zeit giebt es von ihnen eine Menge Bildnisse.
Sibylle hat sich von ihrer Verheiratung an rasch verändert, wie es bei
diesem Alter ganz natürlich ist, ja sie ist später geradezu hässlich ge-
worden. Schon bei den in der Mitte der 30 er Jahre entstandenen
Bildnissen meint man, gar nicht mehr dieselbe Person vor sich zu haben,
wie auf dem Bilde in Weimar.
Die beiden Bildnisse Xr. 2^, und 24 darf man vortrefflich erhalten
nennen, wenn man berĂĽcksichtigt, dass sie von dem Pinsel moderner
Restauratoren durchaus verschont geblieben sind: es sind alles noch die
alten Farben, die man hier sieht. Andererseits geben sie doch nicht
mehr den rechten Begriff von der ursprĂĽnglichen Farbenwirkung, denn
sie sind leider beide etwas zu sehr gereinigt, sozusagen abgescheuert.
Infolgedessen treten im Gesicht Sibyllens ziemlich kalte graue Schatten
in etwas unangenehmer Weise zu Tage. Ein zwingender Grund,
das Bild Lucas Cranach deshalb abzusprechen , liegt zwar noch
nicht vor, aber mit einigem Misstrauen sollte es doch in Zukunft be-
trachtet werden. Dagegen halte ich ohne jeden Vorbehalt das Bildnis
des Prinzen für ein ganz vorzügliches eigenhändiges Werk des Meisters.
25. Bildnis der Sibylle von Cleve als Braut Johann Frie-
drichs L Petersburg, Ermitage. Phot. von Tamme und Braun. Von
1526. Nicht von Lucas, sondern von Hans Cranach. Die Dar-
gestellte ist durch nichts als Braut gekennzeichnet, kann aber auch aus
anderen GrĂĽnden nicht Sibylle von Cleve sein. Sie mĂĽsste als solche
nach dem Weimarer Brautbilde noch in den letzten Monaten des Jahres
152O gemalt sein. Vergleicht man beide miteinander, so ist nicht
einmal eine besondere Ähnlichkeit zwischen ihnen wahrzunehmen,
es ist eigentlich alles anders. Ein Unbefangener wĂĽrde nie darauf
kommen, dass beide Bildnisse ein und dieselbe Person in demselben Alter
— 266 —
darstellen sollen. Die angebliche Sibylle in Petersburg ist auch kein eben
erst dem Kindesalter entwachsenes Mädchen mehr, wie es die Prinzessin
in Wirklichkeit noch war und wie es uns das Weimarer Bild deutlich
erkennen lässt. Die unbekannte junge Dame — anders darf man sie
nicht nennen — ist von derselben Hand gemalt, wie Nr. i8, die h. Helena
von 1525 der Liechtenstein-Galerie in Wien, und wie die h. Magda-
lena von 1525 des Kölner Museums, also von Hans Cranach.
26. Bildnis des Kurfürsten Johann des Beständigen. Dres-
den, Prinz Georg von Sachsen. Phot. von Tamme. Von 1526. Wenn man
nur das Bildnis Johanns mit dem glattrasierten Gesicht auf dem
Zwickauer Altarwerk Nr. 100 vergliche, könnte man wohl die Frage
erheben, ob das hier von 1526 wirklich denselben Mann darstelle.
Doch beseitigt ein Blick auf den rechten Flügel des Wörlitzer Trip-
tychons Nr, 127 eigentlich sofort jeden derartigen Zweifel. Aus welchem
Anlass trägt aber hier der Kurfürst einen Nelkenkranz im Haar?
27. Kleines Bildnis des Kardinals Albrecht von Branden-
burg. Petersburg, Ermitage. Phot. von Tamme. Von 1526. Das
Bild ist so schlecht erhalten, dass ein sicheres Urteil darĂĽber, ob es
von Lucas oder Hans Cranach herrührt, vorläufig ziemlich gewagt er-
scheinen wĂĽrde. Doch ist Eines sicher, dass zwischen diesem und
anderen Bildnissen des Kardinals, z. B. dem Nr. 89 (Berlin), ein be-
trächtlicher Unterschied besteht. Das Petersburger ist weicher gemalt
und auf einen wärmeren Ton gestimmt, gegen den der Ton des Berliner
Bildes auffallend kĂĽhl ist. Das Zinnoberrot der KardinalsmĂĽtze ist
mit Gelb gemischt, wie das Rot auf Nr. 15, dem Schweriner Bildnis
von 152 1. Dieses wärmere Rot findet sich nur bei Lucas Cranach; auf
den Bildern, die ich aus verschiedenen anderen GrĂĽnden Hans Cranach
zuschreibe, habe ich es wenigstens noch nicht gefunden.
28. 29. Bildnis Dr, Martin Luthers und Bildnis der
Katharina von Bora. Schwerin, Galerie. Phot. von Tamme. Von
1526. Vergl. meine Bemerkungen zu Nr. 21, S. 259 — 260.
30. 31. Brustbild Luthers und der Gattin Luthers.
Berlin, Geh. Regierungsrat Prof. Dr, R. von Kaufmann. Von 1526.
Vergl. meine Bemerkungen zu Nr. 21, S. 259 — 260.
^2. Männliches Bildnis. Heidelberg, Stadt. Kunst- u. Altertümer-
sammlung, Phot. von Tamme. Von 1526. Abgesehen von Ăśber-
arbeitungen im Gesicht ziemlich gut erhalten. Doch wohl von Lucas
Cranach selbst.
3j. 34. Zwei Knabenbildnisse. Darmstadt, Grossherzug von
Hessen. Phot. von Tamnie. Von 1526. Es sind zwei BrĂĽder und
zwar, wie sich jetzt herausgestellt hat, die Söhne Herzog Heinrichs des
Frommen von Sachsen, Nr. ^^ Moritz, der spätere Kurfürst, geb. d.
21. März 1521, Nr. 34 Severin, geb. d. 28. Aug. 1522, 7 10. Okt. 1533
(vergl. Jul. Erbstein im MĂĽnz- und Medaillenfreund i8cjg, Nr. 5 u. 6),
Die Schlange auf Nr. 33 hat deutlich doppelte FlĂĽgel. Beide Bilder
sind leider abgescheuert, daher die etwas unangenehm wirkende weisse
Farbe der Gesichter (vergl. auch Sibylle von Cleve Nr. 24, S. 265).
Im allgemeinen ganz vortreffliche, sichere Werke Lucas Cranachs.
^^. 36. Bildnisse von Luthers Vater und Mutier, Wart-
burg. Phot. von Tamme. Von 1527. Der Firnis ist fast ĂĽberall ab-
gestorben. Von derselben Hand wie Nr. 23, das Bildnis des Kurprinzen
Johann Friedrich von 1526, also echte und zwar vorzĂĽgliche Werke
Lucas Cranachs.
37. Bildnis des Kardinals Albrecht von Brandenburg
als h. Hieronymus. Berlin, Galerie. Phot. von Tamme und Hanf-
stängl. Von 1527. Nicht von Lucas, sondern von Hans Cr an ach.
Vergl. meine Bemerkungen zu Nr. 22, S. 263 — 264.
38. Weibliches Bildnis. Tübingen, Universitälssammlung.
Nicht von 1527, sondern von 1525, und nicht von Lucas, sondern
von Hans Cranach. Die letzte Zifler der Jahreszahl war ursprĂĽng-
lich eine 5 in derselben Form, wie sie auch andere Bilder des Jahres
1525 zeigen (vergl. z. B. Nr. 21, das runde Bildnis Luthers in der
Lutherhalle in Wittenberg). MerkwĂĽrdigerweise ist gerade diese Schluss-
zifler auch noch auf anderen Bildern verlesen worden, z. B. auf dem
Bildnis Friedrichs d. W. in Darmstadt, auf dem kleinen runden Bildnis
von Luthers Frau in Basel, dem kleinen runden Marienbild der MĂĽnchener
Pinakothek (Schuchardt H, 95, Nr. 353). Sie ist deshalb auf dem TĂĽbinger
Bildchen später in eine 7 verwandelt worden. Ein scharfes Auge erkennt
aber noch die davor stehende 5. Abgesehen von dieser späteren Ver-
änderung ist das Bildchen vorzüglich erhalten. Es ist unbedingt von
derselben Hand wie Nr. 18, die h. Helena von 1525 (Wien, Liechten-
steingalerie), und die in demselben Jahre gemalte h. Magdalena im Kölner
Museum und mit diesen beiden ein ganz sicheres Werk Hans Cra-
nachs. Diese sich schon aus der stilistischen Vergleichung ergebende
Thatsache findet ihre gewissermassen urkundliche Bestätigung durch die
Form der S c h 1 a n tr e : Der FlĂĽgel steht nicht auf der mittleren, sondern
— 268 —
auf der vordersten, der Halswindung des Schlangenleibes, eine
bei Lucas Cranach unmögliche Erscheinung (vergl. S. 53 — 54). Auch das
kleine runde Marienbild von 1525 in der MĂĽnchener Pinakothek
(Nr. 272, Phot. von Bruckmann) ist wahrscheinlich von Hans Cranach.
3g, Venus mitAmor als Honigdieb. Schwerin, Museum.
Phot. von Tarame. Von 1527. Nicht von Lucas, sondern von Hans
Cranach. Die Jahreszahl, die man jetzt sieht, ist zwar neu, aber
richtig, denn die alte, gleichlautende steht noch deutlich erkennbar ĂĽber
ihr, die 27 mehr nach rechts. Auch die Schlange war ursprĂĽnglich echt,
ihre FlĂĽgel werden zwar von der jetzigen Jahreszahl fast ganz ver-
deckt, sind aber doch noch, sogar mit blossem Auge sichtbar. Der
Zweig, der ĂĽber die Scham geht, ist moderne Zuthat. Trotz der ausser-
ordentlich schlechten Erhaltung lässt sich das Bild doch als sicheres
Werk Hans Cranachs bezeichnen. Dies beweist das 1528 ent-
standene Parisurteil Nr. 42 im Besitz des Geh. Hofrats Dr. Schäfer in
Darmstadt, das infolge der vollkommenen Ăśbereinstimmung in den Typen
und den Nebendingen von derselben Hand gemalt sein muss. Ich ver-
weise also nur auf meine Bemerkungen zu Nr. 42, S. 269 — 72. Kämpfende
Hirsche, wie im Hintergrunde des Schweriner Bildes, kommen auch auf
Nr. 37, der Berliner Darstellung des Kardinals Albrecht als h. Hierony-
mus, ebenfalls aus dem Jahre 1527, vor, ausserdem schon 1525 auf
dem Kölner Bilde der h. Magdalena. Das Thema Venus mit Amor
als Honigdieb wird von Melanchthon und seinen SchĂĽlern, mit denen ja
Hans Cranach in regem Verkehr stand, öfters dichterisch behandelt.
Ein solches Gedicht hat wohl 1527 die unmittelbare Veranlassung zu
dem ersten Bilde gegeben, dem dann bald mehr gefolgt sind.
40. Die Wirkung der Eifersucht. Weimar, Museum. Phot.
von Tamme. Von 1527. Die Quelle fĂĽr Bilder dieser Art, in denen wohl das
in Zank und Streit endigende silberne Zeitalter (nach Hesiod) ge-
schildert werden soll, ist vielleicht in einem lateinischen Gedicht des Witten-
berger Dichterkreises zu suchen. Das Bild hat in bedauernswerter
Weise gelitten, von der obersten Malschicht ist wahrscheinlich nur wenig
oder ĂĽberhaupt nichts mehr erhalten. Wie mir Geheimrat Ruland sagte,
war ein grosser Teil der linken unteren Hälfte übermalt. Man darf
also von der jetzigen Farbenwirkung des Bildes keine SchlĂĽsse auf den
Urheber ziehen. Nach den Formen ist es ein Werk Hans Cranachs.
Zum Beweise muss man die ähnliche, aber unbezeichnete Darstellung
heranziehen, die sich frĂĽher in der Habichschen Sammlung in Kassel
- 2 69 -
befand (Phot. von HanfslJingl); sie ist sicher von derselben Hand, wie
die von 1527 in Weimar. Die FrauenkĂĽrper, fast alle verbildet, miss-
gestaltet, zum Teil auch verzeichnet, finden wir genau so auf dem Urteil
des Paris von 152S im Besitze des Geh. Hofrats Prof. Dr. Schäfer in
Darmstadt (vergl. Nr. 42, S. 270) und auf dem soeben (unter Nr. 39)
besprochenen Schweriner Bilde Venus mit Amor als Honigdieb von
1527. Beide sind ganz sicher von Hans Cranach. p'ast dieselben
Kindergestalten und fast dieselben weiblichen und männlichen Köpfe
wie auf den beiden Eifersuchtsbildern treffen wir auf Nr. 132, der
h. Sippe in .\schaffenburg, an, die ja ebenfalls ein Werk Hans Cranachs
ist (vergl. S. 166 — 168). Ferner kommen zum Vergleich, auch für das Land-
schaftliche, noch folgende Bilder Hans Cranachs in Betracht: Nr. 44
Sündenfall und Erlösung von 1529 (Gotha), das Paradies von 1530 in
Wien und der Untergang der Ägypter von 1530 in Augsburg.
Obwohl sich so ĂĽberall Beziehungen zu anderen Bildern dieses
KĂĽnstlers nachweisen lassen, haben doch diese sogenannten Eifersuchts-
bilder immer noch etwas an sich, das fremdartig berĂĽhrt. Diese nackten
Gestalten scheinen ursprĂĽnglich anderswo gewachsen zu sein, nicht auf
Wittenberger Boden. Man denkt bei der einen Männergruppe an den
DĂĽrerschen Holzschnitt Kain und Abel. Doch der kann nicht allein
zum Vorbild gedient haben. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Phan-
tasie des Künstlers durch — Hieron ymus Bosch befruchtet worden
ist. Hat doch Hans Cranach um diese Zeit dessen jĂĽngstes Gericht
kopiert, das sich jetzt in der Sammlung der Akademie in Wien befindet.
Die Kopie besitzt die Berliner Galerie (jetzt im Vorrat); ich brauche
hier nur auf das zu verweisen, was ich auf S, 171 darĂĽber gesagt
habe. Zur Erheiterung der Fachgenossen will ich doch noch das Urteil
Paul Lehfeldts über das Weimarer Bild wiedergeben : „Einer der am
meisten charakteristischen frĂĽheren Cranachs [1527 war Lucas Cranach
bereits 55 Jahre alt!], von interessantester Komposition, direkte
Studien nach Mantegna und Signorelli verratend" (Bau- und Kunst-
denkmäler Thüringens, Grossherzogtum Sachsen- Weimar-Eisenach, Bd. I
(1893) S. 407).
41. Dr. Martin Luther und seine Gattin Katharina Bora.
Diptychon. Hamburg, Familie Arnemann. Von 1528, Vergl. meine
Bemerkungen zu Nr. 21, S. 260 — 261.
42. Das Parisurteil. Darmstadt, Geh. Hofrat Prof. Dr. Schäfer.
Phot. von Tamme. Von 1528. Nicht von Lucas, sondern ganz sicher
— 270 —
von Hans Cranach, Dies wäre das zweite sicliere Parisurteil von ihm,
das erste, etwas frĂĽhere war das unbezeichnete im Besitz des Herrn Karl
Hofmann in Berlin (vergl. S. 168). Das von 1527 in der Galerie zu
Kopenhagen kenne ich noch nicht. Das vorliegende ist von derselben
Hand, wie z. B. die h. Helena Nr, 18 (Wien, Liechtensteingalerie), die
h. Magdalena des Kölner Museums, die 6 Heiligen in Aschaffenburg
(S. 156 — 159)- Als Beweismittel dienen der Gesichtsschnitt der drei
Göttinnen mit dem charakteristischen Kinn, die Ohrform, die violett-
grauen Schatten um Augen, Nase und Lippen, die Behandlung der
Landschaft, besonders des Baumschlags, das Ornament der Halsbänder,
der Panzer Merkurs. Die verbildeten und verzeichneten weiblichen
Oberkörper sind ein besonderes Kennzeichen für die Kunst Hans
Cranachs; ebenso das kokette Lächeln, wie wir es bei der vor Paris
stehenden Göttin sehen. Der Rücken und der rechte Fuss der mittelsten
Göttin ist völlig verzeichnet, so wie es bei Lucas Cranach ganz
unmöglich wäre. Man braucht mit diesen drei nackten Püppchen und
der Schweriner Venus von 1527 (Nr. 39) nur die Braunschweiger
Eva (Nr. 72) zu vergleichen, die 8 — 10 Jahre vor diesem Parisurteil
entstanden sein mag, um zu erkennen, dass das Schönheitsideal des
Meisters Lucas doch ein ganz anderes war, als das seines ältesten
Sohnes. Da sich der Körper der Eva kaum wesentlich von dem der
Petersburger Venus von 1509 (Nr. 5) unterscheidet, obgleich zwischen
beiden Darstellungen ein Jahrzehnt Hegt, so muss man annehmen, dass
dieser Typus auch in späterer Zeit, von etwa 1520 bis 1527, keine be-
deutenden Wandlungen mehr durchgemacht hat. Dass dies wirklich so
gewesen, beweist die Eva auf dem bezeichneten, nach 1537 entstandenen
SĂĽndenfall der Strassburger Sammlung. Auf jeden Fall ist ein ver-
kümmerter nackter Mädchenkörper, wie ihn diese drei Göttinnen zeigen,
nicht die organische Weiterbildung jenes kräftig und harmonisch ent-
wickelten Frauenkörpers, mit dem Lucas Cranach die Petersburger
Venus und noch die Braunschweiger Eva ausgestattet hat. Wem das
nicht einleuchtet, und wer trotz dieser Darlegungen noch immer Bilder,
wie dieses Parisurteil von 1528, fĂĽr ein noch dazu charakteristisches
Werk Lucas Cranachs hält, dem muss die Entwickelung dieses Künstlers
als das grösste Rätsel erscheinen, das die ganze Kunstgeschichte kennt.
Noch bis vor kurzer Zeit war ich in dem Glauben, von Lucas
Cranach seien gemalte Darstellungen des Parisurteils vor 1537 ĂĽber-
haupt nicht vorhanden. Erst Ende August, nach dem Besuch der
C'ranachausstellung in Dresden, lernte ich wider Erwarten ein Parisurteil
kennen, das ohne jeden Zweifel vom Meister Lucas selbst in seiner
besten Zeit gemalt ist. Es befindet sich auf dem Schloss Flechtingen
im Kreise (iardelegen (Prov. Sachsen) und gehört dem Freiherrn v. Schenck.
Nach einer Mitteilung des Besitzers stammt es aus der Krogerschen
Sammlung in Hamburg und ist das bei Heller, i. Aufl. (182 i) S. 198
angefĂĽhrte. Das Bild ist mit einer Schlange mit stehenden FlĂĽgeln
bezeichnet, die nur schwach sichtbar, aber kaum echt ist. Deutlicher ist
die Jahreszahl 1541, die unbedingt eine Fälschung ist. 15 14 würde
dagegen zum Stil des Bildes ziemlich gut passen, denn der weist auf
eine Entstehung um 1 5 1 5 hin. Die Gesichter und die übermässig
langen, aber schön gebauten Gestalten erinnern sofort an Bilder wie
die h. Katharina und Barbara in Dresden (CrA. 129, 130, vergl. S. 95},
der Kopf des Paris an den des MĂĽnchener Adam (technisch ist er
dem des Braunschweiger Adam vollkommen gleich behandelt), das
weisse Pferd ist fast dasselbe wie das rechts auf der Strassburger
Kreuzigung (CrA. iio, vergl. S. 91 ), der bärtige Kopf Merkurs findet
sich dort und auf dem Dresdener Kindermord (CrA. 106, vergl. S. 92)
ganz ähnlich wieder. Die Farbengebung ist tief und warm, wie die-
jenige der um 1515 und 15 16 entstandenen Bilder mit kleineren
Gestalten. Wäre dies Parisurteil nur nicht so schlecht erhalten (eine
sachverständige Restauration könnte dies Übel auf jeden Fall mindern),
so wäre es eines der schönsten eigenhändigen Bilder Lucas Cranachs
d. A. Eines der interessantesten ist es sicherlich. Es liegt echte
Märchenstimmung darin, was man von den späteren von Hans Cranach
gemalten Parisurteilen nicht gerade behaupten kann, namentlich nicht
von dem Schäferschen Bilde. Die Göttinnen Hans Cranachs haben
doch etwas Dirnenhaftes, die ganze Auffassung streift bisweilen an das
Burleske, alles ist auf einen leichteren Ton gestimmt. Vielleicht war
diese etwas pikante Tendenz gerade nach dem Herzen der mit Hans
Cranach befreundeten jĂĽngeren Wittenberger Dichter. In dem Parisurteil
in Flechtingen jedoch stört nichts die naive Märchenstimmung. Die
drei Göttinnen, die vor dem noch tief schlafenden Paris stehen, schämen
sich wirklich, dass sie sich haben ausziehen mĂĽssen. Merkur, in eine
reich mit Pfauenfedern geschmĂĽckte RĂĽstung gekleidet, wirkt so recht
wie ein Abgesandter aus dem Fabelreiche, und das weisse Pferd des
Paris ist von edelster Rasse, mehr für Götter, als für gewöhnliche
Sterbliche passend.
— 272 —
Wer dies Parisurteil in Flechtingen gesehen hat, mit seinen an die
Petersburger Venus und die Braunschweiger Eva erinnernden nackten
weiblichen Gestalten, der ist fĂĽr immer von dem Wahn geheilt, dass
Lucas Cranach an Bildern, wie dem Schäferschen Parisurteil von 1528,
auch nur irgend welchen persönlichen Anteil gehabt habe.
43. Doppelbildnis Luthers und seiner Gattin. Diptychon.
Berlin, Prof. Dr. Nik. MĂĽller. Von 152g, Vergl. meine Bemerkungen
zu Nr. 21, S. 261 — 262.
44. Sündenfall und Erlösung. Gotha, Galerie. Phot. von
Tamme. Von 1529. Nicht von Lucas, sondern ganz sicher von Hans
Cranach. Der FlĂĽgel der Schlange sitzt nicht, wie ohne Ausnahme
bei Lucas Cranach, auf der mittleren, sondern auf der vordersten Win-
dung des Leibes, noch auf dem Halse, was ganz besonders zu beachten
ist (vergl. auch Nr. 38,8. 267 — 68). Hans Cranach ist ziemlich willkürlich
in der Zeichnung seiner Schlange. Jedoch auch wenn das Gothaer Bild
gar kein Zeichen trĂĽge, mĂĽsste man durch seine stilistischen Eigen-
tümlichkeiten unbedingt auf Hans Cranach kommen. Die Färbung ist
äusserst kühl, die Schatten im Fleisch sind violettgrau und ziemlich auf-
dringlich, die Wiesenflächen ganz wie auf den Pseudogrünewaldbildern
behandelt, die Berge im Hintergrund von dem tiefen leuchtenden Blau,
wie es z. B. auf den 6 kleinen AschafTenburger FlĂĽgeln, nie aber bei
Lucas Cranach vorkommt, die Wirkung des Bauraschlags in der Ferne
mehr durch feine PĂĽnktchen, als durch kleine Striche hervorgebracht,
wie es auf allen diesen Bildern Hans Cranachs zu finden ist, der Ge-
kreuzigte genau wie auf den Darstellungen des Kardinals Albrecht als
Hieronymus. Von derselben Hand, also von Hans Cranach, ist ganz
zweifellos auch die Paradiesdarstellung von 1530 im Wiener Hofmuseum.
45. Samson und Delila. Augsburg, Rathaus. Von 152g.
Dieses vortreffliche Bild erinnert in manchen Tönen und in der Be-
handlung der Landschaft doch mehr an die Art Hans Cranachs, als an
die seines Vaters. In der Ausstellung hing es etwas zu hoch, sodass
ich zu keinem sicheren Ergebnis ĂĽber den Urheber kommen konnte.
Als ich es vor Jahren in Augsburg studierte, war ich noch nicht so
weit, um eine Scheidung zwischen Lucas und Hans Cranach zu wagen.
46. Jesus, die Kinder segnend. Naumburg a. S., Wenzels-
kirche. Phot. von Tamme. Das Bild trägt keine Jahreszahl, sondern
nur die Schlange. Wie Schuchardt (II, 100 Nr. 370) dazu gekommen
ist, zu sagen, es sei 152g datiert, ist ein Rätsel. Heller, 2. Aufl. S. 86
— -73 —
tiilui die ältere Litteratur über das Bild an, in der von der Jahreszahl
1529 keine Rede ist. Doch könnte es seinem Stil nach recht gut um
diese Zeit entstanden sein. Auf keinen Fall verdient es die Wert-
schätzung, die ihm von jeher entgegengebracht worden ist. Dass es von
Lucas danach selbst geraalt ist, steht durchaus nicht so fest, wie man
bisher angenommen hat. Erst die Zukunft wird ein sicheres Urteil
über diese Bilder mit verhällnisraässig grossen Gestalten ermöglichen.
Einige Frauenköpfe lassen allerdings eher an Lucas, als an Hans
Cranach denken.
47. Die Madonna mit dem Kuchen. MĂĽnchen, Dr. Martin
Schubart (f). Phot. von Tamme. Von 152g. Die Zahl ist trotz
Schuchardt vollkommen sicher. Doch wohl von Lucas Cranach d. Ă„.
Das Gesicht Marias erinnert etwas an das der Eva von 1528 in den
Uflizien. Vergl. auch S. 87.
48. Bildnis des KurfĂĽrsten Joachim L von Brandenburg.
Bayreuth. Kgl. Bibliothek. Datiert 1529, jedoch bezeichnet mit der
Schlange mit liegenden VogelflĂĽgeln, die erst von Mitte 1537 an
vorkommt. Der Widerspruch erklärt sich sehr leicht. Die Schlange hat
deutlich die vom jĂĽngeren Lucas Cranach angewendete Form, das Bildnis
ist also eine nach 1537 entstandene Kopie von der Hand Lucas Cra-
nachs d. J. nach einem 1529 gemalten Urbild von der Hand seines Vaters.
49. Judith. Tornau in Anhalt, Arotsrat Franz Tritte). Von 1530.
Eher von Lucas, als von Hans Cranach.
50. Apollo und Diana. Berlin, Galerie. Phot. von Tamme
und Ilanfstängl. Von 1530. Vergl. S. 87. Nicht von Lucas, sondern
von Hans Cranach.
51. 52. Adam und Eva. Dresden, Galerie, Phot. von Tamme.
Von 1531. Nicht von Lucas, sondern von Hans Cranach. Beide
Gestalten erinnern direkt an die Fleiligen des hallischen Altarwerks von
1529, Das Gesicht Adams, namentlich die geöffneten Lippen und der
Schnurrbart, finden sich fast genau so bei Christus auf dem Bilde mit
der Ehebrecherin in A sc h af f e n b u r g (Phot. von Ernst Neeb in
Mainz). Ebenfalls von Hans und nicht von Lucas Cranach ist Adam
und Eva im Paradies von 1527 in Gotha (Kat. Nr. 336), ein Bild,
bei dem sogar schon Schuchardt (II, 61, Nr, 303) an Hans Cranach
gedacht hat. Dagegen ist von Lucas Cranach eine ähnliche Dar-
stellung in der Strassburger Sammlung, die mit der Schlange mit
— 274 —
liegenden FlĂĽgeln bezeichnet, also nach 1537 entstanden ist (Phot. von
Math. Gerschel in Strassburg). Vergl. auch Nr. 42, S. 270.
53. Das Opfer Abrahams. Wien, Liechtensteingalerie.
Phot. von Tamme und Braun. Von 1531. Wohl von Lucas Cra-
nach selbst.
54. Judith. Aachen, städt. Museum. Eigentum der königl.
Museen in Berlin. Von 1531. Kaum von Lucas Cranach selbst.
55. Adam und Eva. Magdeburg, städt. Museum. Von 1532.
Von derselben Hand wie Nr. 50, Apollo und Diana von 1530 in
Berlin, und wie dieses nicht von Lucas, sondern von Ha ns Cranac h.
56. Die Ehebrecherin vor Christus. Budapest, National-
galerie. Phot. von Tamme und Weinwurm in Budapest. Von 1532.
Wohl von Lucas Cranach selbst, doch lässt sich die Frage mit Sicher-
heit jetzt noch nicht entscheiden.
57. Eine unbekleidete Frau mit Schleier. Frankfurt a. M.,
Städelsches Institut. Phot. von Tamme und Bruckmann. Von 1532.
Nicht von Lucas, sondern von Hans Cranach. Die nackte Frau
kann doch nur Venus darstellen.
58. Bildnis Luthers. Frankfurt a. M., Städtisches Museum
(im Archivgebäude). Von 1532. Vergl. die Bemerkungen zu Nr. 21
S. 262—63.
59. Bildnis Melanchthons. Frankfurt a. M. , Städtisches
Museum (im Archivgebäude). Von 1532. Vergl. S. 262 — 63.
60. Lucrezia. Berlin, Prof. Ludw. Knaus. Phot. von Braun.
Von 1533. Von derselben Hand wie Nr. 57, die ein Jahr vorher ent-
standene Venus des Städelschen Instituts in Frankfurt, also nicht von
Lucas, sondern von Hans Cranach.
61. Der Altar Georgs des Bärtigen, Meissen, Dom. Phot.
von Tamme, Von 1534. Das Mittelbild wohl von Lucas Cranach
selbst (vergl. zum Kopf der Maria den der nach 1537 entstandenen
Lucretia in Dresden Nr. 191 6 A, die ebenfalls von dem älteren Lucas
ist) , an den FlĂĽgelbildern scheint der jĂĽngere Lucas mitgearbeitet zu
haben (vergl. die Passionsbilder von 1537 — 38 im Berliner Schloss
und Museum).
62. Der Mund der Wahrheit. Schieissheim, Galerie. Phot,
von Tamme. Von 1534. Nicht von Lucas, sondern von Hans
Cranach. Vergl. Nr. 86, S, 279.
63. Bildnis der Christiane Eulenau. Dresden, Galerie,
— 275 —
i ii .1. von Tainme. Von 1534. Auf keinen Fall von Lucas Cranach d. A.,
sondern entweder von Hans Cranach, oder sogar von dem damals
iQJährigen jüngeren Lucas. Das Bildchen scheint nämlich von der-
selben Hand zu sein, wie die kleine ruhende Quellnymphe in Kassel.
Diese wird dort dem jĂĽngeren Lucas Cranach zugeschrieben und ist
auch in der That von ihm, wie eine Vergleichung mit ganz sicheren
Bildern des jĂĽngeren Lucas aus dem Jahre 1540, der Hirschjagd in
Moritzburg (CrA. Nr. 160) und dem kleinen FlĂĽgelaltar der MĂĽnchener
Pinakothek (Kat. Nr. 276) beweist. Ăśber die Jugendwerke des jĂĽngeren
Lucas Cranach vergl. S. 241.
64. Bildnis Georgs des Bärtigen, Herzogs zu Sachsen. Leipzig,
Stadt. ^Museum. Von 1534. ^'ielleicht von Lucas Cranach d. A. selbst.
Es giebt zwei verschiedene Bildnisse des Herzogs, eins mit kurz-
geschnittenem , das andere mit langem Vollbart. Beide wurden mehr-
mals wiederholt. Das mit kurzem Barte stammt aus dem Jahre 1534,
aus der Zeit des Meissner Altars Nr. 61 (S. 274), das mit langem
Barte ist später, zwischen 1534 und 153g entstanden. Der Herzog
starb am 17. April 1539. 1538 trug er den Bart lang, wie aus anderen
Darstellungen zu ersehen ist.
65. Die KreuzigungChristi. Leipzig, Regierungsrat Dr. Demiani.
Von 1536. Scheint eher von Hans Cranach, als von seinem Vater zu
sein. Sogar der damals 21jährige jüngere Lucas käme mit in Frage.
Die Entscheidung ist gerade bei Bildern dieser Zeit ziemlich schwer.
\'ergl. auch Nr. 115, S. 282.
66. Bildnis Herzog Heinrichs des Frommen. Dresden,
Calerie. Phot. von Tamme. Von 1537 (erste Hälfte). Von Lucas
Cranach d, Ä. Die sehr sorgfältig gezeichnete Schlange hat zwei
FlĂĽgel, die vollkommen deutlich von einander unterschieden sind (die
Nachbildung im Galeriekatalog lässt dies nicht deutlich genug erkennen).
67. Bildnis Bugenhagens. Wittenberg, Lutherhalle. Phot. von
Tamme. Von 1537 (erste Hälfte). Ich erkenne hier die Hand des
jĂĽngeren Lucas. Auch die Schlange ist durchaus anders, als sie der
ältere Lucas und Hans Cranach machen.
68. Die Verspottung Christi. Hamburg, Konsul Ed. F. Weber.
Lichtdruck von Nöhring in Lübeck. \'on 1538. Von Lucas Cranach
dem Alteren.
69. Männliches Bildnis. Berlin, Geheirarat Prof. Dr. R.
v. Kaufmann. Phot. von Tamme. Von 1544. Nicht vom älteren,
- 276 -
sondern vom jĂĽngeren Lucas Cranach, der als Bildnismaler schon frĂĽh-
zeitig eine hohe Stellung unter seinen Zeitgenossen einnimmt. Auch das an-
gebliche Selbstbildnis Lucas Cranachs d. A. von 1550 in den Uffizien
in Florenz ist von der Hand des jĂĽngeren Lucas. Das beweist nicht
nur die Auffassung und malerische Behandlung, sondern auch die
Schlange, die auf beiden Bildnissen in der Form erscheint, die dem
JĂĽngern Lucas allein eigen ist. Um mich gleich noch einer weiteren
Ketzerei schuldig zu machen, bemerke ich, dass auch das Mittel bil d
des grossen Altarwerks in der Weimarer Stadtkirche, das
manchen als Krone aller Werke des älteren Lucas Cranach gilt und
sehr geschmackvoll als sein Schwanengesang bezeichnet worden ist, in
jedem Pinselstrich die Hand des jüngeren Lucas Cranach verrät,
der denn auch nicht umhin konnte, es mit seinem Zeichen und dem
Jahr der Vollendung, 1555, zu versehen. Alle Versuche, die in älterer
und neuerer Zeit gemacht worden sind, um das Altarwerk im Ganzen
oder wenigstens teilweise für den älteren Lucas Cranach zu retten,
mĂĽssen verstummen vor der Sprache, die nicht nur die Bilder selbst,
sondern auch die erhaltenen gleichzeitigen Urkunden in nicht miss-
zuverstehender Weise reden. Angesichts des wirklichen Sachverhaltes
können z. B. die wortreichen Erörterungen Lehfeldts über das Altarwerk
und den alten Meister Lucas auch nur von denen ernst genommen werden,
die der Glaube selig macht (vergl. Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens,
Grossherzogtum Sachsen- Weimar Eisenach Bd. I, S. 358 — 361).
70. Bildnis Kaiser Karls V. Schwerin, Galerie. Von 1548.
Nicht von Lucas Cranach d. Ă„., sondern ganz sicher vom jĂĽngeren
Lucas, Die Bezeichnung ist jedoch unecht. Man vergleiche dazu das
grosse Holzschnittbildnis von 1547, B. 128, das den Kaiser in ganzer
Gestalt darstellt und ebenfalls vom jĂĽngeren Lucas Cranach ist.
71. Die Madonna unter den Tannen. Breslau, Dom. Phot.
von Tamme. Vergl. S. 88.
72. Adam und Eva. Braunschweig, Museum. Phot. von Tamme.
Vergl. S. 93 — 94. Hier noch einige nachträgliche Bemerkungen. Die
gelblichweisse Schlange , mit dem Kopf nach rechts gewendet, hat einen
sehr bestimmt und energisch gezeichneten Leib in derselben Form wie
auf dem Holzschnitt L. 34, P'riedrich d. W. in Verehrung Marias und
des Kindes (vergl. S. 50 — 51), und zwei deutlich von einander unter-
schiedene FlĂĽgel; der rechte, also nach aussen stehende, sitzt mitten
auf der mittelsten und höchsten Windung des Leibes und ist im Ver-
— 277 —
gleich zu diesem libellenartig zart mit haarfeinen umrissen gezeichnet.
Per linke, also hintere FlĂĽgel sitzt viel weiter nach dum Hals der
Schlange zu (vergl. die Holzschnitte S. 40) und ist so fein gezeichnet,
dass er mit blossem Auge nur schwer zu erkennen ist.
Die beiden Bilder haben leider ziemlich gelitten, Adam mehr als
Eva. Bei Adam ist z. B. fast die ganze linke Seite von der Schulter
herab bis zum Unterschenkel beschädigt und übermalt. Dagegen sind
die Köpfe, abgesehen von einigen Stellen im Gesicht Adams, und die
FĂĽsse recht gut erhalten.
Sehr zu beachten ist, dass Eva noch fast denselben Oberkörper
hat, wie die Petersburger Venus von 1509, trotz des grossen Zeit-
raums, der zwischen beiden liegt, der beste Beweis dafĂĽr, wie
lange Lucas Cranach gewisse Formen festhält. Vergl. dazu die Be-
merkungen auf S. 270 zu Nr. 42. Aus diesem Grunde kann z. B. die
Darstellung von Adam und Eva im Paradies von 1527 in der Gothaer
Galerie (Kat. Nr. 336), die eine gaaz scnarf ausgeprägte Eigenart zeigt,
nicht von Lucas, sondern nur von Hans Cranach sein.
73. Die \'erlobung der h. Katharina. Budapest, National-
galerie. Phot. von Tamme und von Weinwurm in Budapest. Vergl.
S. 80 (ĂĽber die Darstellung) und 105. Die Schlange hat zwei FlĂĽgel,
wie man bei guter Beleuchtung deutlich erkennt. Auf etwas muss ich
hier noch besonders hinweisen, was noch niemand bemerkt zu haben
scheint: Die grosse schwarze Wol k e nw and, hinter der die Engelchen
hervorsehen, ist nicht ursprĂĽnglich, nicht von Lucas Cranach, sondern
von dem Restaurator, der auch die Gesichter so schön geschminkt hat,
dass alle Welt, Kenner und Laien, ĂĽber diese Farbenpracht des alten
Meisters entzĂĽckt war. Der Restaurator hat wahrscheinlich geglaubt,
auch hier den Meister Lucas verbessern zu mĂĽssen. Diese Wolkenwand
ist einfach unverständlich und geschmacklos. Auf dem von Lucas
Cranach gemalten Bilde (wieviel ist von dem ursprĂĽnglichen noch ĂĽbrig?)
hielten die Engel einen schwarzen Vorhang, der vom Turm der h.
Barbara unten rechts bis zur linken oberen Ecke des Bildes gespannt
war. Von den Falten, die er warf, sind noch einige deutlich wahrzu-
nehmen. Es ist ein ganz ähnliches Motiv, wie auf der kleinen Anna
selbdritt des Berliner Museums (Nr. 567 A, Phot. von Hanfstängl), die
womöglich sogar in demselben Jahr wie das Budapester Bild gemalt
ist. Dieses Motiv ist wahrscheinlich erst um 15 18 aufgekommen (vergl.
das Marienbild v<>n 15 18 im Weimarer Museum, dort GrĂĽnewald genannt).
- 278 -
Die beiden Bilder in Budapest und Berlin möchte ich etwas später an-
setzen, ja sie könnten sogar erst Anfang der 20 er Jahre entstanden sein.
74. Bildnis des KurfĂĽrsten Friedrichs des Weisen, Dres-
den, Prinz Georg von Sachsen. Phot. von Tamme. Vergl. S. 106.
75. Christi Abschied von seiner Mutter. Dresden, Galerie.
Phot. von Tamme. Vergl. S. 106.
76. Christus am Ă–lberg. Dresden, Galerie. Phot. von Tamme.
Vergl. S. 92.
77. Die Kreuzigung Christi. Frankfurt a. M., Städelsches
Institut. Phot. von Tamme und von Bruckmann in MĂĽnchen. Vergl.
S. 105 — 106.
78. Die Anbetung der Könige. Gotha, Galerie. Phot. von
Tamme. Vergl. S, 95 — g6.
79. Maria mit dem Kinde, das seine Händchen empor-
streckt. Karlsruhe, Kunsthalle. Phot. von Tamme. Vergl. S, 104 — 105.
80. Die Unterberger Madonna. Innsbruck, Ferdinandeum.
Phot. von Tamme. Die Schlange ist eine plumpe Fälschung, sie ist in
dieser Form ganz unmöglich. Das Bild ist stark übermalt. Es ist ein
spätes Werk, etwa 1540 — 50 anzusetzen, vergl. die Lucretia der Dresdener
Galerie Nr. 1 9 1 6 A.
81. Die Madonna mit den Englein. Kaschau, Bischof Dr.
von Bubics. Vom jĂĽngeren Lucas Cranach.
82. Die Madonna unter dem Apfelbaum. Petersburg, Er-
mitage. Phot. von Tamme und Braun. Vergl. S. 87. Wahrscheinlich
vom Ende der zwanziger Jahre, möglicherweise sogar noch etwas später,
aus der ersten Hälfte der dreissiger Jahre. Ob Marienbilder mit diesem
Typus von Lucas oder Hans Cranach sind, wird erst die Zukunft lehren.
83. Madonna vor grünem Vorhang. Frankfurt a. M., Städel-
sches Institut. Phot. von Tamme und Bruckmann in MĂĽnchen. Echtes
Bild Lucas Cranachs d. A., etwa 1525 — 1530, leider sehr schlecht erhalten,
zum grössten Teil übermalt.
84. Maria Magdalena. Freiburg i. B., Vincent Mayer. Vergl.
S. 93. Doch habe ich dort das Bild augenscheinlich zu frĂĽh angesetzt.
Es dürfte vielmehr erst in den Jahren 1520 — 1525, kurze Zeit nach
Nr. 73, der Verlobung der h. Katharina in Budapest, und der kleinen
Anna selbdritt in Berlin (vergl. Nr. 73, S. 277) entstanden sein. Ist
dies der Fall, dann folgt schon daraus unmittelbar, dass Bilder, wie
die h. Magdalena in Köln, die h. Helena Nr. 18, das weibliche Rund-
— 279 —
bildnis Nr. 38, sämtlich aus dem Jahre 1525, nicht von Lucas Cranach
sein können.
85. Nackte Faunen-Familie. Donaueschingen, Galerie. Phot,
von Tamme und Ilöfle in Augsburg. Eher von Hans, als von Lucas
Cranach, von derselben Hand und etwa gleichzeitig wie Nr. 40, die
Wirkung der Eifersucht von 1527 in Weimar. Vergl. S. 268 — 69.
86. Lucrezia. Koburg, Veste. Phot. von Tamme. Ich habe
dieses Bild noch durch den verstorbenen Geheimrat Rothbart auf der
Veste Koburg kennen gelernt und es gleich von Anfang an fĂĽr ein
vortrefTliches Werk Lucas Cranachs d. A. gehalten. Erst auf der
Cranachausstellung sah ich, dass es nicht diesem, sondern Hans Cra-
nach zuzuschreiben sei. Es ist eins seiner späteren Werke, um 1530
entstanden. Die Hauptperson auf Nr. 62, dem Mund der Wahrheit
vom Jahre 1534 in der Schleissheimer Galerie, zeigt fast denselben
Kopftypus, es ist vielleicht dasselbe Modell. Abgesehen von verschiedenen
Ăśbermalungen im Fleisch ist das Bild recht gut erhalten. Anatomisch
ist der Körper, besonders die rechte Schulter, durchaus verfehlt. In der
Färbung, namentlich der Landschaft, erweist sich das Bild von derselben
Hand, wie die 6 kleinen, frĂĽher dem PseudogrĂĽnewald zugeschriebenen
FlĂĽgel in Aschaffenburg, nur ist es noch etwas reifer als diese. Der
kleine Ausschnitt aus der Landschaft mit seinen frischen Farben findet
sich ganz ähnlich auf einem Bildnis ebenfalls auf der Veste Koburg^
das doch wohl Sibylle von Cleve darstellt und um dieselbe Zeit ent-
standen sein muss. Das leuchtende Blau des Himmels und die Be-
handlung des Baumschlags entspricht ganz der Art Hans Cranachs,
nicht aber der seines Vaters.
87. Bildnis eines Plerrn mit der Kette des goldnen
Vliesses. Wartburg, Schlosshauptmann v. Cranach. Phot. von Tamme.
Die sehr schlechte Erhaltung macht die gerade bei Bildnissen ohnehin
schon schwierige Entscheidung, ob das vorliegende von Lucas oder Hans
Cranach herrührt, vorläufig unmöglich. Könnte der Dargestellte etwa
der albertinischen Linie angehört haben?
88. Brustbild eines Gelehrten. Donaueschingen, Galerie.
Phot. von Tamme und Höfle, Augsburg. Eher von Hans, als von
Lucas (Jranach.
89. Lebensgrosses Bildnis des Kardinals Albrecht von
Brandenburg. Berlin, Galerie. Phot. von Tamme. Nicht von
- -8o —
Lucas, sondern sicher von Hans Cranach, wohl noch vor 1525.
Wirkt ziemlich leer und nĂĽchtern. Vergl. Nr. 27, S. 266,
90. Die heilige Nacht. Berlin, Geheimrat Prof. Dr. R. v,
Kaufmann. Phot. von Tamme. Vergl. S. 92 — 93.
91. Altar flu gel mit dem. h. Paulus. Magdeburg, Stadt.
Museum. Die Schlange ist nicht echt, sondern eine neuere Fälschung.
Das Bild ist etwa 1535 — 40 entstanden, lässt sich aber vorläufig mit
Sicherheit nicht genauer bestimmen,
92. Der h. Hieron ymus. Innsbruck, Ferdinandeum. Phot. von
Tamme. Die Schlange ist eine plumpe Fälschung. Von Hans Cra-
nach. Vergl. S. 172 — 174.
93. Venus mit Amor als Honigdieb. Wartburg, Schloss-
hauptmann V, Cranach. Von Lucas Cranach d. Ă„. selbst, nach 1537.
Sehr warm im Ton.
94. Caritas. BrĂĽssel, Madame Errera. Von Lucas Cranach d. Ă„.
selbst, nach 1537.
95. Das Parisurteil, Gotha, Museum. Phot. von Tamme. Von
Lucas Cranach d. Ă„. selbst, nach 1537.
96. Bildnis des Markgrafen Georg von Brandenburg
(1484 — 1543)- Dresden, Galerie. Phot. von Tamme. Wahrscheinlich
vom jĂĽngeren Lucas Cranach. Der Dargestellte ist aber nicht der
Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach, sondern in der That ein
„Churfürst von Brandenburg", wie schon im Inventar von 1722 steht,
und zwar Joachim IL, geb. 9. Jan. 1505, KurfĂĽrst 1535, f 2. Jan.
1571. Man braucht bloss den Kopf hier mit dem Holzschnittbildnis
Joachims II. zu vergleichen, das sich in dem von Gabriel Schnellboltz
in Wittenberg 1562 gedruckten Buche „Warhaffte Bildnis etlicher hoch-
löblichen Fürsten vnd Herren" findet.
97. Heilige Familie. Magdeburg, Stadt. Museum. Ein ganz
sicheres Bild des jĂĽngeren Lucas Cranach.
98. Die vierzehn Nothelfer. Torgau, Marienkirche. Phot.
von Tamme. Vergl. S. 81 — 82. Auf der zerstörten Rückseite der
von zwei bekleideten Engeln beklagte sitzende Schmerzensmann (Knie-
stĂĽck), dessen Kopf unmittelbar an den des Gekreuzigten von 1 503 in
Schieissheim (Nr. 147) erinnert.
99. Die Vermählung der h. Katharina. Erfurt, Dom. Phot.
von Tamme. Vergl. S. 80 (über die Darstellung) und 86 — 87.
100. Zwei AltarflĂĽgel mit Stiftern. Zwickau, Katharinen-
— 28l —
kirche. Vergl. S. 104. Eine Mitarbeit Hans Cranachs an einzelnen
Teilen des Altarwerks ist sehr wahrscheinlich. Die Staffel mit der An-
betung der Könige ist mi»glicher\veise ganz von seiner Hand gemalt.
Vergl. auch Nr. 157, S. 287 — 88.
loi. Der h. Wilibald und die h. Walpurga mit dem
Stifter. Bamberg, Stüdt. Gemäldesammlung. Phot. von Tamme. Von
1520. Von Hans Cranach. Vergl. S. 140 — 145.
102. 103. Mittelbild und äusseres Flügelpaar des Altars
der Marktkirche in Halle a, S. Von 1529. Von Ha ns Cranach.
Vergl. S. 159 — 160.
104. 105. Staffel (das Abendmahl) und ein FlĂĽgel (Christus
als Besieger von Tod und Teufel) vom Altarwerk der Stadtkirche
in Schneeberg. Der Entwurf zu dem ganzen Werke rĂĽhrt sicher von
Lucas Cranach d. A. her, bei der AusfĂĽhrung ist aber der jĂĽngere
Lucas in hervorragender Weise beteiligt gewesen. Doch ist gegenwärtig
eine Scheidung des Anteils beider noch nicht möglich.
106. Der bethlehemitische Kindermord. Dresden, Galerie.
Phot. von Tamme. Vergl. S. 92 und 126 — 128.
107. Adam und Eva. Koburg, Veste. Phot. von Tamme. Ich
muss hier widerrufen, was ich auf S. 93 — 94 über das Bild gesagt
habe. Es kann auf keinen Fall von Lucas Cranach selbst sein. An-
gesichts des verbildeten Körpers der Eva möchte man fast glauben, ein
Jugendwerk Hans Cranachs vor sich zu haben. Ich verweise hier auf meine
Bemerkungen zu Nr. 42, dem Schäferschen Parisurteil, S. 270. Hans
Cranach hätte sich dann die Münchener Darstellung, die ich noch für
ein eigenhändiges Werk Lucas Cranachs halte, zum Vorbild genommen.
108. FlĂĽgelaltar mit der Beweinung Christi. JĂĽterbog,
Nikolaikirche. Vergl. S. 97, Das Mittelbild befand sich in traurigem
Zustande, verschiedene Köpfe waren zum Teil zerstört. Der Restau-
rator der Dresdener Galerie, Kahler, hat die nötigen Ergänzungen vor-
genommen und das ganze Werk einer sorgfältigen Restauration unter-
zogen. So sah man es dann auf der Ausstellung. Von dem, was ur-
sprĂĽnglich ist, erinnert einiges schon etwas an die Hand Hans Cranachs.
109. Bildnis des Gerhart Volk. Leipzig, Stadt. Museum.
\'on 1518. Vergl. S. 104.
I 10. Die Kreuzigung Christi. Strassburg, Stadt. Sammlung.
Phot. von Gerschel in Strassburg. Vergl. S. 91.
111. Vermählung der h. Katharina. Karlsruhe, Kunsthalle.
Vergl. S. 79 — 8i,
112. Der segnende Christus. Zeitz, Nikolaikirche. Phot. von
Tamme. Vergl. S. gg.
113. Anbetung der h. drei Könige. Leipzig, Stadt. Museum.
Vergl. S. gz. Die beiden Wappen unten haben sich noch nicht be-
stimmen lassen. Das linke ist wohl ein geistliches. Von den Wappen
wird man auf die Entstehungszeit des Bildes schliessen können.
114. Bildnis Luthers als Junker Jörg. Leipzig, Stadt-
bibliothek. Vergl. S. 63 und 108 — 109.
115. Kleines FlĂĽgelbild mit der Kreuzigung Christi.
Berlin, Geheimrat Prof. Dr. R. v. Kaufmann. Vom jĂĽngeren Lucas
Cranach, 1535 — 1540. Man vergleiche dazu das Flügelaltärchen von
1540 in der MĂĽnch en er Pinakothek (Phot. von Bruckmann) und auch
noch die Kreuzigung von 1545 in der Dresdener Galerie (Phot. von
Tamme) , beides völlig sichere Werke des jüngeren Lucas. Auch
Nr. 65, der Christus am Kreuz mit den beiden Schachern von 1536, im
Besitz des Regierungsrates Dr. Demiani in Leipzig (vergl. S. 275),
wäre mit heranzuziehen. Der jüngere Lucas hat hier ältere Bilder seines
Vaters in der Komposition benĂĽtzt.
116. Madonna auf der Holzbank. Darmstadt, Maxim. Freiherr
von Heyl. Phot. von Tamme. Vergl. S. 98 — 99.
117. Der h. Georg. Wörlitz, Gotisches Haus. Phot. von
Tamme. Von Lucas Cranach d. Ă„. selbst; die Zeit ist schwer zu be-
stimmen, vielleicht Mitte der zwanziger Jahre.
118. Ecce homo. Dresden, Galerie. Phot. von Tamme. Von
Lucas Cranach selbst, aus der Mitte der dreissiger Jahre.
119. Altersbildnis des KurfĂĽrsten Friedrichs des Weisen.
Dresden, Prinz Georg von Sachsen. Phot. von Tamme. Vergl. Nr.
20, S. 255.
120. Bildnis Georgs des Bärtigen. Berlin, Prof. Ludwig
Knaus. Der Herzog hat einen langen Bart, das Bild ist daher nach
1534 und vor 1539 gemalt. Vergl. Nr. 64, S. 275.
121. Das Parisurteil. Breslau, Fräulein Hubrich. Von Hans
Cranach. Vergl. Nr. 42, S. 269 — 72.
121 A (Nachtrag). Bildnis Luthers. Dresden, Galerie. Phot.
von Tamme. Von 1532. Vergl. Nr. 21, S. 262.
- 283 -
121 13 (Nachtrag). Bikinis INIela nchthons. Dresden, Galerie,
riiot. von Tamme. Von 1532. \'crgl. S. 262.
122. Weibliches Bikinis. Berlin, Schloss. Phot. von Tamme.
Vergl. S. 102.
123. Bildnis eines Herrn in Pilger tracht. MĂĽnchen, Dr.
Marlin Schubart (f). Vergl. S. 102.
124. Bildnis Karls V. Dijon, A. Joliet. Hat weder etwas mit
Lucas Cranach, noch mit der sächsischen Schule überhaupt zu thun.
125. Apollo und Diana. BrĂĽssel, Ed. Fetis. Ganz sicher
von derselben Hand, wie Nr. 50, Apollo und Diana von 1530 in Berlin,
auch ungefähr aus derselben Zeit, demnach von Hans Cranach.
120. Herkules unter den lykischen Mädchen. Lübeck, Dr.
Th. Gaedertz. Von einem SchĂĽler des jĂĽngeren Lucas Cranach.
127. Flügelaltar mit der Vermählung der h. Katharina
und den Stiftern. Wörlitz, Gotisches Haus. Phot. von Tamme.
\ergl. S. 80 (über die Darstellung) und 85 — 86.
128. Maria mit dem Kinde auf der Mondsichel, von
Friedrich dem Weisen verehrt. Darmstadt, Geh. Hofrat Prof Dr.
Georg Schäfer. Phot. von Tamme. Vergl. S. loi. Die Kopfhaltung
des Bartholomäus ist ganz ähnlich der Marias auf dem Wörlitzer Bild
von I 5 I 6, Nr. I o.
12g. 130. H. Katharina und h. Barbara. Dresden, Galerie.
Phot. von Tamme. ^'ergl. S. 95.
131. Ein Papst, die Messe lesend. Aschaffenburg, Schloss-
galerie. Von Hans Cranach. Vergl. S. 145 — 146. Um 1519.
132. Die heilige Sippe. Aschaffenburg, Schlossgalerie. Phot.
von Ernst Neeb in Mainz. Von Hans Cranach. Vergl. S. 166 — 168.
133. 134. 135. 136. Die Heiligen Erasmus, Magdalena,
Martin, Ursula. Aschaffenburg, Schlossgalerie. Phot. von Ernst Neeb
in Mainz. Von Hans Cranach. Vergl. S. 156 — 159.
137. Zwei FlĂĽgel mit sechs Heiligen. Darmstadt, Museum.
Phot. von Tamme und Ernst Neeb in Mainz. Vergl. S. 102.
138. Maria, das Kind stillend. Darmstadt, Museum. Phot-
von Tamme und Ernst Neeb in Mainz. Vergl, S. 95.
139. Die FlĂĽgel des Pflockschen Altars. Annaberg, .\nnen-
kirche. V^on Hans Cranach. Vergl. S. 131 — 136.
140. Zwei FlĂĽgel des Ăźerg-.\ltars. Annaberg, Annenkirche.
Von Hans Cranach. Vergl. S. 136 — 137.
— 284 —
141. Christus am Kreuz, vom Kardinal Albrecht von
Brandenburg verehrt. Augsburg, Galerie. Phot. von Tamme und
Höfle in Augsburg. Von Hans Cranach. Vergl. S. 168 — i6g, 170.
142. Die h. Anna selbdritt. Berlin, Galerie (Vorrat). Phot.
von Tamme und Hanfstängl. Vergl. S. 97.
143. Bevveinung Christi. Augsburg, Galerie. Phot. von Höfle,
Augsburg. Um 151g. Von Hans Cranach. Vergl. S. 146 — 147.
144. Die Beweinung Christi. Budapest, Nationalgalerie.
Vergl. S. 97.
145. Christus als Schmerzensmann, von Maria und Jo-
hannes beklagt. Mainz, Bischöfl. Haus. Phot. von Ernst Neeb in
Mainz. Um 1519. Von Hans Cranach. Vergl. S. 146 — 147.
146. Der h. Valentin. Aschaffenburg, Stiftskirche. Phot. von
Tamme. Von Hans Cranach. Vergl. S. 153 — 156.
147. Christus am Kreuz. Schieissheim, Galerie. Phot. von
Tamme. Von 1503. Vergl. S. 71 — 77. Dazu noch als Berichtigung
und Ergänzung folgendes: Wie mir Ad. Bayersdorfer sagte, hat sich
mittlerweile feststellen lassen, dass das Bild aus dem Kloster Attel am
Inn, sĂĽdlich von Wasserburg, stammt. Es ist dies eine fĂĽr die Jugend-
geschichte Lucas Cranachs ungemein wichtige Thatsache, sofern wir an-
nehmen dĂĽrfen, dass das Bild von Anfang an fĂĽr das Kloster bestimmt
gewesen und nicht etwa erst in späterer Zeit dorthin gekommen ist,
was jedoch bei einem namenlosen altdeutschen Bilde sehr unwahr-
scheinlich ist.
148. Bildnis des Johann Stephan Reuss, Kanzlers von
Konstanz. Nürnberg, German. Museum. Phot. von Höfle in Augs-
burg. Vergl. S. 71 und 77. Wie der Dargestellte zu dem Titel „Kanzler von
Konstanz" gekommen ist, weiss ich nicht. In Konstanz hat es nie
Leute gegeben, die den Titel Kanzler geführt hätten. Das Bild selbst
sagt uns zunächst nur, dass sich der Dargestellte 1503 im Alter von
41 Jahren hat malen lassen (ĂĽber dem Mann in der Luft steht: 1503
VIXI. AN. 41) und dass er dem aufgeschlagenen Buche nach wchl
dem Gelehrtenstande, der roten Kleidung nach dem Juristenstande an-
gehört hat. Wilh. Schmidt, der zuerst das Bild in die Litteratur eingeführt
hat (Zeitschrift f. bild. Kunst N. F. III (1892) S. 118), schreibt: „Auf der
Rückseite liest man in Bleistift und viel späteren Charakteren: Joan,
Stephanus Reuss Constant. J . . . D. Rector Vniversitatis Anno 1503." Im
Katalog der Gemälde des German. Museums 3. Aufl. (1893) S. 40
- 285 —
Nr. J5J ist die Stelle zwischen Constant. und Rector ganz leer gelassen!
aber die beiden Buchstaben J. und D. mĂĽssen doch dagestanden haben,
als Schmidt die Inschiift las. Meiner Meinung nach kann das D nur
..Düctor" bedeuten, das J in diesem Zusammenhange nur „Juris", und
die betrelTende Stelle hätte demnach aufgelöst und ergänzt ursprünglich
so gelautet: Juris Vtriusque Doctor, die ganze Inschrift also auf deutsch:
„lohann Stephan Reuss, aus Konstanz gebüitig, beider Rechte Doktor,
Rektor der Universität im Jahre 1 503." Diese Inschrift auf der Rück-
seite ist selbstverständlich noch nicht im Jahre 1503 geschrieben, das
beweist der Charakter der Schriftzüge, die Schmidt für viel später er-
klärt, und auch der dazu verwendete Bleistift. Aber sie kann auch
nicht ohne weiteres erfunden sein. Unbekannte Bildnisse hat man
immer nur als die sehr bekannter und berühmter Persönlichkeiten aus-
gegeben, wenn man das BedĂĽrfnis hatte, dem Dargestellten zu einem Namen
zu verhelfen. Hier aber haben wir den Namen eines ganz Unbekannten
vor uns. Nach der Fassung der Inschrift möchte man glauben, dass
sie wörtlich anderswo abgeschrieben worden sei. Da ist nun jedenfalls
die natĂĽrlichste Annahme die, dass sie ursprĂĽnglich auf dem nicht mehr
erhaltenen alten Rahmen gestanden hat. Und gehangen hat selbst-
verständlich das Bild ehemals in einem Räume derjenigen Universität,
deren Rektor der Dargestellte im Jahre 1 503 gewesen ist. Andernfalls
würde diese Universität in der Inschrift näher bezeichnet worden sein.
Welches ist aber nun die deutsche Universität, an der 1503 ein Mann
mit dem Namen, Alter, Geburtsort und Titel dessen, den die Inschrift auf
der RĂĽckseite nennt, Rektor gewesen ist ? Die Zahl derer, die in Betracht
kommen, ist gar nicht gross. Die Universitätsstadt hat aller Wahr-
scheinlichkeit nach in der Landschaft gelegen, in der der Kunstler damals
lebte. In demselben Jahre 1503 hat er fĂĽr das Kloster Attel am Inn
den Schleissheimer Christus gemalt. Das setzt voraus, dass er in dieser
Gegend schon bekannt, vielleicht sogar berĂĽhmt gewesen ist. Und der Rektor
jener Universität wird sein Bildnis auch nicht bei dem ersten besten,
vor kurzem erst zugewanderten, sondern bei einem ihm wohlbekannten
ansässigen Maler bestellt haben. Wir müssen daher annehmen, dass
die Universitätsstadt und das Kloster Attel nicht gar zu weit von
einander entfernt gewesen sind. Dies trifft zu allererst bei Ingolstadt
zu. An zweiter Stelle käme Wien in Betracht, das ja für jeden, der
am Inn sass, so leicht zu Schiff zu erreichen war. Und erst in dritter
und vierter Linie kimnte man an die Universitäten von Basel, Freiburg,
— 286 —
TĂĽbingen, Heidelberg, WĂĽrzburg, Mainz, Prag, Erfurt, Leipzig denken,
von den noch weiter nördlichen und westlichen ganz zu schweigen.
Ist aber auf keiner dieser Universitäten ein Mann, auf den die In-
schrift passt, Rektor gewesen, so ist diese Inschrift einfach falsch.
Das alles liess sich schon aus dena folgern, was das Bild selbst
uns sagt. Es bedurfte also nur noch eines kleinen Schrittes, um die
Frage zu Ende zu fĂĽhren. Die gedruckten Quellen zur Geschichte der
deutschen Universitäten, um die es sich zunächst handelte, waren mir in
Braunschweig nicht zur Hand. Ich wandte mich der Einfachheit halber
gleich an einen auf diesem Gebiete arbeitenden Forscher, Herrn Prof.
Georg Erler in Königsberg. Hier ist die Auskunft, die ich erhielt.
Ein Mag. Johannes Stephani Rews de Constancia, artium
et utriusque juris doctor, lector Ordinarius juris Caesarei in univ. Vienn.
ist 1514 in Wien gestorben. Dort war er 1499 immatrikuliert worden.
1500, 1504 und 150g ist er Dekan gewesen, im Somniersemester
1504 Rektor. Er war auch fiscalis camere procurator famigeratissimus.
Die Inschrift auf der RĂĽckseite unseres Bildnisses ist also voll-
kommen richtig, die Jahreszahl 1503 aber bezeichnet nicht das Rektorat,
sondern das Jahr, in dem sich Reuss hat malen lassen. Als selbst-
verständlich muss angesehen werden, dass sich auch der Maler dieses
Bildnisses im Jahre 1503 in Wien befand.
Bedarf es nun noch eines Beweises, dass nur Luc. Cranach
der Schöpfer der beiden Bilder von 1 503 sein kann ? Giebt es wohl
eine bessere StĂĽtze fĂĽr diese Behauptung, als das Bildnis des Reuss?
Das Ergebnis einer genauen kritischen Vergleichung der beiden von
Passavant IV, 40 beschriebenen Holzschnittkreuzigungen und der beiden
Bilder von 1503 war, dass diese vier Werke von einer Hand her-
rĂĽhren; eine weitere Vergleichung mit gesicherten Werken Lucas Cra-
nachs ergab, dass nur dieser sie geschaffen haben könne.
Magyarische Typen auf der ältesten Holzschnittkreuzigung P. IV, 40.
Nr. 2 fĂĽhrten mich zu der Ansicht, der KĂĽnstler habe damals nahe
der ungarischen Grenze gelebt, vielleicht in Wien (vergl. S. 9). Jetzt
stellt sich unerwarteterweise heraus, dass auch das eine Bild von 1 503
in Wien gemalt ist.
1509 erwähnt Scheurl in der Widmung seiner berühmten Rede
ĂĽber die Wittenberger Schlosskirche , dass Lucas Cranach noch vor
seiner Ăśbersiedelung nach Wittenberg, also vor 1504, in Ă–sterreich
gewesen sei. Dadurch werden die beiden Bilder von 1503 und die
beiden Holzschnitte nun auch gcwissermassen urkundlich als Werke Lucas
Cranachs beglaubigt.
i4q. 150. 151. Drei Bilder aus der Schlosskirche in
Chemnitz. Vergl. S. 97 — q8. Nr. 151 stellt nicht den Zeugentod
der sieben Söhne der h. Felicitas, sondern wohl die Marter der Zehn-
tausend dar. Die Bilder sind wahrscheinlich 15 18 — 20 entstanden.
152. FlĂĽgelaltar mit der Verlobung der h. Katharina und
Heiligen. Merseburg, Dom. Phot. von Tamme. Vergl. S. 80 (ĂĽber
die Darstellung) und gg — 100. Wohl noch vor 15 10 entstanden.
153. Die h. Dreieinigkeit. Leipzig, Stadt. Museum. Vergl.
S. gS. Lichtdruck vor der Restauration in den Bau- und Kunstdenk-
mälern des Königreichs Sachsen, 17. Heft, Stadt Leipzig, S, 24 Taf. VL
154. Die Bewein ung Christi. Breslau, Schlesisches Museum. Von
1 5 I ö. Das Bild gehört nicht einmal der sächsischen Schule an. Vergl. S. go.
155. Des Heilands Höllenfahrt und Auferstehung.
Aschaffenburg, Stiftskirche. Phot, von Tamme. Vergl. S. loi — 102,
Das Bild scheint in derselben Zeit (15 18 — 20) entstanden zu sein, wie
die S. 97 — g8 erwähnten Bilder der Chemnitzer Schlosskirche (vergl.
auch Nr. 14g — 151). Christus hat hier einen aus drei Strahlenbündeln
gebildeten Heiligenschein. Es lässt sich also das auf S. 147 Gesagte
in dieser bestimmten Fassung nicht aufrecht erhalten. Doch ist das
Aschaffenburger Bild die einzige mir bis jetzt bekannte Ausnahme von
der Regel. Vergl. auch S. 176.
156. Zwei FlĂĽgel mit Heiligen und Stiftern. Naumburg,
Dom. Phot. von Tamme. Von Hans Cranach. Vergl. S. 152 — 153
und 155 — 156.
157. AltarflĂĽgel mit zwei weiblichen Heiligen. Schloss
Siebeneichen bei Meissen, Freiherr von Miltitz. Phot. von Tamme.
Höchst interessant als gemeinsame Arbeit von Lucas Cranach und seinem
Sohne Hans. Die ziemlich schwachen Bilder der RĂĽckseite sind von Hans
Cranach allein, es ist fast derselbe Stil, den auch die Staffel des Zw ick auer
Altarwerks von 1518, eine Anbetung der Könige, zeigt (vergl. S. 104
und Nr. 100, S. 281), die demnach auch von Hans Cranach wäre.
Wenn ich meinem Gedächtnis trauen darf, ist von derselben Hand noch
die unbezeichnete Anbetung der Könige in Gotha (Kat. Nr. 361). Die
beiden grossen Heiligen auf der Vorderseite erinnern in den Köpfen
unmittelbar an die heiligen Frauen des Wörlitzer Marienbildes von 15 16
(CrA. 10); die h. Barbara hält ihren Kelch mit den unter der Schürze
— 288 —
verborgenen Händen genau so wie die Dresdener Barbara Nr. 130.
Beide Gestalten scheinen in der Hauptsache von Lucas Cranach gemalt
zu sein, in Nebendingen, wie in der SchĂĽrze der h. Barbara mit den
seltsamen Falten, verrät sich jedoch Hansens Schülerhand. Als Ent-
stehungszeit ergeben sich die Jahre 15] 6 — 18. Die Gestalten der
Rückseite, namentlich die männlichen, finden wir noch weiter ausge-
bildet auf den FlĂĽgelbildern des Bergaltars und dem Mittelbild des
Pflockschen Altars in Annaberg wieder.
158. Bildnis des KurfĂĽrsten Johann Friedrichs des
GrossmĂĽtigen. Hamburg, Konsul Ed. F. Weber. Angeblich 1547
entstanden. Weder ist der Dargestellte Johann Friedrich, noch hat das
Bild irgend etwas mit Cranach oder seiner Schule zu thun. Es gehört einer
ganz andern Schule an und stammt etwa aus dem Anfang des 17. Jahrh.
15g. Beweinung Christi. Aschaffenburg, Stiftskirche. Phot.
von Tamme. Von Mathias GrĂĽnewald. Auch ich halte das Bild fĂĽr die
Stafifel eines Altarwerkes, nicht für das Bruchstück eines grösseren Bildes.
160. Hirschjagd. Schloss Moritzburg. Von 1540. Ein voll-
kommen sicheres Bild des jĂĽngeren Lucas Cranach. Besonders kenn-
zeichnend sind die etwas bleichen Gesichter mit den kupfrig geröteten
Wangen und Nasen, die zierlichen Stumpfnäschen der Frauen, die Be-
handlung der Landschaft.
161. Bildnis des kleinen Prinzen Christian. Schloss
Moritzburg. Phot. von Tamme. Von 1564.
162. Bildnis der kleinen Prinzessin Marie. Schloss Moritz-
burg. Phot. von Tamme. Von 1564.
163. Bildnis der KurfĂĽrstin Anna. Dresden, Histor. Museum.
Phot. von Tamme, Von 1564.
164. Bildnis des KurfĂĽrsten August. Dresden, Histor. Mu-
seum. Phot. von Tamme. Von 1565.
165. Männliches Bildnis. Berlin, Maler Lucas von Cranach.
Phot. von Tamme.
165 A (Nachtrag). Bildnis des KurfĂĽrsten August. Dresden,
Galerie. Phot. von Braun und Hanfstängl.
165B (Nachtrag). Bildnis des KurfĂĽrsten Moritz. Dresden,
Galerie. Phot. von Braun und Hanfstängl.
Die 7 Bildnisse Nr. 161 — 165B sind sämtlich vortreffliche Werke
des jĂĽngeren Lucas Cranach, der als Bildnismaler in dieser Zeit in
Deutschland wohl nur wenige Nebenbuhler hatte.
Anhang.
Die Verlobung der heil. Katharina
nach der Legende.
Ich habe auf S. 80 und gelegentlich noch an anderen Stellen darauf
hingewiesen, dass eine Anzahl cranachscher Bilder, die jetzt „Die Ver-
lobung (oder Vermählung) der h. Katharina" genannt werden, diesen
Titel mit Unrecht tühren. Dies gilt zunächst für alle Bilder, auf denen
Maria mit dem Kind auf dem Schosse nur mit der h. Katharina (links)
und der h. Barbara (rechts) dargestellt ist, es hat aber auch fĂĽr solche
zu gellen, auf denen diesen beiden Lieblingsheiligen jener Zeit noch
andere, wie Dorothea und Margarethe, beigesellt sind. Wir haben hier
immer IMarienbilder, nicht Katharinenbilder vor uns. Es handelt
sich hier ebensowenig um einen Vorgang aus dem Leben der h. Katharina,
wie es sich z. B. um einen Vorgang aus dem Leben der h, Anna handelt,
wenn diese dem Kinde eine Birne oder einen Apfel reicht oder es vom
Schosse Marias in ihre Arme nimmt. Nicht Begebenheiten, sondern
Zustände schildert der Künstler hier.
Da die Legende von der Verlobung der h. Katharina nicht genĂĽgend
bekannt zu sein scheint, teile ich sie im folgenden nach dem Wortlaut
mit, wie sie sich in der 1517 von Johann Knoblauch in Strassburg
gedruckten Sammlung „Der heiligen leben neüw getruckt" (Winterteil)
findet. Ich habe bei diesem Abdruck nur die Schreibweise der Vorlage
etwas vereinfacht.
Die Königstochter Katharina soll den Sohn des Kaisers Maxentius
heiraten, aber sie will nur einen I^Iann nehmen, der so edel, schön,
weise und reich sei, wie sie. Die Königin ist betrübt darüber und geht
mit ihrer Tochter zu einem Einsiedler, um sich Rats zu erholen. Der
sagt zu Katharina: „Wenn du an Jesus Christus glauben, ihm mit Fleiss
19
dienen und dich taufen lassen willst, so bekommst du eineti Gemahl^
der die vier Gaben im Ăśberfluss besitzt/' Aber ohne die Hilfe seiner
Mutter Maria wird sie diesen Gemahl nicht erwerben , fĂĽgt er hinzu,
indem er ihr ein Bild der Maria mit dem Kind auf dem Arme zeigt.
,,Do warde sant Katherina entzĂĽndt mit grossem ernst und gieng
heim in ir mikter hauss und riifft Mariam an mit andacht und dienet
ir mit beeten , vasten, wachen. Und do sy sich etlich tag geiibet het,
do ward sy in dem schlaf entzucket und sach unser frawen und iren
sun, der keret seinen minnigklichen anblick von ir, dass sy in nit mocht
sehen. Darumb ward sy betrĂĽbt, wan sy het in geren gesehen, und
bat unser frawen mit andacht, dass sy in sähe. Das bat in unser frauw
giitlich, do wolt er es nicht thun und sprach, sy wäre im nit geleich
in vier dingen. Das was ir layd, und ĂĽbet sich aber bass an gottes
dienst und schlieffe eines nachts, do kam unser fraue zu ir und sprach:
Du solt zu dem einsidel geen und seit von im getaufet werden und
solt Christen gelauben an dich nemen, so lasst sich denn mein kind
sehen. Do sy erwachet, saget sy irer mĂĽtter, was sy gesehen het und
giengen mit einander zu dem einsidel und empfiengen den tauf von im
und beteten und füren frölich wider heym und dienet gott emsigklich
und entschlief aber. Do erschyne ir unser fraw mit irem lieben sun
in künigklicher zierd und klarheit, do sähe sy sein anlitz gar klärlich
und minnigklich, und redet mit ir von der geraahelschaft und vermähelt
sich ir und stiess ir ein kleines vingerlin an und sprach: O mein liebe
Katherina, ich will mich dir in deinen gelauben gemeheln. Und also
erwachet sy und fand das vingerlin an der hand und erkannt, dass es
alles war was, das sy in dem schlaf gesehen het und dienet do irm
gemahel mit besunderm fleiss und Hess die haydnischen gewonheit
und die abgöter und hiit sich vor hoflfart und vor unkeüsch und vor
aller untugent und was mit dem band götlicher lieb vermähelt in eim
rechten gelauben."
Verzeichnisse.
I. Die Holzschnitte und Knpfcrstif^he der Lippmannschen
Ausgabe n ach di-n Nummer n von Bartsch, Heller, Schuchard
und Passavant.
Lipp-
mann
Barisch
vn. j
Heller, Cranacli
2. Aufl.
Schuchardt,
Cranach 11.
Passavant IV.
Sc'le
Nr.
Seile Nr.
Seite
Nr.
I
287
76
'7r 98 (245)
233
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Bartsch VII.
Heller, Cranach
2. Aufl. 1
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Cranach 11.
Passavant IV.
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213 268 (4:8)
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214 269 (419)
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29
294
127
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2B4 132
30
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22
132 22 (61)
207 32
31
292
120/121
^10 ^57/^58
(407/408)
276 119120
32
286
73
170 9Ă– (240)
232 90
33
280
4
125 4 (40)
196 9
34
287
77
171 100(247)
234 97
35
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123
211 263 (413)
278 125
36
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5
126 3 (43)
198 14
37
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24
154 57 (180)
215 2 (47)
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140 46 (127)
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26
140 47 (131)
2154 (49)
40
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27
141 48 (136)
215 5 (50)
41
279
2
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40
156 61 (192)
211 4 (37)
45
282
41
157 62 (194)
211 5 (38)
46
282
48
158 69 (2C9)
213 12(45)
47
284
62
166 87 (228)
226 80
48
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S. 10, Nr. 165
49
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60
166 85 (226)
225 78
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S. 10, Nr. 164
51
287
78
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S. 10. Nr. 163
52
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— 293 —
Lipp-
mann
Bartsch VII.
Heller, Cranach
2. auH.
Schiichardt,
Cranach II.
Passavant IV.
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Nr.
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1
1
188
5
1500-
1502
J504-
1505
1506
ie Holzschnitte und Kupferstiche Lucas Cranachs d. A.
bis 1522 nach der Zeitfolge.
2: S. K—6. 8— q.
— 1501 Kreuzigung P. IV, 40 Nr
Kreuzigung P. IV, 40 Nr. i : S.
-8.
18.
1 506
— 5 Landsknecht und Dame L. 31: S. i
Verehrung des Herzens Jesu L. i ^ : S. <
Der stehende h. Georg L. 5^: S. 18. 20.
Die Hirschjagd L. 14': S. 18. 20.
Die Versuchung des h. Antonius L. 2': S. 20.
Der h. Michael L. 3': S. 18. 20.
Die Himmelfahrt der h. Magdalena L. 7^: S. 18. 20.
Die Marter des h. Erasraus L. 4^: S. 20.
Turnier L. 10 ': S. 21.
Knabe zu Pferde L. 11 ': S. 21.
Herr und Dame zur Jagd reitend L. 12': S. 21.
Ein Ritter zu Pferde L. 13': S. 21.
— 7 Die Eberjagd L. 17': S, 19 — 20. 21. 23.
Marcus Curtius L. 18: S. 23.
— 294 —
1507 Der h, Georg zu Pferde, Gold- und Silberdruck L. (ig). 20^:
S. 21. 33— 3(^-
1507 — 9 Die Holzschnitte des Wittenberger Heiligtumsbuches: S. 22 — 23.
63—64.
1508 Die grosse Enthauptung Johannes des Täufers L. 53: S. 15 — 16.
— Das Urteil des Paris L. 2 1 : S. 21. 32 — 33.
150g Turnier mit Lanzen L. 28: S. 17. 25. 36.
— Turnier mit Schwertern L. 29: S. 17. 25, 36.
— Turnier mit Simson auf dem Balkonteppich L. 27: S. 17. 25.
28. 36. 39. 40. 41.
— Der Sündenfall L. 22: S. 31. 39. 40.
— Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten L. 23. 24: 8. 31. 39. 40.
— David und Abigail L. 25: S. 31. 39. 40.
— Der h. Hieronymus in der Landschaft L. 26: S. 31. 3g. 40.
— ■Der h, Christoph (mit der falschen Jahreszahl 1506) L. 6: S. 13.
21. 28—31. 32. 40—41.
— Venus und Amor (mit der falschen Jahreszahl 1506) L. 8. 9:
S. 13. 21. 28—31. 32—33- 41-
— Die Busse des h. Chrysostomus, Kupferst. L. 58: S. 38 — 3g.
— Friedrich der Weise, Kupferst. L. 5g: S. 3g. 40. 51 — 52.
— Die Passion B. VII, 280 Nr. 6 — 20, Seh. II, 200 Nr. 16 — 2g:
s. 3g.
— Die Marter der h. Barbara B. VII, 285 Nr. 70, Seh. II, 230 Nr. 87:
s. 3g. 45—46.
— Christus und die Samariterin L. 30: S. 61 — 62.
150g — 10 Die h. Sippe L. 36: S. 3g. 45.
150g — 12 Die Martern der Apostel B. VII, 282 Nr. 37—48, Seh. II,
210 Nr. 34 — 45, L. 43—46: S. 62.
1510 Friedrich der Weise und sein Bruder Johann, Kupferst. L. 60:
S. 38.
1510 — II Anna selbdritt L. 42: S. 48.
— Himmelsleiter L. 51 und Hölle L. 51'': S. 48 — 4g.
1511 Maria mit dem Kind auf dem Schoss B. VII, 28g Nr. 88,
Seh. II, 271 Nr. 113: S. 64.
— Stehende Maria mit dem Kind auf dem rechten Arm B. VII,
28g Nr. 87, Seh. II, 270 Nr. in: S. 64.
151 1 — 12 Die Dreieinigkeit auf einem Sockel B. VII, 28g Nr. 81,
Seh. II, 270 Nr. 108: S. 64.
— 2Q5 —
!5li — 12 Die Verkündigung L, 41: S. 44—45,
1512 Die Dreieinigkeit in Wolken: S. 64 — 66.
— Die Erschaffung der Eva: S. 64 — 66.
— Die Verkündigung B. VIT, 289 Nr. 8q: S. 64-66.
Christi Einzug in Jerusalem: S. 64 — 66.
— Die Kreuzigung Christi Seh. II, 290 Nr. 136: S. 64 — 66.
— Christi Höllenfahrt: S. 64^66.
— Das jüngste Gericht B. VII, 291 Nr. iii, Seh. II, 270 Nr. log:
S. 64—66.
— Das herzogl. sächsische Wappen: S. 64 — 66.
Um 15 12 Der Menschenfresser L. 15: S. 49 — 50.
— Der kleine h. Georg L. 16: S. 49 — 50.
15 14 Friedrich d. W., den h. Bartholomäus verehrend, Kupierst. L. 57:
S. 45. 46-48.
1514 — 15 Christus und die Apostel B. VII, 281 Nr. 2^ — 36, Seh. II,
215 Nr. 46— 59, L. 37-40: S. 42—44.
— ■Friedrich d. W., die Gottesmutter verehrend L. 34: S. 50 — 51.
— • Die kleinere Enthauptung Johannes des Täufers L. 47: S. 50.
15 15 Spalatin vor dem Crucifix L. 48: S. 62.
15 16 Die Predigt Johannes des Täufers L. 49.
15 19 Die h. Katharina L. 52: S. 55.
— Die h. Barbara B. VII, 285 Nr. 69, Seh. II, 229 Nr. 84:
S. 55-
1520 — 25 Das Christkind als Welterlöser L. ^2: S. 52 — 53.
— Die h. Familie mit dem Engeltanz L. ^^i S. 53.
1520 Luther als Mönch, barhaupt, Kupferst. L. 61, B. 5 , Seh. 6:
S- 5Ö— 57-
1521 Luther als Mönch mit der Kappe, von der Seite, Kupferst. L. 62,
B. 6, Seh. 8: S. 55—56.
1521 — 22 Luther als Junker Jörg L. 54: S. 63. 108.
3. Tafelbilder Lucas Cranachs d. Ă„. bis 1522
nach der Zeitfolge.
1503 Dr. Joh. Stephan Reuss, Professor an der Wiener Universität.
Nürnberg, German. Museum (CrA. 148): 284 — 287.
— Christus am Kreuz mit Maria und Johannes. Schieissheim,
Galerie (CrA. 147): 71 — 77. 284.
- 296 -
1504 Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. München, General-
musikdirektor Herrn. Levi (CrA. i): 252.
1504 — 5 Maria mit dem Kind und der h. Katharina und Barbara.
Karlsruhe, Kunsthalle (CrA. in): 7g — 81.
— Die h, Katharina und die h. Barbara. Kassel, Galerie: 81.
(1505) Die 14 Nothelfer (auf der RĂĽckseite Christus als Schmerzensmann
mit 2 Engeln). Torgau, Marienkirche (CrA. g8): 81 — 82. 280.
1506 FlĂĽgelaltar: Die Marter der h. Katharina, mit weiblichen Heiligen
auf den FlĂĽgeln. Dresden, Galerie und LĂĽtzsche na, Samm-
lung des Freiherrn Speck von Sternburg (CrA. 2 — 3): 82 — 83. 252.
(1507) Friedrich der Weise. Nürnberg, German, Museum: 84— 85.
1507 — 1508 Flügelaltar: Maria mit dem Kinde und der h. Katharina,
auf den Flügeln männliche Heilige. Merseburg, Dom (CrA. 152)-
99 — 100. 287.
— 2 kleine Altarflügel mit Heiligen. Koburg, Sammlung auf der
Veste: 100.
Um 1508 FlĂĽgelaltar. Mitte: Maria mit Kind, der h. Katharina und Bar-
bara, FlĂĽgel: Friedrich der Weise und sein Bruder Johann mit ihren
Schutzheiligen. Wo rlitz, Gotisches Haus (CrA. 127): 85 — 86. 283.
150g Dr. Christoph Scheurl. NĂĽrnberg, Theodor Freiherr v. Scheurl
(CrA. 4): 86.
— Venus und Amor. Petersburg, Ermitage (CrA. 5): 86.
150g — 10 Maria mit dem Kinde (fälschlich Madonna unter den Tannen
genannt). Breslau, Dom (CrA. 71): 88. 276.
15 IC — 12 Zwei Altarflügel (Aussenseiten) mit 6 Heiligen (Jakobus d. A.,
Mathäus u. Andreas, Johannes der Täufer, Erasmus u. Christoph.)
Darmstadt, Museum (CrA. 137): 102. 283.
— Altarflügel mit dem h. Nikolaus und dem'h. Rochus. Torgau,
Alterlumsmuseum: 102.
15 10 — 15 (Bildnis eines Pilgers. München, Dr. Martin Schubart f
(CrA. 123): 102. Wenn ĂĽberhaupt von L. Cranach, dann viel-
leicht noch vor 15 10.)
— Weibl. Bildnis. Berlin, Schloss (CrA. 122): 102. 283.
15 12 — 13 Altarwerk. Neustadt a. d. Orla (verdingt 151 1, die Auf-
stellung am 23. Juni 15 13 beendet): 88 — 8g.
— Christus als Weltheiland. Zeitz, Nikolaikirche (CrA. 112): gg. 282.
Um 1513 Die h. Dreifahigkeit, verehrt von Maria und Sebastian.
Leipzig, Stadt. Museum (CrA, 153): 98. 287.
Um 1513 Anbetung der Könige. Naumburg, Wenzelskirche: 100 — loi.
— Maria mit dem Kind am Baume. Darm Stadt, Maximilian Freiherr
V. Heyl (CrA. 116): q8 — gg. 282.
— Köpfe Christi und Marias. Gotha, Museum: gg.
15 14 Heinrich der Fromme von Sachsen und seine Gemahlin Katharina.
Dresden, Histor. IMuseum (CrA. 6 u. 7): 8g. 252.
— Altarwerk. Mitten walde (Prov. Brandenburg), Moritzkirche: 8g.
15 14 — 15 Anbetung der Könige. Gotha, Museum (CrA, 78): g5 — g6.278.
— Beweinung Christi. Budapest, Nationalgalerie (CrA. 144): g7.
— Maria mit dem Kind auf der Mondsichel, von Friedrich dem
Weisen verehrt. Darmstadt, Geh. Ilofrat Dr. Schäfer (CrA. 128):
lOi. 283.
— Friedrich der Weise (mit der Drahthaube). Dresden, Prinz
Georg V. Sachsen (CrA. 74): 106. 278.
1515 Christus am Kreuz zwischen den Schachern. Berlin, Frau Mathilde
Wesendonck (CrA. g): go — gi. 252.
— Der Schmerzensmann an der Säule. Dresden, Galerie (CrA. 8):
go— gi. 252.
— Männliches Bildnis. Berlin, Galerie: 8g — go. gi.
— Die Heiligen Hieronymus und Leopold. Wien, Kunsthist. Hof-
museum : go — g I .
— jNIarter der h. Katharina und Johannes des Täufers. Kremsir,
Sommerresidenz des FĂĽrsterzbischofs von OlmĂĽtz: 12. go.
Um 1515 Die heilige Nacht. Berlin, Sammlung R. v. Kaufmann
(CrA. go): g2 — g3. 280.
— Anbetung der Könige. Leipzig, Stadt. Museum (CrA. 113):
g2. 282.
— Christus am Ölberg. Dresden, Galerie (CrA. 76): g2. 278.
— Kreuzigung Christi. Strassburg, Stadt. Gemäldesammlung (CrA.
iio': gi. 281.
— Der h. Hieronymus in der Landschaft. Berlin, Galerie: g4 — g5.
— Adam und Eva. München, Pinakothek: gs — g4.
— Anna selbdritt. München, Pinakothek: g3.
— Das Urteil des Paris. Schloss Flechtingen, Kreis Gardelegen:
271—272.
1515—16 Stillende Maria. Darmstadt, Museum (CrA. 138): gs. 283.
— Die h. Katharina und die h. Barbara. Dresden, Galerie (CrA,
12g und 130J: g5. 283.
— 298 —
15 15 — 16 Der bethlchemsche Kindermord. Dresden, Galerie (CrA. 106):
127 — 128. 281.
15 16 Maria mit dem Kind und 4 weibl. Heiligen. Wörlitz, Got. Haus
(CrA. 10): 95. 252.
— Die 10 Gebote. Wittenberg, Lutherhalle: 257 — 259.
15 16 — 20 Grosse (stehende) Anna selbdritt. Berlin, Galerie (CrA.
142): 97. 284.
15 17 — 18 Flügelaltar: Beweinung Christi, der h, Bartholomäus u. Anna
selbdritt. JĂĽterbog, Nikolaikirche (CrA. 108): 97. 281.
15 18 Der Sterbende. Leipzig, Stadt. Museum (CrA. 11): 252.
— Maria mit dem Kinde in der Landschaft. Gross-Glogau,
Dom (CrA. 12): 103. 252.
— Maria mit dem Kinde in der Landschaft.. Weimar, Residenz-
schloss: 103.
— Maria am Betpult. Weimar, Museum: 103 — 104.
— Bildnisse eines Ehepaares (Ulrich Lindacker und seine Frau?).
Sigmaringen, Hofrat Gröbbels: 103.
— Bildnis des Gerhart Volk, Leipzig, Stadt. Museum (CrA. 109): 104.
— Altarwerk. Zwickau, Katharinenkirche (CrA. 100): 104. 280 —
81. 287.
— (Ruhende Quellnymphe. München, Dr. Martin Schubart f (CrA. 13):
103. 252. Eigenhändigkeit zweifelhaft.)
Um 1518 Maria mit dem Kind in der Landschaft, Karlsruhe, Kunst-
halle (CrA. 79): 105, zy^.
— Kreuzigung. Frankfurt a. M., Städelsches Institut (CrA. 77):
105 — 106. 278.
— Abschied Christi von seiner Mutter. Dresden, Galerie (CrA. 75):
106. 278.
— 2 Altarflügel, die Jugend Marias und die Ruhe auf der Flucht
nach Ägypten. Wörlitz, Got. Haus: 93,
1518 — 20 Maria mit dem Kinde und 4 weiblichen Heiligen, Budapest,
Nationalgalerie (CrA. 73): 105. 277 — 78.
— Kleine (sitzende) Anna selbdritt, Berlin, Galerie: 105.277 — 78.
— Adam und Eva. Braunschvveig, Museum (CrA. 72): 93 — 94.
270. 27Ö— 77.
— Christus und Maria als Fürbitter. Budapest, Nationalgalerie: 96-
— 2 Altarflügel: Schmerzensmann und Schmerzensmutter und die
VerkĂĽndigung. Naumburg, Dom: 109,
— 200 —
1518 — 20 Maria in der Glorie mit dem Stifter, Frankfurt a. M., Frei-
herr V, Holzhausen: loi.
— Marter der Söhne der Felicitas. Hannover, Provinzialmuseum: 98.
— 2 Halbrundbilder (Dreifaltigkeit, Rückseite: Maria mit Heiligen und
Seelen, und die Marter Jakobus d. Ă„.) und 2 AltarflĂĽgel (Heiden-
predigt des Apostels Philippus (?) und Marter der 10 000).
Chemnitz, Schlosskirche (CrA, 149 — 151): 97 — 98. 287.
— Christi Höllenfahrt und Auferstehung. Aschaffenburg, Stifts-
kirche (CrA. 155): loi — 102. 287.
1519 Altarwerk. Grimma, Gottesackerkirche: io6 — 107.
1520 — 25 h. Georg. Wörlitz, Got. Haus (CrA. 117): 282.
— h. Magdalena. Freiburg i. B., Vincent Mayer (CrA. 84):
93. 278.
1521 Bildnis eines 22jährigen Mannes. Schwerin, Museum ;CrA.
15): 253.
— Christi Abschied von seiner Mutter. Berlin, Klosterkirche: 107.
— Luther als Junker Jörg. Leipzig, Stadtbibliothek (CrA. 114):
108 — 109.
Um 1521 Beweinung Christi. Berlin, Klosterkirche: 107 — 108.
— Die h. Dreifaltigkeit. Dresden, Museum des Altertumsvereins
96 — 97.
4. Bildnisse,
(H. =^ Holzschnitt, K. = Kupferstich. St. bedeutet, dass die betr. Person als
Stifter dargestellt ist.)
Albrecht, Cardinal, s. Brandenburg.
Anna, KurfĂĽrstin, s. Sachsen b) Albertiner.
August, KurfĂĽrst, s. Sachsen b) Albertiner.
Barbara, Herzogin, s. Sachsen b) Albertiner.
Bora, Katharina von, s. Luther.
Brandenburg, Markgrafen von.
— Albrecht, Cardinal, Erzbischof von Mainz und Magdeburg.
Aschaffenburg, Schlossgalerie, 2 Messen des h. Gregor (St.): 145 — 146.
K. (1520, L, 64): 59. 250.
Berlin, Galerie: 266. 279 — 80.
?(i5 24, als h. Martin), verschollen: 162 — 166.
Darmstadt, Museum (1525, als h. Hieronyraus): 263 — 264.
— jOO —
(Brandenburg, INIarkgrafen von.)
— (Albrecht, Cardinal, Erzbischof von Mainz und Magdeburg.)
Potsdam, Oberst V. Natzmer (15.26, als h, Hieronymus): 263 — 264.
Petersburg, Ermitage (1526): 26Ă–.
Berlin, Galerie (1527, als h. Hieronymus): 263 — 264.
Halle a. S., Älarienkirche (1529, St.): 15g — 60. 168 — 69. 281.
Augsburg, Galerie (St.): 168—169. 170. 284.
Aschafi'enburg, Schlossgalerie (als h. Erasmus) : 15Ö — 159. 165. 283.
— Georg, s. Joachim II.
— Joachim L, Kurfürst.
Bayreuth, Kanzleibibliothek (1529): 273.
— Joachim IL, Kurfürst.
Dresden, Galerie (als Markgraf Georg v. Brandenburg- Ansbach): 280.
Bugenhagen, Johann.
Wittenberg, Lutherhalle (1537): 275.
Christian, s. Dänemark und Sachsen b) Albertiner.
Cranach d. Ă„., Lucas.
Florenz, Uffizien (1550): 276.
Dänemark, König Christian IL von.
2 Holzschnitte (1523): 225 — 27. 21,0—^^. 234.
Eib, Gabriel von, s. Eichstätt.
Eichstätt, Gabriel von Eib, Bischof von.
Bamberg, Stadt. Kunstsammlung (1520, St.): 140 — 45. 281.
Eulenau, Christiane.
Dresden, Galerie (1534): 274 — 75.
Friedrich der Weise, s. Sachsen a) Ernestiner.
Georg der Bärtige, s. Sachsen b) Albertiner.
— s. Brandenburg.
Heinrich der Fromme, s. Sachsen b) Albeitiner.
Joachim, s. Brandenburg.
Johann der Beständige, s. Sachsen a) Ernestiner.
Johann Friedrich der GrossmĂĽtige, s. Sachsen a) Ernestiner.
Karl V., deutscher Kaiser.
H. (1547): 276.
Schwerin, Museum (1548): 276.
Dijon, A. Joliet: 283.
Katharina, s. Sachsen b) Albertiner.
Lullicr, Hans, der Vater des Reformators.
Wartburg (1527): 267.
— Katharina, geb. v. Bora.
Basel, öflfentl. KunstsammUmg (1525, Rundbild): 257 — 58.
Berlin, Galerie (Rundbild): 258.
Forsmark in Schweden, Sammlung Ugglas (1525): 258.
Schwerin, Museum (1526): 25g — 60.
Wolfenbüttel, Bibliothek (1526): 25g — 60.
Berlin, Sammlung R. v. Kaufmann (1526): 25g — 60.
Weimar, Museum, Zeichnung (1528): 261.
Hamburg, Familie Arnemann (1528): 260 — 61.
Berlin, Prof. Dr. Nik. MĂĽller (r52g): 262.
Darmstadt, Galerie (152g): 260.
— Margarethe, die Mutter des Reformators.
Wartburg (1527): 267.
— Martin.
K. als iMönch, barhaupt ([520 L. 61): 56 — 57.
K. „ ,. in Nische (1520, L. 63): 57—59-
H. „ ,, „ „ (1520): 58.
K. „ „ mit Kappe, Profil (152 i, L. 62): 55 — 56.
Leipzig, Stadtbibliothek, als Junker Jörg (1521): 108 — lOg. 282.
H. als Junker Jörg (1521, L. 54): 63. 108,
Wittenberg, Lutherhalle (1525, Rundbild): 257 — 5g.
Basel, öflfentl. Kunstsammlung (1525, Rundbild): 257 — 58.
Forsmark in Schweden, Sammlung Ugglas (1525): 258.
Schwerin, Museum (1526): 25g— 60.
Wolfenbüttel, Bibliothek (1526): 25g — 60.
Berlin, Sammlung R. v. Kaufmann (1526): 25g — 60.
Weimar, Museum, Zeichnung (1528): 261.
Hamburg, Familie Arnemann (1528): 260 — 61.
Berlin, Prof. Dr. Nik. MĂĽller (152g): 262.
Darmstadt, Galerie (152g): 260.
Dresden, Galerie (1532): 262, 282.
Frankfurt, Stadt. Museum (1532): 262 — 63.
Marie, s. Sachsen b) Albertiner.
Melancbthon, Philipp.
Dresden, Galerie (1532): 262. 283.
Frankfurt, Stadt. Museum (1532): 262 — 63. 274.
— 302 —
Moritz, s. Sachsen b) Albertiner.
Naumburg, Bischöfe von.
— Johann von Schönberg,
Naumburg, Dom (St.): 152 — 53. 155 — 56. 287.
— Philipp bei Rhein, Pfalzgraf.
Naumburg, Dom (St.): 152 — 53. 155 — 56. 287
Pflock, Lorenz.
Annaberg, Annenkirche (St., mit Frau und Sohn): 131 — 136. 28^.
Pliih'pp bei Rhein, Pfalzgraf, s. Naumburg.
Reuss, Dr. Joh. Stephan, Professor an der Wiener Universität.
Nürnberg, German. Museum (1503): 284 — 87.
Sachsen.
a) Ernestiner.
— Friedrich der Weise.
Nürnberg, German. Museum: 84 — 85.
Wörhtz, Cot. Haus (St.): 85—86.
K. (1509, L. 59): 39. 40. 51—52.
H. (Nürnberger Copie von L. 59): 51 — 52.
H. (1510, Nürnberger Copie von L. 59): 51 — 52.
K. (mit Johann dem Beständigen, 15 10, L. 60): 38.
Neustadt a. d. Orla, Johanniskirche (auf der Enthauptung Johannes
des Täufers, 151 1 — 13): 88—89.
K. (mit dem h. Bartholomäus, L. 57): 45. 46 — 48.
H. (die Gottesmutter verehrend, L. 34): 50 — 51.
Darmstadt, Geh. Hofrat Dr. Schäfer (St.): loi. 283.
Dresden, Prinz Georg v. Sachsen (in der Drahthaube): 106,
Zwickau, Katharinenkirche (15 18, St.): 104.
Gotha, Museum (1522): 109. 255 — 56.
Wörlitz, Got. Haus (1525): 254 — 55.
Dresden, Prinz Georg v, Sachsen (im Barett): 255.
Darmstadt, Museum (1525): 255.
Karlsruhe, Kunsthalle (1525, Rundbild): 256.
Petersburg, Ermitage: 255.
(1532 u. 1533): 256—57.
— Johann der Beständige.
Wörlitz, Got. Haus (St.): 85—86.
K. (mit Friedrich d. W., 15 10, L. 60): 38.
— 303 —
(Sachsen )
a) (Ernestiner.)
— (Johann der Beständige).
Neustadt a. d. Orla, Johanniskirche (auf der Enthauptung Johannes
des Täufers, 151 i — 13): 88 — 8q.
Zwickau, Katharinenkirche (15 18, St.): 104.
Karlsruhe, Kunsthalle (1525, Rundbild): 256.
Dresden, Prinz Georg von Sachsen (1526): 266.
(1532 u. 1533): S. 256—57.
— Johann Friedrich der Grossmütige.
Weimar, Museum (als Bräutigam, 1526): 264 — 65.
— Sibylle, Gemahlin Joh. Friedrichs, geb. Prinzessin von Jülich-Cleve-Berg.
Weimar, Museum (als Braut, 1526): 264 — 65.
Koburg, Sammlung auf der Veste: 279.
b) Albertiner,
— Anna, Gemahlin des Kurfürsten August.
Dresden, Histor. Museum (1564): 288.
- — ■August, Kurfürst.
Dresden, Histor. Museum (1565): 288.
Dresden, Galerie: 288.
- — Barbara, Gemahlin Georgs des Bärtigen.
Meissen, Dom (St., 1534): 274.
— Christian I.
Moritzburg, Schloss (1564): 288.
— Georg der Bärtige.
Leipzig, Stadt. Museum (1534): 275.
Meissen (St., 1534): 274.
Berlin, Prof. L. Knaus: 282.
— ■Heinrich der Fromme.
Dresden, Histor, Museum (15 14): 8g, 252.
Dresden, Galerie (1537): 12. 275.
— Katharina, Gemahlin Heinrichs des Froramen.
Dresden, Histor. Museum (15 14): 8g. 252.
— Marie, Tochter des Kurfürsten August.
Moritzburg, Schloss (1564): 288,
— Moritz, Kurfürst.
Darmstadt. Schloss (1526): 267.
Dresden, Galerie: 288.
— 304 —
(Sachsen).
b) (Albertiner.)
— Severin, Sohn Heinrichs des Frommen.
Darmstadt, Schloss (1526): 267.
Scheurl, Dr. Christoph.
NĂĽrnberg, Theodor Freiherr v. Scheurl (1509): 86.
Schönberg, Johann von, s. Naumburg.
Sibylle, s, Sachsen a) Ernestiner.
Spalatin, Georg.
H. (1515, L. 48): 62.
Volk, Gerhart.
Leipzig, Slädt. Museum (15 18): 104.
Unbekannte Männer.
MĂĽnchen, Dr. Martin Schubart (f) (in Pilgertracht): 102.
Berlin, Galerie (15 15): 89 — 90. 91.
Sigmaringen, Hcfrat Gröbbels (1518, Ulrich Lindacker?): 103.
Schwerin, Museum (152 1): 253.
Heidelberg, Stadt. Kunstsammlung (1526): 266.
Schieissheim, Galerie (1526): 253.
Sigmaringen, Hofrat Gröbbels (1533): 263.
Donaueschingen, Galerie: 279.
Wartburg, Schlosshauptmann v. Cranach: 279.
Berlin, Geh. Regierungsrat v. Kaufmann (1544): 275 — 76.
Berlin, Maler Lucas v. Cranach: 288.
Unbekannte flauen.
Rudolstadt, Schloss: 77 — 78.
Berlin, Schloss: 102. 283.
Sigmaringen, Hofrat Gröbbels (15 18, Frau Ulrich Lindackers?): 103.
Tübingen, Universitäts-Sammlung (1525, rund): 267 — 68.
Petersburg, Ermitage (1526, angebl. Sibylle von Cleve): 265 — 66.
5. KĂĽnstlerzeichen.
1. Im Allgemeinen: 10 — 15.
2. Die Schlange: 25—28. 37—45- 4^. 47- 48. 49- 50 — 51- 52- 53—54
55- 57 — 58. 59. 86. 88. 89. 90. 91. 92. 95. 103. 104—105. 106. 107
173—74-233 — 36.239—40.241—42.247. 253(14. i5).256. 259.200,
261. 263 (21). 267 (33). 267—268 (38). 268 (39)- 272 (44)- 273 (48}
275 (66. 67). 276—277 (69. 70. 72). 277 (73). 278 (80). 280. (91- 92)
3. Die sächsischen Wappen: 15 — 16. 17 — 2;^. 28 — 29.
6. Ortsverzeichnis.
(H. = Holzschnitt , K. = Kupferstich. Wenn ein Werk mehrmals erwähnt ist , sind
die wichtigsten Stellen durch stärkere Ziffern gekennzeichnet. Von den auf S. iio — 125
(Entwickelung der PseudogrĂĽnewald-Frage) angefĂĽhrten Bildern sind nicht alle hier
verzeichnet; die Stellen aus diesem Abschnitt sind in Klammern gesetzt.)
Aachen.
Stadt. Museum;
Judith (1531): 274.
Annaberg (Erzgebirge).
Annenkirche.
FlĂĽgelbilder des Bergaltars : (115.) 131.
136—137. 148, 14y. 169. 174.
2S3. 288,
Pflockscher Altar : (11 5.) 1 31-136. 1 37.
138. 139. 140. 141. 142. 143. 148.
149 150. 156. 158. 169. 177. 178.
199. 200. 202. 203. 246. 283. 288.
Aschaffenburg.
Stiftskirche.
Höllenfahrt und Auferstehung Christi:
101-102. (112. 116.) 2S7.
h. Valentin: (112. 115. 124.) 151.
153-156. 158. 281.
Der Leichnam Chiisti, von Math,
GrĂĽnewald : 288.
Schlossgalerie.
Marter des h. Erasmus (1516): 92.
126-128. 130. 1.35. 149. 158.
Messe des h. Gregor (Nr, 263): (113.
115. 124.) 145-146. 147. 149.
172. 177. 178. 283.
Messe des h. Gregor (Nr. 267): (115.
124.) 145-146. 147. 172.
(Aschaffenburg.)
(S chlossgalerie.)
Maria mit dem Kind auf der Mond-
sichel: (124.) 145-146. 147-148.
149. 1.59. 167. 248.
Christus u. die Ehebrecherin : 249. 273.
Die h. Sippe: (124.) 151. 166-168.
174. 248. 249. 269. 283.
Die Heiligen Moritz, Magdalena, Martin,
Erasmus, Ursula u. Stephan (6 kleine
AltarflĂĽgel): (124.) 151. 156-159,
160. 162, 16.5. 168. 169. 171. 177.
178, 200. 201. 248. 270 272.
279. 283.
Augsburg.
Jakobskirche.
VerkĂĽndigung: 79,
Königl. Gemäldegalerie.
Beweinung Christi: (112.) 145—147.
149. 150. 156. 158. 162. 165. 167.
168. 169. 170. 171. 248, 253. 284.
Christus am Kreuz , vom Kardinal
Albrecht v. Brandenburg verehrt:
151. 168-169. 170, 178. 284.
Untergang derÄgypter(1530): 249.269.
Rathaus Sammlung.
Samson u. Delila (1529): 272.
20
— 3o6
Bamberg.
Dom.
Rosenkranzbild (in der Antoniuska-
pelle): (116.) 131.137-140.141. 142.
143. 145. 167. 199. 200. 201. 204. 246.
Stadt. Gemäldesammlung.
Wilibald u. Walburg, verehrt von
Gabriel von Eib (1520): (124.) 131.
140-145. 156. 167. 170. 174. 177.
199. 200. 216. 218. 246. 253. 281.
Basel.
offen tl. Kunstsammlung.
Versuchung des h. Antonius, Holzschn.
1. Zustand (1506) : 20.
Martin Luther u. seine Frau (1525):
257-58. 267.
Bayreuth.
Königl. Kanzleibibliothek.
Kurf. Joachim I. von Brandenburg
(1529): 273.
Berlin.
Klosterkirche.
Christi Abschied von seiner Mutter
(1521): 107.
Beweinung Christi: 107—108. 150.
Königl. Gemäldegalerie.
Männl. Bildnis (1515): 12. 89—90.
91. 255.
h. Hieronymus: 94-95. 96. (121 — 22.)
(Grosse) Anna selbdritt, stehend: Ă–7.
(121-22.) 284.
(Kleine) Anna selbdritt, sitzend: 105.
130. 277—78. I
Kard. Albrecht v. Brandenburg, Brust-
bild: 266. 279-80.
Katharina Luther (v. Bora): 258.
David u. Bathseba (1526): 105.
Kard. Albrecht v. Brandenburg als
h. Hieronymus (1527): 174. 249
263-64. 267. 268. 272.
FlĂĽgelaltar, nach Hieron. Bosch: 151.
169-172. 248. 249. 269.
Apollo u. Diana (1530): 87. 273.
274. 283.
Passionsbilder (1537—38): 13. 274.
Der Brunnen der Jugend (1546): 13.
(Berlin.)
Königl. Kupfersti chkabinet.
Kreuzigung Christi, H. • (P. IV, 40
Nr. 1. u. 2): 5-9.
Erzengel Michael, H., 1. Zustand
(1506): 20.
HochfĂĽllung, K.: 250.
Königl. Schloss.
Weibl. Bildnis: 102. 28:5.
Passionsbilder (1537-38): 274.
Maler Lucas v. Cranach.
Männl. Bildnis: 288.
Karl Hofmann.
Urteil des Paris: 151. 168. 270.
Geh. Regierungsrat Prof. Dr. R.
V. Kaufmann.
(Bilder aus dem Maiienleben) : 72.
78-79.
Heilige Nacht: 92—93. 280.
Katharina Luther j ^
260. 266.
Kl. FlĂĽgelbild mit der Kreuzigung
Christi: 282.
Männl. Bildnis (1544): 275—76.
Prof. Ludw. Knaus.
Lucretia (1533): 274.
Georg der Bärtige v. Sachsen: 282.
Prof. Dr. Nik. MĂĽller.
Martin Luther "i
Katharina Luther} (1529): 262. 272.
Frau Math. Wesendonck.
Christus am Kreuz mit den Schachern
^515): 12. 75. 89. 90—91. 97.
105. 252.
Braunschweig.
Herzog!. Museum.
Adam u. Eva: 93-94. 96. 270.
271. 272. 276-77.
Breslau.
Dom.
Maria mit dem Kinde (fälschl. Madonna
unter den Tannen genannt) : 85. 88.
100. 276.
Schles. Museum.
Beweinung Christi (1516): 90. 287.
3o;
(Breslau )
Frl. Hubrich.
Urteil des Paris : 2.S2.
BrĂĽssel.
Madame Errera.
Caritas (nach 1537): 280.
Ed. Fetis.
Apollo u. Diana: 28.3.
Budapest.
Nationalgalerie.
Christus u. Maria als FĂĽrbitter bei
Gottvater: 9(5. 101.
Beweinung Christi: 97. lOö. (118.)
150. 284.
Maria mit dem Kind u. 4 weibl.
Heiligen (sogen. Verlobung der h.
Katharina): 105. 129. 130. 253.
277—78.
Der lĂĽsterne Alte (1522): 109.248. 253.
Die Ehebrecherin vor Christus (1532):
274.
Ein Knabe zu Pferde, H., 1. Zustand
(1506): 21.
Chemnitz.
Schlosskirche.
Dreifaltigkeit: 97—98. 287.
Maria mit Heiligen u. einer männl. u.
weibl. Seele: 97-98. 287.
Marter des Jakobus: 97-98. 287.
Heidenpredigt des Apost. Philippus (?):
97-98. 287.
Marter der Zehntausend (nicht der
Söhne der Felicitas): 97-98. 287.
Darmstadt.
Museum (Schloss).
Stillende Maria: 9.5. (HB.) 283.
Sechs Heilige (Jakobus d. Ä., Mathäus
und Andreas , Johannes der T.
Erasmus u. Christoph): 102. (llfi!
124.) 283.
Kard. Albrecht v. Brandenburg als
h. Hieronymus (1525): 174. 249.
263-64. 272.
Friedrich der Weise (152.5): 255. 267.
Martin Luther u. seine Frau (1529): 260'
(Darmstadt.)
Privatbesitz des Grossherzogs
(Schloss.)
Prinz Moritz v. Sachsen (1526): 267
Prinz Severin V. Sachsen (1526): 267.
Maximilian Freiherr v. Heyl.
Maria am Baume (auf der Holzbank):
98—99. 282.
Geh. Hofrat Prof. Dr. G. Schäfer.
Maria auf der Mondsichel, v. Friedrich
d. W. verehrt: 95. 97. 101. (114.
124.) 283.
Urteil des Paris (1528): 249. 268.
269—72. 281.
Dijon.
A. Joliet.
(Karl V.: 283.)
Donaueschingen.
FĂĽrstl. Galerie.
Kreuztragung (1520?): 107. 253.
Faunenfamilie: 249. 279.
Bildnis eines Gelehrten: 279.
Dresden.
Galerie.
Marter der h. Katharina u. weibl.
Heilige (1506): 82-83. 85. 252.
Christus an der Säule (1515): 12. 89.
90—91. 92. 94. 252.
Christus amĂĽlberg: 92. 93. 94.95.278.
Der bethlehemsche Kindermord: 92.
96. 100. 127-128. 271. 281.
Die h, Katharina u. die h. Barbara: 95.
101. 128. 129. 130. 271. 283. 288.
Abschied Christi von seiner Mutler:
97. 106. 278.
Adam u. Eva (1531): 273.
Luther (1532): 262. 282.
Melanchthon (1532): 262. 283.
Christiane Eulenau (1534): 274-75.
Christus als Schmerzensmann (Ecce
homo): 282.
Herzog Heinrich v. Sachsen (1537):
12. 275.
Die Tochter der Herodias vor ihren
Ehern (1537): 13.
20*
3ot
(Dresden )
(Galerie.)
Lucretia (nach 1537): 274. 278
KurfĂĽrst Joachim II. v. Brandenburg
(bisher Markgraf Georg genannt): 280.
Kreuzigung (1545): 282.
Kur f. Moritz: 288.
Kurf. August: 288.
Wittenberger Altar von DĂĽrer: 88.
Königl. Kupferstichkabinet.
Turnier, H., 1. Zustand (1506): 21.
Herr u. Dame zur Jagd reitend, H.,
1. Zustand (1506): 21.
Der h. Georg zu Pferde, H., 1. Zu-
stand: 21. 35.
Die Eberjagd, H., 1. Zustand: 21.
Quittung Luc. Cranachs (1514): 27.
Luther als Junker Jörg, H.,mit 4 Zeilen
Unterschrift: 63.
Historisches Museum.
Herz. Heinrich v, Sachsen (1514): 89.
91. 252.
Herzogin Katharina (1514): 12. 37.
47-48. .50-51. 89. 91. 252.
Kurf. August (1565): 288.
KurfĂĽrstin Anna (1564): 288.
Museum des Königl. sächs. Alter-
tumsvereins.
Dreifaltigkeit: 96-97. 130.
Prinz Georg v. Sachsen.
Friedrich d. W. in der Drahthaube:
106. 278.
Friedrich d.W. im Barett: 255. 282.
Johann der Beständige (1526): 266.
Kupferstichsammlung d. f Königs
Friedrich August II.
Verehrung des Herzens Jesu, H., 1. Zu-
stand (1505): 23-25.
Erzengel Michael, H., 1. Zustand
(1506): 20.
Erfurt.
Dom.
Maria mit dem Kind, der h. Katharina
u. Barbara: 86—87. 280.
Feldsberg.
Sammlung des FĂĽrsten Liechten-
stein.
Männerköpfe, Zeichnung (1519): 79.
Flechtingen (Prov. Sachsen, Kr. Gardelegen).
Schloss des Freiherrn v. Schenck.
Urteil des Paris: 271—72.
Florenz.
Offizien.
Eva (1528): 273.
Bildnis (angebl. Selbstbildnis) Luc.
Cranachs d. Ă„. (1550): 276.
Forsmark, Schweden.
Sammlung Ugglas.
Martin Luther u. seine Frau (1525): 258.
Frankfurt a. M.
Städelsches Institut.
Kreuzigung: 105-106. 139. 278.
Maria mit dem Kind: 253. 278.
Venus (1532): 249. 274.
Städtisches Museum (Archivgebäude).
Luther (1532) : 262—63. 274.
Melanchthon (1532): 262-63. 274.
Freiherr v. Holzhausen.
Maria mit Kind u. einem Stifter: 101.
Freiburg i. B.
Vincent Mayer.
h. Magdalena: 93. 95. 278.
Glogau.
Dom.
Maria mit Kind in der Landschaft
(1518): 12. 103. 104. 105. 130.
252. 253.
Gotha.
Herzogl. Museum.
Köpfe Christi u. Marias: 99.
Anbetung der Könige (bez.") : 95—96.
97. 100. 278.
Anbetung der Könige (nicht bez.): 287.
Friedrich der Weise (1522): 106. 109.
255—56.
Adam u. Eva (1527): 273. 277.
Sündenfall u. Erlösung (1529): 249.
269. 272.
309 —
(Gotha.)
\^lIerzogl. Museum.)
Maria mit dem Kind i.'. dem kl. Jo-
hannes (1534): 87.
Urteil des Paris (nach 1537): 280.
Grimma.
Gottesackerkirche.
Wandelaltar ilf)!!)): 106—107. 129.
Halle a. S.
Marien- oder Marktkirche.
V\randelaltar (1529): (116. 117. 118.
121. 124.) 151. 159—60. iry2. 167.
168-69. 177. 178. 273, 281.
Hamburg.
Familie Arnemann.
Marlin Luther u. seine Frau (1528):
260-61. 269.
Konsul Weber.
Verspottung Christi (1538) : 275,
(Angebl. Bildnis Johann Friedrichs v.
Sachsen: 288.)
Hannover.
Fr o V i n z i a 1 m u s e u m.
Marter der Söhne der Felicitas : 98,
Kestnermuseum.
Skizzenbuch Hans Cranachs : 238—39.
Heidelberg.
Städtische Kunst- u. Altertümer-
sammlung.
Männliches Bildnis (1526): 266.
Innsbruck.
Ferdinandeum.
h. Hieronymus, sich kasteiend: 151-
172—71. 280.
Maria mit dem Kind u. dem kleinen
Johannes (sogen. Unterberger Ma"
donna): 278.
JĂĽterbog.
Nikolaikirche.
FlĂĽgelaltar (Beweinung Christi, der h.
Bartholomäus u. Anna selbdrittj :
97. 106. 129. 150. 281.
Karlsruhe.
]\ unsthalle.
Maria mit Kind, der h. Katharina u.
(Karlsruhe)
(Kunst halle.)
Barbara (fälschl. Vermählung der
h. Katharina genannt): 79 — Sl. 82.
83. 85. 282.
Maria mit Kind in der Landschaft:
105. 130. 253. 254. 278.
Friedrich der Weise (1525, rund):
256. 258.
Johann der Beständige (1525, rund^:
256. 258.
Kaschau,
Bischof Dr. von Bubicz.
Maria mit dem Kind, von Engeln um-
spielt: 278.
Kassel.
Galerie.
h. Katharina: 81. 85.
h. Barbara: 81. 85. 88. 130.
Quellnymphe : 275.
FrĂĽhere Sammlung Habich.
Das silberne Zeitalter (Wirkung der
Eifersucht, Phot. von Hanfstängl):
249. 268-69.
Koburg.
Herzogl. Sammlung auf der Veste.
2 kleine AltarflĂĽgel mit Heiligen : 100.
Adam u. Eva: 93-94. 96. 281.
Lucretia: 279.
Weibl. Bildnis (KurfĂĽrstin Sibylle v.
Sachsen?): 279.
Kolmar.
Museum,
FlĂĽgelaltar von Math, GrĂĽnewald:
116-17. 118. 119.
Köln.
W a 1 1 r a f - R i c h a r t z - M u s e u m .
h. Magdalena (1525): 249. 253. 254.
264. 266. 267. 268. 270. 278.
Kopenhagen.
Koni gl. Galerie.
Urteil des Paris (1527): 270.
3IO —
Kremsir.
Sommerresidenz des FĂĽrst-
er z b i s c h o f s von O 1 in ĂĽ t z.
Marter der h. Katharina u. Johannes
des Täufers (1015): 12. 90.
Lauban.
Kloster der Magdalenerinnen.
Maria mit dem Kind auf der Mond-
sichel: 249.
Leipzig.
Stadt. Museum.
li. Dreifaltigkeit: 97. 9S. 287.
Anbetung der Könige: 92. 96. 282.
Der Sterbende (IniH): 12. 103. 189.
252.
Gerhart Volk (1518): 104. 255. 281.
Verklärung Christi: 103.
Georg der Bärtige (1534): 275
S t a d t b i b 1 i o t h e k.
Luther als Junker Jörg (1521): 63.
108—109. 255. 257. 282.
Regierungsrat Dr. Demiani.
Christus am Kreuz (1536) : 275. 282.
LĂĽbeck.
Marienkirche.
Olavsaltar in der Bergen fahrerkapelle:
(116.) 126. 129-131. 1.35. 139.
142. 149.
Dr. Gaedertz.
Herkules unter den lykischen Mädchen :
283.
Liitzschena.
Freiherr Speck von Sternburg.
AltarflĂĽgel mit 3 weibl. Heiligen:
82-83.
Magdeburg.
Stadt. Museum.
Adam u. Eva (1,532): 274.
Apostel Paulus: 280.
Maria mit d. Kind u. dem kl. Jo-
hannes: 280.
Mainz.
Stadt. Galerie.
Der h. Hieronymus mit dem kranken
Löwen: 151. 172. 173. 174.
(Mainz.)
Bischöfliches Haus.
Christus als Schmerzensmann, von Maria
U.Johannes beklagt: 145—147. 148.
149. 158. 167. 170, 284.
Stadtbibliothek.
h. Ursula (1524), Zeichnung von F. J,
Bodmann: 162 — 166.
Dom.
Altar Georgs des Bärtigen (1534):
274. 275.
Merseburg.
Dom.
Kleiner FlĂĽgelaltar (Maria mit dem
Kind u. der h. Katharina, auf den
Flügeln männl. Heilige): 99-100.
101 172. 287.
Grosser FlĂĽgelaltar (Kreuzigung Christi,
RĂĽckseite Beweinung, auf den FlĂĽ-
geln männl. Heilige): 131.
Mittenwalde.
Moritz kirche.
Altarwerk (1514): 89.
Moritzburg, Schloss.
Hirschjagd (1540): 275. 288.
Prinz Christian (1564): 288.
Prinzessin Marie (1564): 288.
MĂĽnchen.
Pinakothek.
Adam u. Eva: 93 - 94. 96. 271. 281.
Anna selbdritt : 93. 95.
Magdalena u. Lazarus, Chrysostomus
u. Martha: (113. 114. 115. 118.
120-121. 124) 151. 15-3-156.
158. 160. 162. 165. 167. 174. 177.
178. 200.
Lucretia (1524): 76. 248.
Maria mit dem Kinde (1525, rund):
258. 267. 268.
Maria mit dem Kind u. der Traube:
87-88.
Kleiner FlĂĽgelaltar mit der Kreuzigung
Christi (1540): 275. 282.
(MĂĽnchen.)
(Pinakothek.)
Unterredung zwischen dem h. Moritz
u. Erasmus von Math. GrĂĽnewald:
(113. 120-121.) 154.
Kupferstichkabinet.
Der stehende h. Georg, II., 1. Zustand
(1506): 20.
Generalmusikdirektor Hermann
La vi.
Ruhe auf der Flucht nach Ägypten
(1504): 11. 71. 73. 74. 75. 76.71).
80. 81. 82. 83. 85. 252.
Dr. Martin Schubart (j).
Bildnis eines Pilgers: 102. 283.
Quellnymphe (1518?): 103. lOĂś. 252.
Maria mit dem Kinde (1529): 87. 273.
Naumburg.
D o m.
2 kleine AltaiflĂĽgel mit dem Schmerzens-
mann, der Schmerzensmutter u. der
VerkĂĽndigung: 109. 170.
2 grosse AltaitlĂĽgel mit Heiligen u.
Stiftern: 109. 151. 152—153. 155—
156. 177. 178. 287.
Wenzelskirche.
Anbetung der Könige : 96. 100—101.
Jesus als Kinderfreund: 272 — 73.
Neustadt a. d. Orla.
Johanniskirche.
Altarwerk (1511-1513^: 88—89. 98.
NĂĽrnberg.
Germanisches Museum.
Dr. Johann Stephan Reuss (1503): 71.
77. 284-287.
Friedrich der Weise: 84—85.
Theodor Freiherr von Scheurl,
Dr. Christoph Scheurl (1509): 12. 39.
40. 86. 252.
Petersburg.
Ermitage.
Venus mit Amor (1509j: 12. 30. .39.
40. 81. 86. 252. 270. 272. 277.
Bildnis einer jungen Dame (angebl.
(Petersburg.)
(Ermitage.)
Prinzessin Sibylle von Cleve, 1526):
249. 265—66.
Kardinal Albrecht von Brandenburg
(1526): 26().
Friedrich der AVeise: 255.
Maria mit d. Kind unter dem Apfel-
baum: 87. 27S.
Potsdam.
Oberst v. Natzmer.
Kardinal Albrecht v. Brandenburg als
h. Hieronymus (1526): 174. 249.
263—64. 272.
Rudolstadt.
Schlo SS.
Weibliches Bildnis: 77—78.
Schieissheim.
Galerie.
Christus am Kreuz (1503): 71—77.
78. 83. 280. 284. 285. 286.
Bildnis eines jungen Mannes (152()): 253.
Der Mund der Wahrheit (1534): 274.
279.
Schneeberg.
Wolfgangskirche.
Altarwerk: 281.
Schwerin.
Museum.
Bildnis eines 22 jährigen Mannes (1 .521):
12. 108. 253. 255. 266.
Luther u. seine Frau (1526): 259—60.
26(5.
Venus mit Amor, dem Honigdieb (1 527):
249. 268. 269. 270.
Karl V. (1548): 276.
Siebeneichen b. Meissen.
Kammerherr Freiherr v. Miltitz.
AltarllĂĽgel: 287-88.
Sigmaringen.
Hofrat Gröbbels.
Männl. und weibl. Bildnis (Ulrich
Lindacker u. seine Frau? 1518):
103. 255.
Männl. Bildnis (1533): 263.
— 312
Strassburg.
Stadt. Gemäldesammlung.
Kreuzigung: 91. 92. 94. 271. 281.
Adam und Eva (nach 15o7): 270.
273-74.
Stuttgart.
Königl, Kupferstichkabinet.
Erzengel Michael, H. , 1. Zustand
(1506): 20.
Tempelhof b. Berlin.
Kirche.
FlĂĽgelbild mit der Marter der h. Katha-
rina (Kopie von Daniel Fritsch 1 596):
82-83.
Torgau.
Marienkirche.
!Die 14 Nothelfer: 81-82. 83. 280.
Der Schmerzensmann (RĂĽckseite).
83. 280.
Museum des Altertumsvereins.
AltarflĂĽgel mit dem h. Nikolaus u.
dem h. Rochus: 102.
Tornau, Anhalt.
Amtsrat Trittel.
Judith (1530): 273.
TĂĽbingen.
Universitäts-Sammlung.
Weibl. Bildnis (1525, rund): 249. 253.
258. 264. 267-68. 278-79.
Wartburg.
Besitz des Grossherzogs.
Luthers Eltern (1527): 267.
Schlosshauptmann v. Cranach.
Lucretia (1525): 254.
Ritter des goldenen Vliesses: 279.
Venus mit Amor , dem Honigdieb
(nach 1537): 280.
Weimar.
Stadtkirche.
Mittelbild des Altarvverks (1555) : 276.
Museum.
2 kleine fĂĽrstliche Bildnisse (angebl.
1516): 90.
Maria am Befpult (1518): 103—104.
253. 277.
I (Weimar.)
I (Museum.)
I Johann Friedrich von Sachsen als Bräuti-
gam (1526): 264-6.5. 2()6. 267.
Sibylle von Cleve als Braut (1526):
249. 264-65. 266. 267.
Das silberne Zeitalter (die Wirkung
der Eifersucht, 1527): 249. 268-69.
i 279.
I Luther u. seine Frau, Vorzeichnungen
zu den Bildnissen von 1528 und
1529: 261.
Residenzschloss (Privatbesitz des
Grossherzogs).
Maria mit dem Kind in der Land-
schaft (1518): 12. 103. 104. 253.
' Wien.
i Kunsthistor. Hofmuseum.
Die Heiligen Hieronymus u. Leopold
(1515): 12. 89. 90-91. 94. 99-
100. 172.
Das Paradies (1530): 249. 269. 272.
Hofbibliothek.
Himmelfahrt der h. Magdalena, H.,
1. Zustand (1506): 20.
Hirschjagd, H., 1. Zustand: 20.
Galerie der Akademie,
h. Valentin: 77-78.
Beweinung Christi: 78.
FlĂĽgelaltar von Hieronymus Bosch:
170-71. 269
Ă–sterreich. Museum fĂĽr Kunst u.
Industrie.
FlĂĽgelaltar: 78.
Galerie des FĂĽrsten Liechtenstein,
h. Helena (1525): 249. 253-54.
263-64. 266. 267. 270. 278.
Abrahams Opfer (1531): 274.
(2 AltarflĂĽgel: 118.)
Alb er t in a.
Marter des h. Erasmus, H., 1. Zu-
stand (1506): 20.
FrĂĽhere Sammlung Lippmann.
Das silberne Zeitalter (die Wirkung
der Eifersucht, 1530): 249.
3^5 —
Wiesbaden.
Museum.
h. Magdalena: 151. 1(5Ăś 162. 1()7.
171 177. 233. 248.
Wittenberg.
Luthei halle.
Die 10 Gebote (lölfi): 93. 95. 96.
Luther (1525): 257—259. 267.
Bugenhagen (1537): 275.
Wörlitz.
Gotisches Haus.
FlĂĽgelbild mit der Marter der h. Katha-
rina (Kopie von Dan. Fiitsch, 1586):
82—83.
FlĂĽgelbild, in der Mitte Maria mit
Kind u. der h. Katharina u. Barbara
(fälscht. Verlobung der h. Katharina
genannt): 83. 85—86. 88. 266.283.
Maria mit dem Kind u. 4 weibl.
Heiligen (sogen. Verlobung der h.
(Wörlitz.)
Gotisches Haus.
Katharina, 1.516^: 12. 90. 95. 97.
101. 105. 128. 129. 130. 152. 252.
283. 287.
2 AltarflĂĽgel , die Jugend Marias u.
die Ruhe auf der Flucht nach
Ägypten: 93.
Friedrich der Weise (1525): 254 — 55.
Der h. Georg: 282.
WolfenbĂĽttel.
Herzog]. Bibliothek.
Luther u. seine Frau (1526): 259—60.
Zeitz.
Nikolaikirche.
Christus als Weltheiland: 99. 282.
Zwickau.
Katharinenkirche.
Altarwerk (1,518): 104. 106. 129. 132.
139 266. 280 81. 287.
Berichtigungen,
S. 88, Z. 15 von oben muss es statt , Katharina" , Barbara" heissen.
S. 88, Z, 10 von unten ist folgendermassen zu berichtigen: Das Altarwerk wurde vor
dem I. August 15 11 an Lucas Cranach verdingt. Am 13. Juni 15 13 war es
in Neustadt a. d Orla eingetroffen, am 23. Juni, dem Tage vor dem Johannis-
fest, stand es bereits auf dem Altare. Die auf die Herstellung des Altarwerks
bezĂĽglichen Akten (Rechnungsvermerke und Quittungen) hat Herr Volkmar
Gillsch unter dem Titel ,Ein Gemälde von Lucas Cranach" in der Wei-
marischen Zeitung, Sonntagsbeilage Nr. 79 vom 3. April 188 1, veröffentlicht.
Doch ist unter der „Tafel", um die es sich handelt, nicht etwa ein einzelnes
„Tafelbild", nämlich das jüngste Gericht in der Staffel, zu verstehen, sondern
mit „Tafel" wird in dieser Zeit jedes Altarwerk bezeichnet, das kleinste mit
nur 2 Flügeln, wie das grösste mit 6 Flügeln und das nur aus Schnitzereien,
wie das nur aus Gemälden bestehende. Beweise für diese Bedeutung des
Wortes ,, Tafel" sind zu Hunderten vorhanden. — Herr Gillsch hat die Güte
gehabt, mir einen Sonderabdruck seines Aufsatzes zu ĂĽbersenden. Da mir
seine genauere Adresse unbekannt ist, muss ich mich darauf beschränken, ihm
an dieser Stelle bestens zu danken.
S 103, Z. 8 muss es statt „Donaueschingen" „Sigmaringen" heissen.
S. 14.5, Z. 7 von unten. Dieser Satz ist nur teilweise richtig. Der Kardinalshut
fehlt ĂĽber dem Wappen auf dem Bilde der Gregorsmesse Nr. 263 (CrA. 131);
ob dies auch bei dem Bilde Nr. 267 der Fall ist, darĂĽber geben meine
Aschaffenburger Aufzeichnungen keine sichere Auskunft.
S. 2*26 auf der letzten Zeile ist in „germanicarum" das c ausgefallen,
S. 309 fehlt unter „Gotha, Herzog!. Museum" der später verworfene Tilelholzschniit
zum Hallischen Heiligtumsbuche, der auf S. 20 1 be.'iprochen ist.
Hrrrmnnn senior
ND Flechsig, Eduard
588 Cranachstudien
C8F5
T.l
PLEASE DO NOT REMOVE
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UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
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